In Athen wird immer noch über das Sparpaket verhandelt. Wie absurd dessen Inhalt ist, zeigen die Details, die Stück für Stück die Öffentlichkeit erreichen. So soll Griechenland vor allem zustimmen, die Löhne von Arbeitnehmern zu kürzen. Die Rede ist von einem drastisch sinkenden Mindestlohn und von einem Einfrieren der Einkommen in der Privatwirtschaft. Ziel der Übung soll sein, dadurch die Arbeitslosenquote von derzeit mehr als 19 Prozent auf 10 Prozent zu drücken.
Verlangt wird also das Einsparen von Arbeitslosigkeit. Denn für sich genommen, hat das Kürzen von Mindestlöhnen und Einkommen in der Privatwirtschaft überhaupt nichts mit der Haushaltkonsolidierung zu tun, die permanent als Ziel aller Bemühungen ausgegeben wird. Indirekt erhöht sich sogar die Belastung der öffentlichen Kassen, weil niedrigere Löhne ganz konkret auch niedrigere Steuereinnahmen bedeuten. Der Gedanke, der dieses Treiben bestimmt, entspringt zweifelsfrei dem neoliberalen Kartoffelmarktdogma, wonach das drastische Absenken der Löhne die Kosten der Unternehmen vermindere, den Wettbewerb dadurch verbessere und zudem Beschäftigung auf wundersame Weise gefördert werde.
Das Problem dabei ist nur, dass die griechische Wirtschaft wie auch alle anderen in der Eurozone an einer sich verstärkenden Nachfrageschwäche leiden, die politisch vor allem von Deutschland aus befördert wird. Denn wer an Einkommen und öffentlichen Ausgaben spart, spart auch an jenem Motor, der eine Volkswirtschaft antreibt.
Insgesamt ist von Einsparungen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro die Rede. Das Senken von Löhnen hat damit aber nun gar nichts zu tun und soll wohl davon ablenken, dass der Staat vor allem bei den Ausgaben für Renten und Sozialleistungen einsparen soll, die er ja der Logik nach erbringen muss, wenn er das Existenzminimum seiner Bürger garantieren will. Das Senken der Löhne soll dabei die Notwendigkeit eines Konjunkturprogramms ersetzen, für das nach herrschender Lehre kein Geld ausgegeben werden darf.
Am Ende wird der griechische Staat sich aber noch höher verschulden müssen, um das weitere Schrumpfen seiner Volkswirtschaft gegenfinanzieren zu können. Das ist nicht zuletzt auch als Ergebnis der ersten Sparmaßnahmen festzustellen, die das Land schon vorgenommen hat.
Deutscher Staatssekretär schiebt Frust
Für deutsche Bürokraten wie Thomas Steffen sind die andauernden Verhandlungen über den griechischen Selbstmord nur noch frustrierend. Sie wünschen sich einen zügigen Beschluss und stellen fest, dass seit dem Beginn der Krise kaum Fortschritte gemacht worden seien.
Ich glaube, dass wir heute sagen können, dass wir seit 2010 wenig Fortschritte gemacht haben bei Griechenland, sagte Steffen am Mittwochabend in Berlin, erschreckend wenig Fortschritte.
Quelle: Spiegel Online
Die Führung des Landes sei deutlich verbesserungsfähig und manchmal nicht auf dem Niveau eines europäischen Landes, meint der Staatssekretär, dessen Geist offenbar unterhalb des für diese Angelegenheit notwendigen Sachverstandsniveau schwebt. Sonst würde sich Herr Steffen an die Rolle seiner Chefin erinnern, die eine rechtzeitige Lösung der griechischen Misere aus innen- und parteipolitischem Interesse es galt Landtagswahlen zu bestreiten – lange Zeit verweigerte und somit die Spekulation auf eine Pleite Griechenlands immer weiter anheizte.
Nun sollen nach dem Willen Deutschlands die Löhne in Griechenland sinken oder eingefroren werden. Wahrscheinlich aus der tiefen Überzeugung heraus, dass die Tarifautonomie ein wesentlicher Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft ist.
FEB
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.