Steinbrück muss weg – Sie haben noch die Wahl

Geschrieben von: am 10. Juli 2009 um 12:53

Und mit ihm, die gesamte SPD-Führung. Heute stellt sich Steinbrück hin und kritisiert mit der Rentengarantieregelung des Bundes wieder einen Beschluss, der von einem Parteikollegen (Sozialminister Olaf Scholz) ausgearbeitet wurde. Und das im Wahlkampf. Wenn es in der SPD eine strategische Abteilung gibt, müsste die doch nun endlich den Knüppel raus holen und diesem Dummkopf über die Rübe ziehen. Und zwar gleich zweimal.

Erstens, wegen parteischädigendem Verhalten, denn wer ist schon so blöd und fällt dem Ministerkollegen und der eigenen Partei keine drei Monate vor der Wahl in den Rücken? Die Geschlossenheit, die der andere Steinklotz in der SPD auf dem letzten Parteitag noch so betont hat und als größtes Pfund in die Waagschale werfen wollte, um aus dem nach wie vor tristen Umfragetief herauszukommen, ist nun wieder dahin. Denn Olaf Scholz und andere SPDler geben bereits Interviews, in denen sie die Aussagen Steinbrücks kommentieren und relativieren müssen. Da kann der Steinmeier noch so verbissen tönen, dass am 27. September ein besseres Ergebnis für die SPD zu Stande kommen würde. Das Verhalten der Parteispitze ist einfach nur noch lächerlich. Da wird einer nach dem anderen über die Klippe gestoßen.

Zweitens sollte der Steinbrück einen drüber gezogen bekommen, weil er schon wieder großen Unsinn redet. Dieser Mann ist gelernter Volkswirtschaftler, benimmt sich aber wie der Chefredakteur der Bild-Zeitung. Seine warnenden Worte bzgl. der Rentengarantie verfolgt demnach auch ein bestimmtes Ziel. Die sozialen Sicherungssysteme sollen nach der Wahl auf den Prüfstand. Steinbrück will dort Einsparungen vornehmen und vollenden, was der Boulevard schon lange fordert. Regelsätze runter, Rentengarantie nicht auf Kosten der jungen Generation usw. usf. Die Milliardengeschenke an die Banken, die Steinbrück zu verantworten hat, müssen ja irgendwie bezahlt werden. Und Steinbrück legt jetzt den Grundstein dafür. Die Diskussion soll mal wieder auf den Sozialstaat gelenkt werden.

Dabei ist ihm kein Lügenspruch zu billig. Steinbrück sagt, der jetzigen Rentnergeneration ginge es so gut, wie keiner Generation davor und begründet damit seine ablehnende Haltung im Hinblick auf das Garantieversprechen der Bundesregierung. So eine Aussage ist schon ein starkes Stück, denn natürlich geht es den Rentnern heute besser als früher. Das hat aber einen einfachen Grund. Die Konstruktion der Rentenversicherung ist doch so angelegt, dass jeder, der sein Arbeitsleben beendet, den Lebensstandard auch im Rentenalter halten kann. Das ist doch überhaupt der Sinn einer Rentenversicherung, kurzum: Die Versicherungsleistung! Auch die privaten Versicherer werben mit der Sicherung des Lebensstandards im Alter. Dafür muss man ja auch seine Beiträge zahlen.

Nun ist es aber so, dass Steinbrück und Konsorten die Deutsche Rentenversicherung nicht als Versicherung begreifen wollen, sondern als angeblich zu teures Sozialstaatsungeheuer, von dem die heute Arbeitenden ohnehin nix mehr haben würden. Und damit diese Prognose auch eintritt, hat man die Rentenversicherung ihrer Versicherungsleistung beraubt. Politisch wurde unter dem fadenscheinigen Demografieargument die Rentenleistung einfach gekürzt und eine künstliche Versorgungslücke geschaffen, die die privaten Versicherer zu ihren Konditionen wieder schließen sollen. Wie sonst soll man eine Rentenformel deuten, die vorsieht, dass man im Alter nur noch 40 Prozent seines letzten Gehalts als Rente zugesprochen bekommen soll? Wie sonst sollte man die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre deuten, wenn nicht damit, dass hier eine neue lukrative Versorgungslücke der privaten Altersvorsorge neue Beiträge zuspielen soll?

Weiter moniert der Finanzminister, dass mitten in der Krise, in der viele Menschen um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, die Renten so stark steigen würden, wie seit vier Jahren nicht mehr. Dieser Satz ist in doppelter Hinsich eine Frechheit von diesem, Verzeihung, Arschloch. Erstens gab es in den letzten Jahren Rentennullrunden bei konstanter Inflationsrate. Die letzten mickricken Erhöhungen blieben ebenfalls hinter der Teuerungsrate zurück. Wer sich also hinstellt und so tut, als würde die aktuelle Rentenanpassung einen skandalösen Umfang annehmen, verschleiert bewusst die Tatsache, dass die Renten in den letzten Jahren an Wert oder besser an Kaufkraft verloren haben. Zweitens ist die Krise vom Steinbrück und seinem Schreibtischtäter im Finanzministerium Jörg Asmussen mit verursacht worden, und sie weigern sich auch noch, aktiv etwas gegen die Folgen ihres Tuns zu unternehmen, sei es durch weitere Konjunkturprogramme oder durch eine nationale Reglementierung des Finanzmarktkasinos.

Wenn sich Steinbrück also hinstellt und Partei für jene Menschen ergreift, die aufgrund seiner irrsinnigen Politik um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, ist das nichts weiter als dreiste Verhöhnung und teuflischer Zynismus, der plump auf das Ausspielen von gesellschaftlichen Gruppen zielt. Die Jungen sollen auf die Alten gehetzt werden. Das unterscheidet sich nicht von der Hetze gegen Ausländer oder Hartz IV Empfänger. So lange sich der Urnenpöbel gegenseitig bekämpft, bleiben die herrschenden Machtstrukturen erhalten. Und wie passt so etwas eigentlich zum Wahlprogramm der SPD? Eben gar nicht. Daher folgen sie dem Rat von Egon W. Kreutzer und setzen ihre Zweitstimme bei der Bundestagswahl nicht für die SPD, nicht für die CDU bzw. CSU, nicht für die FDP und nicht für die Grünen ein. Eine Entscheidung für diese Parteien bedeutet immer die Große Koalition als wahrscheinlichstes Ergebnis. Deshalb kann Steinbrück auch so reden. Sein Job ist nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung gesichert. Nur Schwarz-gelb ist theoretisch als Steigerung des Absurden auch noch drin. Aber dann geht’s für Steinbrück ohnehin durch die Drehtür auf einen gut dotierten Posten in der Finanzbranche.

Wer aber einen Wechsel der Politik will, kann an den Linken nicht vorbei. Ihre Stärke bestimmt über die Chance eines Wechsels, um mal ein bissel den Obama zu bemühen. Alle anderen können in irgendeiner Koalition überleben und das „Weiter so“ aushalten. Denken sie drüber nach… ;)

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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