Heute findet die Gedenkveranstaltung für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt in Berlin statt. Ein Staatsakt, auf dem eigentlich der Bundespräsident hätte sprechen sollen. Horst Seehofer, der das Amt derzeit bekleidet, hatte allerdings frühzeitig darum gebeten, keine Rede vor den Angehörigen der Opfer halten zu müssen. Das ist verständlich, zumal er letztes Jahr noch mit Schaum vorm Mund im Bierzelt betonte, bis zur letzten Patrone die deutsche Leitkultur verteidigen zu wollen.
Wie so ein Kampf bis zur letzten Patrone aussehen könnte, deutete die CSU auf ihrer Aschermittwoch Veranstaltung in Passau an. Zur Waffe griff aber nicht wie üblich der Parteivorsitzende, sondern der einst von den Parteifreunden in Wildbad Kreuth weggeputschte Edmund Stoiber. Was solle er gegen einen Bundespräsidenten einwenden, der für Thilo Sarrazin auch ein gutes Wort gefunden hat und der gegen eine EU-Mitgliedschaft der Türkei sei, sagte Stoiber begleitet von viel Applaus.
Angesichts und kurz nach dieser peinlichsten aller CSU-Veranstaltungen hätte Horst Seehofer auf der zentralen Gedenkfeier für die Opfer der Neonazi-Mordserie wohl kaum die richtigen Worte finden können. Dafür wird die Kanzlerin in die Bresche springen und die Gelegenheit nutzen, in relativierender Weise nicht nur den Rechtsextremismus, sondern jede Form extremistischer Gewalt verurteilen.
Bleibt die Frage, ob auch der Verfassungsschutz eine weitere Schweigeminute einlegen wird, nachdem die Behörde schon jahrelang zum Thema Rechtsextremismus nichts zu sagen hatte.
FEB
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.