Die "Renten-Uschi" wirbt für private Altersvorsorge

Geschrieben von: am 02. Sep 2012 um 18:33

Die überraschende Erkenntnis von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, wonach vielen Menschen mittelfristig Altersarmut drohe, ist wirklich der Gipfel der Schamlosigkeit. Von der Leyen gibt sogar zu, dass die Rentenkürzung auf 43 Prozent politisch herbeigeführt worden ist. Das sei aber gar keine Fehlentwicklung. Vielmehr böte die Tatsache Anlass zur Sorge, dass viele Geringverdiener, zu denen schon, man höre und staune, Menschen mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2.500 Euro zählen, zu wenig die private Altersvorsorge nutzen würden.

„Viele realisieren nicht, dass auch sie von Altersarmut bedroht sind, und dass sie zwingend eine zusätzliche Altersvorsorge brauchen, um der Armutsfalle im Rentenalter zu entkommen.“

Quelle: Welt Online

Diese grässliche Frau betreibt schamlos Werbung für Versicherungskonzerne, denen dumme Arbeitnehmer gefälligst ihr Geld hinterherwerfen sollen, damit die Ölquellen der Maschmeyers ja weiter sprudeln können. Hier ein Foto der Hannover-Connection, auf dem jede Person nachweislich irgendwie Dreck am Stecken hat. Nur bei Ursula von der Leyen hat das noch zu keiner politischen Konsequenz geführt. Sie darf weiter als “Renten-Uschi” (Zitat: Dieter Hildebrandt) durch die Gazetten hüpfen.

Die Armutsfalle drohe also durch fehlende private Altersvorsorge und nicht durch eine mutwillig herbeigeführte und völlig überflüssige Zerstörung der Rentenformel, die die Politik unter dem scheinheiligen Argument bevorstehender demografischer Verwerfungen und unter dem Beifall der Versicherungsbranche bestrieben hat. Wie sehr die Rentenkasse unter der Demografie leidet, zeigen die Überschüsse, die man nun, damit das neoliberale Weltbild wieder passt, durch eine Beitragssatzsenkung abermals mutwillig abbauen möchte.

Dabei ist die Rentenkasse das einzige System, das funktioniert. Die ersten 20 Jahre des Lebens profitiert man davon, dann zahlt man 40 Jahre drauf und profitiert anschließend wieder rund 20 Jahre davon. Etwas Gerechteres gibt es nicht, so fern jeder mit einem bestimmten Prozentsatz seines Gesamteinkommen – Mieten, Zinsen etc. zählen auch dazu -zur Finanzierung des Systems herangezogen wird. Basis ist die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit und der Verteilungsspielraum, der sich aus ihr ergibt. Das kann in einem Jahr mal mehr sein und in einem anderen Jahr mal weniger. Die Rente wird aber nie ganz weg sein, erklärte Volker Pispers einmal sehr einleuchtend.

Ganz anders die kapitalgedeckte Altersvorsorge, deren Beiträge schon zu Beginn der Anlage zu einem erheblichen Teil auf den Konten der Versicherungskonzerne verschwinden. Zwischen 10 und 40 Prozent betragen die Kosten einschlägiger Altersvorsorgeprodukte, weil Werbung und Akquise Geld kosten und Aktionäre vorrangig bezahlt werden wollen. Hier versickern Milliardenbeträge von Beitragszahlern, die sich auf eine sichere Rente verlassen, aber am Ende mit einem dicken Minus ihren Ruhestand genießen dürfen, sofern der Riester-Vertrag nicht mit der Grundsicherung verrechnet wird.

Doch mit dem Versickern hat Frau von der Leyen so ihre Erfahrungen. Die Gelder aus dem Hartz-IV-Bildungspaket verschwinden ebenfalls zweckentfremdet an anderer Stelle, wie vergangene Woche bekannt wurde. Hier habe der Bund keinen Überblick, teilte das Laienspiel Ministerium der verdutzten Öffentlichkeit mit.

Zudem palavert die Arbeitsministerin über den skandalösen Zustand eines breiten Niedriglohnsektors einfach mal hinweg und tut so, als könnten sich Minijobber, Leiharbeiter und befristet eingestellte Erwerbspersonen, kurz: prekär Beschäftigte ein auf Dauer ausgelegtes Altersvorsorgeprodukt leisten. Gerade im letzten Arbeitsmarktbericht wurde doch wieder deutlich, dass rund ein Drittel der offenen Stellen im Bereich der Leiharbeit angesiedelt sind. Wie sollen diese Menschen Vorsorge leisten?

Der Vorwurf der Ministerin, die Betroffenen würden ihre absehbare Altersarmut nicht realisieren, ist eine infame Schweinerei. Da spricht eine Berufspolitikern, die ihre eigene geistige Armut nicht erkennen will. Von der Leyen verschließt ihre Augen vor einer zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung wie auch vor steigender Ausgrenzung von immer mehr Menschen. Dafür ist ihr die neue Brille des Aushilfskanzlers Rösler während einer von ihm geleiteten Kabinettssitzung aufgefallen. Fälschlicherweise hatte von der Leyen zunächst angenommen, der Philipp (O-Ton von der Leyen) hätte sich ein neues Image zugelegt, aber dann habe sich im Rahmen der Sitzung herausgestellt, dass die alte Brille nur kaputtgegangen sei und Rösler zu einem neuen Designermodell greifen musste.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. landbewohnerbewohner  September 3, 2012

    niemand kann so dreist lügen , tatsachen verdrehen und dabei auch noch mitleidig bis diabolisch grinsen wie dieses weibsbild.
    und sicher ist – sobald diese „dame“ den mund aufmacht – heisst es „vorsicht “ für alle, denen sie neue „wohltaten“ verkündet.
    wie war das noch mit dem bombenlegenden, grinsenden krümelmonster und dem apfel, der nicht weit vom stamm fällt?
    (wen ich hier zitiere, weiß ich leider nicht mehr – ist zu lange her, daß das durch die presse ging)

  2. Kopfstaendler  September 5, 2012

    Zitat: Der Vorwurf der Ministerin, die Betroffenen würden ihre absehbare Altersarmut nicht realisieren, ist eine infame Schweinerei…..

    Stimmt. Und eine gerechte Einnahmequelle wäre auch die Maschinen-Steuer, die mal lange im Gespräch war, aber jetzt nicht mehr angefasst wird. Noch nicht einmal von den Gewerkschaften.

    Aber die Brüder sitzen ja auch fein versorgt auf Augenhöhe mit den anderen Bonzen aus Wirtschaft und Politik an einem Tisch zusammen.

    Dass die Maschinen Arbeitskraft billiger ersetzen, ist zwar fein, aber man muss die verlorenen Steuern und Rentenversicherungsbeiträge für verschwundene Arbeitsplätze eigentlich genau dort, wo Rationalisierungen auf Kosten von Menschen stattfinden, anteilig hereinholen.

    Vielleicht kann das mal politisch diskutiert werden. Dann bedarf es nicht der Zusatzrenten aus privaten Versicherungen.

    P. S. Meine Eltern konnten von ihren Rentenbezügen noch ein Leben in Würde führen. Und sie waren Durchschnittsverdiener zu damaligen Zeiten, in denen Hausfrauen nicht unbedingt im Arbeitsmarkt tätig wurden. Vaters alleiniges Einkommen und die verdiente Rente reichten für eine gute Altersversorgung.

    Klingt heute nostalgisch und wie ein verlorenes Paradies, ich weiß.

  3. xyz  Dezember 2, 2012

    oh doch, ich hab die realisiert. Ich hab gewusst, dass es so kommen wird und arbeite deshalb seit Jahren nur noch Teilzeit. Ich seh keinen Grund mehr voll zu arbeiten, wenn man so oder so Armutsrentner wird, ich bin doch kein Idiot.

    außerdem bin ich für eine radikale Entkoppelung der Rente von Vollzeiterwerbszwang und plädiere für ein Rentensystem mit einer Grundrente wie in Holland steuerfinanziert und sozialabgabe Mischfinanzierung. Aber die Grundrente ist anderswo einfach besser:

    Die Rente muss von Vollzeitzwang entkoppelt werden! Es muss unabhängiger werden vom eigenen Bruttoverdienst.

    DE ist zu maskulin orientiert und denkt nicht an die Frauen. Frauen verdienen auch mit Vollzeit oft nur Niedriglohn, sie arbeiten in Berufen mit niedrigem Lohnniveau, sie wollen oft Teilzeit arbeiten und sich um Familie kümmern. Und das einzige womit DE mit seiner maskulin orientierten Vollzeitzwangsgesellschaft kommt ist Vollzeitarbeit 41 Std-Woche selbst im Niedriglohnsektor als erwünschenswert zu betrachten UND mit Hungerrenten auch bei eben dieser.

    mehrere Gründe, warum man es von Vollzeitzwang entkopplen muss.

    Produktivität, Rationalisierung, Automatisierung:

    http://www.ingenieur360.de/konjunktur/automation-erfordert-neuausrichtung-der-arbeitsmarktpolitik/

    http://www.wiwo.de/unternehmen/banken/stellenabbau-kernproblem-personalkosten/7049158-2.html

    http://www.derhandel.de/news/unternehmen/pages/Verkauf-Die-SB-Strategie-Der-Kunde-zum-Mitarbeiter-machen-8152.html

    Das Arbeitsvolumen wird weiter sinken. Es kann nicht jeder Vollzeit arbeiten. Die Niederlande haben ihr Rentensystem entkoppelt davon: Resultat: Frauen und Geringverdiener sind dadurch besser vor Armut geschützt, Die Gesellschaft wird „femininer“, auch mehr Männer arbeiten Teilzeit, beide können so Teilzeit arbeiten UND das mit Familie verbinden ohne angst vor Armut zu haben. Die Jugendarbeitslosigkeit war auch deshalb in Holland immer niedrig.

    Jedes Land hat andere Methoden, um die Arbeitslosigkeit zu verschleidern.

    Skandinavische Länder quetschen alle (v.a. Frauen) in den öffentl. Sektor (Pflege, Erziehung, etc).
    Holland macht Teilzeit für viele. Dann muss man aber auch die Rente entkoppeln

    DE Sozialversicherungssystem setzt immer noch zu einseitig auf männliche Erwerbsbiographien mit Hochverdiensten und ist dadurch viel ungerechter! Und durch sowas wie Riester wurde das nur schlimmer. Es passt nicht mehr in eine Zeit, in der immer mehr Frauen zu Niedriglöhnen arbeiten. Und selbst ein Mindestlohn von 10 Euro reicht nicht für Rente über HartzNiveau.

    man muss es stärker entkoppeln vom Vollzeitzwang, die Selbständigen kann man mit reinnehmen und gleich mit absichern.

    ungerecht sind auch die Pensionen. Ca 8 bis 15% liegen sie über der Rente zzgl. VBL im öffentl. Dienst – selbst Studienzeiten sind dort meines Wissens noch voll berücksichtigt. Das geht auch nicht.

  4. Wasi  Juli 7, 2013

    Immer länger lässt das Rentenalter auf sich warten.
    Im vergangenen Jahr stieg das durchschnittliche Renteneintrittsalter der Männer von 60,9 auf 61,2 Jahre. (Quelle: http://www.marktundmittelstand.de/nachrichten/strategie-personal/durchschnittliches-rentenalter-waechst-auf-612-jahre/ )
    Wie weit geht es noch? Bekommt die Junge Generation von heute überhaupt noch was oder müssen wir bis zum Ende arbeite?

    Gruß,
    W.

    • Jenny  Juli 10, 2013

      Die Junge Generation bekommt dafür eine Erhöhung des Pfandes auf 50 Cent pro Flasche, damit sich das Pfandflaschensammeln auch mehr lohnt. Dann können die Renten auch ruhig weitersinken auf die versprochenen 38% des letzten Einkommens, oder wie das war.

      Es wird echt noch lustig in der BRDDR — ich bin schon mal nachher im Hartz,es sei denn ich flüchte nach Holland und hoffe drauf, dass mich die dortige Rentenkasse noch aufnimmt.

      oder wer weiß wohin – in DE lohnt sich arbeiten nicht mehr.

  5. Karl Gegenfurtner  November 20, 2013

    Guter Artikel, dem ist nichts hinzuzufügen, außer etwas Ironie, die gibts zum Thema

    http://www.privatdemokrat.de/2013/11/die-welt-ein-irrenhaus.html
    http://www.privatdemokrat.de/2013/11/altersarmut.html