Berlin zwingt Niedersachsen zur Privatisierung der A7
Das Bundesverkehrsministerium (BMVBS) versucht, noch kurz vor dem Abtritt der bereits abgewählten schwarz-gelben Landesregierung in Niedersachsen eine Teilprivatisierung der Autobahn A7 durchzudrücken. Landesverkehrsminister Jörg Bode (FDP) räumt erstmals ein, eine entsprechende Anweisung aus Berlin erhalten zu haben, nach der er einen A7-Abschnitt an Privatinvestoren ausschreiben soll.
Das bestätigte am Donnerstag eine Sprecherin Bodes. Der Bund kann Bundesländer beim Bau von Autobahnen zu solchen Ausschreibungen verpflichten.
Quelle: taz
Ferlemann, selbst Niedersachse, ist ein großer Fan von PPP. Kürzlich feierten er und Bode noch die Eröffnung der A1, die als Paradebeispiel einer für den Staat angeblich vorteilhaften Partnerschaft herhalten muss. Dabei werden die enormen Kosten dieses Abenteuers in Schattenhaushalten über einen Zeitraum von 30 Jahren versteckt. Solange kassiert der private Mitspieler nämlich Einnahmen aus der LKW-Maut oder in anderen Fällen von PPP Mietbeiträge. Zum Ende der Laufzeit erfolgt das böse Erwachen für den Staat, der dann eine marode Infrastruktur teuer zurücknehmen muss.
Der Bundesrechnungshof hat diese Art der Geschäftemacherei als äußerst unseriös und teuer für die öffentliche Hand bewertet. Würde der Staat stattdessen selber bauen, wäre das allemal günstiger. Nur müsste er zu diesem Zweck auch ganz offiziell Schulden aufnehmen. Das ist aber unpopulär und widerspricht der absurden Linie der Neoliberalen, keine Schulden mehr machen zu wollen. Gerade die CDU-Niedersachsen hat das im Wahlkampf immer wieder mantrahaft vorgetragen und dabei ihre volkswirtschaftliche Dummheit unter Beweis gestellt.
Investieren kann nur der, der Schulden macht. Wer also keine Schulden mehr aufnehmen will oder glaubt, durch eine Schuldenbremse Wachstum beschleunigen zu können, ist nicht nur vollkommen bescheuert, sondern auch an wirtschaftspolitischer Selbstkastration interessiert. Im Übrigen muss auch der private Investor Schulden machen, um investieren zu können. Dessen Bonität ist naturgemäß aber sehr viel geringer als die des Staates oder Landes, weshalb er zwangsläufig höhere Zinsen auf das geliehene Kapital zahlen muss. Gleichzeitig will er aber auch Profite aus dem Investment ziehen, was unmittelbar Auswirkungen auf das Projekt als Ganzes haben wird.
Wieso sollte ein privater Investor unter diesen Voraussetzungen länger als die vertraglich vereinbarten 30 Jahre planen und eine Straße so bauen und unterhalten, dass sie auch darüber hinaus noch brauchbar ist? Der private Investor kann auch nicht günstiger bauen, wie das immer wieder behauptet wird. Da sich der Staat vertraglich bindet, ist es ein Leichtes Nachforderungen an ihn zu stellen. So geschehen beim bekanntesten PPP-Flop der jüngeren Geschichte. Der Hamburger Elbphilharmonie. Hier haben sich die Baukosten mal eben verdreifacht.
Kostenentwicklung der Elbphilharmonie (blau), der
Anteil der Stadt Hamburg ist rot hervorgehoben.
Quelle: Wikipedia
Was genau in den Verträgen zwischen der öffentlichen Hand und dem privaten Investor, meist ein dubioses Konsortium, geregelt wird, weiß keiner, da hier Geheimhaltung oberstes Gebot ist. Und das, obwohl bei dieser Art von Geschäft der Zugriff auf Steuergelder über Jahrzehnte und damit auch über den Wechsel von Regierungen hinweg legitimiert und festgeschrieben wird. Es wird spannend zu beobachten sein, ob sich die neue niedersächsische Landesregierung das gefallen lassen wird oder lieber „geräuschlos“ darüber hinweg sieht.
FEB
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.