Kurz zur Ablehnung der Hartz-IV Novelle im Bundesrat

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Nach der Schlappe für die zuständige Bundesministerin Ursula von der Leyen im Bundesrat erwarte diese nun wiederum, dass sich alle Beteiligten im Vermittlungsausschuss um eine Lösung bemühen. Keiner dürfe sich in den Weihnachtsurlaub verabschieden. Dann fügte sie noch an, dass sie persönlich Tag und Nacht für Verhandlungen zur Verfügung stehe. Nur der Weihnachtstag sei ihr heilig, so die Ministerin.

Vielleicht könnte die Ministerin ja gleich beim heiligen Weihnachtsfest anfangen. Das kommt nämlich überhaupt nicht im Regelsatz der Bedürftigen vor. Auf der anderen Seite gehört Frau von der Leyen nun keineswegs zu jenen unteren 15 Prozent der Bevölkerung, die sie im Zirkelschlussverfahren als Grundlage für ihre absurden Bedarfsberechnungen herangezogen hat.

Immer wieder wird von Journalisten die Frage an die Hartz-IV-Kritiker gestellt, wie hoch denn der Regelsatz sein müsse, 400, 420, 500 oder noch mehr Euro. Dabei haben diese Fragen immer so einen vorführenden Charakter. Als ginge es um das Spiel „Der Preis ist heiß“ und wehe einer legt sich auf eine höhere Zahl fest, dann hört man Harry Wijnvoord aus dem Off eingespielt sagen, leider überboten.

Dabei ist die Antwort immer eine Gegenfrage. Und zwar die, nach den eigenen monatlichen Kosten für Nahrung, Kleidung, Wohnen, Pflege, Mobilität, Freizeit und Bildung. Wahrscheinlich wird man das aber gar nicht so genau wissen oder für nicht vergleichbar halten, weil das eigene Leben so schwierig in Posten und Ausgabekategorien zu unterteilen ist. Das ist verständlich. Nur macht es die Frage nach der Höhe des Existenzminimums gleichwohl überflüssig oder zumindest unseriös, da die Kenntnis eines Bezugsrahmens fehlt.

Wer also die Diskussion über die Höhe von Sozialleistungen als simplen Überbietungswettstreit begreift, der hat nicht verstanden, worum es in Wirklichkeit geht. Die Richter des Bundesverfassungsgerichts haben es immerhin versucht, verständlich zu formulieren.

„Ein Hilfebedürftiger darf nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen gewährleistet ist.“

„Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen.

Quelle: BverfG

Es geht also nicht um die Höhe des Regelsatzes, sondern um ein Grundrecht, ja eine grundrechtliche Garantie auf das Existenzminimum sowie eines menschenwürdigen Daseins. Die Höhe der Regelätze müssen trotzdem irgendwie festgelegt werden, das ist richtig. Nur so, wie es einem Durchschnittsverdiener schwer fällt, dass eigene Ausgabeverhalten nach bestimmten Kategorien aufzuschlüsseln, so schwer ist es auch ein Existenzminimum auszurechnen, das sich auf das statistisch gemessene Ausgabeverhalten der untern 20 Prozent der Einkommensbezieher stützt.

In diesem Punkt waren die Richter eben nicht konsequent, sondern widersprüchlich, als sie meinten, dass die Verbrauchsstichprobe als Berechnunsmethode verfassungsrechtlich vertretbar sei. Wenn nun aber die unteren 20 Prozent oder wie bei Frau von der Leyen geschehen, nur die unteren 15 Prozent der Einkommensbezieher aufgrund von Einkommensknappheit gar nichts mehr ausgeben für das, was die Verfassungsrichter als unbedingt erforderliche Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins subsumieren wie die Aufwendungen für die Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben oder einfach nur für Lebensmittel, dann ist das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum kaum mehr als ein schöner Hinweis darauf, dass es mal einen Sozialstaat mit Grundrechten gegeben hat.

Im Grunde haben die Richter ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt, aber nicht berrücksichtigt, was sich aus dessen jahrelanger Anwendung in diesem Land entwickelt hat. Ein gigantischer Niedriglohnsektor, in dem inzwischen 25 Prozent aller Beschäftigten tätig sind. Und genau dieser Personenkreis, der im Prinzip Opfer eines verfassungswidrigen Gesetzes geworden ist, soll die Daten für eine verfassungskonforme Berechnungsmethode liefern. Das ist absurd. Nachdem das ALG II als Schuss ins Blaue konstruiert wurde, durfte die Marktmacht der Arbeitgeber im Prinzip über die Höhe der Sozialleistungen entscheiden und zwar auf der Grundlage von sinkenden Löhnen und prekärer Beschäftigung.

Die Richter hätten also selber nachrechnen müssen und nicht denen die Aufgabe stellen dürfen, deren erklärtes Ziel es immer war, die Masseneinkommen nach unten zu drücken.

Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder auf dem World Economic Forum in Davos am 28. Januar 2005:

„Wir müssen und wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt. Ich rate allen, die sich damit beschäftigen, sich mit den Gegebenheiten auseinander zu setzen, und nicht nur mit den Berichten über die Gegebenheiten. Deutschland neigt dazu, sein Licht unter den Scheffel zu stellen, obwohl es das Falscheste ist, was man eigentlich tun kann. Wir haben einen funktionierenden Niedriglohnsektor aufgebaut, und wir haben bei der Unterstützungszahlung Anreize dafür, Arbeit aufzunehmen, sehr stark in den Vordergrund gestellt.“

Quelle: Bundesregierung

Aber genau diese Schwachstelle im Spruch der Verfassungsrichter sowie ihr zugestandenes Recht auf Gestaltungsspielraum nutzt Frau von der Leyen, deren Kindern es sicherlich zu Hause im Anwesen von Opa Albrecht, also einem Mehrpersonenhaushalt, an nichts fehlt, ganz bewusst aus, um bedürftigen Kindern und deren Eltern eiskalt ins Gesicht zu spucken. Da stellt sich eigentlich nur eine Frage, wer wechselt die Windeln von Papa Ernst Albrecht, wenn Röschen Tag und Nacht zum Wohle der Armen verhandelt, die nun vorerst auf scheinbar Existenz sichernde fünf Euro und Bildungsgutscheine verzichten müssen?

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Hartz IV im Bundesrat: Es wird ein schwarzer Freitag

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Kommenden Freitag und damit eine Woche vor Weihnachten stimmt der Bundesrat in seiner letzten Sitzung dieses Jahr über die Hartz-IV-Novelle der kaltherzigen Arbeits- und Sozialmutter der Nation Ursula von der Leyen ab. Und wie es aussieht, wird es wieder ein schwarzer Freitag werden. Denn obwohl die schwarz-gelbe Minderheitsregierung in der Länderkammer keine Mehrheit hat, wird dem Gesetz dennoch mehrheitlich zugestimmt werden.

Die Sozial- und Arbeitsminister der Länder haben sich laut einem Zeitungsbericht mehrheitlich für die Änderung der Hartz-Regelsätze und zur Einführung eines Bildungspakets ausgesprochen. Danach habe der Sozialausschuss im Bundesrat, in dem die Fachminister vertreten sind, für die Reform von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gestimmt.

Quelle: RP Online

Seltsam ist aber nicht nur die Haltung der Grünen, sondern auch die der Linken, die nun ihrerseits angekündigt hat, eine Hartz-IV Regelung abzunicken, wenn denn ein Regelsatz von 420 Euro beschlossen würde. Was ist denn aus der Parole „Hartz-IV muss weg“ geworden? Oder der einstigen Regelsatzhöhe von 500 Euro? Ist das Gesetz etwa doch nicht so verfassungswidrig wie man es im Bundestag betont hat?

Wenn Gregor Gysi plötzlich einen Regelsatz von mindestens 420 Euro für angemessen hält, wird er sicherlich auch eine genaue Bedarfsrechnung vorlegen können, die dem Anspruch der Verfassungsrichter genügt? Zweifel sind aber angebracht. Denn mit Blick auf die stagnierenden Umfragewerte der Linken wirkt der Vorschlag Gysis doch eher wie ein verzweifelter Schuss ins Blaue. Folgt man hingegen der bisherigen Rhetorik der Linken, darf es doch gar keinen Vorschlag geben, der die Kriterien eines Verhandlungsangebots erfüllt. Entweder man rechnet auf einer seriösen Grundlage und kommt zu einem Ergebnis weit jenseits der 500 Euro Marke (eher 600), das man dann auch von der Regierung mit Vewrweis auf die Unveräußerlichkeit der Grundrechte einfordert oder man missachtet ebenfalls das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem man dem politischen Gegner etwas zum Schachern anbietet.

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Hartz-IV und die Montagsfrage

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Der Kabarettist Wilfried Schmickler befasst sich heute bei seiner wöchentlichen Montagsfrage auf WDR 2 auch mit der absurden Regelsatzdiskussion. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass all diejenigen, die in der Umfrage dagegen gestimmt haben, den Regelsatz zu erhöhen, einfach nicht betroffen sein könnten. Wären sie es, hätten sie sich garantiert anders verhalten.

Ganz stimmt das natürlich nicht. Von der Höhe der Sozialleistungen ist im Prinzip jeder betroffen, egal ob er sie nun bezieht oder nicht. Der Witz ist doch gerade der, dass die Höhe des politisch festgesetzten Existenzminimus Auswirkungen auf die Lohnfindung hat. Hartz-IV entfaltet eine Sogwirkung der Löhne nach unten. Mit Hartz-IV macht die Politik eben genau das, was sie vorgibt, bei der Weigerung einen flächendeckenden Mindestlohn einzuführen, verhindern zu wollen. Sie greift in die Tarifautonomie ganz konkret ein. Statt eine Lohnuntergrenze festzusetzen, führen die politischen Hartz-IV-Entscheidungen dazu, diese Grenze immer weiter nach unten zu verschieben, und zwar durch die mit Hartz-IV zunehmende Marktmacht der Arbeitgeber.

Frau von der Leyen war ja so dumm, diesen Zusammenhang in der Sendung Anne Will von gestern noch einmal eindringlich zu betonen. Sie verteidigte ihr Schwachsinnsgesetz gerade damit, dass Transferleistungsbezieher nicht mehr haben dürften, als die ärmsten Lohnempfänger von ihren Arbeitgebern überwiesen bekommen (die Frisörin durfte als Beispiel einmal mehr nicht fehlen). Mit dem Scheinargument des „Lohnabstandsgebots“ brachte sie im Grunde zum Ausdruck, dass die Höhe der Leistungen ganz entscheidend davon abhinge, was am unteren Ende gerade noch so an Löhnen gezahlt würde. Die Marktmacht der Arbeitgeber entscheidet also über die Höhe der Sozialleistungen und zwar nachdem die Politik so arbeitgeberfreundlich war, das ALG II als Schuss ins Blaue zu installieren.

So konnte sich bis zum Urteil des Bundesverfassungsgericht im Februar diesen Jahres ein Niedriglohnsektor ausbreiten, in dem nunmehr 25 Prozent aller Beschäftigten tätig sind und der wiederum als Referenzgröße für die Berechnung von Sozialleistungen herangezogen wird. Wer das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aber ausführlich gelesen hat, dem wird nicht entgangen sein, dass das Gericht gar kein Interesse an einer Würdigung des von der Bundesregierung für richtig erachteten Existenzminimums hatte, sondern lediglich formale Mängel bei der politischen Festsetzung desselben der Regierung zum Vorwurf machte. Zur Höhe der Regelsätze ließen die Richter sehr eindeutig verlauten, dass diese „nicht evident unzureichend“ seien. Meiner Meinung nach haben die Richter dem Gesetzgeber nur aufgetragen, beim durchaus erwünschten Abbau des Sozialstaats nicht so offensichtlich dämlich und verfassungswidrig vorzugehen.

Ob Frau von der Leyen diesen Kritierien des Bundesverfassungsgerichts nun gerecht wird, will ich nicht mehr beurteilen. Ich stelle nur fest, dass die politische Führungselite an geistiger Niveaulosigkeit immer noch eine Schippe drauflegen kann. Und wieder einmal geht dabei Guido Westerwelle stramm voran. Langsam glaube ich, dass dieser Typ ein von den Lobbyisten engagierter Laiendarsteller ist, der uns nach einem noch viel schlechteren Drehbuch Politik vorspielen will. Westerwelle meinte, dass man die Interessen der Steuerzahler nicht vergessen dürfe. Der Chefökonom der Linken im Bundestag Michael Schlecht schreibt dazu auf seiner Internetseite:

Westerwelle bekräftigt, dass die Regierung „die Interessen der Steuerzahler nicht vergessen“ dürfe. Jedoch werden unter dem Titel „Arbeitslosengeld II“ mehr als zehn Milliarden Euro Steuergelder an Unternehmer verteilt, die zu geizig sind die Beschäftigen anständig zu bezahlen. 1,3 Millionen Menschen – die sogenannten Aufstocker – verdienen so wenig, dass sie einen Anspruch auf Hartz IV haben. Diese zehn Milliarden Subventionen sind vermeidbar mit dem gesetzlichen Mindestlohn und viel mehr Vollzeitjobs. Insbesondere die krakenhafte Ausweitung der Minijobs muss beendet werden.

Gäbe es den gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro und Gute Arbeit, so könnte so viel Geld eingespart werden, dass ein Regelsatz von 500 Euro finanzierbar wäre.

Westerwelles Eintreten für „die Steuerzahler“ ist verlogen. Für Hoteliers haben sie mal eben eine Milliarde der Steuerzahler verpulvert. Und: Wo war die FDP wenn es um hunderte Milliarden für die Banker und Finanzocker ging? Wo war Westerwelle bei dem letzten „Rettungsakt“ von 40 Milliarden für die HRE? Vermutlich im Bett, denn die Milliarden wurden mal wieder über Nacht rübergeschoben.

Und bei Brigitte Vallenthin lese ich, dass Frau von der Leyen gar nicht acht Monate lang gerechnet hat, sondern einfach nur Zahlen aus einem Bericht vom Oktober 2008 genommen hat, in dem es heißt, dass für das Jahr 2010 ein Eckregelsatz von 364 Euro pro Erwachsenen angepeilt werden soll.

Beweis-RS-Manipulation-27.09.2010

Sollte das stimmen, wäre das mit krimineller Energie kaum noch zu beschreiben.

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Zur Regelsatzdiskussion

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Seit sieben Jahren kommt in diesem Land mit der ALG-II-Regelung ein verfassungswidriges Gesetz zur Anwendung. Zu diesem Ergebnis kamen die Richter des Bundesverfassungsgerichts im Februar 2010. Bis zum Jahresende sollte der festgestellte Verstoß gegen Artikel 1 Grundgesetz (Menschenwürde) und Artikel 20 GG (Sozialstaatsprinzip) im Rahmen einer an der Wirklichkeit orientierten Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze beseitigt werden. Die bisherigen Bemühungen der zuständigen Ministerin Ursula von der Leyen sind kaum erkennbar. Zwar hat sie für das kommende Jahr höhere Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit im Bundeshaushalt angemeldet, über die Neuberechnung der Regelsätze dringt nun aber recht wenig nach außen. Dabei wird es langsam eng.

Doch was passiert eigentlich, wenn die Regierung bis zum Jahresende kein neues Gesetz vorlegt? Wird Frau von der Leyen dann in Gewahrsam genommen oder die Amtszeit der schwarz-gelben Minderheitsregierung für beendet erklärt? Nein. Es passiert natürlich nix. Die Bundesrichter hatten das ja im Februar ganz toll geregelt:

Sollte der Gesetzgeber allerdings seiner Pflicht zur Neuregelung bis zum 31. Dezember 2010 nicht nachgekommen sein, wäre ein pflichtwidrig später erlassenes Gesetz schon zum 1. Januar 2011 in Geltung zu setzen.

Quelle: BverfG

Theoretisch könnte die Bundesregierung den verfassungswidrigen Zustand auch über das Jahresende hinaus andauern lassen, falls man noch keine adäquate Methode gefunden hat, die Regelsätze wirklichkeitskonform herunterzurechnen. Möglicherweise wächst der Niedriglohnsektor auch noch ein wenig, so dass die Bedarfssituation der unteren Einkommensgruppen, die ja zur geforderten transparenten Berechnung herangezogen werden sollen, noch etwas nach unten rutscht.

Möglicherweise führt dann ja ein Gesetz, das rückwirkend zum 1. Januar 2011 wirksam wäre dazu, dass viele Hartz-IV-Bezieher etwas zurückzahlen müssen, weil sie nach dem dann gültigen Stand überzahlt worden sind. Was für eine Vorstellung. Aber bei dem Pannenkabinett ist ja nichts unmöglich.

Nun ist aber doch ein wenig über die Pläne der Ministerin an die Öffentlichkeit gedrungen. So zum Beispiel der Vorschlag, dass sich die künftige Höhe der Regelsätze an der Preis- und Nettolohnentwicklung orientieren solle und nicht mehr an der Entwicklung der Renten. Das ist jetzt natürlich ein Riesenfortschritt. Da hat man einfach das Urteil gelesen (immerhin nach 7 Monaten) und das Verfahren lediglich dem Wortlaut der Richter angepasst.

Die Faktoren aber, die das für die Bildung der Regelleistung maßgebliche Verbrauchsverhalten des untersten Quintils bestimmen, namentlich das zur Verfügung stehende Nettoeinkommen und die Preisentwicklung, spielen bei der Bestimmung des aktuellen Rentenwerts keine Rolle. Er ist deshalb zur realitätsgerechten Fortschreibung des Existenzminimums nicht tauglich.

Quelle: BverfG

Jetzt muss Frau von der Leyen es nur noch schaffen, mit Hilfe dieser neuen Betrachtungsmethode weniger oder den gleichen Geldbedarf herauszubekommen, der bisher als Leistungsatz den Bedürftigen zugestanden wird. Und der große Wurf wäre perfekt. Denn laut der Richter kommt es ja nur darauf an, dass die Berechnung des Existenzminimums transparent und wirklichkeitsnah geschehe. Denn nur die unbegründete Abweichung von dieser Methode sei ein Verstoß gegen die Menschenwürde. Bei der Festlegung des Existenzminimums habe der Gesetzgeber hingegen nach wie vor gestalterische Freiheit. Und die Regelsätze seien ja „im Allgemeinen nicht evident unzureichend“, so die Richter in ihrem Urteil.

Da bin ich aber doch gespannt, wie die untersagten „Schätzungen ins Blaue“ mit der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in Einklang gebracht werden können. Die bisherige Politik dieser Bundesregierung bestand doch nur aus derartigen Schüssen ins Blaue ohne Sinn und Verstand.

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Kieler Parlament illegal oder auch nicht

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In der Pressemitteilung zum heutigen Urteil des Landesverfassungsgerichts Schleswig-Holstein heißt es:

Das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht hat heute entschieden, dass die Wahl zum 17. Schleswig-Holsteinischen Landtag vom 27. September 2009 in Anwendung eines verfassungswidrigen Wahlgesetzes durchgeführt wurde.

Für die Schaffung einer mit der Landesverfassung übereinstimmenden Rechtslage hat das Gericht dem Parlament eine Frist bis spätestens zum 31. Mai 2011 gesetzt. Im Anschluss daran sind in Anwendung des dann verfassungskonformen Wahlgesetzes spätestens bis zum 30. September 2012 Neuwahlen herbeizuführen. Die damit einhergehende Verkürzung der Legislaturperiode sei geboten, um den Bestand des auf verfassungswidriger Grundlage gewählten Landtags nicht länger als erforderlich andauern zu lassen.

Bis zur geforderten Neufassung dürfen die genannten Normen des Landeswahlgesetzes in ihrer Gesamtheit nicht mehr angewendet werden. Eine Neuwahl soll erst nach Änderung des Gesetzes und – annehmbar – Neuschneidung der Wahlkreise erfolgen. So wird sichergestellt, dass die nächste Wahl auf verfassungskonformer Grundlage erfolgt. Bis zu diesem Zeitpunkt behält der Landtag seine volle Handlungs- und Arbeitsfähigkeit.

Ich werde solche Entscheidungen nie verstehen. Offensichtlich haben die Verfassungsrichter einstimmig festgestellt, dass die Zusammensetzung des Kieler Landtags auf illegale Weise erfolgte. Das Parlament befindet sich also in einem Zustand, der rasch beendet werden müsste. Doch was tut man? Man setzt eine großzügige Frist und betont, dass das illegal zusammengesetzte Parlament seine volle Handlungs- und Arbeitsfähigkeit beibehalten darf. Wieso nur? Damit es noch mehr Millionen für Herrn Nonnenmacher absegnen kann? Warum löst man nicht sofort auf? Sind denn Entscheidungen, wie etwaige Sparpakete überhaupt noch legal? Es muss sich doch kein Bürger Gesetze gefallen lassen, die von einer verfassungswidrig herbeigeführten Volksvertretung beschlossen wurden?

Man hätte doch auch einfach Neuwahlen auf der Grundlage eines Wahlgesetzes abhalten können, das vor der Einführung der verfassungswidrigen Grundlage durch rot-grün gegolten hat oder sich eins borgen können aus anderen Bundesländern, wo die Wahlgesetze noch in Ordnung sind. Oder vom Bund? Nein, lieber nicht. Denn auch das bundesdeutsche Wahlgesetz mit seiner Überhangmandateregelung ist ja bereits durch die zuständigen Karlsruher Richer beanstandet worden (negatives Stimmgewicht ist verfassungswidrig, BverfG, Urteil vom 3. Juli 2008). Aber auch da gilt eine großzügige Änderungsfrist bis zum 30. Juni 2011.

Wohin man schaut verfassungswidrige Zustände, was die Vertretung des Souveräns anbelangt. Und die Politik darf, dank höchstricherlicher Sanftmütigkeit, die Korrektur dieser im strengen Sinne illegal herbeigeführten Mehrheitsverhältnisse auf die lange Bank schieben. Ich halte das für ein Armutszeugnis. Einer Politik, die es fertig bringt, binnen einer Woche ein Gesetz zu beschließen, bei dem mal eben rund 500 Mrd. Euro Steuergelder für die Rettung von Banken bereitgestellt werden, um einer angeblich „systemischen Krise“ zu begegnen, einer solchen Politik kann man es dann doch allemal zumuten, binnen kürzester Zeit, ein verfassungskonformes Wahlgesetz zustande zu bringen.

Offensichtlich nicht. Wenigstens hat Peter Harry Carstensen angekündigt, nicht wieder für den CDU-Landesvorsitz kandidieren zu wollen (siehe FAZ). Wieder einer weniger. So scheint es immerhin auszusehen.

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Who is Bodo Ramelow?

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Das gestrige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist schon lustig und dumm zugleich. Über die Dummheit der Verwaltungsrichter hat Albrecht Müller von den NachDenkSeiten heute einen sehr schönen Beitrag geschrieben.

Um die Dreistigkeit und zugleich die Doofheit der Verfassungsschützer zu beschreiben muss ich eine kleine Geschichte erzählen: Ich war ab Februar 1973 Leiter der Planungsabteilung im sozialdemokratisch geführten Bundeskanzleramt. Als solcher wurde ich gelegentlich von Verfassungsschützern befragt, wenn eine/r meiner Mitarbeiter vom Status eines Honorarvertrags-Mitarbeiters zum Status eines Angestellten wechseln konnte. Die Befragung kreiste um alles Mögliche, dann auch um die Gefährdung der Kandidaten durch die berühmten „Fs“ – erpressbar durch finanzielle Probleme oder durch Frauengeschichten? Bei Letzterem musste ich schon immer lachen, weil meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wegen solcher Geschichten in der Regel nicht erpressbar waren. Aber diese Des-Orientierung der Verfassungsschützer konnte man ihnen gerne durchgehen lassen.
Richtig amüsant wurde es dann, wenn das Thema „Neigung zum Extremismus“ aufgerufen wurde. Ich wurde befragt, ob der/die Kandidat/in rechtsextreme Neigungen habe. Ich verneinte wahrheitsgemäß. Dann wurde ich gefragt, ob der Kandidat linksextreme Neigungen habe. Darauf fragte ich regelmäßig zurück, was der Befragende mit „linksextrem“ meine. Dann kam in mindestens drei Fällen, also bei drei verschiedenen Gelegenheiten, die Antwort: „Juso oder so.“

Für mich ist jetzt nicht so sehr die juristische Dimension interessant, sondern vielmehr die politische. Denn bisher war es ja so, dass das politische Establishment die Linke gern in zwei Lager gespalten hat. Die Fundis und Realos. Zweifellos gehörte dabei der vom Verfassungsschutz beobachtete Bodo Ramelow per Definition zu den Realos, mit denen man reden könne. Nach diesem Urteil stellt sich also die Frage, ob die herrschenden Kreise nun ihr Verhältnis zur Linkspartei überprüfen müssen. Denn nach Ansicht der Richter ist der „Realo“ Bodo Ramelow ein gefährlicher „Fundi“, den zu überwachen rechtens sei.

Die Beobachtung des Klägers war verhältnismäßig. Sie erwies sich insbesondere als angemessen. Zwar birgt die nachrichtendienstliche Beobachtung von Parlamentsabgeordneten erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit und auf die Mitwirkung der betroffenen Parteien bei der politischen Willensbildung und damit für den Prozess der demokratischen Willensbildung insgesamt. Das Gewicht dieser Belastung für den Kläger war hier jedoch dadurch gemindert, dass das BfV sich auf eine offene Beobachtung beschränkte und den Kern der parlamentarischen Tätigkeit des Klägers ausgenommen hat. Demgegenüber spricht für die Rechtmäßigkeit der Beobachtung das besondere Gewicht des Schutzes der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und der Umstand, dass der Kläger ein führender Funktionär der Partei DIE LINKE ist.

Quelle: BVerwG

Die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts ist natürlich vollkommen hohl. Wenn die Aufgabe des Verfassungsschutzes nun lediglich darin besteht, Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen zu sammeln, um verfassungsfeindliche Tendenzen einer Person aufzuspüren, kann man den Dienst auch gleich ganz abschaffen. Das ist dann nämlich eine sinnlose Ressourcenverschwendung, bei der sich die Frage nach einer Verhältnismäßigkeit primär überhaupt nicht stellt. Denn entweder ist man der Auffassung, dass eine Partei verfassungsfeindlich ist und deren Mitglieder auch bei ihrer parlamentarischen Arbeit zu überwachen sind oder sie ist nicht verfassungsfeindlich, weil es keinerlei Beweise dafür gibt. Dass es innerhalb der Linken Gruppen gibt, die den demokratischen Sozialismus anstreben, streitet weder gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung noch gegen die Verfassung als Ganzes. Die SPD strebt diesen Zustand doch auch ganz offen an, nur mit dem Unterschied, dass sie die Verfassung mit einer gegenteiligen Politik und ihren Verbündeten aus den anderen politischen Parteien mehrere Male bereits real gebrochen hat.

Es ist also nicht die Linke, die der Beobachtung durch den Verfassungsschutz bedarf, sondern jene regierende Parteien, die permanent mit ihren politischen Entscheidungen die Verfassung mit Füßen treten. Und war es nicht Dr. Wolfgang Schäuble in seiner Funktion als Innenminister, der letztes Jahr zum 60 Jährigen Bestehen des Grundgesetzes meinte, dass das Bundesverfassungsgericht bitteschön nicht so häufig in die Gesetzgebung des Bundes eingreifen solle? Siehe dazu das Streitgespräch zwischen Schäuble und dem früheren Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts Winfried Hassemer.

Quelle: FAZ

„Den einmaligen Kompetenzen des Verfassungsgerichts entsprechen eine ganz hohe Verantwortung und auch ein hohes Maß an Zurückhaltung mit öffentlichen Äußerungen. Da haben Politiker eine ganz andere Legitimation. Wir müssen in der öffentlichen Debatte ständig Position beziehen. Verfassungsrichter müssen Anspruch auf Respekt haben. Wer Gesetze gestalten will, sollte sich bemühen, Mitglied des Deutschen Bundestages zu werden.“

Mit anderen Worten: Das Bundesverfassungsgericht solle bitteschön so eine Art Grußonkel sein und sogar bei verfassungswidrigen Gesetzen die Klappe halten, da nur dem Gesetzgeber die Gestaltungshoheit in Sachfragen zustünde.

Schäuble, ein wahrer Verfassungsfreund! Den braucht man natürlich nicht zu überwachen, obwohl da eine Sammlung der öffentlichen Äußerungen sehr nutzbringend sein würde. Hier ein Auszug aus meinem Blogeintrag vom 25. Oktober 2009 mit dem Titel „Schäuble präsentiert sein perverses Weltbild auch bei Anne Will“

Der designierte Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble spricht über die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder. Er sagt, dass es natürlich klar sei, die Regelsätze zu überprüfen, so bald das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht abgeschlossen sei. Auf den Vorwurf, warum man das nicht schon jetzt tue, sagt Schäuble:

„Stellen sie sich doch mal vor, die Bundesregierung würde jetzt eine Prüfungskommission einsetzen, wo gerade die Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht stattgefunden hat. Da würde sich die Bundesregierung ja der Lächerlichkeit preisgeben.“

Mit anderen Worten: Nach Dr. Schäuble ist die Tatsache zwar schlimm, dass Kinder in Deutschland auch weiterhin in Armut leben müssen. Aber viel schlimmer wäre es, wenn die neue Bundesregierung bereits zu Beginn ihrer Amtszeit blöd dastünde.

Das Urteil des Verfassungsgericht kennen inzwischen alle. Und ja, die Bundesregierung hat gegen die Verfassung verstoßen und ja, sie steht auch nach der Prüfung der Richter blöd da. Aber der jetzige Finanzminister Schäuble unternimmt nichts, um diesen grundgesetzwidrigen Zustand zu beseitigen.

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Eilbeschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Euro-Rettungsschirm

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Das ist lustig! Heute hat das Bundesverfassungsgericht den Antrag des CSU-Abgeordneten im deutschen Bundestag Peter Gauweiler auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verhinderung des „Euro-Rettungsschirms“ abgelehnt, mit der Begründung, keine Zeit zu haben, um das von der Bundesregierung beschlossene Gesetz genau prüfen zu können.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat den Antrag des
Beschwerdeführers auf Erlass der begehrten Anordnung abgelehnt. Die für
den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Folgenabwägung
ergibt, dass der Allgemeinheit schwere Nachteile drohen würden, wenn die
einstweilige Anordnung ergehe und sich die Gewährleistungsermächtigung
später als verfassungsrechtlich zulässig erweise. Der
„Euro-Rettungsschirm“ und der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB
sollen einem Vertrauensverlust in die Zahlungsfähigkeit einzelner
Staaten der Euro-Gruppe entgegenwirken. Die Bundesrepublik Deutschland
trägt im Rahmen dieser Sicherungsmaßnahmen gemäß ihrer wirtschaftlichen
Leistungskraft einen erheblichen Anteil. Würde die Bundesrepublik
Deutschland, die an den Finanzmärkten als uneingeschränkt solvent gilt,
durch den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ihre Zusagen auch
nur vorübergehend aussetzen müssen, könnte dies nach Einschätzung der
Bundesregierung bereits zu einer Vertrauensminderung an den Märkten
führen, deren Folgewirkungen nicht absehbar sind.

Diese Einschätzung der Bundesregierung wird zwar von dem
Beschwerdeführer nicht geteilt, der in den Maßnahmen gerade für die
Stabilität der europäischen Währung eher zusätzliche Risiken sieht. Das
Bundesverfassungsgericht kann aber im Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes diese Frage nicht aufklären und muss dies auch nicht tun.

Quelle: BverfG

Toll oder? Was Bundesregierung und Parlament offenbar innerhalb einer Woche komplett verstanden haben, schaffen die Richter am Bundesverfassungsgericht nicht, weil die Zeit zur kurz war. Nun, Peter Gauweiler hat am 21. Mai, also vor drei Wochen, Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Die Richter können und wollen die Frage in der kurzen Zeit nicht aufklären. Schon komisch, dass Parlament und Regierung vorgeben können, den Durchblick behalten zu haben.

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Kruzifix noch emal…

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Da habe ich nun gedacht, dass sich die CDU in Niedersachsen mit Aygül Özkan eine clevere Ministerin ins Kabinett holt, die mal ganz nebenbei ein Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen fordert (siehe hier im Blog), schließlich ist das eine jahrelange Herzensangelegenheit der Leitkulturdeppen aus der Union, und dann das. Die Union ist noch bescheuerter als ich dachte. Denn auf einmal plustert sich das gesamte C-Spektrum in diesem Land an der Bemerkung Özkans auf, dass Kreuze nichts in Schulen zu suchen hätten, anstatt sich darüber zu freuen, dass die neue Vorzeige-Muslimin in der CDU für ein Kopftuchverbot eintritt.

Ich hielt die Aussage Özkans zu den Kreuzen wirklich für ein kalkuliertes Ablenkungsmanöver, um das Thema Kopftuchverbot einmal mehr aufs Tapet zu heben. Schließlich haben wir Finanz-, Wirtschafts-, Kriegs-, ach was eine handfeste Weltuntergangskrise, die es zu bewältigen gilt. Und unter solchen Bedingungen hat die Union bis jetzt ja immer eine dusselige Wertedebatte losgetreten oder um die Leitkultur gestritten.

Doch nun hört man einen empörten Aufschrei aus dem Lager der christlichen Fundamentalisten, die sofort an die Decke gehen, wenn jemand das ausspricht, was das Bundesverfassungsgericht schon vor langer Zeit angeordnet hat, nämlich das christliche Kreuze aus Klassenzimmern öffentlicher Schulen zu verschwinden haben. Es hält sich nur kaum ein Dienstherr dran. Und wenn es doch ein Untergebener wagen sollte, sich am Kreuz zu versündigen, wird wahrscheinlich der Prügel-Mixa reaktiviert.

Jedenfalls ist die Union irgendwie in einer Sackgasse gelandet und hat es verpasst, eine Steilvorlage bzgl. des Kopftuches zu verwandeln. Ich will gar nicht aufzählen, was da alles schon wieder an sprachlichem Sondermüll produziert wird. Das ist echt peinlich. Nur eine Aussage fand ich wirklich lustig. Und zwar meinte die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Maria Böhmer, doch allen ernstes, dass Kruzifixe eine „jahrhundertealte christliche Tradition in Deutschland“ seien. Jahrhunderte? Deutschland gibt es doch erst seit 139 Jahren und das Grundgesetz, dass nach Rassenwahn und dem jähen Ende des tausendjährigen Reiches in Deutschland beschlossen wurde, ist erst 61 Jahre alt.

Vor der Reichsgründung am 18.01.1871 gab es ja nur den alten Fritz und den durchgeknallten Ludwig bzw. zahlreiche Landesfürsten, denen viele Dinge wichtiger als die deutsche Nation waren. Und was in den Schulen unter dem Kreuz abging, lassen wir doch lieber aus. Das taugt nun nicht als Vorzeigebeispiel. Vielleicht sollte man mit den schlechten Traditionen endlich mal aufhören und sich neue suchen. Deutschland sollte meiner Meinung nach nicht auf der Tradition des Kreuzes aufbauen, sondern auf der von den unveräußerlichen Menschenrechten. Wenn sich dafür mal die Unions-Deppen richtig einsetzen würden…

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Der Jobcenter Beschiss

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Hartz IV ist ein verfassungswidriges Gesetz. Zumindest werden immer wieder Regelungen daraus höchstrichterlich als Verstöße gegen das Grundgesetz gewertet. Das war auch im Fall der Jobcenter-Regelung so. Die praktizierte Mischverwaltung, also aus Bundesbehörde und kommunaler Trägerschaft, ist verfassungswidrig. Bis Ende diesen Jahres muss eine neue Lösung her. Nun hat sich die ganz große Koalition im deutschen Bundestag geeinigt. Aber nicht darauf, dass offensichtlich verfassungswidrige Gesetz abzuschaffen, sondern darauf, die Verfassung dem schlechten Gesetz anzupassen. Ein bemerkenswerter Betrug an der Öffentlichkeit. In Sachen Hartz IV arbeiten die Macher, also Regierung und Teile der Opposition, sehr eng zusammen.

Dabei bietet die SPD einmal mehr ein erbärmliches Schauspiel. Der Architekt der Agenda 2010 und heutige Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier stellt sich vor die Presse hin und faselt etwas von bestmöglicher Betreuung von Arbeitslosen und Arbeitsuchenden. Hinter diesem Ziel müssten „oberflächliche, parteitaktische Überlegungen“ zurücktreten. Dabei waren genau diese wohl ursächlich dafür, dass die Bundesregierung zunächst 900 Millionen Euro für Arbeitsmarktmaßnahmen im Bundeshaushalt sperrte, um sie sich dann von der SPD wieder abhandeln zu lassen. Damit kann Steinmeier und seine SPD einen Scheinerfolg verbuchen. Einfach nur widerlich. Steinmeier und Co glauben zudem noch, dass keiner diesen miesen Trick einer ganz großen Schwachsinnskoalition im deutschen Bundestag bemerken würde.

Ich wiederhole es wieder. Solange sich die SPD nicht von ihrer korrupten und verfassungsbrechenden Führungselite verabschiedet, bleibt jede scheinbare Abkehr von der Hartz-Gesetzgebung unglaubwürdig. Wann werden es die Sozialdemokraten, sofern es mehrheitlich noch welche gibt, endlich begreifen?

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Arbeitsgericht bewertet kirchliche Sonderrechte höher als das Grundrecht auf Streik

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Das kann ja sehr interessant werden. Das Arbeitsgericht Bielefeld hat entschieden, dass das kirchliche Selbstbestimmungsrecht Vorrang vor dem Streikrecht hat. Die Diakonie Westfalen-Rheinland-Lippe sowie die westfälische und die hannoversche Landeskirche hatten gegen die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geklagt. Die Gewerkschaft hatte im vergangen Herbst zu Streiks in diakonischen Einrichtungen aufgerufen, um bessere Bezahlung der Mitarbeiter sowie einen Tarifvertrag für Beschäftigte der Diakonie durchzusetzen.

Dieses Vorgehen der Diensleistungsgewerkschaft ver.di hat das Arbeitsgericht Bielefeld nun für nicht rechtmäßig erklärt, weil, und jetzt kommt’s, die kirchlichen Satzungen nicht nur das Streikrecht, sondern auch das Recht auf Aussperrung ausschließen. Die Kirchen gehen bei der Tariffindung einen sog. Dritten Weg, wonach Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einer paritätisch besetzten Kommission die Tarife für die Beschäftigten aushandeln können. Bei Uneinigkeit würde eine Schiedskommission angerufen, deren Spruch dann aber für beide Parteien verbindlich sei. Diesen Weg sah das Arbeitsgericht als gangbar an, weshalb es das Argument, dem Grundrecht auf Streik Vorrang gegenüber Kirchenrecht einzuräumen, nicht folgte. Irre oder?

Ver.di hat angekündigt, durch alle Instanzen zu gehen. Am Ende wird sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage wohl beschäftigen müssen. Endlich, muss man hinzufügen. Das Grundrecht auf Streik, welches sich aus Art. 9 GG Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit ableitet, kann doch nicht hinter dem, ins Grundgesetz übernommenen, Staatskirchenrecht aus der Weimarer Reichsverfassung (siehe Art. 140 GG) zurücktreten? Oder stößt diese Frage nun an die Grenzen einer bürgerlichen Verfassung, die einerseits die institutionelle Trennung von Staat und Kirche vorschreibt und andererseits das kirchliche Selbstbestimmungsrecht öffentlich gewahrt und geschützt sehen will?

Auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bin ich da jedenfalls gespannt. Es wird wahrscheinlich sehr lang ausfallen. :>>

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Quellen:
http://presse.verdi.de/pressemitteilungen/showNews?id=42696eca-26cd-11df-4d33-0019b9e321cd

http://www.evangelisch.de/themen/wirtschaft/arbeitsgericht-kirchenmitarbeiter-duerfen-nicht-streiken13661

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