Kompetenzlos ist eine treffende Zuschreibung

Geschrieben von:

Beruflich war ich heute selbst im Wahlkreis unterwegs. Kurz gesagt, das Entsetzen über das Abschneiden der FDP ist überall spürbar. Ansonsten dominiert die These, wonach das sog. bürgerliche Lager taktisch clever und die andere Seite jeweils auf eigene Rechnung abgestimmt habe. Doch dazu später mehr.

Zunächst einmal muss man die Reaktion des SPD-Spitzenkandidaten Stephan Weil bewerten, der salomonisch meinte, dass Freunde wie Gegner sehr viel für die Demokratie getan hätten, da die Wahlbeteiligung um mickrige drei Prozent auf den zweitschlechtesten Wert aller Zeiten gestiegen ist. Tolle Leistung.

Wahlbeteiligung bei den Landtagswahlen in Niedersachsen seit 1947
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Fakt ist, dass sich noch immer eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler für keine, statt für irgend eine Partei entschieden hat. In den Lagern wird aber über die stärkste Fraktion gar nicht diskutiert, sondern eher darüber, wie blöd diejenigen abgestimmt haben, die dennoch ins Wahllokal gegangen sind. Natürlich ist im sog. bürgerlichen Lager die Strategie „Panikmache“, die FDP könne den Sprung in den Landtag verpassen und McAllister dann nicht weiter regieren, voll aufgegangen. Dennoch zeigt das Ergebnis, dass das schwarz-gelbe Lager deutlich geschrumpft ist.

Auf der anderen Seite hätte sich der ein oder andere SPD-Kandidat eine Leiherststimme der Grünen gewünscht, die in den Wahlkreisen aggressiv um beide Stimmen warben und somit auch bei den Erststimmen zum Teil zweistellige Ergebnisse zum Leidwesen der SPD-Kandidaten erzielen konnten. Gleichzeitig kritisierten einige Genossen die verschenkten Stimmen, die gab es nämlich auch wieder, an Linke und Piraten. Ja hätte man die nur gehabt, so die Reaktionen.

Doch nun zu der FDP. Da dürfen sich die staunenden Medien selbst beglückwünschen. Das haben die nämlich mit ihrer peinlichen Berichterstattung über den Verwesungsgeruch einer bereits toten Splitterpartei und der damit verbundenen medialen Omnipräsenz der Liberalen ganz allein geschafft oder wie Jörg Schönenborn nach der ersten Prognose fassungslos meinte:

„Ich habe selten eine so kompetenzlose FDP mit einem so guten Ergebnis erlebt.“

Ja, Herr Schönenborn, „kompetenzlos“ ist die zutreffende Beschreibung für alles, was mit dieser Wahl zu tun hat.

2

Die Rückkehr der Kümmerin

Geschrieben von:

Die Bundeskanzlerin will noch vor der Wahl ein Gesetz gegen Altersarmut auf den Weg bringen. Was für eine Schlagzeile nach dem Treffen mit den Spitzen des Gewerkschaftsbundes. Rechtzeitig vor den Wahlen wird das Image der Kümmerin wieder nach vorn geschoben. Kämpfen will sie und das klingt dann so:

“Ich habe deutlich gemacht, dass die Bundesregierung die Absicht hat, hier auch gesetzlich noch tätig zu werden in dieser Legislaturperiode.“ 

Taktisch dürfte das Manöver der schwarz-gelben Regierung damit mal wieder aufgehen. Jetzt zählt nur noch das rasche Vorgehen und nicht mehr jener Murks, der da ursprünglich zwischen den Koalitionsparteien ausgehandelt worden war. Nun denkt ja jeder, die sog. Lebensleistungsrente die unter bestimmten Voraussetzungen zwischen 10 und 15 Euro über der Grundsicherung liegen soll, schütze vor der Altersarmut.

Damit das auch jeder glaubt, wird mit leicht verständlichen Größenvergleichen agitiert. Beispiel FDP: Falls das “große” nicht geht, wünschen sich die Liberalen zur Not ein “kleines Rentenpaket”. Ach wie niedlich. Wissen sie eigentlich, was in dem “kleinen Rentenpaket” drinsteckt? Eine Anhebung der Zuverdienstgrenzen beim früheren Renteneintritt. Sie dürfen also als Ruheständler weiterarbeiten und mehr hinzuverdienen. Ist das nicht toll? Die Kanzlerin meint nein und besteht auf der Vollvariante, dem Superlativ. Also den etwa 10 bis 15 Euro mehr, wenn sie 40 Jahre eingezahlt und zusätzlich privat vorgesorgt haben.

Tja und der DGB bietet als nützlicher Idiot die Startrampe für dieses Nebelgeschoss. Am Mittwoch schaut dann Fettnäpfchen-Peer beim Obergewerkschafter Michael Sommer vorbei.

1

Es güllnert mal wieder: Forsa leistet Wahlkampfhilfe

Geschrieben von:

Die FDP liegt in der Umfrage bei 2 Prozent. Das war die Schlagzeile des Tages. Kein Wille zur Aufklärung?, möchte man da fragen. Doch die Zweifel an der demoskopischen Kirche Forsa sind dann doch nicht so stark wie jene an der katholischen Glaubens- und Missbrauchsbude. Knapp zwei Wochen vor der Niedersachsenwahl könnte der niedrige Wert für die Liberalen zweierlei Dinge bewirken. Der bevorstehende Personalwechsel an der Spitze der FDP würde umgehend von einer positiven Umfrage aus dem Hause Güllner bestätigt. Das wäre ja nicht das erste Mal. Auf der anderen Seite könnte die Diskussion um eine Fortsetzung der angeblich so erfolgreichen McAllister-Regierung in Niedersachsen zu einer Mobilisierung von Wählern beitragen, die der FDP noch einmal über die Fünf-Prozent-Hürde verhelfen.

Denn die FDP schneidet bei Güllner ja nicht deshalb so schlecht ab, weil sie eine Klientelpolitik betreibt und für viele als überflüssig erscheint, sondern weil Rösler immer noch ihr Chef ist und eine Führungskrise alles andere überlagert. Zum Beispiel die vermeintlich gute Regierungsarbeit, die sich in den glänzenden Werten für die CDU ausdrücke. Diese Botschaft will der Hüter des Umfrageglaubens an das Volk versenden. SPON schreibt, dass die Daten vor dem Dreikönigstreffen erhoben wurden und damit durchaus mit den Ergebnissen anderer Institute vergleichbar sind. Die sehen die FDP aber immer noch bei vier Prozent. Woher kommt also der plötzliche Unterschied?

Mit der Aussage, fast die Hälfte der liberalen Wähler würde sich jetzt für die Union entscheiden und die Union profitiere vom Niedergang der FDP, wird der Eindruck vermittelt, dass es am inhaltlichen Kurs der unionsgeführten Regierungen eigentlich gar nichts auszusetzen gebe. Denn gleichzeitig misst Forsa auch den schlechtesten Umfragewert für die SPD seit Ende April 2012. Auch das liege am Kandidaten, so Güllner, denn Steinbrück ziehe die Partei nach unten. Dabei erinnern die in hoher Schlagzahl erscheinenden Skandalgeschichten um den Spitzenkandidaten der SPD doch sehr an jene Kampagnen, mit denen auch schon anderen als unangreifbar erscheinenden Medienlieblingen der Garaus gemacht wurde.

“Ein Meinungsforscher als Öffentlichkeitsarbeiter!”, schreibt Albrecht Müller. “Das sollte man immer im Hinterkopf haben.”

4

Der nächste "alternativlose" Schritt

Geschrieben von:

Seit gestern geistert ein angebliches Sparprogramm aus dem Schäuble Ministerium durch die Medien. Neben den üblichen Kürzungen wird jetzt genau das vorgeschlagen, was absehbar war und auch als nächster alternativloser Schritt den Menschen verkauft werden wird. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Jetzt beginnt die Diskussion und das Spiel über Bande. Besonders widerlich mal wieder das Auftreten der FDP, die vordergründig Kritik übt und eine weitere Belastung der Bürger ablehnt, obwohl sie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im Grundsatz und ohne mit der Wimper zu zucken mittragen würde.

FDP-Fraktionsvize Volker Wissing sagte der „Welt am Sonntag“, eine Reform mit Mehrbelastungen für die Bürger sei mit seiner Partei nicht zu machen. Wenn es, etwa durch eine Mehrwertsteuer-Erhöhung, zu Mehreinnahmen komme, müsse man diese an anderer Stelle zurückgeben. Na klar. Und zwar über eine Senkung der Einkommenssteuer, die vor allem den Besserverdienenden und dem Wahlkampf der Liberalen nutzt. Sie profitieren bekanntlich durch eine Flat-Tax, weil sie ihr Einkommen nur zu einem Teil verkonsumieren. Eine Anpassung würde absolut der neoliberalen Dogmatik entsprechen. Der Anteil der indirekten Steuern am Gesamtsteueraufkommen liegt seit einigen Jahren schon über 50 Prozent.

Eine etwas ältere Grafik zeigt die Entwicklung der Zusammensetzung des Steueraufkommens:

Anteil direkte und indirekte Steuern am Steueraufkommen

Wenn nun aber insgesamt weniger Steuern aus Einkommen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden, ist auch klar, dass die höheren Einkommensbezieher auch nicht absolut mehr an Steuern zahlen als andere, wie das die FDP und zahlreiche Medien immer wieder behaupten. Gemessen an ihren Einkommen, sind Gering- und Normalverdiener über die Mehrwertsteuer sehr viel mehr belastet, als Spitzenverdiener und Vermögende.

Wer also über die Erhöhung der Konsumsteuern nachdenkt, will ein Konjunkturgift verabreichen und die Massenkaufkraft schwächen. Wie das nun aber mit der angeblich steigenden Konsumlaune der Haushalte und dem immer wieder beschworenen privaten Verbrauch als verlässliche Stütze der Konjunktur zusammenpassen soll, bleibt ein Regierungsgeheimnis. Selbst das Bundesfinanzministerium rechnet mit einem Einbruch des privaten Konsums.

Die Verunsicherung der Konsumenten hinsichtlich der weiteren konjunkturellen Entwicklung ist jedoch weiterhin sehr hoch. Dies dürfte – zusammen mit den bereits erkennbaren Auswirkungen der konjunkturellen Abschwächung auf dem Arbeitsmarkt – die Konsumneigung belasten. Ein Anzeichen könnte bereits der deutliche Rückgang der realen Einzelhandelsumsätze (ohne Kraftfahrzeuge) zu Beginn des Schussquartals sein.

Deshalb ergibt es auch Sinn die Mehrwertsteuer zu erhöhen. Schon klar. Es ist immer noch erstaunlich, dass Schäubles Beamte den „deutlichen Rückgang der Einzelhandelsumsätze“ nur als Zeichen betrachten, die bekloppte Messung der Verbraucherstimmung aber für bare Münze nehmen.

Solche Aussichten und Analysen, die von Dogmatik geprägt sind, können nur finanzpolitische Taliban verfassen.

3

Armutsbericht entspricht jetzt dem Willen der FDP

Geschrieben von:

Der insgesamt 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesrepublik Deutschland liegt den Ministerien seit dem 17. September vor. Damals entsprach das Ergebnis nicht der Meinung der FDP, wie Philipp Rösler gleich nach Erscheinen des “Entwurfs” lauthals verkündete. Heute ist in den Zeitungen zu lesen, wie eine korrekte Darstellung der sozialen Lage Deutschlands aus Sicht eines Doktors mit abgebrochener Fachausbildung zum Augenarzt auszusehen hat. Solche sprachlichen Anpassungen seien ganz normal, teilte ein Sprecher des zuständigen Arbeitsministeriums mit.

Natürlich muss die Realität so umgeschrieben werden, dass sich der fälschlicherweise als “arm” bezeichnete Schmarotzer eine soziale Hängematte auch noch leisten können muss. Gute Modelle gibt es nämlich erst ab 100 Euro aufwärts. Da darf nicht der Eindruck entstehen, als seien die unteren Einkommen zu stark gesunken. Deshalb führen sinkende Reallöhne auch nicht zu einer Verschlechterung persönlicher Lebenslagen, sondern seien Ausdruck struktureller Verbesserung am Arbeitsmarkt, für die gerade jene dankbar sein sollten, die sich laut alter Fassung des Berichts über die zunehmende Einkommensspreizung beschweren und dies als ungerecht empfinden könnten.

Die liberale Sichtweise, wonach eine weit verbreitete römisch dekadente Lebensweise gerade unter einkommensschwachen Haushalten vorherrsche, dürfe durch den Bericht nicht ausgeschlossen werden.

0

Um was wird bei der Euro2012 gespielt?

Geschrieben von:

Die vergangene Woche stand ganz im Zeichen der Euro2012. Nein nicht der in Polen und der Ukraine, sondern der in Brüssel, Berlin, Athen und Madrid. Wer darf den Euro behalten und wer nicht? Wer bekommt den Euro gegen Auflagen, um Banken zu retten und wer die Zustimmung zu seinem Fiskalpakt?

Gestern in der Halbzeitpause des Auftaktspiels der deutschen Mannschaft begrüßte Wolfgang Schäuble in den Tagesthemen die “Entscheidung” Spaniens, unter den europäischen Rettungsschirm zu schlüpfen. “Wir lösen die Probleme in den Ländern schrittweise”, so Schäuble in der ARD. Damit war er einen Tick offensiver eingestellt als Jogis Jungs, die im Spiel gegen Portugal oftmals einen Schritt zu spät kamen.

Auf die Frage, warum die ominöse Telefonkonferenz am Samstag stattfand, antwortete Schäuble souverän: “Weil da die Märkte geschlossen haben.” Ist das nun unfair gegenüber den Spekulanten, denen bei der Euro2012 gute Siegchancen eingeräumt werden oder einfach nur taktisch klug gespielt, um die vermeintlichen Rettungsgelder auch als solche erscheinen zu lassen?

Jedenfalls sieht der Plan aus Schäubles Schublade “Hilfs”Gelder von bis zu 100 Milliarden Euro vor, die laut dem deutschen Finanzminister ausreichen, um das Problem Spanien zu lösen. Die ganz große Endlösung ist derweil noch nicht in Sicht, da sich bedauerlicherweise erst vier Länder freiwillig dazu “entschlossen” haben, den sogenannten Rettungsfonds in Anspruch zu nehmen.

Neben den “faulen Griechen” und den zu “stolzen Spaniern” haben bereits Portugal und Irland unter dem Schirm ihren Platz einnehmen dürfen. Wer folgt nun als nächstes und sorgt damit für eine kollektive “Erleichterung”? Kandidaten sind reichlich vorhanden. Die Finanzmärkte werden bei ihrem Gegenangriff am Montag eine erste Duftmarke in diese Richtung setzen wollen. 

Unklar ist aber noch, ob die Berliner Variante der Euro2012 auf Fanfesten mit Public Viewing Angeboten begleitet wird. Denn nachdem SPD und Grüne mit ihrer Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer einen linken Flügellauf erneut bloß antäuschten und nicht mal das Erreichen des Spielfeldes bereits als Durchbruch feierten, dürfte sich die Begeisterung der deutschen Schlachtenbummler eher in Grenzen halten.

Außerdem ist der deutsche Michel dank Aufklärungssendungen wie “Mein Revier – Ordnungshüter räumen auf” bestens informiert über den Fauxpas von Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel, der einen Orientteppich an Zoll und Steuer vorbei mit Hilfe des BND ins Land schmuggelte. Allerdings sind einige Zuschauer irritiert darüber, dass es neben dem grünen und roten Kanal auch einen gelben für FDP-Minister außerhalb des Terminals zu geben scheint.

1

Nichtwähler holen diesmal wirklich über 40 Prozent

Geschrieben von:

Mit 41,4 Prozent haben die Nichtwähler die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen klar für sich entschieden. Damit hat das Desinteresse an dem Urnengang im Vergleich zum letzten Mal um 0,3 Prozentpunkte abgenommen. Dennoch lag die Wahlbeteiligung mit 59,6 Prozent auf demselben katastrophalen Niveau wie 2009 (59,3 Prozent). Trotz der deutlichen Wahlenthaltung von rund 5,3 Millionen Wahlberechtigten – und die waren nicht alle in Dortmund auf der Straße unterwegs – sahen sich wieder viele Gewählte als Gewinner und mit einem Auftrag ausgestattet, für die Menschen in Nordrhein-Westfalen zu sprechen und sie zu vertreten.

Dass in diesem Wahlkampf irgendwelche Themen “gezündet” hätten, ist beileibe nicht erkennbar. Jede Form von Wahlanalyse muss angesichts des Fernbleibens so vieler Wähler zur Farce geraten. Einzig die Aussage ist richtig, wonach es auch in Nordrhein-Westfalen kaum eine sichtbare Alternative zur herrschenden Agenda gegeben hat. Klar haben die einen versucht, mit dem Thema Verschuldung zu punkten, ohne auch nur im Ansatz erklären zu können, wo sie denn zu sparen gedenken.

„Das Hirn ist tot, aber die Ausscheidungsorgane funktionieren noch“, sagt Kabarettist Christoph Sieber über die FDP. Dieser Satz trifft aber auch auf alle anderen Parteien im neoliberalen Einheitsbrei zu. Die SPD war bekanntlich Currywurst und konnte mit diesem von den Wahlbeobachtern hinterher als besondere Volksnähe interpretierten Schwachsinn rund drei Millionen von maximal möglichen 13,3 Millionen Stimmen einheimsen. Das ist natürlich ein Erfolg, den SPD und Grüne im Schlepptau erst einmal an der nächsten Imbissbude ordentlich abfeiern müssen.

Wenn das erledigt und die symbolische Currywurst verdaut ist, geht die Arbeit an der Zerstörung des Sozialstaats weiter, weil niemand mehr da ist, der sie im Parlament daran hindern könnte. Die SPD habe vor allem mit ihrer sozialen Kompetenz überzeugt und wolle eine Politik betreiben, die viel Geld in Bildung und Soziales investiere, so das Bild in der Öffentlichkeit. Das klingt schön, auf dem Fahrplan für Koalitionsverhandlungen steht aber gleich als erstes die weitere Abwicklung der WestLB. Sie erinnern sich, da hatte es im vergangenen Jahr schon eine turbulente Abstimmungsrunde in Düsseldorf gegeben. Am Ende hat die ganz große Koalition den Plänen zugestimmt.

Die Auswirkungen auf den Landeshaushalt, den das WestLB Desaster verursachen wird, bleiben weiterhin im Dunkeln. Klar ist jedenfalls, dass Friedrich Merz (CDU) für seine Beratertätigkeit in dieser Angelegenheit rund 5000 Euro pro Tag kassierte. Zuletzt machte die erste Abwicklungsanstalt (EAA) der WestLB (eine Bad Bank, die zu fast 50 Prozent im Besitz von NRW ist) einen Verlust von 878 Millionen Euro, weil der Schuldenschnitt in Griechenland zu Abschreibungen führte. Hier belasten die griechischen Rettungspakete, die klar die Handschrift Merkels tragen, den nordrhein-westfälischen Landeshaushalt.

Trotzdem durften CDU und vor allem die FDP einen Wahlkampf führen, in dem sie die Schuldenpolitik des Landes anprangerten. Für Christian Lindner lief das Ganze dann unter Prinzipientreue, der sich seine NRW-FDP angeblich verschrieben habe und die vom Wähler honoriert worden sei. Dabei scheint in Vergessenheit geraten zu sein, dass nicht Prinzipientreue, sondern schiere Unkenntnis das Verhalten der FDP bei der Abstimmung zum Landeshaushalt bestimmte. Die Liberalen wollten dem rot-grünen Gesetzentwurf ja so zustimmen wie er dalag, es aber nicht so aussehen lassen, als würde man die Minderheitsregierung allzu leicht bei ihrem Vorhaben unterstützen.

Dafür hat man nicht die verdiente Quittung kassiert, sondern nunmehr  einen Lindner an der Backe, der den Landesverband mit Hilfe der Medien und schöner Geschichten zwar gerettet, aber auch viel persönliche Erfahrung mit dem sinnlosen Versenken von öffentlichen Geldern gemacht hat. Daran wird man sich früher oder später wieder erinnern und die Enthüllung vielleicht als investigative Leistung verkaufen wollen. Im Augenblick gilt er jedenfalls als heißer Kandidat für eine Ablöse von Rösler, der als Frosch im immer heißer werdenden Wasser sitzt. Auf dieses Happy End mit Brechreizcharakter läuft der wohldurchdachte Handlungsstrang der Medien nun hinaus.

Eins scheint das Wahlergebnis auch zu bestätigen. Ein Teil der Wähler lässt sich vom Herdenverhalten der Medien willfährig anstecken. Mit Erstaunen stelle ich nämlich fest, dass die Besitzer von Hotels auch in Nordrhein-Westfalen noch einmal zugenommen haben.

3

Gekaufte Wahlentscheidung?

Geschrieben von:

Die NachDenkSeiten drehen sich im Kreis. An dem Beitrag von Wolfgang Lieb “Die totale Lindner-Show” ist das Verhalten der Medien mit Blick auf die FDP sehr gut analysiert.

Allerdings ist der obligatorische Verweis auf wohlgesonnene Verleger und wohlhabende Mittelständler am Ende, die sich als kleine Interessengruppe zusammengetan hätten, um eine Wahlentscheidung in ihrem Sinne zu kaufen aus meiner Sicht nicht so recht nachvollziehbar. Welche Wahlentscheidung hätten die Herren denn gern? Egal ob die FDP in Düsseldorf knapp rein kommt oder nicht, spielt für die Regierungsbildung nach derzeitigem Stand und für die politische Richtung insgesamt keine Rolle. Weil es egal ist, wer mit wem koaliert. Selbst die Bundes-CDU hat die Wahl schon abgeschrieben, wie Lieb richtig feststellt.

Es ist doch wohl eher so, dass die FDP im Spiel gehalten wird, weil man Lindner aus Mediensicht eben schön aufblasen kann und er Seifenoper tauglich ist. Und die Seifenoper ist nun mal das Geschäft dieser Medien und nicht die seriöse Berichterstattung. Ich würde das unter die Kategorie zu Guttenberg einordnen, auch wenn dessen Ballon vor dem Platzen weitaus größer war. Wenn die Zeit reif ist, geht es im Fahrstuhl wieder nach unten. Es geht halt um Geschichtchen und Geschichten und um Klicks und Auflage. Darin besteht meiner Meinung nach das Interesse der Medien und ihrer Besitzer.

Dass mit dem Kaufen von Wahlentscheidungen aus politischem Interesse macht auch deshalb keinen Sinn, weil es nicht erklärt, warum dieselben Gönner dabei zugesehen haben, wie die FDP von denselben Medien vor kurzem noch beerdigt wurde. Unterm Strich wäre der betriebene Aufwand schlicht rausgeschmissenes Geld, nur um einer Partei über die Fünf-Prozent-Hürde zu helfen, die im Parlament aber dennoch ohne Einfluss bliebe. Es stellt sich doch die Frage, ob die FDP auch hochgeschrieben würde, wenn es keinen Lindner und keinen Kubicki gegeben hätte, sondern eine ähnlich farblose und rhetorisch untalentierte Gestalt wie den Rösler. Wahrscheinlich nicht. Auch das spricht gegen gekaufte Entscheidungen aus politischem Interesse.

Auch die NachDenkSeiten müssen doch einsehen, dass es völlig egal ist, welche Regierungskonstellation 2013 ihren Dienst antritt. An der politischen Richtung ändern weder schwarz-gelb, schwarz-rot, schwarz-grün noch rot-grün etwas. Allenfalls eine starke Linke könnte den etablierten Parteien in die Suppe spucken. Aber die scheint bereits erledigt zu sein. Von dort droht also auch keine Gefahr für eine bestimmte Klientel mit Partikularinteressen.

Auf der anderen Seite wird das viele Gerede um Koalitionsoptionen, politische Lager und neue Ampelformen (siehe Dänenampel oder schwarze Ampel) nur deshalb so inflationär betrieben, weil es in Wirklichkeit doch keine Auswahl an Alternativen mehr gibt. Alle sind für die Schuldenbremse, für Kriege um Handelsrouten und Ressourcen wie auch für Strukturreformen mit denen nichts anderes als die Zerstörung des Sozialstaates gemeint ist. Mit dieser Einheitlichkeit in ganz wesentlichen Punkten soll der Wähler nur nicht so stark konfrontiert werden, weil man dann unangenehme Fragen zum Zustand der Demokratie beantworten müsste. Deshalb moniert die jeweilige Opposition auch immer nur handwerkliche Fehler bei politischen Entscheidungen, die sie dann selbst immer mitträgt.

Reiche Verleger und bestimmte Interessengruppen müssen sich also keine Wahl mehr kaufen, weil das Angebot bereits voll ihren eigenen Ansprüchen genügt und der Wähler nichts mehr zu entscheiden hat, außer die Farbkombination der Verpackung, in der sich der immer gleiche Inhalt befindet. Der FDP-Hype dient zur Belustigung der Massen und verschafft den Medien selbst die Aufmerksamkeit, die sie brauchen, um ihre eigenen Anzeigen zu verkaufen. Es geht um banale Geschäftsinteressen auf einem Markt, der einfach immer weniger abwirft. Und charismatische Köpfe sind in allen Bereichen gefragt, unabhängig von ihrer Kompetenz und geistigen Zurechnungsfähigkeit.

Wenn sich die NachDenkSeiten von dem Vorwurf befreien wollen, Verschwörungstheoretikern immer neues Futter zu liefern, wäre eine Rückkehr zu mehr Sachlichkeit empfehlenswert. Dass es Kampagnen und Meinungsmache gibt und Frau Mohn, Frau Springer und Frau Merkel gemeinsam Kaffee im Kanzleramt trinken bestreitet ja niemand, doch sollte die Kritik an den herrschenden Verhältnissen auf die Verhältnisse gemünzt und begrenzt werden und damit auch auf die sich widersprechenden Aussagen derer, die diese Verhältnisse bloß konservieren wollen, aus welchen Gründen auch immer.  

1

Nichtwähler holen über 40 Prozent

Geschrieben von:

Jörg Schönenborn sprach in der ARD von einem mathematischen Proseminar, das den Wahlabend in Schleswig Holstein begleiten würde. Wer hat gewonnen und wer hat verloren? Verloren haben doch aber alle, weil deutlich mehr Menschen zu den Nichtwählern gewandert sind, als zwischen den einzelnen Parteien hin und her!

Die Wahlbeteiligung lag offenbar deutlich unter 60 Prozent. Trotzdem wird so getan, als gebe es Gewinner und Koalitionsoptionen, die dem Wählerwillen entsprechen würden. Die SPD ist mit ihrer Ankündigung an die 40 Prozentmarke heranzukommen, offensichtlich gescheitert. Die 40 Prozent, die einer Volkspartei gut zu Gesicht gestanden hätten, haben ganz eindeutig die Nichtwähler geholt.

Davon ist aber weit und breit keine Rede. Es dominiert erneut das Lieblingsthema der letzten Wochen. Die FDP. Es gibt doch deutlich mehr Hotelbesitzer in Schleswig Holstein als vermutet, hätte eine Frage an Herrn Kubicki lauten können. Stattdessen wird bei jeder Hochrechnung betont, dass die FDP trotz deutlicher Verluste ihr zweitbestes Ergebnis in der Geschichte des Landes Schleswig-Holstein erreicht habe. Damit übernehmen Demoskopen und Journalisten erneut die gefällige Interpretation der Liberalen.

Warum machen die Medien das? Weil sie wie das Kaninchen vor der Schlange hocken und ganz fest daran glauben, dass ein Wechsel an der Parteispitze der Liberalen, den sie mit herbeischreiben dürfen, die Menschen irgendwie interessieren würde. Dabei zeigt die erschreckend niedrige Wahlbeteiligung doch das genaue Gegenteil. Wenn man die Protestwähler hinzuzählt, die bei den Piraten gelandet sind und damit erklären, dass keine politische Aussage für sie eine politische Alternative darstellt, sieht es insgesamt noch düsterer aus.

Interessant ist abermals, dass stabile Mehrheiten nur unter Beteiligung der Union zu Stande kommen können und alles andere so knapp ist, dass der berühmte “Heide-Mörder” wieder zuschlagen könnte. Solche absurden Geschichten dominieren das Bild auf der Matscheibe. In Wirklichkeit aber ist es doch völlig egal, welche Koalition unter welcher Führung gebildet wird. Inhaltlich wäre die eine aber keine Alternative zu der anderen. Insofern ist auch das Gerede über ein scheinbar spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen mehr als überflüssig.

Wohin übrigens die Sozialdemokratie in Regierungsverantwortung driftet, sieht man mal wieder hier…

http://www.ndr.de/regional/hamburg/kuren111.html

3

Symbolisch für den Mindestlohn

Geschrieben von:

Die Arbeitsgruppe der Union zum Thema Mindestlohn ist mit Blick auf die bevorstehenden Landtagswahlen aufgewacht und hat angeblich ein Ergebnis formuliert. Das hat nun Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen vorgestellt. Unterm Strich lässt sich das so zusammenfassen:

Bisher gilt die Tarifautonomie, die Gewerkschaften und Arbeitgebern ohne die Einmischung des Staates die Freiheit lässt, in gemeinsamen Verhandlungen einen Lohn zu finden. Leider, so die Ministerin, gebe es auch Regionen und Branchen, in denen weder Gewerkschaften noch Arbeitgeberverbände solche Verhandlungen führen würden und Menschen daher Löhne erhalten, die zum Leben nicht reichen. Lösung der Arbeitsgruppe: Künftig soll auch dort die Tarifautonomie gelten und Gewerkschaften wie auch Arbeitgeberverbände eine Lohnuntergrenze festlegen.

Da stellt sich doch die Frage, was dieser Vorschlag an der gegenwärtigen Situation ändert. Nur weil Frau von der Leyen sagt, dass die Tarifpartner ihre Aufgabe erfüllen und sich zu Verhandlungen zusammensetzen sollen, werden die das jetzt einfach so tun? Das mutet schon reichlich lächerlich und naiv an. Von der Leyen sagt aber, einen Mindestlohn müsse man richtig machen. Um dieses Ziel zu erreichen, will die Ministerin möglichst viel heiße Luft in Bewegung setzen und sogar einen neutralen Raum zur Verfügung stellen, der bedeutungsschwanger als unabhängige Kommission bezeichnet werden soll, in dem sich die Tarifpartner ungezwungen treffen und verhandeln können. 

Das werden die bestimmt tun, symbolisch versteht sich. Der FDP-Abgeordnete – und ich weigere mich zu diesem Vogel Arbeitsmarktexperte zu sagen – Johannes Vogel meint, die Union präsentiere eine Lösung für ein nicht vorhandenes Problem. Es ist genau umgekehrt. Für ein vorhandenes Problem präsentiert die Union mit viel Wahlkampfgetöse überhaupt keine Lösung. Was da aus dem Mund der Arbeitsministerin quillt, bedeutet in der Konsequenz die Beibehaltung des Status quo. Da müsste die FDP eigentlich Beifall klatschen.

1
Seite 5 von 8 «...34567...»