Kurz zum Sondergipfel mit Merkel und Sarkozy

Geschrieben von:

Vom Eurosondergipfel ist zu hören, wie sich Merkel und Sarkozy den nächsten Rettungsschritt für Griechenland vorstellen. Bemerkenswert ist natürlich die Entscheidung, die Zinsen für Kredithilfen im Rahmen des Europäischen Rettungsschirms (EFSF) zu senken, möglicherweise um einen Prozentpunkt auf 3,5 Prozent. Dieser Zinssatz soll dann auch für Portugal und Irland gelten. Die Laufzeit der bereits durch den Fonds gekauften Anleihen soll von bisher 7,5 auf mindestens 15 und maximal 30 Jahre verlängert werden. Was unterscheidet diese Art der Kreditvergabe nun von den Eurobonds, die Angela Merkel immer so kategorisch ausgeschlossen hat?

Wer nach Eurobonds, einer Umschuldung oder einer Transferunion rufe, handele unverantwortlich, ließ Merkel gestern noch unnachgiebig verkünden. Nun gibt es von allem etwas. Es wird nur nicht beim Namen genannt, das ist der Trick.

Dass Merkel die freiwillige private Gläubigerbeteiligung durchgesetzt hat, wird morgen sicher landauf, landab gefeiert werden. Nur erreicht ist damit nichts. Es trifft ja auch nicht die, die auf den Sekundärmärkten durch den Handel mit bereits ausgegebenen Staatsanleihen und Kreditausfallversicherungen fröhlich spekulieren und so im Verbund mit den Ratingagenturen die hohen Zinsen für neue Staatsanleihen erst provozieren, sondern diejenigen, die vor der Krise in griechische Staatsanleihen als sichere Anlage investiert hatten, also in der Regel Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Lebensversicherer.

Wieso, und das wird sicherlich wieder niemand fragen, wurde nicht über eine Finanztransaktionssteuer gesprochen, die der österreichische Bundeskanzler Faymann beim Gipfel eigentlich zum Thema machen wollte? Das wäre doch viel besser als eine private Gläubigerbeteiligung, weil es eben genau die kurzfristig und spekulativ orientierten Anleger treffen würde, anstatt die Käufer von Staatsanleihen (siehe Werner Schieder, MdB).

0

Deutsch-Französisches Kamasutra oder Kopfkino am Morgen

Geschrieben von:

Der @RegSprecher, Steffen Seibert, beweist Humor und schreibt via Twitter:

Kanzlerin + Präs. #Sarkozy haben i. d. Nacht nach 7 Std. Beratungen gemeinsame dt.-frz. Position zu neuem Programm f. #Griechenland gefunden

Allerdings will keiner Wissen, wer von beiden nun oben oder unten gelegen hat. Einzelheiten wollte Seibert auch nicht preisgeben. Nur soviel, EZB-Chef Jean-Claude Trichet und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy seien mit ins Boot geholt oder, wenn man so will, zur nächtlichen Stellungssuche hinzugezogen worden. Soviel Kopfkino hält ja keiner aus. Bis heute Abend werden wir uns aber gedulden müssen. Erst dann soll beim Gipfeltreffen über das neue deutsch-französische Kamasutra gesprochen werden.

2

Merkel ohne Sehnsucht

Geschrieben von:

“Ich bin mal liberal, mal christlich-sozial, mal konservativ.”

So hat sich Angela Merkel selbst beschrieben, als sie einmal bei Anne Will nach ihrer politischen Handschrift gefragt wurde. Diese offen zur Schau getragene Beliebigkeit ist nichts im Vergleich zu ihrer nicht vorhandenen Haltung in der Eurofrage. Im Vorfeld des morgigen Krisengipfels, es dürfte inzwischen der Tausendste zum Thema sein, dämpft Merkel die Erwartungen wie folgt:

Nach einem Jahr Debatten über Griechenland gebe es „eine große Sehnsucht“ nach einem „großen abschließenden, einem einzigen großen Schritt – am besten spektakulär“, sagte Merkel. Diesen werde es aber nicht geben. Es gehe nun darum, „einen kontrollierten und beherrschten Prozess aufeinander folgender Schritte und Maßnahmen zu erzeugen“.

Quelle: AFP

Was will sie erzeugen? Ist das noch die Politik der kleinen Schritte, die bedeutungsschwanger auf die Schrödersche Politik der ruhigen Hand folgte? Große Schritte sind nicht ihr Ding, denn dafür müsste sie auch das Ziel klar vor Augen haben. Da ihre Strategie aber eher mit dem Satz beschrieben werden kann, mir nach, ich folge euch (Volker Pispers), hängt ihr Weg ganz entschieden davon ab, wohin sich die Masse, die des Aussitzens überdrüssig geworden ist, bewegt. Und die ist gar nicht so homogen, wie Merkel sich das wünscht.

Gerade mit Blick auf Griechenland stapeln sich inzwischen die Vorschläge zur Lösung der Finanzkrise und gelaufen wird in alle Richtungen. Von der sanften Umschuldung durch freiwilligen Anleihetausch über einen Rückkauf der Anleihen finanziert aus Mitteln des Rettungsfonds über einen Haircut also generellen Schuldenerlass bis hin zum Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone wird breit diskutiert. Auch Eurobonds sind noch im Gespräch. Da fällt es der Kanzlerin eben schwer, die alternativlose Lösung herauszuarbeiten, die ihr so sehr beliebt. Sie wolle mit Blick auf die oben genannten Vorschläge nicht nachgeben und das Problem von der Wurzel her behandeln.

Nun sprechen alle wieder davon, dass Merkel ihren Kurs beibehielte. Ja welchen bloß? Nachdem sie sich kurz mit dem amerikanischen Präsidenten am Telefon kurzschloss, trifft sie sich nun mit dem französischen Staatschef Sarkozy, um den Gipfel vorzubereiten, wie es aus Regierungskreisen nebulös hieß. Dabei soll die Marschroute festgelegt werden. Was könnte man dazu benötigen? Einen Zirkel vielleicht, mit dem Angela Merkel den Bewegungskreis aufzeichnen kann?

Auf jeden Fall wird es wieder viel zu Trinken geben. Es könnte ja auch sein, dass man den Sarkozy wie damals in Heiligendamm abfüllt und vor die Presse stellt, damit es etwas unterhaltsamer wird, optional böte sich natürlich auch ein Haircut bei einem der Teilnehmer an. Auf eine Wurzelbehandlung à la Merkel kann hingegen verzichtet werden.

Eine Merkel ohne Sehnsucht ist schon gut, aber eine Sehnsucht ohne Merkel wäre noch viel besser…

0

Freiwillig

Geschrieben von:

Bei der Bundeswehr ist neuerdings alles freiwillig. Die Jugend wird nicht mehr eingezogen, sondern soll für den Dienst begeistert werden. Am 1. Juli war es soweit, die ersten Rekruten kamen freiwillig in die Kasernen und hatten offenbar gehofft, dass ihre mitgebrachte Faszination nun täglich durch den Dienstherrn erneuert würde. Aber der macht unfreiwillig weiter wie bisher. Er lässt um fünf Uhr wecken, um sechs Uhr antreten und prüft Anzug, Körperhygiene sowie die Ordnung in den Stuben.

So haben sich das einige Rekruten offenbar nicht vorgestellt und suchen bereits jetzt schon freiwillig das Weite bevor sie selbst in die Ferne geschickt werden, um die Sicherheit der deutschen Wirtschaft Deutschlands zu verteidigen. Geht das so weiter, könnte die Aussetzung der Wehrpflicht bald zum Bumerang werden und sozusagen ein Ausstieg aus dem Ausstieg drohen. Das ist ja ohne Weiteres möglich, denn abgeschafft ist die Wehrpflicht bekanntlich nicht. Sie ist nur ausgesetzt.  Bei Wiedereinsetzung könnte man freiwillig Gehende auch wieder als Fahnenflüchtige bezeichnen und dem Disziplinararrest im Kasernenknast zuführen.

Nein, so weit wird es natürlich nicht kommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel feiert die Aussetzung der Wehrpflicht als großen Erfolg ihrer Koalition und lässt dabei den Vorwurf, eine Gurkentruppe als Kabinett zu haben, nicht gelten.

ARD: (Zuschauerfrage) Warum haben Sie eine solche Gurkentruppe als Kabinett?

Merkel: “Solche Worte benutzen wir ja nicht wieder. Das haben wir uns ja fest vorgenommen. Und insofern glaube ich, dass wir einiges geschafft haben und über anderes auch noch durchaus streiten. […] Und ich glaube, dass wir auch einiges wirklich auf den Weg gebracht haben. Wir haben eine Gesundheitsreform, die Wehrpflicht ist ausgesetzt.”

Quelle: ARD-Sommerinterview

Vom Aussitzen zum Aussetzen oder beides in Kombination. So könnte man die Regierung Merkel beschreiben. Übrigens, heute nimmt der Bundespräsident, der nur kurz als Urlauber für eine halbe Stunde auf Norderney vor eine Kamera ausgesetzt wurde, aus Anlass des Jahrestages des 20. Juli 1944 an einem feierlichen Gelöbnis der Bundeswehr vor dem Reichstag teil. Es ist das erste Gelöbnis nach dem Aussetzen der Wehrpflicht. Aber auch dann wird es im Chor wieder heißen:

„Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.“

Nur müsste man diesmal hinzufügen, dass das längstens für die Dauer der sechsmonatigen Probezeit gilt oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Rekrut innerhalb dieser Probezeit von sich aus freiwillig geht, was er mit Sicherheit auch täte, wenn von ihm jene Tapferkeit und Verteidigungsbereitschaft plötzlich eingefordert werden würde. Vielleicht tritt ja einer der Soldaten heute freiwillig aus der Formation aus. Und damit meine ich nicht die ordnungsgemäß durchgeführte Ohnmacht infolge langen Stehens, wie sie regelmäßig bei solchen Veranstaltungen vorkommt, sondern mit Blick auf §61, Abs. 2, Satz 3 des Wehrpflichtgesetzes:

Auf schriftlichen Antrag der Soldatin oder des Soldaten ist sie oder er während der Probezeit jederzeit zu entlassen.

Das wäre doch mal was.

2

TV-Tipp: So teuer wie möglich – Der letzte Kampf der Atomindustrie

Geschrieben von:

Sendezeit: 23.30 Uhr im Ersten. 

Nun ist das Ende des Atomzeitalters beschlossen – mit einer halbierten Brennelementesteuer – und die großen Energieversorger rüsten zur letzten Schlacht. Jetzt geht es für sie darum, dass nach Jahrzehnten der Milliarden-Gewinne das Ende des lukrativen Geschäftes abgemildert wird; wie die zu erwartenden Mindereinnahmen der Energieriesen und ihrer Aktionäre kompensiert werden.

Hubert Seipel dokumentiert den letzten Kampf der Atomindustrie und untersucht, wieso Deutschland so lange auf die Kernenergie setze.

Quelle: ARD

Vor allem dürfte interessant sein, noch einmal zu sehen, wie sich die ehemalige Oppositionsführerin Angela Merkel den Energiekonzernen lautstark an den Hals warf, nachdem die rot-grüne Bundesregierung mit der Atomwirtschaft einen Ausstieg aus der Kernenergie bereits beschlossen hatte.

Die damalige Oppositionsführerin versprach der Industrie schon 2004 öffentlich, die Atommeiler länger laufen zu lassen, sobald sie an der Regierung sei. Umso enttäuschter sind die großen Energiekonzerne nun über die jüngsten Entscheidungen der Bundesregierung. Die Konzerne setzen auf Klagen, um für entgangene Milliardengewinne entschädigt zu werden. 

Quelle: NDR

1

Eine Zwangsneurose: Die neue SPD-Troika

Geschrieben von:

Jetzt ist die SPD-Troika in neuer Besetzung zurück. Der Dicke und die Stones wollen für den Euro mit Merkel kuscheln. Im Hamburger Abendblatt kann man nachlesen, warum:

Gabriel erklärte, es seien europaweit Entscheidungen notwendig, die bei vielen Menschen zu Zorn und Verärgerung führten, weil sie finanzielle Beiträge für andere Staaten leisten müssten. Die SPD biete dafür ausdrücklich ihre Zusammenarbeit an. Die Sozialdemokraten seien bereit, „auch diese schwierigen Entscheidungen in der Öffentlichkeit zu vertreten“.

Das kann die SPD wirklich gut. Wenn Entscheidungen notwendig werden, mit denen man den Menschen und der bereits davongelaufenen Wählerklientel noch einmal gehörig vor das Schienbein treten kann, ist die SPD ausdrücklich dabei. Da treten die Agenda-Versager, vom Wiederholungszwang getrieben, noch einmal geschlossen an.

Besonders Steinbrück, den Josef Ackermann vor gut drei Jahren mit dem HRE-Deal lässig über den Tisch zog, tut so, als hätte er in der Finanzkrise etwas ganz großes mit dem Satz geleistet, die Spareinlagen der Deutschen seien sicher.

Hätte Europa zu Beginn der Euro-Krise so reagiert wie 2008, als Merkel und er in der Weltfinanzkrise mit der Garantie der Spareinlagen kamen, dann wären die Kalamitäten in Europa jetzt nicht so groß.

Über Norbert Blüm lacht man heute, über Steinbrück nicht. Dabei gebe es im Gegensatz zu Blüm durchaus Grund dazu. Denn mit was will denn Starökonom Steinbrück, der aktuell nicht mehr Finanzminister ist und das heilige Ziel eines ausgeglichenen Haushalts verfolgen darf, eine Garantie der Spareinlagen sicherstellen? Das ginge doch nur, wenn sich der Staat im Garantiefall um genau die Summe neu verschuldet, die der Höhe der zu sichernden privaten Einlagen entspricht. Das hieße dann aber…

“Guthaben minus Schuld = Null. Das ist der Wert der Garantie, volkswirtschaftlich.”

Quelle: Egon W. Kreutzer

Es ist völlig wurscht, ob man für Spareinlagen garantiert oder nicht. Es hätte nichts an der Kalamität in Europa geändert. Die Dimension der Finanzkrise ist doch nicht bloß auf eine fehlende Garantie zurückzuführen. Natürlich hat die zögerliche Haltung Merkels zu Beginn der Griechenlandmisere, als sie Hilfen erst kategorisch ausschloss, um sie dann doch noch zu beschließen, als es immer teurer wurde, dazu beigetragen, die Spekulation um eine Staatspleite an der Europeripherie weiter anzuheizen, doch hätten beispielsweise gemeinsame Eurobonds nur die Spekulation verhindert, nicht aber die Ursachen der Krise bekämpft.

Zum Thema der auseinanderklaffenden Leistungsbilanzen hat die neue Troika nun aber keine Meinung geäußert. Wie es gelingen kann, Überschüsse in den Bilanzen auf der einen Seite, nämlich der Deutschen, und Defizite in den Bilanzen der anderen Staaten, die einen Mittelmeerstrand haben, abzubauen, hört man nichts. Stattdessen folgt die derzeit beliebte Parole nach einem Schuldenschnitt. Und da wartet Finanzgenie Steinbrück mit einem Masterplan auf, der wie folgt beschrieben wird…

Die Bundesregierung müsse sich auf europäischer Ebene für einen Schuldenschnitt einsetzen, mit dem die griechischen Verbindlichkeiten um 40 bis 50 Prozent reduziert werden. Damit Banken nicht in den Strudel dieser hohen Abschreibungen gerissen werden, sollte eine Rekapitalisierung der öffentlichen Banken möglich sein.

Wie sich nun eine Rekapitalisierung öffentlicher Banken, die natürlich auch nur durch neuerliche öffentliche Verschuldung erreicht werden könnte mit einer Garantie auf alle privaten Spareinlagen und vor allem auch mit seiner Schuldenbremse deckt, bleibt wohl Steinbrücks Geheimnis. Es sieht wohl so aus, als wolle Steinbrück mit dem mutwilligen Herbeiführen eines Schuldnerausfalls mal austesten, ob seine und Merkels abgegebene Spareinlagen-Garantie auch funktioniert, obwohl er genau wissen müsste, dass eine erneute Rettung der Banken, die diesmal griechische Staatsanleihen abschreiben müssten, gerade jene privaten Guthaben auffrisst, die er ursprünglich schützen wollte.

1

Es ist wieder Zeit für die Sommerinterviews

Geschrieben von:

Derzeit wird eifrig über einen neuen Skandal diskutiert. Bild am Sonntag hat herausgefunden, dass Bundespräsident Wulff gar nicht auf Norderney Urlaub machte, als er letzte Woche von Bettina Schausten vom ZDF dort interviewt wurde, sondern sich extra für diesen Anlass auf Kosten der Steuerzahler hat einfliegen lassen. Dem Zuschauer sei da etwas vorgegaukelt worden, heißt es gewohnt beleidigt aus dem Springer-Haus.

Was in der Regierung Merkel gang und gäbe ist, man denke nur an den einstigen Bild-Star zu Guttenberg und dessen inszenierte Auftritte zurück, wird nun bei Wulff als Sommerlochskandal ganz groß aufgezogen. Dabei bleibt die inhaltliche Kritik mal wieder auf der Strecke. Man hätte zum Beispiel nachfragen können, ob der Bundespräsident es ernst meinte, als er mit Blick auf Saudi-Arabien und die dortige Menschenrechtssituation zu deren Verbesserung vorschlug, den saudi-arabischen Frauen doch das Fahren von Autos zu gestatten.

Vielleicht dürfen sie ja in Zukunft deutsche Panzer fahren. Diesem Thema wich der Bundespräsident genauso aus wie heute Angela Merkel, die von den beiden Top-Journalisten der ARD, Deppendorf und Becker, abschließend dazu befragt wurde. Die Sache sei aus guten Gründen geheim, antwortete die Kanzlerin wenig überraschend. Sie betonte aber, was seit einer Woche Regierungslinie ist, nämlich dass den Sicherheitsinteressen Deutschlands Vorrang vor den Menschenrechten eingeräumt werden müsse.

Damit in Zukunft der Einsatz deutscher Soldaten in Krisengebieten vermieden werden kann, müsse man dafür sorgen, dass die entsprechenden Regionen selbst für Stabilität sorgen können und dass gehe wahrscheinlich nur mit Waffen und militärischem Gerät aus Deutschland. Die Armseligkeit dieser Rechtfertigungslogik wurde schließlich noch dadurch getoppt, dass Merkel vorschlug, mit den Verbündeten reden zu wollen und sich mit ihnen darüber zu verständigen, was eigentlich genau die Sicherheitsinteressen sind, die es zu schützen gilt.

Deppendorf und Becker haben es nicht verstanden, sondern sich brav verabschiedet, bevor sie der Regen hätte nass machen können. Dabei muss man sich das mal vorstellen. Die Bundesregierung tätigt Waffengeschäfte und begründet das mit der Wahrung von Sicherheitsinteressen, von denen sie überhaupt noch nicht weiß, worin diese genau bestehen. Aber gut, dass man bald darüber sprechen will. Das macht es leichter, über die Vorstellung des Bundespräsidenten hinweg zu kommen, was in der arabischen Welt unternommen werden müsse, um die dortige Menschenrechtssituation zu verbessern.

0

Merkels Sonntagsschau: Kein gutes Klima für Lebewesen

Geschrieben von:

Das ganze Wochenende Regen und Mistwetter, da hat sich unsere Kanzlerin wohl gedacht, rede ich doch in meiner wöchentlichen Videobotschaft mal wieder vom Klimawandel und erinnere daran, wozu genau zwei Grad Erderwärmung führen werden. Nämlich zu Hungersnöten, Flüchtlingsströmen und Kriegen. Bisher gibt’s das ja noch nicht auf der Welt.

“Als Bundesumweltministerin habe ich Anfang der 90er Jahre das Kyoto-Abkommen mit für Deutschland verhandelt. Und ich glaube, es ist wichtig, dass wir die Ziele, die wir uns damals gesetzt haben, auch wirklich erreichen. Denn ansonsten würde vieles an Leben bedroht. Die Versteppung und Verwüstung würde weitergehen, Konflikte würden daraus entstehen, Wasserknappheit würde entstehen und Lebewesen – gerade auch in den Meeren – würden nicht mehr ihre Lebensgrundlage haben. Deshalb ist der Klimaschutz eine der ganz wichtigen Aufgaben.”

Was passiert eigentlich mit den Lebewesen in der Bundesregierung? Vom ehemaligen Wirtschaftsminister Brüderle wussten wir ja, dass der kein Wasser zum Überleben braucht. Und alle anderen drehen doch gerade unter griechischen Temperaturen besonders auf.

Putzig ist natürlich auch ihr Selbstlob, das für Lebewesen wichtige Kyoto-Protokoll als ehemalige Umweltministerin mitverhandelt zu haben. Hat sie das nicht eher nebenbei erledigt? Hauptsächlich hat sie doch für Druckwasserreaktoren Werbung gemacht und atomaren Abfall vor einer johlenden Menge Manager in marode Salzgruben wie Morsleben abgekippt. Auf das sich das Müllproblem in Luft auflöse. Gelöst hat es sich, aber nicht in Luft auf, sondern vielmehr im Salz. Okay, das hat jetzt nicht direkt etwas mit Wasserknappheit zu tun, aber schwerverdauliche Radionuklide, die das Grundwasser verseuchen, sorgt auch nicht gerade für strahlende Gesichter bei den dort lebenden Menschen.

Es ist ja längst bekannt, dass die damalige Umweltministerin davon wissen musste, dass es massive Sicherheitsbedenken mit Blick auf die norddeutschen Salzstöcke gab. Diesbezüglich wurde Merkel auch aufgefordert, der Öffentlichkeit endlich reinen Wein einzuschenken, aber den hat der Brüderle, wie wir wissen, persönlich inhaliert und Merkels Rolle bei der Optimierung der Endlagererkundung im Sinne der Stromkonzerne bleibt ungesühnt.

Damals wurde sie in Fragen der Reaktorsicherheit übrigens von Gerald Hennenhöfer beraten. Der wechselte dann zu VIAG (heute E.ON) und führte als Vertreter der Energiewirtschaft die Verhandlungen um den Atomausstieg Nr. 1 mit der rot-grünen Bundesregierung. Nach dem Wahlsieg von Union und FDP 2009 wurde Hennenhöfer wieder Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit im Umweltministerium unter Norbert Röttgen.

Da könnte man durchaus eine Kontinuität in der deutschen Umweltpolitik erkennen. Die hat aber weniger mit ehrgeizigen Klimaschutzzielen zu tun, als mehr mit der Bedienung wirtschaftlicher Interessen, bei der Lebewesen nur unter dem Kostenaspekt eine Rolle spielen.

0

Volker Pispers vom Sommerloch verschluckt

Geschrieben von:

Wenn Angela Merkel auf der Tribüne eines Fußballstadions jubelt, dann ist irgendwie Gefahr im Verzug. Mal gucken. Die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen haben der Bundesregierung, Verzeihung, der deutschen Wirtschaft Milliardenaufträge verschafft. Knapp 11 Mrd. Euro aus 14 Verträgen sollen ausgehandelt worden sein. Aber wissen sie, was das Beste ist? Angela Merkel soll das Thema Menschenrechte angesprochen haben.

Offensichtlich hatte das Ansprechen keine weiteren Auswirkungen auf die durch und durch guten Geschäftsbeziehungen. Es könnte aber auch sein, dass die Chinesen versprochen haben, die Menschenrechte in Zukunft einzuhalten, unter der Bedingung,  dass man den deutschen Unternehmen, die in den kommenden Jahren im Reich der Mitte investieren und neue Fabrikanlagen errichten dürfen, dabei im Praxistest über die Schulter schauen darf.

Unter den zahlreichen Abkommen, die der Regierungssprecher veröffentlicht hat, findet sich jedenfalls kein Eintrag zum Thema Menschenrechte, dafür aber eine gemeinsame Erklärung über Chinas Auftritt als Partnerland der HANNOVER MESSE 2012. Spätestens dann wird Frau Bundeskanzlerin wieder die Gelegenheit haben, und sie sicherlich auch nutzen, das Thema Menschenrechte anzusprechen. Wie oft hat sie das eigentlich schon getan und wie viel mehr Menschenrechte sind unterm Strich herausgekommen?

Da müsste man vielleicht mal den kürzlich gegen Kaution aus der chinesischen Haft entlassenen Ai Weiwei befragen. Als die Bundeskanzlerin auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao in diese Richtung mit der Bemerkung, bei rechtsstaatlichen Verfahren gebe es noch eine Wegstrecke zu absolvieren, leicht abheben wollte, fiel dem Gast aus der Volksrepublik vor Schreck der Dolmetscher aus dem Ohr.

Dem chinesischen Ministerpräsidenten ist der Lapsus denkbar unangenehm. Er versucht nun, das Gerät wieder am Ohr zu befestigen. Sekunden vergehen. Peinliches Schweigen unter den anwesenden Ministern aus Berlin und Peking. Kanzlerin: „Gut jetzt?“ Sie setzt ein zweites Mal an: In diesem Zusammenhang habe sie es begrüßt, dass der Künstler Ai Weiwei… Wen kämpft wieder mit dem Hörer. Frau Merkel seufzt. „Kann mal jemand helfen?“ Ihr Sprecher eilt herbei und bietet Wen einen anderen Kopfhörer an. Kanzlerin zum Dritten: „Wir haben darauf hingewiesen, dass es nun ein transparentes Verfahren gibt.“ Geben müsse, sollte das heißen. Wen vernimmt die Sätze und schaut immer noch indigniert. 

Wirklich lustig. Vielleicht lag’s auch an der Wärme. Volker Pispers meint, die Temperaturen in unserem Land hätten inzwischen griechische Normalwerte erreicht. Wenn alles gutgeht, werden die Sommermädchen das Sommermärchen der Jungs zu Ende schreiben. Das wäre dann ganz im Sinne unserer Kanzlerin, spottet Pispers. Das Edelgebläse der deutschen Elf könne mit ausgelassener Freude bei der schönsten Nebensache der Welt ganz bequem von der Hauptsache ablenken, nämlich der kompletten Orientierungslosigkeit der schwarz-gelben Regierung.

Gut für Merkel, dass sich mit den Grünen ein neues Schoßhündchen gerade noch rechtzeitig warmlaufe, um den Platz mit den trotzigen Liberalen zu tauschen, die immer nur nach Steuersenkungen rufen würden. Die Grünen hätten schließlich beim Ausstieg vom Ausstieg des Atomausstiegs bewiesen, wie nah sie bei der Union doch stehen. Dass unterm Strich dennoch eine Verlängerung der Atomlaufzeiten herausgekommen ist, spielt keine Rolle. Nach Claudia Roth sind die Grünen ja nicht bescheuert. 

Wenn es den Grünen nun noch gelänge im Schatten des Sommermärchens, Stuttgart 21 als größten Krötentunnel Europas umdeklariert zu Ende zu bauen, stünde einer schwarz-grünen Beziehung nichts mehr im Wege. Bis dahin macht Volker Pispers eine Jahreshalbzeitpause und verabschiedet sich ins wohlverdiente Sommerloch. Bis neulich…im September…

1

Zu dem anderen Thema heute

Geschrieben von:

Ich mache es kurz:

Die Sau Steuersenkungen wird mal wieder als Ablenkung zum Griechenland und Eurodesaster durchs Dorf getrieben und alle grunzen fröhlich mit, anstatt sich mit der maßgeblich von Deutschland zu verantwortenden europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise zu beschäftigen.

Es ist in der Tat lustig, wie das Thema bewusst hochgezogen wird. Ein angebliches Versprechen der Kanzlerin an den Nachlassverwalter der Westerwelle-FDP Philipp Rösler, ein Kauder im Morgenmagazin, der gar nichts Neues verkündet, sondern nur ankündigt, arbeiten zu wollen, ein FDP-Bambi, das irgendetwas vorrechnet und ein Regierungssprecher, der am Nachmittag alle Träume der Sedierten mit dem Satz zerstört, das noch überhaupt nix Verbindliches zum Thema zwischen den Regierungsteilnehmern besprochen wurde.

Und aus diesem Mist werden wieder Meldungen und Kommentare formuliert sowie Experten befragt. Was für eine Zeitverschwendung. Klicken sie bloß schnell auf weiter oder zurück. Wie sie wollen.

1
Seite 28 von 57 «...10202627282930...»