Spätrömische Problembeseitigung

Geschrieben von: am 03. Apr 2011 um 20:02

Nun geht er, jedoch nicht sofort, sondern erst im Mai, wenn ein Nachfolger für das Amt des FDP-Parteivorsitzenden gefunden ist. Als Außenminister will er uns aber noch erhalten bleiben. Für Guido Westerwelle, dem ersten und einzigen Kanzlerkandidaten der FDP, kommt es derzeit knüppeldick. Er wird von seiner eigenen Turboleisterbrut vom Sockel gestoßen. Denn auch für Rösler, Lindner und Co. zählt nur die Überholspur ganz im Sinne des von Westerwelle immer wieder gepredigten liberalen Leistungsgedankens.

Einst tönte die selbsternannte Freiheitsstatue, da war sie noch in der Opposition und als Wahlkämpferin unterwegs, die Treffsicherheit des Sozialstaates müsse größer werden, ein Recht auf staatlich bezahlte Faulheit dürfe es nicht geben.

So wie es aussieht, ist Westerwelle endlich ins Visier geraten, allerdings nicht durch den Sozialstaat, dem er schon sein ganzes Berufsleben lang auf der Tasche liegt, sondern von den Sozialschmarotzern seiner eigenen Partei.

Quelle: Klaus Stuttmann

Die fürchten sich selbst um ihre Karrieren im politischen Geschäft. Die geistige, aber sicher nicht moralische, Wende des Generalsekrets der FDP, Christian „Bambi“ Lindner, der plötzlich Atomkraftwerke stilllegen möchte, beweist das nur all zu sehr.

Es müsse rasch Rechtssicherheit geschaffen werden, forderte Lindner. Eine Übertragung von Reststrommengen auf jüngere Meiler solle es nicht geben. Vorbild der Gespräche mit den Atom-Konzernen sollen die von Rot-Grün geführten Konsensgespräche des Jahres 2000 sein, wie Lindner sagte. Sie sollen möglichst bald stattfinden.

Quelle: FR

Rot-Grün als Vorbild! Die Not der Liberalen muss wirklich groß sein, wenn das erklärte Feindbild zum Maßstab eigener Ansprüche wird. Im Kampf gegen die nun auch durch den Wähler bestätigte Überflüssigkeit, ist offenbar jedes Mittel recht. Besonders deutlich wird das an der Frage, wer für den Rest der Legislaturperiode, die spätestens im Herbst 2013 endet, den „Vizekanzler“ spielen darf, ein Amt, dass es gar nicht gibt, sondern offensichtlich nur erfunden wurde, damit die FDP etwas hat, um angeben zu können.

Franz Walter schreibt zum Rückzug Westerwelles:

„Westerwelle fühlte sich als Avantgardist einer neuen Generation – das beflügelte ihn. Doch zugleich war er im wirklichen Leben in seiner eigenen Kohorte ein fast isolierter Minderheitenvertreter – das stärkte seinen Behauptungswillen.“

Quelle: Spiegel Online

Er hätte auch einfach „Wichtigtuer“ schreiben können. Das Ende einer Ära, wie Walter schreibt, ist es auch nicht, sondern eher das Finale eines unkontrollierten Niedergangs.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Careca  April 3, 2011

    Hm. Stimmt das? Das mit dem „Vizekanzler“ gab es bereits bei Möllemann und Fischer? Oder irre ich mich?

    Schade, dass Westerwelle freiwillig aufgibt. Zu den drei Prozent fehlten grad nur noch zwei zum neoliberalisieren …
    Oder anders gesagt: Ab Montag wird die F.D.P. den Aufwärtstrend spüren. Per Dekret wird sich jedes F-Depperle die Schuhsohlen unter den Fussballen annageln, damit die den Brüderlerschen F.D.P.-XXXL-Aufwärtstrend wenigstens spüren …

  2. Einhard  April 3, 2011

    Vermissen wird Ihn niemand, schließlich stehen die nächsten polemischen, realitätsgernen Wendehalsnullnummern ja schon in den Startlöchern

  3. Kroesus2  April 4, 2011

    Westerwelle weg ? What shall’s ?
    Fehlt uns Liberalismus ?
    Was versteht er darunter ? davon ?

    Manche meinen:
    Dem Staat muss man auf die Finger klopfen, wenn er Leitkultur einführt.
    Andere: Dem Kapital alle sozialen Verpflichtungen abnehmen.

    Und überhaupt: Ist ein Rösler im Dienste der Pharmaindustrie etwa besser ?

    http://muenchenausgestrahlt.blogspot.com/

  4. Arnold  April 4, 2011

    Ob das wirklich schon das Finale des Niedergangs ist wird sich noch zeigen. Das eigentliche Problem der FDP ist doch nicht Westerwelle sondern deren Politik. Der Faktor Westerwelle ist doch lediglich dass er offen sagte was die FDP will und somit den Wählern offenlegte, dass die FDP lediglich die Interessen einer kleinen Minderheit vertritt. Ich denke die Büchse der Pandora ist somit schon geöffnet und die möglichen Nachfolger von Westerwelle, die noch grün hinter den Ohren sind, bringen nicht das Charisma auf, dem Wähler einen echten Kurswechsel der FDP vorzulügen.
    Dies um so mehr als diese Nachfolger fest an die Überlegenheit des Neoliberalismus zu glauben scheinen.