Hubert Seipel vom WDR blickt auf das Bankenrettungswochenende 2008 zurück und belegt das Versagen der Bundesregierung bei der Rettung der HRE. Die Sendung haben sie mit Sicherheit nicht gesehen. Sie lief am Mittwoch nach dem DFB-Pokal im Ersten. Jetzt weiß ich auch, warum es auf Schalke zu so einem schlechten Spiel gegen die Bayern kam und letztlich zur Verlängerung. Das lag nicht am Platz, sondern an der Regievorgabe, die Zuschauer möglichst einzuschläfern, damit sie ja nicht im Anschluss den kritischen Beitrag über die Bankenrettung sehen. :>> Die Wiederholung lief übrigens in derselben Nacht um 3:25 Uhr.
Quelle: WDR
Der Beitrag ist bis auf ein paar Ausnahmen sehr gut gemacht. Es fehlt zum Beispiel der äußerst wichtige Hinweis, dass Peer Steinbrück und sein Ministerium die Haftungsfrist der HRE-Alteigentümer um ein paar Stunden haben ablaufen lassen, damit nicht die, sondern der Staat in die Bresche springen konnte. Es ergibt ja auch sonst überhaupt keinen Sinn, wenn der Chef der BaFin Jochen Sanio angibt, bereits seit dem Frühjahr 2008 Brandbriefe über den verheerenden Zustand innerhalb der HRE an das Finanzministerium geschrieben zu haben, die Steinbrück selber aber nie gesehen haben will. Diesen Widerspruch muss man aufklären. Dass Steinbrück, Merkel und Co. mit der Finanzindustrie eng verflochten waren und sind, ist klar und kommt in dem Beitrag auch sehr gut zur Geltung.
Als störend empfand ich Volker Wissing von der FDP, der als damaliges Oppositionsmitglied im HRE-Untersuchungsausschuss in diesem Film für meinen Geschmack etwas zuviel Redezeit bekommt. Er sagt zwar viel Richtiges, aber am Ende wird deutlich, aus welcher dreckigen Ecke er kommt, und welche Interessen er vertritt. Wissing gibt den Wolf im Schafspelz. Nur zu gern möchte er und seine FDP dem Staat die alleinige Schuld in die Schuhe schieben. Vor allem die zahnlose Bankenaufsicht dient ihm dabei als Angriffspunkt. Die FDP fordert ja schon lange, dass man nur die Bankenaufsicht entsprechend verbessern müsste und schon sei alles im Lot. Die FDP erkennt kein Markt-, sondern Staatsversagen. An dieser Stelle geht mir der Film den liberalen Freigeistern zu sehr auf den Leim.
Aber der Gesamteindruck ist durchaus positiv. Diesen Film sollte eigentlich jeder gesehen haben, um ein Stück weit die Dimension vermittelt zu bekommen, in der sich Politik, Finanzwirtschaft und gesellschaftliche Eliten zu kriminellen Akten zusammengeschlossen haben, sich gegenseitig decken und auch in die Pfanne hauen. Und alles auf Kosten der Steuerzahler. Film ab!
Gier und Größenwahn – Wie die Politik bei der Banken-Rettung über den Tisch gezogen wurde
MRZ
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.