Ich habe es inzwischen aufgegeben. Nachdem die Bahn, ich glaube, es war in der fünften Sitzung, die S21-Gegner mal so richtig mit scheinheiligen Fragen bombardieren durfte, als die ihr Alternativprojekt K21 vorstellten, habe ich entnervt ausgeschaltet. Unterm Strich warf die Pro-Seite den Gegnern immer wieder vor, widersprüchliche Angaben zu machen, auf deren Grundlage man nicht diskutieren könne. Da half dann auch die ständig wiederholte Erklärung der Gegner nichts, dass sich die Bahn doch der Einfachheit halber an der Modell-Präsentation orientieren solle, die während der Schlichtungsrunde vorgetragen wurde.
Bei K21 seien aber grundsätzlich mehrere Varianten vorstellbar. Diesen Umstand deuteten die S21-Befürworter nun permanent als grobe Ungenauigkeit der Gegner, die und das sollte man noch einmal betonen, keine 20 Jahre Zeit und Millionen Euro zur Verfügung hatten, um eine der Bahn genehme Alternativplanung vorzulegen. Eine sachliche Auseinandersetzung war deshalb einmal mehr unmöglich, weil die Pro-Seite an dem Ziel, zur Aufklärung und Transparenz beizutragen, gar nicht interessiert war, sondern die klar erkennbare Absicht verfolgte, die Öffentlichkeit mit taktischen Spielchen zu langweilen und zu verwirren.
Ich frage mich bis heute, was an einer öffentlich inszenierten „Fach-Schlichtung“ nun so besonders sein soll, in der ein Herr Kefer dem Publikum weismachen will, dass die Angaben zu den Kosten des Projekts, die in einem älteren Planungsbericht der Bahn zu Stuttgart 21 aufgetaucht und mit 4,2 Mrd. Euro angegeben sind, falsch seien, weil man sich bei der Währung vertippte und statt Euro D-Mark meinte.
Stuttgart 21 gehört doch nicht geschlichtet, sondern vor einen Untersuchungsausschuss, vor dem die Verantwortlichen Rede und Antwort stehen müssten und zwar auch zu ihren persönlichen Verflechtungen zu Unternehmen in der Wirtschaft, die von dem Großprojekt profitieren.
Der Gipfel des Absurden ist doch die heutige Stellungnahme von Mappus, der meinte, dass er sich dem Schlichterspruch von Heiner Geißler beugen wolle, solange dieser nicht das Ende des Projekts verlangt. Also bauen wir dann einen halben Bahnhof über der Erde und einen halben darunter?
Quelle: Klaus Stuttmann
NOV
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.