Wortbrüche und beispiellose Klientelpolitik

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Da soll soch einer sagen, das hätte er nicht gewusst, als der- oder diejenige bei Schwarz oder Gelb ein Kreuzchen machte. Das schwarz-gelbe Minderheitenkabinett macht unverfroren weiter mit der ganz großen Klientelpolitik. Mit der demonstrativen Einäscherung der Idee, die Ökosteuersubvention für energieintensive Unternehmen abzuschaffen bzw. einzuschränken, löst sich der von Merkel lauthals ausgerufene „faire Ausgleich“ beim Sparwahnsinn zwischen Sozialkürzungen auf der einen und Belastungen für die Wirtschaft auf der anderen Seite endgültig in Luft auf. Inzwischen wurde jede ursprünglich als Belastung der Wirtschaft verkaufte Maßnahme, wie die Brennelementesteuer oder die Finanztransaktionssteuer auf bitten der Wirtschaft und der Hochfinanz willfährig begraben.

Die Sache mit der Rücknahme der Ökosteuersubvention hatte sich bereits angekündigt. Vor nicht einmal vier Wochen sprach die Kanzlerin auf einer Veranstaltung des Industrieverbandes BDI. Dessen Präsident Hans-Peter Keitel hatte geladen und in seiner Funktion als Cheflobbyist davor gewarnt, die Ausnahme von der Ökosteuer, die natürlich keiner der Beteiligten für eine streichbare Steuersubvention hält, einzuschränken. Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Die Kanzlerin war beeindruckt und reagierte in ihrer Rede sehr verständnisvoll auf die Bedenken der armen Industrie.

„Ich sage Ihnen zu, dass wir über diese Regeln noch einmal sprechen.

Es ist nicht unser Ansinnen, die guten Arbeitsmarktzahlen zu verschlechtern, indem wir an dieser Stelle etwas tun, was Arbeitsplätze kostet.“

Dafür kostet es nun die Raucher etwas, obwohl dass der Tabakindustrie nicht gefallen dürfte. Was ist eigentlich mit der Raucherlobby los? Kippen aus dem Hartz-IV-Regelsatz gestrichen und nun auch noch eine Erhöhung der Tabaksteuer. Bedrohen diese Maßnahmen etwa keine Jobs in der Zigarettenindustrie? Gegen einen weiteren absehbaren Einbruch beim Zigarettenabsatz muss man doch vorgehen und vielleicht jüngere Käuferschichten erschließen.

Da sollte die Lobby ansetzen und Kanzlerin Merkel mal einladen. Dann könnte das Werbeverbot kippen und der Marlboro Man auf den Bildschirm zur besten Sendezeit zurückkehren. Etwas modifiziert natürlich. Vielleicht mit Kindern. Das wäre doch eine tolle Aufgabe für Ursula von der Leyen, die mit einer Familienraucherkampagne gleichzeitig ihr Zensursula-Image ablegen könnte. Schließlich hat sie bei der Regelsatzfestlegung für Kinder bewiesen, wie viel sie für die Jüngsten in der Gesellschaft übrig hat.

Rauchen für den Anti-Terrorkampf, für die Gesundheit und nun auch für den Aufschwung. Einer gewissen Komik entbehrt das nicht. Allerdings habe ich mit Rauchern auch kein Mitleid und genau darauf spekuliert diese Regierung. Eine Erhöhung der Tabaksteuer lässt sich eben immer gut verkaufen, weil eine Mehrheit der Bevölkerung den Glimmstängel ablehnt. D.h. viele glauben, von einer Erhöhung dieser Steuer gar nicht betroffen zu sein. Das nun wiederum rechtfertigt das Vorgehen der Bundesregierung keineswegs. Man könnte jetzt natürlich viele Gründe anführen. Mir reicht aber einer. Und den sollten sie bei Gelegenheit ihrem FDP-Wahlkreisschnösel unter die Nase reiben:

Steuererhöhung = Wortbruch!

Da hilft dann auch nicht das Geschwafel von gesicherten Arbeitsplätzen oder die abermalige Verkündung der Aussicht auf baldige Sterersenkungen. Westerwelle und Brüderle wurden bis hin zu den Diskussionen um das Sparpaket in diesem Jahr nicht müde zu betonen, dass es mit ihnen keine Steuererhöhungen geben werde. In einem Interview mit der Welt meinte Westerwelle im Mai noch:

„Leider gibt es im Deutschen Bundestag sehr viele Abgeordnete, die mit Steuererhöhungen weniger Probleme haben als mit Ausgabeneinsparung.“

Und Westerwelle wird nun überraschenderweise auch zu den vielen Abgeordneten gehören, die weniger Probleme mit einer Steuererhöhung haben. Und Rainer Brüderle, der heute neben Schäuble sitzend, die frohe Botschaft mitverkünden durfte, meinte ebenfalls im Mai noch, auch in der Welt nachzulesen:

„Steuererhöhungen wird es mit der FDP nicht geben.“

Nun bin ich doch sehr erstaunt über die Verlässlichkeit der selbsternannten bürgerlichen Mitte, die mit ihren klaren und stabilen Verhältnissen für Abwechslung bei Worten und Taten sorgt, an der Kontinuität ihrer beispiellosen Klientelpolitik aber nichts ändert.

Aber das Lustigste kommt ja noch. Die Bundesregierung will also die Tabaksteuer erhöhen, um die inzwischen wieder hochprofitable Schwerindustrie weiter zu subventionieren. Da könnte man doch meinen, dass die Arbeitgeber von diesem Geschenk etwas an ihre Mitarbeiter abgeben und zum Beispiel die Löhne erhöhen. Schließlich ist doch Aufschwung XL und selbst der Brüderle fordert höhere Löhne. Aber Pustekuchen. So ziemlich alle Wirtschaftsvertreter haben bereits abgewunken. Keine Lohnerhöhungen. Aber keine Angst, auch dafür hat die schwarz-gelbe Pannenregierung eine Lösung. Steuersenkungen!!! Ein Leser der NachDenkSeiten bringt diesen politischen Irrsinn in einem kurzen Kommentar heute sehr treffend auf den Punkt.

„Der hochverschuldete deutsche Staat soll anstelle der hochprofitablen Konzernen die Lohnerhöhungen zahlen … sehr logisch …“

Und so schließt sich der Kreis. Denn von der eigensinnigen Logik der schwarz-gelben Regierung sind alle betroffen, ob sie nun rauchen oder nicht.

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Aufruf: Große Vermögen besteuern jetzt!

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Vermögensteuer jetzt!

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich habe gerade den Aufruf “Vermögensteuer jetzt!” unterschrieben, der von Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach SJ (Nell Breuning Institut), Prof. Dr. Rudolf Hickel (Memorandum-Gruppe Alternative Wirtschaftspolitik), Detlev von Larcher (Attac), Wolfgang Lieb (nachdenkseiten.de), Nicola Liebert (Tax Justice Network), Wolfgang Pieper (ver.di, Leiter Grundsatz und Vorstandssekretär) und Ernst Prost (Geschäftsführer Liqui Moly GmbH) initiiert wurde. Der Aufruf fordert die Wiedereinführung der Vermögensteuer auf große Vermögen.

Ich kann Ihnen diesen Aufruf nur empfehlen und würde mich freuen, wenn Sie ihn auch unterzeichnen würden.

Hier der Link:
http://www.vermoegensteuerjetzt.de

Vielen Dank und viele Grüße
André Tautenhahn (adtstar)

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Was ist die Nachricht des Tages?

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Die Nachricht des Tages lautet nicht etwa, dass Thilo Sarrazins Aussagen soviel Zuspruch aus der Bevölkerung erhalten und 18 Prozent eine nach ihm benannte Partei wählen würden. Dieses Phänomen ist doch nicht neu. Eine latente Ausländerfeindlichkeit konnte man den Deutschen statistisch gesehen schon immer nachweisen. Da hat der Sarrazin nun keine neuen Reaktionen erzeugt. Die Nachricht des Tages lautet aber auch nicht, dass sich nun ausgerechnet Klaus von Dohnanyi zum Sarrazin-Anwalt aufschwingt, um diesen gegen den Vorwurf des Rassismus zu verteidigen. Da will sich der alte SPD-Stratege mal wieder beliebt beim Boulevard machen, wie damals als Hamburger Bürgermeister, als er als einer der ersten SPDler den Widerstand gegen die Kommerzialisierung des Fernsehens und des Radios aufgab und sich somit vorübergehend die Gunst des Hamburger Springerkonzern sicherte. Insofern schließt sich der Kreis, denn Sarrazin ist nichts anderes als eine direkte Folgeerscheinung von Dummfunk und Dummfernsehen. Die Pointe ist nun aber, dass sich diese elitären Gestalten auch noch über Zustände beschweren, die sie selbst zu verantworten haben.

Aber das sind nicht die Nachrichten des Tages. Die Nachricht des Tages ist zweifelsfrei die, dass die Deutschen ihr Geldvermögen enorm vermehrt haben. Noch nie gab es soviele Einkommensmillionäre. Der durch die Finanzkrise entstandene Verlust von 140 Mrd. Euro bei den Vermögenden in diesem Land konnte binnen weniger Monate wettgemacht werden. Laut DIW erreichte das Geldvermögen im ersten Quartal 2010 bereits einen neuen Spitzenwert von 4,8 Billionen Euro.

Quelle: Jahnkes Infoportal

Dazu DIW-Forscher Markus Grabka: „An den Vermögenden ist die Finanzkrise in überraschend kurzer Zeit ohne bleibende Schäden vorübergegangen“.

Tolle Zusammenfassung. Das hätte man mal melden können, im Radio oder Fernsehen. Ich habe diesbezüglich noch nix gehört, dafür aber eine Menge über Sarrazin und den anderen Wetterfrosch. Aber das ist ja auch klar. Wenn das obere Zehntel der Bevölkerung mitten in der Krise, wo alle anderen den Gürtel enger schnallen sollen, einen nicht unerheblichen Zugewinn an Vermögen verbuchen kann, dann muss halt so ein kleinbürgerliches Mietmaul wie der Sarrazin angeheuert werden, der für ein paar Kröten den verbalen Hammer schwingt. Dank „Dummfunk“ und „Dumm-Presse“ verbreiten sich so die alten Vorurteile wie ein Lauffeuer. Deutschland wirkt einmal mehr deutscher und einmal mehr wie ein Gegner von Aufklärung und Moderne. Man könnte auch sagen antirevolutionär.

Und das führt uns natürlich unweigerlich zur heute bekanntgegebenen „Jahrhundertrevolution“ der Laufzeitverlängerung. Das gefällt den Medien. Da wird eine grobe Missachtung demokratischer Prinzipien als „Revolution im Bereich der Energieversorgung“ gefeiert. Bei näherer Betrachtung trifft das wohl zu, denn noch nie wurde der Souverän derart über den Tisch gezogen wie beim Atomdeal der schwarz-gelben Lobbyregierung. Die Brennelementesteuer wird zeitlich befristet sein. Das allein sagt schon alles. Oder um es mit einer Karikatur von Klaus Stuttmann zu beschreiben:

Karikatur von Klaus Stuttmann

Und keiner redet mehr von Westerwelle. Ach wie schade…

Karikatur von Klaus Stuttmann

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"Du musst den Gürtel enger schnallen!" – Zum Verhältnis zwischen Schulden und Vermögen

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Gerade hat Guido Westerwelle wieder Steuersenkungen für seine Klientel gefordert. Begründung: Ein einzelnes Quartalswachstum von über zwei Prozent. Als Vorschlag kam dann prompt, die Luftverkehrsabgabe oder andere „schreckliche Maßnahmen“ aus dem Sparpaket, die die Wirtschaft betreffen, zurückzunehmen. Da kann man sich doch nur noch an den Kopf fassen und entsetzt fragen, warum keiner einen Antrag bei Google stellt, neben Guido Westerwelles Haus auch ihn persönlich und seine gesamte Partei wegzupixeln.

Jedenfalls gibt es auf Youtube einen Film, der in diesen bitteren Zeiten sehr eindrucksvoll für Aufklärung sorgt. Diesen Film muss einfach jeder in diesem Land gesehen haben. Man kann nur hoffen, dass die kollektive Teilnahmslosigkeit etwas abgebaut wird und mehr Diskussionen entstehen, wie es sich der Autor des Beitrags wünscht.

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Die Expansion des Niedriglohnsektors

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Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle meint ja, dass es in diesem Jahr wieder bergauf gehen werde. Vor allem die von der GfK gemessene Konsumlaune sei ursächlich dafür. Die Menschen werden wieder mehr einkaufen und somit das Wachstum stützen, so die These Einbildung des Ministers. In Wahrheit hat der private Konsum im ersten Quartal dieses Jahres zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,7 Prozent einen Anteil von -0,7 Prozent beigesteuert. Grafisch sieht das in etwa so aus.

Wachstumsbeiträge
Quelle: Michael Schlecht, MdB

Laut Rainer Brüderle soll sich das nun schlagartig ändern, weil alle Deutschen vom erfolgreichen Auftritt der Fußaballnationalmannschaft in Südafrika hypnotisiert worden sind und nun bei sommerlichen Temperaturen in die Geschäfte strömen werden, um ihr nichtvorhandenes Geld auszugeben. Ist der deutsche Wein inzwischen schon so schlecht oder kauft Brüderle auch bei Aldi ein? Egal. Brüderle meint ja, dass sich alles irgendwie von selbst stimuliert und die florierende Wirtschaft die Aussicht auf höhere Löhne eröffne und deshalb die Menschen in die Läden strömen werden, um ihr im Augenblick nichtvorhandes Geld auszugeben.

Selbst im Frühjahrsgutachten der Forschungsinstitute steht, dass sich der private Konsum im Jahr 2010 um -0,4 Prozent im Vergeleich zum Vorjahr entwickeln werde. Die Löhne würden weiter unter Druck stehen, so die Gutachter. Aber auch das ignoriert Rainer Brüderle.

Frühjahrsgutachten

Aber mal abgesehen von der irrigen Annahme, dass der private Konsum jetzt zum Konjunkturmotor werden würde, stimmt denn überhaupt die zweite Annahme Brüderles, dass die Arbeitnehmer infolge des Wachstums höhere Löhne erwarten können? Ein ganz klares Nein. Denn alle relevanten Tarifvereinbarungen sind bereits im Frühjahr geschlossen worden. Im Text der Gutachter heißt es dann auch (via NachDenkSeiten).

In den meisten Branchen liegen für dieses Jahr bereits Tarifabschlüsse vor. Diese lassen einen verlangsamten Anstieg der tariflichen Stundenlöhne um 1,5%erwarten. So stand der kürzlich im Metallbereich erzielte Abschluss im Zeichen der Beschäftigungssicherung und enthielt für dieses Jahr keine Tariferhöhung, sondern nur zwei Einmalzahlungen. Hinzu kommt, dass Öffnungsklauseln in den Tarifverträgen es den Arbeitgebern ermöglichen, Leistungen in Krisenzeiten einzuschränken oder vereinbarte Erhöhungen zu verschieben. Da der Spielraum zur vorübergehenden Reduzierung der Arbeitszeit in den meisten Arbeitszeitkonten inzwischen ausgeschöpft sein dürfte, die gesamtwirtschaftliche Erholung nur schleppend verläuft und zudem mit einem weiteren Rückgang der Kurzarbeit zu rechnen ist, dürfte die Lohndrift stark negativ sein; die Institute rechnen mit einem Wert von –1,5 % womit sich insgesamt eine Stagnation der Stundenverdienste ergibt. Angesichts der prognostizierten geringen Preissteigerungen sinken die realen Lohnkosten je Stunde im Jahr 2010 somit um 0,7%und die Lohnstückkosten auf Stundenbasis um 0,9 % gegenüber dem Vorjahr.

Dazu kommt nun eine Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen, aus der hervor geht, dass rund 20,7 Prozent der Beschäftigten in Deutschland im Jahr 2008 einen Lohn unterhalb der Niedriglohnschwelle der Industrienationen erhalten haben (siehe Tagesspiegel).

Insgesamt seien 6,55 Millionen Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor tätig. Innerhalb von zehn Jahren sei die Zahl der Niedriglohnempfänger um 2,3 Millionen Menschen gewachsen. Besonders stark betroffen seien Minijobber, Beschäftigte unter 25 Jahren, Ausländer, Frauen, gering Qualifizierte und befristet Beschäftigte. Im Untersuchungszeitraum von 1995 bis 2008 habe sich der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten in Deutschland von 14,7 Prozent auf 20,7 Prozent erhöht, teilte das IAQ mit. „Kein anderes Land“ habe ein derartiges Wachstum des Niedriglohnsektors erlebt.

Deutschland sei international also das Land, in dem die Löhne am meisten zurückgegangen seien und der Niedriglohnsektor am deutlichsten zugenommen habe. Will Rainer Brüderle diesen Prozess etwa umkehren und zum Beispiel einen flächendeckenden Mindestlohn einführen, wie es das IAQ abschließend fordert? Wie soll man sich denn sonst die Zuversicht auf Seiten des Wirtschaftsministers erklären, der davon ausgeht, dass der private Konsum in diesem Jahr noch signifikant zunehmen werde?

Also entweder ist Rainer Brüderle ein Linker im Schafspelz oder aber er ist und bleibt die größte Regierungströte -vuvuzela, die Deutschland je gesehen hat. Ich will das abschließend noch nicht beantworten. :>>

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Gesundheitspolitik II: Die FDP ist noch dämlicher

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Eigentlich wollte der Herr Rösler ja seinen Hut nehmen, falls es nicht zu seiner Schwachsinnsreform mit der Knallkopfpauschale reichen sollte. Soweit wird es nicht kommen. Aber mal abgesehen von dem personellen Befindlichkeiten der Dauerdurchstarter, schauen sie sich doch bitte an, was da gefordert und wie begründet wird. Da steckt nicht nur viel dummes Zeug drin, eine simple Logik ist in dem Gesagten auch nicht zu finden.

Wenn das General-Bambi der FDP Christian Lindner sagt, dass es das Ziel seiner Partei sei, Geringverdiener mit einer Kopfpauschale nicht zu überfordern und deshalb einen Steuerausgleich einführen zu wollen, fragt man sich, wo da nun die Reform sein soll. Bisher zahlt jeder entsprechend seinem Einkommen einen Prozentbetrag an die gesetzliche Krankenversicherung. D.h., dass die Höhe des Einkommens darüber entscheidet, wie hoch der Beitrag ist. Es findet also ein Sozialausgleich bereits dadurch statt, dass Einkommensstärkere höhere Beiträge zahlen als Einkommensschwächere. Aber das ist der modernen FDP zu doof, altbacken und rückständig. Die Liberalen wollen lieber ein neues System, in dem ein Träger die gleichhohen Beiträge einsammelt und eine andere Behörde für den Sozialausgleich aus Steuermitteln sorgt. Das klingt natürlich sehr fortschrittlich, ist aber strunzdumm und vor allem teuer.

Zunächst einmal müssen die Beiträge für die Krankenversicherung immer noch aus den Einkommen der Arbeitnehmer finanziert werden, egal in welcher Form sie nun erhoben werden. Der Faktor Arbeit wird auch nicht dadurch entlastet, dass die fälligen Beiträge komplett der Arbeitnehmerseite auferlegt werden. Denn wenn die persönlichen Ausgaben für Gesundheit steigen, sinken automatisch die Einnahmen der Unternehmen, die nicht gerade für die Gesundheitsbranche produzieren. Der verdiente Euro kann immer nur einmal ausgegeben werden. Muss der Arbeitnehmer zwangsweise seine Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen erhöhen, weil er nicht krank sein will, muss er ebenfalls zwangsläufig seine Nachfrage nach anderen Gütern und Dienstleistungen zurückfahren. Das schadet der gesamten Volkswirtschaft und führt damit unmittelbar zu mehr Arbeitslosigkeit.

Bei steigenden Gesundheitsausgaben einerseits und ständig sinkenden Löhnen andererseits kann eine Deckung des Finanzbedarfs also nur über eine Erhöhung der Beiträge sichergestellt werden. Insofern muss die Regierung ständig die Beiträge erhöhen. Eine andere Möglichkeit bleibt ihr nicht, sofern sie auch weiterhin an den Dogmen festhält, keinen Mindestlohn einzuführen sowie sich einer aktiven Konjunktur- und Lohnpolitik zu verweigern, während sie den Lobbyorganisationen der Gesundheitsbranche weiterhin jeden Wunsch erfüllt und damit selbst Schuld daran trägt, dass die Ausgaben, vor allem bei den Arzneimitteln weiterhin in die Höhe schnellen oder hoch bleiben.

Das Sozialausgleichsgeschwafel der FDP dient nur einem Zweck. Der Verschleierung. Die Knallkopfpauschale funktioniert ja nur, wenn die Leistungen der Kassen radikal eingeschränkt werden. Bei den Liberalen heißt das marktfreundlich und hinterlistig, dass der Versicherte in Zukunft selbst wählen darf, welche Leistungen er haben möchte. Die Freiheit des Einzelnen wird dabei sehr betont. Nur nützt die Freiheit dem Einzelnen überhaupt nichts. Es sei denn, er verfügt über ein sehr hohes Einkommen oder Vermögen, um sich die zahlreichen Zusatzleistungen kaufen zu können. Das haben die Bürger aber längst geschnallt, weshalb die FDP alles daran setzt, sich ein sozialeres Image zu verpassen. Beim Sozialausgleich der Knallkopfpauschale wird das auf besonders absurde Weise deutlich.

Wahrscheinlich müsste die Hälfte aller Deutschen beim Finanzamt einen Antrag einreichen, um über den liberalen Sozialausgleich Geld wiederzubekommen, dass sie im bisherigen System ohnehin nie gezahlt hätten, weil ihr Krankenversicherungsbeitrag nach dem Einkommen bemessen wird. Die Vollidioten der FDP sollten endlich einmal begreifen, dass Bismarck viel schlauer war, als die liberalen Vertreterschnösel von heute. Bismarck hatte die umlagefinanzierte Sozialversicherung ja nur deshalb eingeführt, um die soziale Bewegung des Landes, die sich am Erstarken der SPD zeigte, abzuwürgen und seine konservativ reaktionäre Macht nachhaltig zu sichern. Wären die schwarz-gelben heute schlau, würden sie die Forderungen der Linken erfüllen, um ihre Haut langfristig zu retten.

Offensichtlich ist aber die Spaltung der Gesellschaft noch nicht fortgeschritten genug und die heutige SPD ist als konservativer Abklatsch von schwarz-gelb nocht nicht in allen Köpfen angekommen.

Ohne eine Erhöhung der Grundlohnsumme, d.h. ohne einen funktionierenden Arbeitsmarkt mit einer deutlichen Erhöhung der Vollzeitbeschäftigung und einer an der Produktivitätssteigerung ausgerichteten Lohnentwicklung wird das Finanzierungsproblem in der gesetzlichen Sozialversicherung nicht behoben werden können. Die Ausgabenseite ist nicht unser Problem, obwohl Pharmabranche und Ärzte immer mehr Geld bekommen und man in diesen Bereichen durchaus handeln sollte. Aber gemessen am BIP gibt Deutschland nicht mehr Geld für Gesundheit aus, als vergleichbare andere Nationen, deren Gesundheitssystem auch öffentlich finanziert wird.

Die höchsten Gesundheitsausgaben verzeichnen übrigens die USA mit rund 15 Prozent vom BIP (Deutschland gibt rund 10 Prozent des BIP für Gesundheit aus). Bis zum Obama-Gesetz über die Einführung einer gesetzlichen Krankenversicherung hatten die USA nur ein reines privatwirtschaftlich organisiertes auf liberaler Freiheit basierendes Gesundheitssystem entwickelt. Auch vor diesem Hintergrund sollte man die FDP-Vorschläge einordnen und die Frage stellen, wer hier eigentlich rückwärtsgewandt im Gesundheitssystem etwas auf biegen und brechen reformieren will.

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Die Sache mit den gestiegenen Reallöhnen

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Am Freitag meldete das statistische Bundesamt, dass die Reallöhne in Deutschland im ersten Quartal 2010 im Vergleich zum ersten Quartal 2009 um durchschnittlich 0,8 Prozent gestiegen seien. Es ist ja Aufschwung. Aber stimmt denn das überhaupt? Oder anders gefragt, was ist denn mit Reallöhnen gemeint?

Dazu steht in der verlinkten Broschüre unter dem Titel „Reallohnindex und Index der Bruttomonatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen – 1. Vierteljahr 2010“ in der Erläuterung Folgendes:

Alle genannten Indizes beziehen sich auf vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich. Nicht einbezogen werden alle Teilzeitbeschäftigten, geringfügig Beschäftigen, Auszubildende, Praktikanten, Personen, die keinen Verdienst für ihre Leistung erhalten, tätige Inhaber, Mitinhaber und Familienangehörige ohne Arbeitsvertrag, ausschließlich auf Honorarbasis bezahlte Personen, Personen im Vorruhestand und Personen in so genannten 1-Euro-Jobs.

D.h., dass die Statistiker ausschließlich Vollzeitbeschäftigte und deren Lohnentwicklung betrachtet haben, während der immer größer werdende Bereich der Teilzeitbeschäftigung gar nicht berücksichtigt wurde. Dabei ist das der Bereich, der am schnellsten wächst. Im Juni um 118.000 im Vergleich zum Vorjahr. Die Vollzeitbeschäftigung nahm dagegen um 60.000 ab. So sieht das deutsche „Jobwunder“ aktuell aus.

Aber noch etwas ist interessant. Was bitteschön ist an dem Plus von 0,8 Prozent so toll? Gemessen am Volkseinkommen geht der Anteil der Arbeitnehmerentgelte auch im 1. Quartal 2010 weiter zurück, während der Anteil der Unternehmens- und Vermögenseinkünfte schon wieder explodiert.

Einkommensentwicklung
Quelle: Joachim Jahnke

Dieses Auseinanderdriften in Zeiten der Krise und der angekündigten drastischen Sparprogramme sollte doch zu denken geben. Vor allem über die Verteilung der Krisenkosten auf die entsprechenden Einkommensgruppen.

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Nachtrag zum Thema Griechenland

Geschrieben von:

Zum Thema Griechenland sollten sie auch einmal auf dem Infoportal von Joachim Jahnke vorbeischauen. Er liefert dazu allerhand Fakten, Statistiken und Erklärungen.

Siehe hier:
http://www.jjahnke.net/rundbr68.html#1948

und hier:
http://www.jjahnke.net/rundbr69.html#1952

und hier:
http://www.jjahnke.net/rundbr69.html#1953 (10 deutsche Sünden gegen die Solidarität in der Eurozone und die eigenen Interessen)

Das Fazit daraus möchte ich hier wiedergeben:

„Das ganze ist weit mehr als ein Trauerspiel gemessen an den Interessen normaler Deutscher. Die Deutschen haben gearbeitet und gespart und gespart, soweit sie Jobs fanden und Einkommen zum Sparen; die übrige Eurozone hat jedenfalls weit besser gelebt. Schon 10 Jahre lang. Gewonnen haben in Deutschland nur die Unternehmensgewinne. Nun droht als Fluch der bösen deutschen Tat ein Auseinanderbrechen des Euros.“

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Löhne und Einzelhandelsumsätze befinden sich ununterbrochen auf Talfahrt

Geschrieben von:

In der Meldung des statistischen Bundesamts von heute heißt es:

Quelle: destatis

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz im Einzelhandel in Deutschland im Januar 2010 nominal 3,0% und real 3,4% niedriger als im Januar 2009.

Und vor einem Jahr meldete das statistische Bundesamt für den Januar 2009 ebenfalls einen Rückgang der Umsätze im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Quelle: destatis

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz im Einzelhandel in Deutschland im Januar 2009 nominal um 1,2% und real um 1,3% niedriger als im Januar 2008.

Und im Jahr davor hieß es:

Quelle: destatis

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz des Einzelhandels in Deutschland im Januar 2008 nominal um 2,7% und real um 0,6% höher als im Januar 2007. Beide Monate hatten jeweils 26 Verkaufstage. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass im Januar 2007 erstmals die neuen höheren Mehrwertsteuersätze galten. Sie führten in diesem Monat zu deutlichen Rückgängen des Einzelhandelsumsatzes (nominal – 2,3%, real – 2,9% zum Januar 2006). Vergleicht man den Umsatz des Januars 2008 mit dem des Januars 2006, so ergibt sich nominal ein Zuwachs von 0,3% und real ein Rückgang von 2,3%.

Mit anderen Worten. Seit Jahren und spätestens mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer im Jahr 2007 brechen die Einzelhandelsumsätze immer dramatischer weg. Ich kann einfach nicht verstehen, wie einige Medien schon wieder schreiben können, dass die Umsätze im Einzelhandel im Januar überraschend stabil gewesen sein sollen.

Siehe zum Beispiel:

  • AFP unter der Überschrift
    „Umsatz im Einzelhandel im Januar stabil“

Dabei bezieht man sich wieder auf den wenig nützlichen Vergleich zum Vormonat Dezember und deutet an, einen Trend beobachten zu können. Denn so gesehen, seien die Umsätze mit einer Veränderung um real 0,0 Prozent stagniert. Toll. Leider macht sich keiner die Mühe, in der Tabelle zu den Vormonatsveränderungen des statistischen Bundesamtes mal nachzuschauen. Dann hätte man nämlich leicht feststellen können, dass nach dieser Methode nix stagniert. Im November 2009 ging es um -1,2 Prozent im Vergleich zum Oktober runter. Der Dezember legte aber nur um 0,9 Prozent im Vergleich zum November zu und nun im Januar messen die Statistiker keine Veränderung zum Dezember. Wenn man also nur diese drei Monate als einen Zeitraum für sich betrachten würde, was übrigens völliger Blödsinn wäre, müsste man feststellen, dass die Einzelhandelsumsätze nicht überraschend stagnieren, sondern nach wie vor auf einem negativen Niveau verharren.

Die Veränderungen zum Vormonat sagen für sich genommen nichts aus und schon gar nicht lässt sich daraus ein Trend ableiten, wie das einige Medien immer wieder zu suggerieren versuchen. Erst mit dem Blick auf einen längeren Zeitraum, üblicherweise nimmt man dann den Vorjahresmonat, wird eine Entwicklung deutlich. Und die war, ist und bleibt negativ.

In diesem Zusammenhang ist eine weitere Meldung des statistischen Bundesamts von heute sehr interessant. Die durchschnittlichen Bruttoverdienste seien erstmals seit Gründung der Bundesrepublik im Jahr 2009 gesunken.

Quelle: destatis

Nach ersten Ergebnissen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) sind die durchschnittlichen Bruttoverdienste aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland im Jahr 2009 um – 0,4% auf rund 27 648 Euro gesunken. Dies ist der erste Rückgang der Verdienste in der Geschichte der Bundesrepublik.

Diese Meldung taugt nun offenkundig für Manipulationen. Denn der Rückgang der nominalen durchschnittlichen Verdiensthöhe erweckt nunmehr den Eindruck, als seien die realen Löhne in der Vergangenheit gar nicht gesunken. Das taten sie aber. Infaltionsbereinigt sinken die Bruttoverdienste bereits seit sechs Jahren „und liegen nun schon um 5,3 % unter dem Stand des Jahres 2000.“(Quelle: siehe Jahnkes Infoportal) Es ist also falsch zu behaupten, dass nun erstmals seit Gründung der Bundesrepublik die Löhne zurückgegangen seien.

Heute kommen also wieder zwei Dinge ganz klar zur Geltung, die wechselseitig aufeinander wirken. Verfügbares Einkommen und die Einzelhandelsumsätze befinden sich ununterbrochen auf Talfahrt. Doch der Regierung ist die Lage schlicht wurscht. Dort denkt man bereits an den Etat-Entwurf für 2010, der am Donnerstag abschließend im Haushaltsausschuss des Bundestages beraten wird. In der Süddeutschen Zeitung wird dazu Finanzminister Schäuble von einem offenkundig realitätsfremden Journalisten befragt. Geradezu vorwurfsvoll und mit Schaum vorm Mund plärrt Claus Hulverscheidt von der SZ den Finanzminister an, wann dieser nun endlich anfangen wolle, richtig zu sparen. Und Schäuble antwortet:

Quelle: SZ

„Wir können zwar 2010 wegen der andauernden Auswirkungen der Krise noch nicht auf einen konsequenten Konsolidierungskurs einschwenken. Aber wir müssen bereits jetzt deutlich machen: Die expansive Haushaltspolitik wird beendet. Und wir meinen es ernst mit der Schuldenbremse und den im Koalitionsvertrag genannten goldenen Regeln der Finanzpolitik. Das heißt auch: alle schon jetzt erkennbaren Einsparpotentiale zu nutzen. Wenn sich dabei erweist, dass die Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit es ermöglichen, die Ansätze für die Arbeitsmarktausgaben abzusenken: um so besser!

Angesichts der heutigen Meldungen verstehe ich einfach nicht die Reaktionen von Journalisten und Politikern. Sind die alle so blind? Wie kann man nur nach dem Sparhammer lechzen und vom Ende der expansiven Haushaltspolitik sprechen, die ja gemacht wurde, um der tiefen Sogwirkung der Krise etwas entgegenzusetzen, wenn diese Krise überhaupt noch nicht verbei ist? Die heutigen Zahlen belegen das doch eindrucksvoll. Wollen wir etwa auch die Mehrwertsteuer drastisch erhöhen, wie das die Griechen gerade bei ihrem Sparprogramm tun? Dann lohnt sich vielleicht ein Blick auf unsere Zusammensetzung des Steueraufkommens, genauer: auf die Verteilung von direkten und indirekten Steuern. Schäuble sagt ja im Interview, dass solide Staatsfinanzen und wachstumsorientierte Steuerpolitik kein Widerspruch seien.

„Eine wachstumsorientierte Steuerpolitik muss sowohl auf Steuervereinfachung als auch auf Steuerentlastung setzen. Wir können auf Dauer nur dann erfolgreich konsolidieren, wenn wir wieder robustes Wirtschaftswachstum erreichen. Und umgekehrt ist das Vertrauen der Wirtschaft in die Solidität und Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte unabdingbare Voraussetzung für anhaltendes Wachstum.“

Der Zusammenhang, dass Konsolidierung nur geht, wenn es Wirtschaftswachstum gibt, ist richtig. Nur ist der beschriebene Weg einfach falsch. Das Absenken von direkten Steuern hat erstens noch nie zu Wachstum geführt und zweitens ist ein solches Vorgehen auch überhaupt nicht nötig, wenn man sich den Anteil am Steueraufkommen genau anschaut.

Anteil direkte und indirekte Steuern am Steueraufkommen
Quelle: BMF

Inzwischen ist es ja so, dass die Absenkung direkter, an der Höhe des Einkommens bemessener Steuern, dazu geführt hat, dass der Anteil der indirekten Steuern, die für alle Einkommensgruppen ja gleich hoch sind (Flat Tax), am Gesamtsteueraufkommen gestiegen ist. Mit anderen Worten, die Finanzierung staatlicher Aufgaben wurde umverteilt. Vor allem untere Einkommensgruppen und Menschen, die über wenig Geld verfügen, werden gemessen an ihrem verfügbaren Einkommen deutlich höher belastet als jene oberen Einkommensgruppen, die zwar den Großteil der direkten Steuern zahlen (70 %), aber gleichzeitig auch über etwa 70 % des Gesamteinkommens verfügen.

Was Schäuble und die Bundesregierung vorhaben, ist volkswirtschaftlicher Unsinn. Gerade die Meldungen des statistischen Bundesamts von heute weisen die Bundesregierung deutlich darauf hin, was eigentlich gemessen an der aktuellen Lage zu tun wäre. Zunächst einmal bedarf es der Beschäftigungssicherung und damit ist nicht die Kurzarbeit gemeint, die vor allem teuer ist, weil sich die Bundesregierung hoffend darauf verlassen muss, dass irgendwann die Konjunktur von allein wieder anspringt. Billiger wäre es dagegen, wenn die Bundesregierung selbst die Konjunktur durch staatlich befeuerte Nachfragepolitik anheizen würde, statt voreilig den Ausstieg aus der expansiven Ausgabenpolitik zu verkünden. Dann müsste man nämlich nicht dauernd über eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes nachdenken, wie das aktuell Frau von der Leyen wieder tut, weil sich die erhoffte Erholung der Wirtschaft nun doch noch nicht eingestellt hat. Dieses Vorgehen ist einfach nur dumm.

Zweitens braucht dieses Land endlich einen Mindestlohn, damit die staatlich subventionierte Arbeitnehmerausbeutung durch am Markt über Löhne konkurierende Unternehmen endlich aufhört. Die Binnennachfrage kann nur gesteigert werden, wenn auch die Kaufkraft wieder steigt, also das verfügbare Einkommen zu statt immer weiter abnimmt. Erst dann werden auch die Einzelhändler wieder Grund haben, Jubeln zu können. Doch gegenwärtig zeigt die Tendenz nach unten. Die Gefahr einer Deflation ist gerade auch im Hinblick auf die rigorose Haltung gegenüber Griechenland nicht nur ein Schreckgespenst, sondern bereits im Anmarsch. Wenn sich Deutschland und Europa mitten in der Krise zum Sparen um jeden Preis zwingen, steht am Ende die Katastrophe. Dies lehrt uns schlicht die Geschichte des kurzen aber verheerenden 20. Jahrhunderts.

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Nun auch offiziell: Stärkster Wirtschaftseinbruch der Nachkriegszeit

Geschrieben von:

Mit -5,0 Prozent rauscht die deutsche Wirtschaft im Jahr 2009 in den Keller, so stark wie noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Auch das ist ein Erdbeben. Wie das statistische Bundesamt heute mitteilt, haben vor allem die dramatischen Rückgänge bei den Exporten und den Investitionen zu diesem Ergebnis geführt.

Bemerkenswert im Jahr 2009 war, dass sowohl die Exporte als auch die Ausrüstungsinvestitionen stark einbrachen. Der Außenhandel, der in früheren Jahren ein wichtiger Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft war, bremste 2009 die wirtschaftliche Entwicklung.

In Ausrüstungen wurde insgesamt um ein Fünftel weniger investiert als noch in 2008 (– 20,0%).

Als positiv bewertet das statistische Bundesamt einen statistischen Anstieg bei den Konsumausgaben.

Die einzigen positiven Impulse kamen 2009 von den Konsumausgaben: Die privaten Konsumausgaben stiegen preisbereinigt um 0,4%, die staatlichen sogar deutlich um 2,7% gegenüber dem Vorjahr.

Das könnte man wieder missverstehen und meinen, die Nachfragesituation der privaten Haushalte habe sich stabilisiert oder gar verbessert und somit die Wirtschaft gestützt. Das stimmt nur stark eingeschränkt. Wenn man weiter unten in der Langfassung der heutigen Mitteilung liest, steht da näher erläutert.

Bei einer Differenzierung der Konsumausgaben privater Haushalte im Inland nach Verwendungszwecken zeigt sich jedoch, dass lediglich für Verkehr und Nachrichtenübermittlung deutlich mehr ausgegeben wurde als im Vorjahr (+ 5,2%). Hierzu zählen auch die privaten Kraftfahrzeugkäufe, die durch die sogenannte Abwrackprämie kräftig gestiegen sind. Die Ausgaben für fast alle anderen Verwendungszwecke waren dagegen geringer als in 2008.

Was heißt das denn nun? Die Abwrackprämie hat also zur Stabilisierung des privaten Konsums beigetragen, weil der Staat den Menschen Geld „schenkte“. Warum hat der Staat dann eigentlich nur Geld für Autos „verschenkt“ und nicht auch für andere Konsumbedürfnisse? Warum hat man Konsumgutscheine von Beginn an als verrückte Idee verworfen und lieber darauf gesetzt, dass ein Gehirnwäschekartell aus Medien, Scheinwissenschaftlern, GfK und Politikern nur häufig genug von Kauflaune schwafeln müssen, damit der Eindruck entsteht, als kauften die Menschen auch mit immer weniger Geld in der Tasche trotzdem mehr?

Dann erweckt die Mitteilung den Eindruck, als hätten im Krisenjahr 2009 vor allem Unternehmens- und Vermögenseinkommen gelitten. Diese gingen im Vergleich zum Vorjahr um 11 Prozent zurück.

Das Volkseinkommen setzt sich aus dem Arbeitnehmerentgelt und den Unternehmens- und Vermögenseinkommen zusammen. Es ist 2009 erstmals seit der Wiedervereinigung gesunken, und zwar um 4,0% auf 1 811 Milliarden Euro. Dabei sank das Arbeitnehmerentgelt nur geringfügig unter das Niveau des Vorjahres (– 0,2% auf rund 1 223 Milliarden Euro). Dagegen gingen die Unternehmens- und Vermögenseinkommen 2009 deutlich um 11,0% zurück und betrugen nur noch 588 Milliarden Euro. Die Lohnquote, die den Anteil des Arbeitnehmerentgelts am Volkseinkommen misst, stieg demzufolge gegenüber dem Jahr 2008 um 2,5 Prozentpunkte auf nunmehr 67,5%.

Was die Statistiker an dieser Stelle verschweigen, ist die Tatsache, dass Unternehmens- und Vermögenseinkommen dank günstiger politischer Entscheidungen seit zwanzig Jahren um satte 36 Prozent gestiegen waren. Es wird auch nicht gesagt, dass die Unternehmens- und Vermögenseinkommen seit dem dritten Quartal 2009 wieder steigen. Dazu mehr auf Jahnkes Infoportal, siehe unten. Weiterhin wird verschwiegen, dass die Lohnquote auf einem historischen Tiefstand verharrte. Lang, lang ist’s her, da lag die nämlich mal bei über 70 Prozent (siehe u.a. NachDenkSeiten). Wenn der Anteil der Löhne am gesamten Volkseinkommen immer weiter sinkt und im Gegenzug Unternehmens- wie auch Vermögenseinkommen zulegen, dann muss man so eine Entwicklung auch ganz konkret als Umverteilung bezeichnen. An einer Gegenüberstellung auf Jahnkes Infoportal können sie sich das etwas genauer anschauen – besonders die Grafiken:

„Es waren sieben fette Jahre zwischen 2003 und 2009 für die Unternehmens- und Vermögenseinkommen, wenn man sie mit den vorangegangenen sieben Jahren 1996 bis 2002 vergleicht. Der reale Zuwachs an Einkommen im Periodenvergleich belief sich auf rund 843 Mrd Euro. Dagegen konnte das Arbeitnehmerentgelt nur um knapp 193 Mrd Euro zulegen also nur um 23 % der Unternehmens- und Vermögenseinkommen (Abb. 14855). Dabei verteilt sich das Arbeitnehmerentgelt zudem auf eine ungleich größere Anzahl von Arbeitnehmern, als die Kapitaleigner und Hauptbegünstigten der Unternehmens- und Vermögenseinkommen zählen (wenn man die kleinen Sparer mal ausklammert).

Zwar waren die Unternehmens- und Vermögenseinkommen in der Krise eingebrochen, doch schon im dritten Quartal 2009 erholten sie sich um 11,6 % gegenüber Vorquartal (nach Abzug der BIP-Inflation). Da die Zinsen auf niedrigem Niveau verharrten, kann der Zuwachs nicht aus den Sparkonten der kleinen Leute kommen, deren Nettolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer inflationsbereinigt nur um 0,9 % zulegten (Abb. 14849).“

Und zum Ende nun die Klärung der Frage, wie Deutschland die Krise im letzten Jahr „gemeistert“ hat. Denn folgt man unserer Kanzlerin gilt ja nach wie vor der überlieferte Satz aus ihrer Neujahrsansprache:

„Aber wir können mit guten Gründen hoffen, dass Deutschland diese Krise meistern wird; dass unser Land stärker aus ihr hervorgehen wird, als es in sie hinein gegangen ist; dass sich eine solche Krise nie mehr wiederholt.“

Doch welche guten Gründe könnte man da jetzt anführen? Das statistische Bundesamt hat errechnet, dass Deutschland mit einem Staatsdefizit von 3,2 Prozent mal eben die heilige Maastricht-Grenze locker überschritten hat. Folglich muss Deutschland ein Verfahren durch die EU fürchten und sich auf eventuelle Strafzahlungen einstellen, so wie das Griechenland, dem größten Schuldensünder in der Eurozone, bereits von Seiten der EU-Kommission angedroht wurde. Deutschlands Sparpolitik der letzten Jahre, die unter dem Mantra der „Haushaltskonsolidierung“, bis zum Erbrechen (damit ist der ausgeglichene Haushalt des „Finanzgenies“ Steinbrück im Jahr 2008 gemeint) betrieben wurde, verkehrt sich nun ins Gegenteil. Die öffentlichen Haushalte laufen regelrecht aus dem Ruder, während an allen Ecken und Enden der öffentlichen Infrastruktur und der Bildung der sprichwörtliche Putz von den Wänden bröckelt, weil seit Jahren auf notwendige Investitionen verzichtet wurde. Also was zum Teufel hat die rigorose Sparerei und der mit allen Mitteln herzustellende ausgeglichene Haushalt nun gebracht?

Wenn man sich die aktuelle Tarifdebatte im öffentlichen Dienst aunschaut, werden sie vielleicht verstehen, was ich damit meine. Da wehren die Arbeitgeber die berechtigten Forderungen der Beschäftigten mit dem äußerst unredlichen Hinweis auf die Lage der öffentlichen Haushalte ab. Thomas Böhle, Präsident der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände, sagt in der Welt:

„Die Forderung der Gewerkschaften ignoriert völlig die finanziellen Rahmenbedingungen.“

Und Böhle ignoriert wohl völlig die Tatsache, dass die von den Gewerkschaften vertretenen Beschäftigten, die noch übrig sind(!), überhaupt keine Schuld an der desolaten Lage der öffentlichen Kassen tragen. Böhle setzt im Grunde nur jenen unverschämten Kurs fort, den Finanzminister Schäuble vor Weihnachten bereits eingeschlagen hatte, als er die Lohnforderungen mit Entsetzen zur Kenntnis nahm und sich mit den Worten zitieren ließ:

„Der Staat hat kein Geld!“

Heribert Prantl antwortete dann darauf sehr gut und bestimmt:

Hat der Staat wirklich kein Geld?
Er hat es gehabt, als er die Konjunkturprogramme auflegte. Er hat es auch gehabt, als die Banken gerettet wurden. Er hat es gehabt, als er die Kurzarbeit in der Industrie finanzierte. Und jüngst hat er auf viel Geld verzichtet, als er den Hoteliers eine unsinnige Senkung der Mehrwertsteuer zuschusterte. Ob der Staat ein bisschen mehr Geld für seine Angestellten hat, ist keine Frage des Könnens, sondern des Wollens und Sollens.

Quelle: SZ

Man kann das aber auch anders deutlich machen, wenn man sich nun ebenfalls entsetzt an die Regierungschefin Merkel richtet, die ja selten zum konkreten Ziel von konkreten journalistischen Angriffen in konkreten Sachfragen wird, und sie mit ihrer oben zitierten Aussage aus der Neujahrsansprache konfrontiert, welche Gründe denn nun dafür sprechen würden, dass Deutschland die Krise in diesem Jahr meistern wird. Ist Lohnverzicht die Meisterleistung, die Merkel meint und sie annehmen lässt, dass dadurch das Land stärker aus der Krise herauskommen werde, als es in die Krise hineingegangen ist?

Merkel will noch stärker wieder dahin, wo wir vor der Krise waren, das ist ihr Plan, meint auch Kabarettist Georg Schramm, der darauf trefflich entgegnete:

„Und wo waren wir vor der Krise? Vor der Krise!“

So sieht es aus.

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