"Satire Gipfel" von und mit Rainer Brüderle

Geschrieben von: am 08. Mrz 2011 um 15:46

Ich darf erneut eine Meldung von Tagesschau.de zitieren.

Die Bundesregierung hat sich beim Benzingipfel mit Industrie und Verbänden auf ein Festhalten an der Einführung des umstrittenen Treibstoffs E10 verständigt. Die Informationen über E10 würden aber verstärkt, sagte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle.

Die Mineralölwirtschaft habe zugesagt, dass die Infos sofort an Tankstellen vorliegen sollten, welche Autos E10 vertragen. Wörtlich sagte Röttgen: „Die Tankstelle ist der Ort, wo der Verbraucher Klarheit haben muss.“ Wirtschaftsminister Brüderle ergänzte, damit leisteten alle Beteiligten „einen großen Beitrag, dass die Verunsicherung abgebaut wird“.

Der eigentlich urlaubende Minister für Atomkraft und auch Umwelt Norbert Röttgen hatte einen kurzen Überraschungsauftritt. Er lieferte den Gag des Tages. Künftig ist die Tankstelle nicht mehr einfach nur Zapfsäule und Minimarkt, in dem man rund um die Uhr ein heißes Würstchen bekommt, sondern auch noch ein Ort der Klarheit. Das ist dann wahrscheinlich jene Klarheit, die man in den Ministerien für Wirtschaft und Umwelt vergeblich sucht. Aber Hauptsache man hat sich mal wieder mit den Freunden von der Minerölwirtschaft auf Kosten der Allgemeinheit getroffen. Schließlich verdienen Bundesregierung und die Ölmultis gleichermaßen an der bestehenden Unsicherheit.

10

Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
  Verwandte Beiträge

Kommentare

  1. Manfred Corte  März 8, 2011

    Das ist der Gipfel – was der „Benzin-Gipfel“ sich da geleistet hat: Eine Schow-Veranstaltung, deren Ergebnis vorgegeben war. Aber er hatte bei allem Unsinn doch auch was Gutes: Er lieferte noch zusätzlich einen weiteren Grund, auf keinen Fall E 10 zu tanken: Bürgerlicher Ungehorsam! Dem modernen „Wutbürger“ wurde so ein weiterer Hebel geliefert um die Politik auszuhebeln! Danke dafür!

  2. Ormuz  März 8, 2011

    Information oder Lügen ?
    Soweit ich weiß schädgt E10 auf Dauer JEDES Auto ich take das definitv NICHT solange es noch Super gibt.
    Ganz davon abgesehen gehört Bio solange auf den Teller und nicht in den Tank solange es Hunger auf der Welt gibt !

    • Careca  März 8, 2011

      E5 ebenso und das tankt inzwischen jeder …

    • Careca  März 8, 2011

      Der rest mit dem Hunger stimmt. Trotz meines vorherigen Kommentars.

    • Careca  März 9, 2011

      Und auch den Satz kann ich mir jetzt nicht verkneifen: 50-60% unserer Lebensmittel werden eh bereits weggeschmissen. Was stören da schon ein paar mitteleuropäische Anbaugebiete für Ethanol. Dank unserer Diskounterphilie.

  3. Teja552  März 8, 2011

    Diese Kasperköppe, die sollen mal was über den Hunger erzählen und was es für Anbauflächen in Deutschland bräuchte um ständig diesen Scheiß zur Verfügung zu haben.

    Die sollen einfach mal die Wahrheit sagen oder besser das Maul halten.

  4. Einhard  März 8, 2011

    Sie sollten geschlossen Guttenberg folgen

  5. Careca  März 8, 2011

    Der Skandal liegt in zwei Dingen begründet, die bislang noch nie erwähnt wurden.

    1.) Es liegt auf der Hand, dass weder Petrochemie noch Automobilindustrie sich auf einen ethanolhaltigeren Treibstoff (im Augenblick tanken alle Benziner-Fahrer überzeugt E5) in Bewegung gesetzt haben. Das verwundert nicht. Solange ein bestimmter Stoff als Basis des Lebens akzeptiert ist, wird sich keine Industrie bewegen. Weder im Kapitalismus noch im Kommunismus (nebenbei erwähnt).
    Daher hätte sich die Politik über die Entwicklungszyklen der Industrie aufschlauen müssen. Motorenentwicklungszyklen betragen drei bis fünf Jahre (chinesische Neuling-OEMs versuchen deutsche Lieferanten sogar auf einen drei Monatszyklus zu trimmen, nur nach drei Monate folgen dann immer Aufschübe von bis zu drei Jahren …). Politisch klug wäre es gewesen, diese Zyklen mit dem eigenen „Wollen“ zu verknüpfen. Und dazu auch die Petrochemie mit ins Boot zu setzen (als Lieferant der Automobilmotoren-OEMs). Aber Roettgen agierte wie ein Hochschulabgänger, der glaubt, mit dem Uni-Stoff sich die Weisheit des Lebens eingepfiffen zu haben. Und ein Brüderle, der den Röttgen mit dem lächerlichen Show-Benzingipfel mal so en passant niedergebrettert hat, hätte – falls er jene Weisheit mit mindestens einem Teelöffelchen geschluckt hätte – die gesamte Koalition vorwarnen können. Hat er aber nicht. Also ist er nicht schlauer als Röttgen. (Oder wie würde man auf ganz niedrigem Niveau wettern: „Keine Haare am Sack aber in der Kirche ‚La Paloma‘ pfeiffen wollen.“)
    Die Koalition glänzt mal wieder durch lehrbuchreife Unwissenheit von industriellen Prozessen. Strom kommt aus der Steckdose und E10 aus dem Zapfhahn. Über alles andere braucht nicht nachgedacht zu werden. Eklatant ist hierbei, dass E10 zur Markteinführung weder informationstechnisch vorbereitet wurde noch die Industrie verstanden hat, was die neue Gesetzeslage bedeutete. Jede Generation des Produkts „Persil“ hat sogar noch „weißer“ gewaschen als die vorherige, nur das Zusatzangebot von E10 zu E5 hat niemand vermittelt.

    2) In Brasilien existiert eine Generation Motoren, die mit dem Wort „Flex-Motoren“ bezeichnet werden. Diese fahren mit E25 (!) bis E100 (!!!) oder auch dem herkömmlichen E5 (Super-Kraftstoff). Und es klappt. Namhafte OEMs dieser Motoren heißen: der VW-Konzern, FIAT, FORD, GM, Chrysler, Hyundai, KIA, Toyota. Nein. BMW und Daimler haben keine Flex-Motoren in Brasilien auf den Markt gebracht.
    Wenn ein BMW-Entwickler darauf hinwies, dass E10 zu erhöhten wasserbasierten Kondensaten im Steuertrieb und damit zu verändertem Ölzustand führen wird, dann hat er von der technischen Seite einfach nur 100% Recht. Alles andere ist Hirngespinst (BMW hat seinem Ingenieur auch nicht in seiner Analyse widersproche, sondern nur Nebenkriegsschauplätze bedient). Die Konsequenz hieße dann, erhöhter Ölwechsel ODER qualitativ hochwertiges, teureres Öl verwenden. Die Rechnung zahlt der Autofahrer. So etwas findet sich dann aber in keine Ökobilanz wieder.
    Ergo muss die Erkenntnis sein, dass die heutige Motorenlebensdauer auf Kosten der CO2-Emission gebaut wurde. Will der Käufer mithelfen beim Reduzieren, muss er Abstriche machen, seine Anforderungen tiefer legen.

    Und die Flex-Motoren in Brasilien? Sie zeigen im Grunde, dass dieses Tieferlegen NICHT so gravierend tiefergelegt ist. Zumindest wird kein Tankender zum Konsum von E25 bis E100 gezwungen. Und sie tanken doch.
    Die Frage ist jetzt nur: warum reagieren OEMs und Petrochemie so, als ob sie wie eine Jungfrau zum Kinde gekommen wären? Und warum reisen Politiker durch die Weltgeschichte (u.a.a. um den beispielhaften ÖPNV im brasilianischen Curitiba massenhaft zu beaugapfeln), aber um dabei schlichtweg NICHT mitzubekommen, dass Ethanol für die Fahrzeuge in Brasilien kein Thema mehr ist?

    Eine Betrachtung des brasilianischen Kraftstoffmarktes: Brasilien ist kraftstofftechnisch autark. Der Ethanol wird aus Zuckerrohr hergestellt und dafür wird KEIN Regenwald abgeholzt (was hier immer so gerne in der Presse in voller populistischer Unwissenheit behauptet wird). Jener Zuckerrohrethanol hat einen mindest vierfach höheren Brennwert als das europäisch aus Getreide und Rüben hergestellte Ethanol. Brasilianisches Ethanol ist dem europäischen Ethanol eindeutig überlegen und daher für den Import nach Europa unerwünscht, auch wenn er somit trotzdem billiger wäre.
    Das Tanken von brasilianischem Ethanol gegenüber das Tanken von Benzin/Super zeigt Auswirkungen in der Leistung des Fahrzeugs (geringere Leistung bei höherem Verbrauch). Der Preis vom Ethanol liegt bei 90% vom Benzin/Super (der Preis wird von dem Petrochemiegiganten PETROBRAS dirigiert) und bringt aufgrund des erhöhten Verbrauchs keine Ersparnis sondern kostet somit etwas mehr.
    Ein Besuch in Brasilien bringt dem Besucher erstaunliche Erkenntnisse: die Motoren leben gefühlt auch nicht unbedingt kürzer als in Europa (statistisch ja, gefühlt nein; das heißt, der echte Unterschied ist für den Verbraucher kaum schmerzhaft).

    Jetzt die Frage:
    Warum greift NIEMAND (von allen Politikern, OEMs und andere tendenziell Pro-Kombatanten) auf die über 40 jährigen Erfahrung Brasiliens mit Ethanol zurück? Warum wird hier das Thema so behandelt, wie als ob eine Jungfrau zum Kinde gekommen wäre? Und warum reisten Brüderle und Röttgen auch nach Brasilien? Stimmt. Politiker leben generell vom Boden der Realität abgehoben. …

    Und wenn Brüderle meint, die Tankstelle seider Ort, wo der Verbraucher Klarheit haben müsste, er solle mal wieder selbst tanken gehen. Es ist nicht die Tankstelle sondern die Zapfsäule. Das mag eine Spitzfindigkeit sein, aber ist sehr bedeutend, wenn man darstellen möchte, man hätte den Autofahrer verstanden. Nichts hat der Herr Brüderle. Nichts.
    Der Benzingipfel war leider noch nicht mal passend zur Jahreszeit. Denn seit Donnerstag herrschte Straßenkarneval. Karneval in der Bütt war mit Altweiberfassnacht vorbei und lebt dann lediglich im Fernseher für Unwissende. Alaaf, Brüderle, helau.

    Show program for customer.

    Die Betonung liegt hierbei auf „Show“

    • adtstar  März 9, 2011

      Der Kommentar taugt auch als Beitrag. Vielen Dank.

      Allerdings geht es bei der Benzindiskussion vor allem um den Klimaschutz. Und da frage ich mich immer wieder, warum man es sich nicht zur Aufgabe macht, den Verbrauch anderweitig zu senken. Indem man zum Beispiel ein Tempolimit einführt oder den Verkauf von Spritschleudern verbietet. Ich denke da vor allem an die beliebten ehemals als Klein-LKWs geltenden Modelle mit dicken Rädern und einem Verbrauch von deutlich über 10 Litern, siehe z.B. VW Touareg.

      Das war und ist einfach eine Fehlentwicklung über die man diskutieren sollte. Aber da geht es dann wieder um Arbeitsplätze.

  6. Rudi  März 30, 2011

    Hier noch ein Public-Domain Bild:

    http://www.pepperpics.biz/i/rainerbrderleklein.jpg