Voodoo-Ökonomie

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Berlins Regierungschef Kai Wegner (CDU) hat begriffen, was zu tun ist. Er fordert die Aussetzung der Schuldenbremse für die nächsten fünf Jahre. Sie sei eine Zukunftsbremse, sagt er. Hört, hört. Das steht im Widerspruch zur Haltung von CDU-Chef Friedrich Merz, aber auch zur Ampelregierung, die sich immerhin „Mehr Fortschritt wagen“ auf die Fahnen geschrieben hat. Der scheint aber lediglich darin zu bestehen, alt-ordoliberalen Sonntagsreden ein Comeback zu verschaffen. Es droht die Rückkehr der Voodoo-Ökonomie.

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Zum Gefährder gemacht

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Warum wird nichts gegen Gefährder getan? Die sind doch gefährlich. Das Unwort „Gefährder“ und in seiner absurden Steigerungsform „potenzieller Gefährder“ zeigt schon das ganze Ausmaß des sprachlichen Dilemmas im Anti-Terrorkampf. Der Begriff, der keiner ist, wird heute wie selbstverständlich für eine Gruppe von Menschen verwandt, die rechtsstaatlichen Grundsätzen folgend, eigentlich unschuldig sind. Unter Gefährder verstehen die Behörden Personen, die ja im juristischen Sinne nicht als Verdächtige bezeichnet werden dürfen, da es eben keine Verdachtsmomente oder Beweise gegen sie gibt, sondern nur die Annahme, dass sie etwas Böses tun könnten.

Das Wort Gefährder wird dennoch in der öffentlichen Debatte so gebraucht, als sei es ein offizieller Begriff für Kriminelle, die gefühlt hinter Gitter gehören. Doch eine rechtliche Grundlage fehlt dafür bis heute.

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affekte Spezial

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Da ja nach den gestrigen Ereignissen mit Dauerbeschallung im sicheren Konjunktiv nun die übliche Unsicherheit hergestellt worden ist, hier das immer noch aktuelle affekte Spezial. Mein Highlight in der Berichterstattung zum Anschlag von Berlin stammt übrigens von einem Radioreporter, der gestern verspätet an den Ort des Geschehens gelangte und sich in seinem Bericht zunächst über zahlreiche „Gaffer“ ausließ, um dann von einem seltsamen Gefühl zu berichten, welches ihn beim Begaffen journalistischen Betrachten des Anschlagortes beschlich.

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Regierungsauftrag

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160919-ergebnis-wahl-berlinDas mit dem Regierungsauftrag ist so eine Sache. Gestern haben viele, ich eingeschlossen, über die Aussage der SPD gelächelt, sie habe einen klaren Regierungsauftrag vom Wähler erhalten. Bei einem Ergebnis von 21,6 Prozent (minus 6,7 Prozentpunkte) ist das schon eine gewagte These. Dennoch bleibt ja die Frage, wer denn sonst eine Regierung bilden solle, wenn nicht die SPD. Ohne sie ist eine Regierung zwar theoretisch möglich, aber nicht wahrscheinlich. Regieren kann nun einmal nur der, dem es gelingt, eine Mehrheit im Parlament zu organisieren. Fünf Euro ins Phrasenschwein. Die SPD hat nun verschiedene Optionen, die neoliberale Politik fortzusetzen.

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Nur Gewinner

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GewinnerDie Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin hat wieder nur Gewinner gesehen. Die SPD sieht mit minus 6,7 Prozentpunkte einen klaren Regierungsauftrag. Die CDU feiert natürlich auch, weil sie für ihr Minus von knapp 6 Prozentpunkten gar nicht verantwortlich ist, sondern die SPD mit dem regierenden Bürgermeister Müller. Der habe die erfolgreiche GroKo einfach nur schlecht geredet.

Die Grünen haben natürlich auch gewonnen, weil sie nur knapp und nicht deutlich an Zustimmung verloren haben. Die Linken haben gewonnen, weil sie zugelegt haben, genau wie die FDP, die mit dem Tegel-Thema vermutlich jetzt auch den Bundestagswahlkampf bestreiten wird. Und dann gibt es da ja noch die AfD, die auch gewonnen hat, obwohl sie zwar nicht die Erwartungen erreichte oder gar übertraf, wie sonst, dafür aber ein „Riesenergebnis“ erzielte, wie eine zufriedene Störchin im besten „Altparteien-Sprech“ nach der Hochrechnung feststellte.

Klarer Verlierer ist also die Gruppe der Nichtwähler, die diesmal nur knapp um die 33 Prozent aller möglichen Stimmen auf sich vereinigen konnte.

Mehr zur Wahl gibt es hier…

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Helmut Schmidt lässt sich vor den Karren spannen

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Altkanzler Helmut Schmidt schaltet sich in die Debatte um den Länderfinanzausgleich ein. In der Zeit beschwert er sich darüber, dass Berlin finanziell von anderen abhängig sei. Fest macht der 94-Jährige das unter anderem an dem beschlossenen Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses. Hier zeige sich die phänomenale Großartigkeit der Berliner, das Geld anderer auf den Kopf zu hauen. Die Berliner seien ferner schon immer groß darin gewesen, sich von anderen aushalten zu lassen, so Schmidt.

“Wer, bitte schön, braucht ein Bundesschloss?”

Antwort: Keiner, aber fast alle Mitglieder des Bundestages wollen es schon. Sie stimmten 2002 und 2003 für den Wiederaufbau. Das Ganze ist damit kein originär Berliner Ansinnen, sondern wird vor allem auf Bundesebene geplant und umgesetzt. Interessant ist nun, dass sich Schmidt bei der aktuellen Debatte um den Länderfinanzausgleich vor den Karren der Beschwerdeführer spannen lässt. Das dürfte den Klägern Seehofer und Bouffier gefallen, kann man hier zum Beispiel lesen.

Dabei sollte man wissen, dass gerade Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) alles daran setzt, um bereits 2013 mit dem Bau des Schlosses beginnen zu können. Durch Verzögerungen haben sich nämlich auch bei diesem ambitionierten Bauprojekt die Kosten immer weiter erhöht. Inzwischen rechnen die Bauherren mit 590 Millionen Euro.

Wenn sich also Schmidt beschweren möchte, müsste er sich an den Bauminister Ramsauer aus Bayern oder die Abgeordneten des deutschen Bundestages wenden. Da möchte ich gern einmal sehen, ob die Jammerlappen aus Hessen und Bayern das Prestigeprojekt einfach so begraben würden. Grundsätzlich hat der Altkanzler ja Recht.

“Was soll das eigentlich?”

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Berliner Wahlnachlese

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Berlin hat gewählt. Gibt’s da was nachzulesen? Eigentlich nicht. Die FDP hat ihr Projekt 18 endlich verwirklicht und vom Wähler das Komma an der richtigen Stelle platziert bekommen. Die Liberalen haben es nicht geschafft, sich an die Spitze einer deutschen Tea Party Bewegung zu setzen. In Deutschland wird eben auch kein Tee als Ausdruck des Protestes in einen Hafen gekippt, nicht mal symbolisch, sondern es wird wie immer nur mit heißem Wasser gekocht. Es ist doch wirklich gut, dass sich die Wähler, die sich den Wahlgang noch antun (60,2 Prozent), nicht so blöd und einfältig sind, auf das falsche Gerede der FDP hereinzufallen. Die lag übrigens wieder hinter der NPD (2,1 Prozent) und auf Augenhöhe mit der Tierschutzpartei (1,5 Prozent). Der Berliner probiert gern etwas Neues aus und schickt die Piraten mit fast neun Prozent der Stimmen ins Abgeordnetenhaus. Dort, so haben Linkspartei und Grüne am Wahlabend verkündet, wolle man von den Neuankömmlingen etwas in Sachen Internet lernen. Toll.

Die CDU braucht indes keine Nachhilfe. Die Konservativen wähnen sich mit 23,4 Prozent eindeutig auf der Siegerstraße. Peter Altmaier und der Berliner Spitzenkandidat, dessen Namen ich mir aus Platzgründen im Hirn nicht gemerkt habe, sprachen davon, rot-rot mit dem besten Wahlergebnis für die Union in diesem Jahr verhindert zu haben. Ein deutlicher Aufwärtstrend sei da zu erkennen, hieß es bei den schwarzen Humoristen. Die SPD kommt hingegen aus dem Feiern nicht mehr raus. Die Presse dämpft allerdings. Im Westen sei Klaus Wowereit von der CDU überholt worden und insgesamt hätten die Sozialdemokraten ihr Ziel, über die 30 Prozent Marke zu kommen bei leichten Einbußen verfehlt. Damit sei der Kanzlerkandidatenkandidat Wowereit vom Tisch, orakeln Deutschlands „Edelfedern“ (bei Jens Berger geklaut). Der Tagesspiegel schreibt zum Beispiel in seinem Live-Blog:

„Wowereit kann zwar wieder Regierender Bürgermeister werden, aber
Kanzlerkandidatenkandidat eher nicht, weder aus eigenem Antrieb noch als Gebetener. Die Aura des dreifachen
Wahlsiegers, die keiner der anderen Spitzensozialdemokraten aufweisen kann, ist mit diesem Ergebnis auf
Bundesebene kaum präsentabel.“

Präsentabel können eben nur Leute wie Steinbrück sein, der für die SPD in NRW 2005 eine grandiose Wahlschlappe einfuhr, die sogar zur Selbstaufgabe der rot-grünen Bundesregierung unter Schröder führte und zu einem Finanzminister Steinbrück hinter Merkel, die dann mit ihm zusammen das Land, von großer Ahnungslosigkeit begeleitet, in die größte Finanz- und Wirtschaftskrise manövrierte. Dann ist sicherlich noch Steinmeier vorzeigbar, der 2009 als Spitzenkandidat der SPD, der auf Sicht vor sich hingurkenden Kanzlerin, mit 23 Prozent (-11,2 Prozent) der abgegebenen Stimmen gefährlich nahe kam. Der Wechsel war damals förmlich spürbar. Steinmeier wurde auch Fraktionschef, weil er die Schockstarre der Bundestagsfraktion clever ausnutzte und sich mit einer Art Putsch an deren Spitze wählen ließ. Seit dem langweilt der Agenda-Architekt die Abgeordneten mit seiner Schröder-Parodie. Und Parteichef Gabriel will antreten, wenn man ihn fragt. Zum Glück fragt keiner.

Interessant ist natürlich, dass die Kandidatendiskussion die Medien so beschäftigt, wo doch inhaltlich zwischen den einstigen Volksparteien ein großer Konsens besteht.

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