Nachtrag zur Eignung Schäubles als Finanzminister

Geschrieben von:

Gerade eben auf Youtube gefunden. Die Auslandspresse (Rob Savelberg, Journalist der niederländischen Tageszeitung „De Telegraaf“) fragt Merkel nach der Personalie Schäuble, in deutscher Sprache wohlgemerkt, und danach, wie Merkel jemanden vertrauen kann, der Schwarzgeld von einem Waffenhändler in der Schublade einfach vergessen hat. Es ist unglaublich, wie Merkel darauf reagiert. Deutsche Medienvertreter hätten so etwas nicht gefragt.

2

Die Reaktion der Neuen Presse Hannover auf den Koalitionsvertrag

Geschrieben von:

Dass Philipp Rösler Gesundheitsminister wird, ist für die Neue Presse Hannover ein Grund zum Feiern. Ein weiterer Niedersachse in der Bundesregierung. Vizechef Bodo Krüger kommentiert auf Seite eins am Samstag und spricht bei der Personalie Rösler vom zu Guttenberg der Liberalen.

„Philipp Rösler, der junge Hoffnungsträger aus Hannover, soll Gesundheitsminister werden. Ein deutliches Signal der FDP, dass sich Leistung wirklich wieder lohnen soll, und zugleich ein Zeichen, dass es ein Weiter-so in der Gesundheitspolitik nicht geben wird. Philipp Rösler ist so etwas wie der zu Guttenberg der Liberalen. Klug, unverbraucht und beliebt.“

Allein diese Einschätzung wäre schon eine Beschwerde wert, weil der Autor gar nicht die Qualifikation Röslers bemisst, sondern mit dem zu Guttenberg-Vergleich sagen will, dass er sich aufgrund seiner Aura, wie auch immer sie entstanden sein mag, für jedes Amt empfehle. Man hat ohnehin ein wenig das Gefühl, als würden in Berlin die Posten ausgewürfelt. Zu Guttenberg durfte sogar zwischen zwei Ressorts wählen. Geht’s noch? Nach fachlichen Qualifikationen fragt in diesem Zusammenhang wohl keiner?

Im Gegenteil, am Schluss kommen noch als Journalisten getarnte PR-Mitarbeiter wie Krüger, schreiben alles schön und faseln von Leistungen, die sich bei den Personalentscheidungen nun niederschlagen würden. Dabei fällt zum Beispiel völlig unter den Tisch, was ein schmieriger Typ wie Rösler in Interviews der jüngeren Geschichte so von sich gab. Mit seiner Entscheidung für Berlin begeht der „kluge“ Rösler nämlich einen astreinen Wortbruch. Am 17. Februar diesen Jahres antwortete er in der Süddeutschen Zeitung auf die Frage, ob er sich denn nicht bald in Berlin sähe, klipp und klar mit nein (siehe Süddeutsche Zeitung).

SZ: Da sind Sie längst in Berlin, wo die großen Aufgaben locken.
Rösler: Nein, ich habe ja auch gesagt, dass ich nie nach Berlin gehe.

SZ: Weil die Politik den Menschen zu sehr verändert?
Rösler: Mein Vater sagt immer: Gute Schauspieler und Politiker haben eins gemeinsam. Sie gehen, wenn noch jemand klatscht. Es ist bedrückend, dass Politiker mit einer großen Lebensleistung, wie Helmut Kohl oder Heide Simonis, den richtigen Absprung verpasst haben. Man muss irgendwann was anderes machen.

SZ: Warum wollen Sie Berlin meiden?
Rösler: Weil ich das misstrauische Klima dort nicht für gesund halte. Wenn ich hier meine zwei Stellvertreter zusammen Kaffee trinken sehe, denke ich: Das sind nette Kerle – und setze mich dazu. In Berlin muss ich mich fragen, ob die gerade überlegen, wer von beiden mich ablöst.

SZ: Sie sind aber doch regelmäßig beim FDP-Präsidium in Berlin.
Rösler: Das ist in Ordnung. Aber hier in Hannover ist meine Welt, alles sehr familiär. Niemand würde sagen, da kommt der Herr Doktor Rösler, unser Vorsitzender. Ich bin der Philipp.

SZ: Wer passt jetzt auf, dass Sie nicht werden, wie Sie nie werden wollen?
Rösler: Meine Mitarbeiter. Das sagt zwar jeder Chef, aber wir sind hier ein sehr junges Team. Außerdem mein Vater. Und natürlich meine Frau. Die sagt, wenn ich nach Hause komme, schon mal: Jetzt ist erst mal gut, kümmere dich mal um deine Kinder, danach kannst du von deinen Heldentaten berichten.

Wäre Rösler jetzt Oskar Lafontaine, hätte NP-Vizechef Bodo Krüger aber sofort den Wortbruch parat gehabt und behauptet, der Mann sei verrückt, unberrechenbar und ein tricksender Demagoge. Aber da gibt es noch eine andere Sache. Der Wechsel kommt wohl zur rechten Zeit. Denn beim Cabriospezialisten Karmann in Osnabrück steht eine Pleite unmittelbar bevor. Im Ergebnis hätte der niedersächsische Wirtschaftsminister Rösler ziemlich blöd dagestanden. Der „kluge“ Rösler sagte nämlich am Tag der Karmann-Insolvenz am 8. April 2009 laut Nachrichtenagentur ddp Folgendes:

„Das Land steht mit seinen Instrumenten der Wirtschaftsförderung bereit. Eine Insolvenz muss jetzt für die geordnete Fortführung der überlebensfähigen Teile des Unternehmens genutzt werden.“

Das klang souverän und vielversprechend, genau wie beim zu Guttenberg. Wahrscheinlich nutzen die beiden auch denselben PR-Berater.

Aber all das interessiert unserern Vizechef der Neuen Presse Hannover scheinbar nicht. Er schreibt völlig realitätsfern von „Richtigen Signalen“.

„Vom erwarteten Kälteschock keine Spur, stattdessen wärmen die schwarz-gelben Koalitionäre das Wahlvolk mit Wohltaten. Mehr Geld für Familien, Erleichterungen für Hartz-IV-Empfänger, Steuersenkungen und gute Nachrichten für alle. Selbst jetzt, da der Koalitionsvertrag ausgehandelt ist, lässt sich kaum erkennen, dass die nächste Regierung eigentlich eine schwere Finanzkrise bewältigen muss.“

Für wie dumm hält Herr Krüger eigentlich seine Leser? Besser hätte das ein offiziell für die neue Regierung tätiger PR-Berater nämlich auch nicht hinschreiben können. Gerade bei der Behauptung, dass Familien mehr Geld zu erwarten hätten, lässt sich die Manipulationsabsicht klar erkennen. Denn mit einer deutlichen Anhebung des Grundfreibetrags und einer moderaten Erhöhung des Kindergeldes werden Kinder von besserverdienenden Eltern deutlich stärker gefördert als andere Kinder. Auf die politisch gewollte Ungleichbehandlung habe ich bereits an anderer Stelle im Blog hingewiesen (siehe hier).

Was bedeutet denn die Erhöhung des Kinderfreibetrags von von 6024 auf 8004 Euro, die mit drei Milliarden Euro zu Buche schlagen wird, da bereits fest vereinbart? Von dieser Maßnahme profitieren rund ein Fünftel der Familien, die über ein entsprechend hohes Haushaltseinkommen verfügen.

Also drei Milliarden fix für ein Fünftel!

Die Erhöhung des Kindergeldes, die laut den Koalitionären, abhängig von der Haushaltslage des Bundes, die Herr Solms von der FDP übrigens „überraschend“ als entsetzlich beschrieb, höchstens sieben Milliarden Euro kosten soll, beträfe aber die restlichen vier Fünftel der Familien, die nicht über ein für den Kinderfreibetrag relevantes hohes Einkommen verfügen.

Also unsichere sieben Milliarden für vier Fünftel!

Ist das gerecht? Sozial? Sozial gerecht? Nach Dreisatzrechnung müsste die Entlastung für Normal- und Geringverdiener mindestens 12 Milliarden Euro betragen und nicht maximal sieben.

Die Erleichterungen für Hartz-IV-Empfänger sind auch keine. Ein höheres Schonvermögen nutzt den Wenigsten. Viele Betroffene verfügen schlicht über kein Vermögen. Zudem wurde bekannt, dass die verfassungswidrige Mischverwaltung in den JobCentern einfach beendet werden soll und künftig die kommunale Verwaltung für Leistungen zur Unterkunft und die Arbeitsagenturen für die Leistungen zum Lebensunterhalt zuständig sein sollen. All das ignoriert Bodo Krüger, um seinen Lesern am Schluss die Wahnsinnsentscheidung Schäuble als künftigen Finanzminister teuer wie möglich zu verkaufen. Diese Lobhudelei ist nicht zum Aushalten.

„Merkels größter Coup: Wolfgang Schäuble bekommt das Finanzministerium. Dieser erfahrene und selbstbewusste Minister im Zentrum der Macht – vielleicht ist das der wichtigste Hinweis darauf, was Deutschland von Schwarz-Gelb in Zukunft wirklich zu erwarten hat.

Denn irgendwann wird die „Wir-haben-im-Wahlkampf-nicht-gelogen-Strategie“ nicht mehr durchzuhalten sein. Irgendwann werden sich die Wohltäter mit der Wirklichkeit befassen müssen, und dann braucht es einen, der dem Wähler die Zumutungen erklärt. Einen, der dafür sorgt, dass der Schuldenberg nicht in den Himmel wächst, und den Menschen begreiflich macht, dass der Staat nicht mehr ausgeben kann, als er hat. Es braucht einen, der seinen Kabinettskollegen entschlossen die Stirn bietet. Und einen, der für die Banken nicht nur Schutzschirme aufspannt, sondern den nadelgestreiften Herren in den gläsernen Türmen auch klar macht, dass Gier keine Tugend ist. Schäuble könnte der Richtige dafür sein.

Denn was auch immer man vom bisherigen Innenminister halten mag: Er ist ein Mann, den die Politik bereits in viele Ämter und auch in existenzielle Grenzbereiche geführt hat. Ein Mann, der keine Kompromisse mehr eingehen und nichts mehr versprechen muss, weil die nächste Wahl bevorsteht. Schäuble ist einer für die Überraschungen.“

Oder einer aus dem Gruselkabinett. Ausgerechnet einem Herrn Schäuble zu bescheinigen, dass er den Banken die Stirn bieten könne und klar machen würde, dass Gier keine Tugend sei, kann wirklich nur ein schlecht gemeinter Scherz vom Vizechef der Neuen Presse Hannover sein. Hat Bodo Krüger völlig vergessen, welche Rolle Dr. Wolfgang Schäuble im CDU-Spendenskandal gespielt hat? Wer hat 100.000 Mark in bar vom Waffenlobbyisten Schreiber angenommen? Ob gierig oder nicht, spielt dabei ja keine Rolle.

Also manchmal frage ich mich, wer schlimmer ist. Unsere Regierung oder die Medien. Bodo Krüger sollte jedenfalls seinen Posten räumen und als PR-Berater auch offiziell tätig werden. Dass er sich als Journalist bezeichnen darf und als Vizechef einer Zeitung lange Schwachsinnskommentare schreibt, geht über die Grenze des Erträglichen weit hinaus. Aber Krüger scheint seinen ganz persönlichen existenziellen Grenzbereich weiter ungehindert ausloten zu können. Pfui Teufel.

2

Nun doch vielleicht eine Wahlkampfhilfe für die SPD?

Geschrieben von:

Vorhin schrieb ich noch folgenden Kommentar:

Karlheinz Schreiber ist zurück. Somit naht schon wieder eine für die SPD „hilfreiche Affäre“ die Union betreffend, die Udo Harms in der Neuen Presse Hannover ja weit und breit nicht erkennen wollte. Mal gucken, was die NP morgen daraus macht.

Übrigens, Schreiber scheiterte bereits Anfang Juli zum vierten und letzten Mal vor einem kanadischen Gericht, eine Aufhebung seiner Auslieferung zu erwirken. Hier hätte Udo Harms also etwas kommen sehen müssen…

Und quasi wie auf Zuruf druckt die NP in ihrer morgigen Ausgabe auch prompt einen Kommentar von Petra Rückerl unter dem Titel „Wahlkampfhilfe für die SPD?“ Darin schreibt Rückerl, dass die SPD-Taktik vollkommen klar auf der Hand läge…

„Dass Schreibers Auslieferung der SPD in den Kram passt, ist klar. SPD-Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat sich ja auch für eine schnelle Auslieferung Schreibers ins Zeug gelegt, wie ihr Ministerium bestätigte. Natürlich reiner Zufall, dass es jetzt zur Hauptwahlkampfzeit auch klappte …“

Glasklar also. Blöd nur, dass Redaktionskollege Udo Harms davon offenbar nichts zu ahnen schien, als er letzte Woche Mittwoch über die Dienstwagenaffäre der Ulla Schmidt Folgendes schrieb…

„Die SPD braucht jetzt große Themen und frische Gesichter, mit denen sich punkten lässt. Noch hilfreicher wäre eine Affäre, oder besser noch ein Skandal, der die Union kurz vor der Wahl kalt erwischt. Zu sehen ist davon nicht viel, darauf warten kann die SPD auch nicht:“

Dummheit, Ahnungslosigkeit oder einfach nur Leserverarsche? Suchen sie sich was aus. An dem morgigen Kommentar von Petra Rückerl fällt auch noch auf, wie die Autorin ganz im Sinne einer Unterstützungskampagne für schwarz-gelb einfach den Drive aus der Sache nimmt und die brisante Rückkehr eines Kronzeugen gegen die CDU herunterspielt. Schreiber könnte immerhin zur Aufklärung des CDU-Spendenskandals beitragen, bei dem es um Summen geht, die ebenfalls höher liegen, als ein neuer Ministerbenz für Ulla Schmidt samt Fahrerunterbringung gekostet hätte.

„Ob die Schreiber-Heimkehr den Sozialdemokraten nützt, steht auf einem anderen Blatt: Denn die meisten Protagonisten der CDU-Spendenaffäre sind Vergangenheit. Die, die mit den schwarzen Kassen aufräumte, ist nun CDU-Chefin und Kanzlerin.
Aber vielleicht erfahren wir endlich mehr über die ominöse 100 000-Mark-Spende, in die der heutige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble involviert war. Und welchen geheimnisvollen Spendern Altkanzler Helmut Kohl sein „Ehrenwort“ gab, sie nicht zu verpetzen. Doch ob das die Wähler in der Krisenzeit auch beim Urnengang beeindruckt?“

Komisch ist dabei nur, dass die SPD den Wähler nach NP-Auffassung davon überzeugen müsse, die Dienstwagenaffäre nicht ernst zu nehmen. Im Fall Schreiber ist es nun andersherum. Da unterstellt die NP mal flott, dass das den Wähler ohnehin nicht störe.

0