Da hält der Bundeswirtschaftsminister im Bundestag einmal mehr eine propagandistische Regierungserklärung über den angeblichen „Aufschwung“ und der SPD fällt nichts besseres ein, als den Anspruch auf die Urheberschaft der Lügen Brüderles für sich zu reklamieren.
O-Ton: Steinmeier
„Viele Schultern tragen diesen Erfolg. Das hat auch mit mutiger Reformpolitik in der Mitte des letzten Jahrzehnts zu tun, die uns – das sage ich Ihnen ganz offen – belastet hat und über die wir gestritten haben. Aber das war eine mutige Reformpolitik, die wir von dieser Regierung erst einmal sehen wollen. Allerdings kommt von Ihnen nichts.
Das war eine mutige Reformpolitik, für die man sich entscheiden muss – da reicht es nicht aus, hier nur Parolen vom Pult zu verkünden -, und es war dann auch kluges Krisenmanagement in der Phase der Großen Koalition: eine Politik, Herr Brüderle, gegen die Sie und Ihre Leute von diesem Pult aus elf Jahre lang aus der Opposition gestritten haben, die Sie verdammt haben. Das ist Ihr Beitrag gewesen, allerdings kein Beitrag zum Wachstum.“
Quelle: Bundestag
Herr Steinmeier kann nicht aus seiner Haut. Er muss bei jeder Gelegenheit die von ihm zu verantwortende Agenda-Politik verteidigen und behauptet sogar, dass die wirtschaftliche Entwicklung etwas damit zu tun hätte. Gregor Gysi gab im Anschluss die richtige Antwort:
„Herr Steinmeier, mir ist aufgefallen, dass Sie gesagt haben, dass die Union und die FDP die Reformen von SPD und Grünen nutzen. Es sollte Ihnen aber nicht positiv auffallen, sondern negativ, dass den Konservativen und Neoliberalen Ihre Reformen so gut gefallen.“
Fakt ist, dass weder Brüderle, noch Steinmeier, noch sonst irgendwer aus der aktuellen Regierung oder aus einer davor für sich in Anspruch nehmen kann, ihm gehöre der „Aufschwung“. Was man aber mit Sicherheit sagen kann, ist, dass der Rekordeinbruch von 2009 sowie die größer werdende Spaltung der Gesellschaft in arm und reich durch eine massive Umverteilung des Volkseinkommens allen gehört, die je in einer Regierung Verantwortung übernommen haben. Ob Rot-Grün, Schwarz-Rot oder jetzt Schwarz-Gelb, alle drei Bundesregierungen standen und stehen noch immer für eine Volkswirtschaft, die sich der Unternehmerlogik zu unterwerfen hat.
Deshalb hat die SPD der Regierung auch nichts weiter entgegenzusetzen, als die wirtschaftliche Entwicklung, die sie selbst wahrscheinlich nicht einmal begreift, für sich zu reklamieren und darüber hinaus als Folge der sog. Reformpolitik darzustellen.
Es mutet doch gerade wie ein übler Scherz an, wenn ausgerechnet der eklige FDP-Schmierlappen Martin Lindner bei seinem Redebeitrag die SPD für deren Hartz-IV Politik lobt, um sie dann wegen angeblicher Distanzierung von der Hartz-Gesetzgebung zu kritisieren, was die SPD-Fraktion in ihrer Einfältigkeit natürlich nicht auf sich sitzen lassen kann.
bung der damaligen rot-grünen Regierung hat einen wesentlichen Anteil daran, dass wir bei der Erwerbstätigkeit heute so dastehen, wie wir dastehen; das macht Ihnen überhaupt niemand streitig. Das Problem ist, dass sich Ihre Partei selbst von alldem verabschiedet, was sie damals richtigerweise gemacht hat:
Sie verabschieden sich selbst von der Hartz-Gesetzgebung und von der Rente mit 67. Sie machen nur noch populistischen Dödelkram, seit Sie hier in der Opposition sitzen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Wo denn?)
Eine SPD, die sich in den wesentlichen Punkten mit Union und FDP einig ist und ansonsten auch nichts weiter von Ökonomie versteht, braucht kein Mensch.
Gregor Gysi und die Linke hätten im übrigen auch gut daran getan, weniger Zeit auf eine differenzierte Betrachtung des „Aufschwungs“ zu verwenden, was durchaus gelang, als ihn vielmehr gänzlich infrage zu stellen. Der Punkt ist doch der, dass es keinen Aufschwung gibt, sondern nur eine Erholungsphase, die gerade davon lebt, dass andere Staaten mit ihren massiven Konjunkturprogrammen die globale Nachfrage angekurbelt haben. Sollte die aber wieder einbrechen, was nach gegenwärtigem Stand sehr wahrscheinlich ist – alle Experten rechnen auch damit -, dann wird Deutschlands Wirtschaft auch wieder deutlich auf Talfahrt gehen, weil die Binnennachfrage weiterhin schwach ist und bleibt.
JAN
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.