Die Fliehkraft wirkt nach innen

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Weder SPD noch Grüne sind glücklich darüber, mit der Union eine Regierung bilden zu müssen und würden dem jeweils anderen daher gern den Vortritt lassen. Die Medien wollen auch keine Alternative erkennen, außer die, dass Angela Merkel Königin von Deutschland Kanzlerin bleibt, obwohl sie allein über keine eigene Mehrheit verfügt. Nach demokratischen Verständnis könnte die zahlenmäßig überlegene Opposition, die der Politik Merkels vorgeblich ablehnend gegenübersteht, selbst einen Kanzler oder eine Kanzlerin wählen. Geht aber nicht, sagen Union, Medien und damit auch Teile der Opposition.

Und weil das so ist, ist die Antwort darauf, wie eine Regierung gegen eine klare Mehrheit der so oft betonten Inhalte möglichst rasch gebildet werden könnte, auch nicht wirklich schwer. Man nehme die von den Medien hochgelobten Realos bei den Grünen, die Reformlinken aus dem Osten und natürlich Seeheimer und Netzwerker aus der SPD, fasst sie zu einer eigenständigen Fraktion zusammen und fertig ist die neue FDP. Wie sagte Andrea Nahles über ihren Parteikollegen Johannes Kahrs? Er spreche nicht für die SPD, sondern nur für sich.

Dann ist doch alles klar. Warum ist der Deppendorf noch nicht darauf gekommen? Bekanntlich gibt es in allen Oppositionsparteien Leute, mit denen man vernünftig reden könne und welche, auch Traumtänzer, Sektierer oder Fundis genannt, mit denen man sich nicht an einen Tisch setzen möchte. Warum also nicht trennen, was sich nicht versteht und zusammenführen, was zusammengehört? Die Vernünftigen verfügen erstens über einen guten Draht zur Presse und zweitens über eine verlässliche inhaltliche Flexibilität, sofern sie denn im Ministersessel oder auf dem bequemen Stuhl eines Staatssekretärs Platz nehmen dürfen.

Drum schließt euch zusammen und bildet jene stabile Regierung, die sich das Volk angeblich so sehr wünscht. Doch hört endlich auf, über euer armseliges Schicksal zu jammern und den Leuten zu erzählen, es gehe euch nur um Inhalte oder um das bestmögliche Verhandlungsergebnis. Es ist ganz einfach. Entweder ihr wählt Merkel, warum auch immer oder ihr wählt euch einen eigenen Kanzler, wie es in einer Demokratie bei entsprechenden Mehrheiten üblich ist. Das Gerede um stabile Verhältnisse hängt mir jedenfalls zum Halse raus.

Denn worin diese bestehen würden, ist doch schon heute klar. Der verbliebene Rest an Opposition wird einer an der Regierung beteiligten SPD sozialdemokratische Inhalte servieren und das vier Jahre lang. Die Genossen wiederum werden die Umsetzung ihres eigenen Programms, wahlweise aus staatspolitischer Verantwortung oder aus Koalitionsdisziplin, in jedem Fall aber sehr stabil ablehnen. Die Union hingegen hat gar kein Programm, das sie umsetzen müsste. Ihr genügt es, wenn Angela Merkel andeutet, sich von der SPD mal in die eine Richtung und dann wieder woanders hin tragen zu lassen.

Fliehkräfte braucht die CDU-Chefin dabei nicht zu fürchten. Sie hat es ja geschafft, deren Wirkung auf wundersame Weise umzukehren. Als Schwarzes Loch der Politik verschlingt sie alle Themen wie innere und äußere Gegner, die ihr zu nahe kommen und um sie kreisen. So gesehen hätte sie vielleicht den Physik-Nobelpreis verdient, nicht aber die Kanzlerschaft.

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Wählt diese Versager endlich ab!

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Die SPD-Spitze, so sickerte mal wieder durch, will Sondierungsgespräche mit der Union führen. Weil man unter Demokraten halt miteinander sprechen muss, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Elke Ferner, vor dem Parteikonvent. Dass die Mitglieder das nicht wollen, ist inzwischen klar. Sie sollen deshalb auch befragt werden, aber nur pro forma und erst nachdem Fakten in Form eines ausgehandelten Koalitionsvertrages geschaffen worden sind.

Die Würfel für eine Große Koalition sind in der SPD-Spitze längst gefallen. Im Hinterzimmer, wie auch die Entscheidung über den Kanzlerkandidaten oder auf dem Gartenfest des Seeheimer Kreises direkt nach der Wahl. Der rechte Vorzeigegenosse Johannes Kahrs brachte es doch unter der Woche auf den Punkt. Aus seiner Sicht dürfe es nur Verhandlungen auf Augenhöhe geben, was vor allem heißt, genauso viele Posten in einer Regierung für die SPD wie für die Union.

Das Wohlbefinden der wenigen Spitzengenossen wiegt klar schwerer als das berechtigte Existenzinteresse einer ausgebluteten Partei, die in diesem traurigen Jahr 150 geworden ist. So oft die führenden Sozialdemokraten auch betonen, dass es keinen Automatismus gebe, desto klarer sind die Schritte von Gabriel, Steinmeier und Steinbrück vorhersehbar. Wer Optionen konsequent ausschließt, dem bleibt nichts anderes übrig, als den Weg automatisch zu gehen, der übrig bleibt.

Nicht regieren, sondern mitregieren, dass war von Anfang an das erklärte Ziel der gelernten Karrieristen in der SPD. Bis zuletzt fabulierten sie über einen rot-grünen Wahlsieg, um dann gleich nach Bekanntgabe der ersten Prognose wohl sortiert und ohne sonderlich überrascht zu wirken, Frau Merkel zum Spielen eines Balles aufzufordern. Die eigene Partei empfinden sie dabei als lästiges Anhängsel. Wenn sie wollten, wie sie könnten, lägen sie schon längst im Bett ihrer Kanzlerin. Aus staatspolitischer Verantwortung, versteht sich.

Doch was haben die Mitglieder schon zu sagen? Als diese im Jahr 2008 auf dem Hamburger Parteitag festhalten ließen, dass private Investoren keinen Einfluss auf die Unternehmensführung der Bahn ausüben dürfen und andere Beteiligungen privater Investoren strikt abzulehnen sind, ignorierten Leute wie Steinbrück die Basis. Wäre 2008/2009 nicht zufällig die Finanzkrise wie ein Spring ins Feld Teufel (O-Ton des großen Finanzministers Peer Steinbrück) über uns gekommen, die Bahn wäre entgegen eines klaren Parteitagsbeschlusses über ein Holding-Modell erst privatisiert und dann zerschlagen worden.

Diese führenden Genossen, die sich wiederholt ignorant gezeigt und damit auch als gänzlich untauglich erwiesen haben, wollen nun in Sondierungsgespräche mit der Union gehen. Da fragt man sich, wer hier wen überzeugen will oder muss? Frau Merkel die Delegation der SPD oder diese zusammen mit Frau Merkel eine SPD-Parteibasis, die sich schon oft gegen ihre Interessen hat übertölpeln lassen? Man möchte die verbliebenen Mitglieder beinahe anflehen:

Wählt diese Versager endlich ab! Ihr seid doch noch Sozialdemokraten!

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Kein Schäfermatt mit SPD und Grünen

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Die Woche begann mit einem Telefonat zwischen Angela Merkel und Sigmar Gabriel. Es endete mit dem Ergebnis, erst einmal abzuwarten. Die Kanzlerin äußerte Verständnis für die Haltung des SPD-Chefs, der auf einem kleinen Parteitag am heutigen Freitag die Lage mit seiner Partei besprechen will. Merkel schwieg daraufhin, ihre Truppen aber nicht. Sie ließ führende CDU Vertreter von der Leine oder pfiff sie jedenfalls nicht zurück. Die Weichen sollen auf Große Koalition gestellt und die SPD logischerweise zur Mitarbeit gezwungen werden.

Für dieses Ziel werden überraschend auch inhaltliche Positionen über Bord geworfen. Die Posse um die Steuerpolitik zeigt das deutlich. Die Presse kann sich folglich auch nicht entscheiden, ob sie das nun gut oder schlecht finden soll. Die einen schreiben von Wählerbetrug, die anderen von ganz normalen Vorgängen im Rahmen einer Koalitionsbildung, die nur mit Kompromissen funktionieren kann. Wieder andere entdecken plötzlich, dass die Grünen mit ihren Steuerplänen doch die ehrlichsten Positionen vertreten hätten, aber offenbar Opfer einer Kampagne von Lobbyisten und politischen Gegnern wurden.

All das läuft unter dem Motto, die CDU müsse eine Regierung bilden. Das muss sie aber nicht. Um regieren zu können, braucht sie eine Mehrheit, mehr nicht. Sie hat keinen Auftrag, die Regierung zu bilden, wie das immer wieder, auch von SPD und Grünen, behauptet wird. Sie hätte nur dann einen Auftrag, wenn sie vom Wähler auch mit einer absoluten Mehrheit ausgestattet worden wäre. Geht es also um Bälle, die in irgendwelchen Spielfeldern liegen? Nein. Das Spiel heißt Schach. Doch SPD und Grüne merken nicht, dass sie die schwarze Königin mit einem oder mehreren Zügen leicht ausschließen und die Union als ganzes mattsetzen können.

Die Linkspartei hat diese Woche gezeigt, wie das mit dem Schäfermatt geht. Noch bevor es zu einer Regierungsbildung kommen soll, könnte der Mindestlohn, eine zentrale Forderung der SPD, beschlossen werden. Gysi schob strategisch klug nach, dass über die Höhe des Mindestlohns leicht ein Kompromiss erzielt werden könne. Die schwarze Dame Merkel wäre handlungsunfähig außen vor. Die armselige Antwort der SPD ist bekannt. Immer wenn sie eine Mehrheit hat, sind ihr die eigenen Inhalte so wichtig, dass man sie parteitaktischen Spielchen nicht opfern, also lieber nicht umsetzen will. Dazu ist alles gesagt. Sollen sich die verbliebenen SPD Mitglieder damit herumärgern.

Der Deutsche, so lernen wir immer wieder, ist einzig und allein an stabilen Verhältnissen interessiert. Bereits nach der Wahl präsentierten die Demoskopen Umfragen mit Spitzenwerten für eine Große Koalition. Die Menschen wollen dieses Bündnis, so die Botschaft. Diese Kampagne startete bereits vor der Wahl. Laut Deutschlandtrend vom August, hätten sich 23 Prozent der Deutschen eine Große Koalition gewünscht. Da keine andere Konstellation mehr Zuspruch erfuhr, deuteten die Demoskopen und viele Medien dieses Ergebnis als klares Bekenntnis.

Dass zum Ende der letzten Großen Koalition über 30 Prozent der Befragten ein Weiterregieren derselben wünschten, wurde damals als klare Wechselstimmung interpretiert. Inzwischen fänden 64 Prozent der Deutschen eine Große Koalition für gut oder sehr gut, meldete die ARD am Montag. Heute ist Freitag und dieselben Demoskopen fragten mal wieder anders nach dem gewünschten Bündnis. Welche Koalition wäre Ihnen am liebsten? 48 Prozent sagen CDU/CSU/SPD.

Damit muss ja nur noch die Frage geklärt werden, wer sich und seine Inhalte so verbiegt, dass es der Deutsche nicht so sehr merkt oder anders ausgedrückt: Wie bekommt die SPD ihr Programm in jene leeren Schachteln der CDU, die von der Kanzlerin hübsch ins Schaufenster gestellt worden sind.

Edit: Die Kanzlerin arbeitet übrigens am sogenannten Narrenmatt. Das setzt zwei schlechte Züge des im Vorteil befindlichen weißen Gegners voraus. Weil Weiß also daran mitwirkt sich selbst Matt zu setzen, spricht der Fachmann vom Narrenmatt. Schachspieler Steinbrück möchte an dieser törichten aller Eröffnungen übrigens gern mitwirken.

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In den Kleiderschrank geschaut

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Bereits einen Tag nach der Wahl, betonen alle Parteien, wie sehr es ihnen doch jetzt um Inhalte geht. Wie ein Schutzschild tragen sie den Begriff vor sich her, der nicht mit dem gefüllt zu sein scheint, was er verspricht. Bei dem sich wiederholenden Geplapper geht es offenbar mehr um eine Sprachregelung zwischen den Parteien, die miteinander koalieren müssen, weil sie eine Mehrheit von Inhalten kategorisch ausschließen.

Klar ist, dass der Wähler weder von der SPD noch von den Grünen über den Tisch gezogen werden will. Dieses Privileg fällt allein Angela Merkel zu. Mutti Blamage darf alles. Sie ist auch die Königin der Umetikettierung. Sie hat nur keine Mehrheit, wie auch die Medien inzwischen festgestellt haben. Sie braucht einen Partner. Zwei, die eigentlich nicht wollen, stehen zur Wahl. Sowohl SPD als auch Grüne befürchten aber, teils aus Erfahrung, dass sie in einer Koalition mit der Union nur verlieren. Denn unangenehme Entscheidungen würden nicht der beliebten Kanzlerin, sondern dem Koalitionspartner angelastet.

Zu welchen politischen Entscheidungen es aber kommen wird, ist allerdings nicht klar, denn hinter Merkel steht kein Programm, dass sie abarbeiten könnte. Merkel ist das Programm. Sie selbst sagte in der Berliner Runde, sie könne nicht absehen, was in der Eurokrise noch alles passiere und auf uns zukomme. Aus dem Wahlkampf wissen wir, dass sie sich für viele Dinge, wie den NSA-Skandal etwa, gar nicht zuständig fühle. Allein bei der dringenden Frage nach einer PKW-Maut gab es so etwas ähnliches wie eine Haltung bei der Kanzlerin.

Die Union ist stark wie nie, doch fehlt der politische Inhalt. In ihre Beliebigkeit lassen sich dann wohl auch die berühmten Schnittmengen finden, die es für eine Koalition braucht. Die Medien werden in diesem Punkt sicher ganz kritisch nachfragen, um ihre Wunschkoalition auf den Weg zu bringen. Vielleicht hat ja Sigmar Gabriel auch vor seinem Kleiderschrank gestanden und sich gefragt, was er am Tag nach der Wahl anzieht. Dann hätte man ja schon eine Gemeinsamkeit gefunden.

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Merkel soll spielen

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Nach einer langen Wahlnacht hat sich das Wunschergebnis von Angela Merkel dann doch eingestellt. Es reicht nicht zur absoluten Mehrheit, die SPD muss mit ins sinkende Boot. Dort hatte man vorsorglich verkündet, der Ball liege bei der alten und neuen Kanzlerin. Diese Verweigerungshaltung der SPD-Führung, selbst ins Spiel einzugreifen und beispielsweise die linke Mehrheit zu nutzen, hat nur den einen Zweck, die Agenda-Versager ein weiteres Mal vor ihrem Sturz zu bewahren. Eine Personaldiskussion wollte gestern nicht aufkommen, denn Angela Merkel hat ja den Ball.

Deutschland unterliegt einer gefährlichen Illusion, hatte der Chef des Berliner Forschungsinstitut DIW, Marcel Fratzscher, Anfang August gesagt. “In einer langfristigeren Perspektive hält die These, dass es uns wirtschaftlich so gut geht, der Wirklichkeit nicht stand”, meint der Ökonom. Mit Fakten untermauerte er seine Behauptung, die weitestgehend ungehört blieb:

70 Prozent der Arbeitnehmer haben heute niedrigere Reallöhne als noch vor zehn Jahren. Auch die Produktivität, die Deutschland gern von anderen Ländern einfordert, habe sich seit 1999 verschlechtert, und die Investitionsquote sei in diesen Jahren von über 20 Prozent auf 17 Prozent gesunken.

Die Wachstumsperspektiven sind dürftig und der Investitionsrückstand enorm. Würden wir das Jahr 2005 schreiben, die Oppositionsführerin Angela Merkel hätte ziemlich sicher vom Kranken Mann Europas gesprochen und den Teufel an die Wand gemalt. Gestern hat sie in der Elefantenrunde dafür geworben, das Land schönzureden. Die Medien machen weitestgehend mit. Ulrich Deppendorf leitete seinen Kommentar zur Wahl mit der Fehldiagnose ein, Deutschland habe sich wegen der guten Wirtschafts- und Haushaltslage für Sicherheit entschieden. Dabei haben nur etwa 18 Millionen von knapp 62 Millionen Wählern für die Union und Angela Merkel gestimmt. Fast genauso viele blieben der Wahl fern.

An der Wirklichkeit scheint aber niemand interessiert zu sein. Zu verlockend ist die Illusion, dass es Deutschland gut gehe und diese Wahl das eindrucksvoll bestätige. Da Merkel die Folgen ihrer Politik nicht allein ausbaden muss, wird man sie für die nun anstehenden Zumutungen auch nicht verantwortlich machen. Diesen Job übernimmt der Koalitionspartner. Wie auch immer der heißen mag, für Eigentore sind beide gut. 

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Angela Merkel ist nicht am, sondern der Zug

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Die SPD-Granden sagen auffallend oft, jetzt ist Angela Merkel am Zug. Damit versuchen die Spezialdemokraten den Spieß umzudrehen und ihre versagenden Führer in eine komfortable Situation zu bekommen. Das Angebot für eine Große Koalition muss von der Union gemacht werden (Steinbrück: „Der Ball liegt im Spielfeld von Frau Merkel. Sie muss sich eine Mehrheit besorgen.“), um den Eindruck zu zerstreuen, die SPD hätte von Anfang an darauf hingearbeitet oder sehenden Auges auf diese Konstellation zugesteuert.

Fakt ist, dass sich das rot-grüne Lager wohl kaum zum Ergebnis von 2009 verändert hat. Was die Grünen verloren haben, gewann die SPD hinzu. Die Kampagne für ein ausschließliches rot-grünes Bündnis ist krachend gescheitert. Jetzt gilt es, Verantwortung für das schlechte Abschneiden zu übernehmen. Das geschieht aber nicht. Die Parteiführung feiert sich für ihren Wahlkampf und für einen mickrigen Zuwachs. Sie lehnen die Übernahme von Verantwortung ab und glauben, erste Ansprechpartner für Frau Merkel  zu sein.

Die wird aber mit ihrer CDU/CSU die absolute Mehrheit schaffen, was auf den NachDenkSeiten übrigens als realistisches Szenario bereits beschrieben wurde. Nun reichen schon knapp 42 Prozent der Stimmen für eine absolute Mehrheit der Sitze im deutschen Bundestag aus. Für die SPD Führung wäre dieses Ergebnis noch komfortabler. Sie müsste nicht gegen das Wahlversprechen verstoßen, keine Große Koalition einzugehen. Die Parteiführung könnte das Ergebnis als historische Ausnahme interpretieren und sich als Fels in der Brandung gegen Alleinherrscherin Angela Merkel positionieren.

Die muss nun die Früchte ihrer verkorksten Hinhaltepolitik selbst ernten. Laut Umfragen haben die Deutschen kein Interesse an Finanz- und Eurokrise, an NSA-Skandal und Energiewende. Doch all das, was auf den 23. September verschoben worden ist, muss trotzdem behandelt werden. Nun hat Angela Merkel aber niemanden mehr, auf den sie etwas abladen könnte, was heißt, dass die Zumutungen für die Deutschen, die so sicher kommen werden, wie das Amen in der Kirche mit dem Namen Merkel verbunden werden müssten.

Es wäre in der Tat ein Kunststück, wenn es der alten und neuen Kanzlerin gelingen sollte, das Desaster ihrer Politik auch weitere vier Jahre zu verschleiern. Sie müsste sich also einen Koalitionspartner wünschen. Die SPD steht als nützliche Idiotin bereit. Die würde lieber einer starken Union zur Zweidrittelmehrheit verhelfen, als einen Politikwechsel mit dem eigenen Programm und auch mit der Linken zu vollziehen. Am Ende gewänne aber wieder nur Angela Merkel.

EDIT_21 Uhr: Nach der Elefantenrunde, zu der die FDP schon gar nicht mehr geladen war, verfestigt sich der Eindruck: Merkel wäre froh, wenn sie keine absolute Mehrheit hätte und die gegenwärtige SPD-Führung wäre froh, wenn Merkel sie doch hätte.

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SPD Führung bringt ihren Sündenbock in Stellung

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Die Wahlniederlage der SPD ist absehbar und daher benötigen Gabriel, Steinmeier und Steinbrück einen Sündenbock, um nach der Wahl ihr Gesicht wahren oder ihr Amt behalten zu können. Heute sind Informationen bekannt geworden, wonach die SPD-Parteilinke in der vergangenen Woche Bedingungen für eine Große Koalition gestellt haben soll. Die Parteispitze ist verärgert ob des Vorgangs, ist aber wohl selbst für die gezielte Indiskretion verantwortlich.

Nach der Wahl werden die Seeheimer und Netzwerker in der SPD, zu denen vor allem Steinmeier und Gabriel gehören, ihre Positionen absichern wollen und dabei die Parteilinke für das schlechte Abschneiden verantwortlich machen. Da die Wahlniederlage bereits feststeht, ist es taktisch klug, die Parteilinken über die ungeliebte Große Koalition öffentlich sprechen zu lassen, während sich die Parteiführung empörend distanziert. Diese glaubt bis zur völligen Verblödung an einen rot-grünen Wahlsieg unter Ausschluss der Linkspartei.

Für die rechten Agenda-Verfechter in der SPD steht mal wieder viel auf dem Spiel. Sie fürchten, wie Gregor Gysi es richtig vermutet, Unruhe im Karton. Dieses Szenario gilt auch für den Fall einer linken Mehrheit, die die SPD-Führung auf keinen Fall nutzen möchte. Selbst in der SPD verstehen viele das Ausgrenzen der Linkspartei nicht. Das Lob der Konservativen für Schröders angebliche Reformpolitik ist zudem vergiftet. Es hilft nicht der SPD, sondern nur der Union und Angela Merkel. Dennoch vergeht kein Tag, an dem sich Leute wie Steinmeier nicht für die segensreichen Reformen öffentlich auf die Schulter klopfen und damit dem vergifteten Lob Merkels voll auf den Leim gehen.

Echte Sozialdemokraten wenden sich angewidert ab. Der kleine Parteitag, der kurz nach der Wahl stattfinden soll, hat daher nie den kolportierten Zweck gehabt, eine Links-Koalition zu legitimieren, wie geistig schwache Journalisten behaupten, sondern die alten Köpfe vor der politischen Enthauptung zu bewahren. Nach einer Wahlniederlage muss schnell gehandelt werden. Das hat Steinmeier vor vier Jahren gezeigt, als er das schlechteste Ergebnis der SPD bei Bundestagswahlen einfuhr. Steinmeier putschte sich umgehend an die Fraktionsspitze und da will er auch nach dem bevorstehenden Debakel am kommenden Sonntag bleiben. Eine Diskussion um seine Person und andere aus der Parteiführung gilt es im Keim zu ersticken.

Die Parteilinke mit einer gezielten Indiskretion als Sündenbock in Stellung zu bringen, gehört deshalb zu einer wohl durchdachten Strategie. Bereits zu Beginn dieser Woche hat Susanne Höll von der Süddeutschen über Planspiele für den Tag danach berichtet und dabei exklusive Informationen ohne genaue Quellenangabe präsentiert.

„Aber namhafte Sozialdemokraten überlegen sehr wohl, wie man sich verhalten soll, wenn der Sonntag alle Pläne von CDU/CSU und FDP für eine Fortsetzung ihrer Koalition zerstört und die SPD wieder als Juniorpartner der Union gebraucht werden könnte. Vergangene Woche wurde publik, dass sich selbst der Kanzlerkandidat Gedanken darüber macht.“

Der Kanzlerkandidat ist jetzt durch die Parteilinke ersetzt worden, um die Diskussion von Steinbrück weg zu lenken. Den Medien gefallen innerparteiliche Auseinandersetzungen sowieso viel lieber. Das wissen auch die Seeheimer und Netzwerker in der SPD.

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Alte Zöpfe sind nicht glaubwürdig

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Professor Korte meint im ZDF sehr richtig, dass der Wähler gerne vorher wüsste, was mit seiner Stimme hinterher passiert. Und weil er das eben nicht weiß, sondern eigentlich nur erklärt bekommt, was nicht mit seiner Stimme geht, bleibt er auch lieber zu Hause. Wenn Gabriel meint, Rot-Grün ohne die Linke sei möglich, wenn nur mehr Leute wählen gehen, so hat er prinzipiell Recht. Dafür müssten diese Leute aber auch vergessen, was Steinbrück, Gabriel und Steinmeier in der Vergangenheit politisch angerichtet haben. Programmatisch müssten die alten noch nicht abgeschnittenen Zöpfe zumindest glaubwürdig sein, was nicht gelingt.

Der Wähler versteht den peinlichen Ausschließeritis-Wahn der SPD nicht, von der die Partei selbst nichts hat. Warum sollte eine SPD mit der Union Gespräche führen und mit der Linken nicht? Die Begründungen sind nicht nachvollziehbar. Wer eine mögliche Mehrheit links von Merkel ausschlägt, will auch keinen Politikwechsel, geschweige denn den Kanzler stellen. Dem Wähler wird außerdem signalisiert, dass er zwar als Souverän etwas bestellen kann, auf eine Lieferung aber nicht zu warten braucht. Was nützt dem Wähler denn die Botschaft, dass Schwarz-Gelb keine Mehrheit mehr hat, wenn daraus keinerlei Konsequenzen für die politische Marschrichtung folgen.

Der Quatsch, die SPD würde bei vorhandener linker Mehrheit der Union Bedingungen diktieren können, ist genauso absurd. Diese verblödete Annahme, die nach dem Ergebnis in Bayern wieder Konjunktur bei den Hauptstadtjournalisten hat, widerspricht auch der Erfahrung. Nach der Wahl 2005 gab es bereits eine solche Konstellation mit linker Mehrheit im Parlament. Trotzdem hielt sich die SPD bis zum bitteren Ende an die Koalitionsdisziplin und ließ sich gar von der Linken beim Thema Mindestlohn, dem scheinbaren Markenkern der SPD, vorführen.

Würde die SPD wieder den Juniorpartner der Union geben, wird die Linke erneut das Wahlprogramm der SPD genüsslich testen. Die Geschichte würde sich wiederholen und wieder wäre Zeit sinnlos vergeudet. Gabriel muss immer noch die Frage beantworten, warum die SPD mit der Union ihr Programm besser umsetzen könne, als mit den Linken, die ähnliche Ziele verfolgen wie die Sozialdemokratie. Selbst wenn der Wähler kein rot-rot-grünes Bündnis will, so sagen es ja die Umfragen, so kann er doch schwerlich gegen die Umsetzung von politischen Inhalten sein, die er sich wünscht.

Kurz vor der Bundestagswahl liegen die Nerven hierzulande mal wieder zwischen Roter-Socken- und Zweitstimmenkampagne blank. Dabei ist eins sicher. Angela Merkel bleibt Kanzlerin, egal welches sogenannte Lager am Ende die Mehrheit hat. Im Ausland hat man das längst erkannt. DIÁRIO DE NOTÍCIAS aus Portugal schreibt: „Erreicht die FDP auch am 22. September kein ausreichendes Ergebnis, könnte Merkel gezwungen sein, unter den anderen Parteien nach einem Bündnispartner für ihre dritte Amtszeit zu suchen.“

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Die Strategie des Duetts

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Nun wird die SPD nicht nur nicht von ihrer ehemaligen Klientel geliebt, sondern auch nicht mehr von der ihrer Kanzlerin. Kann es etwas Schlimmeres geben? Angela Merkel wirft der SPD „Unzuverlässigkeit“ vor. Wer die für Tagesschau-Verhältnisse epischen Ausschnitte aus dem von Steinbrück während des Duetts auf vier Kanälen angekündigten „noch nicht veröffentlichten Interview“ gesehen hat, kommt nicht umhin, beiden Scheinwahlkämpfern eine gewisse Strategie zu unterstellen.

Auf welches Ergebnis die SPD dabei abzielt, bleibt wie immer im Dunkeln. Heute sagte Gregor Gysi im Bundestag, dass die Leidensfähigkeit der SPD ziemlich hoch sei. Er hoffe aber, dass es noch eine Grenze gebe, die zu überschreiten die Sozialdemokraten sich dann doch nicht mehr trauen. Weit gefehlt. Um ihre Treue zu Merkel zu beweisen, posaunen die Genossen nun immer lauter hinaus, dass sie all die schrecklichen wie sinnlosen Rettungspakete der Kanzlerin nur deshalb mitgetragen hätten, um sich noch vor der staatspolitischen Verantwortung ihrer Gunst zu versichern.

Diese naive Hoffnung wurde nun bitter enttäuscht und die führenden Genossen kochen vor Wut, weil sie nicht so behandelt werden wollen, wie sie es mit der Linkspartei tun. Schließlich haben die Spezialdemokraten alles unternommen, um dem Establishment, den Lobbyisten und den Bossen zu gefallen. Sie haben alles gemacht, was der neoliberale Mainstream wollte und damit die eigene Wählerschaft vergrault. Zum Schluss haben sie sogar wie gewünscht den Steinbrück nominiert und eine beispiellose Demontage erlebt.

Es ist schon klar, dass nun der Liebesentzug der Kanzlerin besonders schmerzt. Die SPD hat ja sonst niemanden mehr.

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Was den Bundestag attraktiv macht

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Was den Bundestag attraktiv macht, ist die Linke. Denn bevor die Linke einen dummen Antrag stellt, ändern die übrigen vier Fraktionen schon ihre Politik, sagt Gregor Gysi.

Gregor Gysi im Deutschen Bundestag am 3. September 2013

Das stimmt nur bedingt, da diese vermeintlichen Änderungen in der Politik zunächst als hübsche Schachteln ins Schaufenster wandern oder als Etiketten auf leeren Flaschen landen. Wo Steinbrück Recht hat, sollte er auch zitiert werden. Die Wirkung der Linken auf die anderen ist unbestreitbar, allein das Ergebnis dieser Beziehung ist weniger zufriedenstellend. So schnell, wie Gysi erklärt, ändert sich die Politik von Union, SPD, FDP und Grünen eben doch nicht.

Ohne die Linke wäre der Bundestag aber nicht nur um eine Meinung ärmer, es würde gar keine andere mehr geben. Da hat Gysi wiederum Recht. Immerhin hat es sein geflügeltes Wort von der Konsenssoße auch in die Medien geschafft. Geben sie bei Google mal den Begriff ein und es erscheinen seitenweise Printerzeugnisse mit dem Satz:

“Gysi lobt Linke als Alternative zu Konsenssoße”

Von Welt über Stern und Zeit bis hin zu dutzenden regionalen Blättern mit Internetauftritt erscheint die Überschrift einer dpa-Meldung. Damit hat Gysi die vorherrschende Struktur der Konsenssoße in den Medien selbst genutzt, um diese dort und vor allem in der Politik besser kenntlich zu machen. Das ist schon ziemlich genial und um Welten besser als Raabs Kotelett, zu der die fade Konsenssoße aber perfekt passen würde.

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