Zu Neues aus der Anstalt – Folge 25

Geschrieben von: am 27. Mai 2009 um 14:14

Grandiose Sendung oder? Wer es noch nicht gesehen hat, hier noch einmal der Link zur ZDF-Mediathek. Weitere Sendetermine im Fernsehen:

  • 3sat: 2. Juni 2009, 01.40 Uhr
  • ZDFinfokanal: 30. Mai 2009, 21.30 Uhr und 6. Juni 2009, 21.30 Uhr
  • ZDFtheaterkanal: 28. Mai 2009, 19.41 Uhr, 3. Juni 2009, 19.40 Uhr, 8. Juni 2009, 19.40 Uhr und 20. Juni 2009, 19.40 Uhr

Am Schönsten fand ich den Auftritt von Hagen Rether und seine nüchterne Bestandsaufnahme über die weiterhin anhaltende Pflege von Feindbildern in Deutschland, das gerade 60 Jahre Grundgesetz feiert. Dazu spielt er Schillers Ode „An die Freude“, die Ludwig van Beethoven einst vertonte. Seit 1985 ist das Stück die offizielle europäische Hymne und steht für Freude und freundschaftliche Verbundenheit.

Der mit Abstand geilste Satz war dann der, dass Kopftuch tragende junge Frauen „oftmals viel besser deutsch können und viel besser integriert sind als ihre vollkommen überassimilierten, Bauchnabel gepiercten Arschgeweihschwestern“ :DD

Und dann kommt der Brüller schlechthin:

„Kein vernünftiger Mensch möchte Zwangsheiraten auf der Welt. Müssen wir deswegen gleich über Kopftuchverbote nachdenken? Muss man immer alle Kinder mit den Bädern ausschütten, bevor man sie über einen Kamm schert? Es ist doch nicht jeder Katholik ein pädophiler Holocaust-Leugner oder?

Das hat gesessen.

Übrigens, so wie es aussieht, gibt es ein neues Horst Köhler Portrait. Malmsheimer hat einen echten Guildo Horn besorgt. Der heißt nämlich mit bürgerlichem Namen auch Horst Köhler. :>>

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Staatsgelder: Eine Frage der Gewichtung

Geschrieben von: am 26. Mai 2009 um 14:50

In letzter Zeit häufen sich die Meldungen, wonach große Unternehmen nach dem Staat rufen und rettende Steuergelder verlangen. Es ist natürlich richtig, dass man sich die Frage stellt, ob Hilfen angemessen sind oder nicht. Nur sollte man als Journalist/in darauf achten, wie man gewichtet. Claudia Brebach von der Neuen Presse Hannover hat gestern zum Fall Karstadt einen Kommentar geschrieben. Titel:

Viel Staatsgeld für ungelöste Rätsel

Schon allein diese Überschrift ist lustig, so fern man sich noch daran erinnert, was Claudia Brebach über die Staatshilfen für die Banken schrieb. Titel ihres Kommentars vom 10.11.2008:

Wo bleibt der Run auf Staatskredite?

Vor einem halben Jahr gab es für die Autorin kein Rätselraten. Da hat Frau Brebach nicht wie gestern danach gefragt, wo eigentlich der klare Kurs des Unternehmens liegt. Sie hat damals auch nicht danach gefragt, was mit den Steuermilliarden geschieht, die zu diesem Zeitpunkt in Richtung Commerzbank flossen. Im Fall Karstadt hingegen schreibt sie richtig:

„Zu viele Fragen, keine klaren Antworten. Karstadt-Rätsel, für die der Steuerzahler Millionen blechen soll. Das scheint zu viel verlangt.“

Millionen für Karstadt sind also aktuell zu viel verlangt. Jedoch warte ich noch immer auf eine Richtigstellung von Frau Brebach, dass auch die Milliarden für die Commerzbank eindeutig zu viel verlangt waren. Damals schrieb sie nämlich noch dies:

„Der Fall Commerzbank hat Bankern aber wohl auch klar gemacht, dass es kaum weh tut, zum Staat zu gehen. Die Konditionen des Bundes bei der Not-Kreditvergabe sind moderat, er mischt sich nicht einmal ins Kerngeschäft ein, sondern begnügt sich mit einem guten, von den Banken bezahlbaren Zinsertrag. Eigentlich müsste es geradezu einen Run auf Staatskredite geben.“

Heute wissen wir, dass sich die Commerzbank am liebsten vor den Zinsen drücken möchte. Weiterhin wissen wir, dass sich der Bund, obwohl er diese Bank sechsmal komplett gekauft hat, mit einem Anteil von 25 Prozent + einer Aktie begnügt und keine eigenen Vertreter in den Aufsichtsrat entsendet, die kontrollieren könnten, was in der Geschäftspolitik geschieht.

So schön die Feststellung von Frau Brebach auch ist, zunächst einmal die Anteilseigner der entsprechenden Unternehmen zur Kasse zu bitten wie im Fall Karstadt, Schickedanz und Sal. Oppenheim, die genug Kohle im Keller liegen haben, es wäre noch schöner, wenn endlich die Verursacher der Krise auch in den Medien zur Verantwortung gezogen würden, anstatt sie noch aufzufordern, Geld vom Staat zu nehmen, weil man ihre Rolle als „systemisch“ relevant missversteht.

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Und noch eine Stimme weniger für Köhler

Geschrieben von: am 25. Mai 2009 um 14:09

Wie ich gerade in meiner Tageszeitung Neue Presse Hannover lese, gab es in der Bundesversammlung eine bekennende Abweichlerin. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Silke Stokar aus Hannover hat für Horst Köhler gestimmt. Und zwar weil erstens das Volk zu 70 Prozent hinter einer zweiten Amtszeit von Köhler stünde. Zweitens: Weil Köhler auf dem Kirchentag in Bremen so eine tolle Krisenrede gehalten habe und die Stimmung in der Bundesversammlung mehrheitlich für Köhler war. Und drittens: Weil Frau Stokar völlig selbstlos verhindern wollte, dass es in einem möglichen zweiten Wahlgang zu einem Stimmengeschachere kommt. Sie wollte eventuelle Verabredungen mit der Linkspartei verhindern.

Na ja. Die Gründe sind alle nicht sehr überzeugend. Ich will da jetzt auch nicht näher drauf eingehen, sondern noch einmal betonen, dass Horst Köhler somit nicht eine wie auch immer geartete scheinbürgerliche Mehrheit hinter sich versammeln konnte, wie es uns Volker Kauder, Guido Westerwelle, Angela Merkel und Horst Seehofer nach der Wahl glauben machen wollten. Ich darf noch einmal vorrechnen?

Die Bundesversammlung hatte 1224 Mitglieder, einer aus der Linkspartei war krank und wurde nicht ersetzt. Also insgesamt wurden 1223 Stimmen abgegeben. Davon waren zwei ungültig und zehn Enthaltungen. Das sog. „Bürgerliche Lager“, das uns aus allen Problemen retten soll, weil es so geschlossen ist, verfügte über insgesamt 615 Stimmen – also CDU (405), CSU (92), FDP (107), Freie Wähler (10) plus Herrn Henry Nitzsche (fraktionsloser Bundestagsabgeordneter, am 15.12.2006 aus der CDU ausgetreten).

Auf den „Superhorst“ entfielen 613 Stimmen, davon war eine nachweislich von der Grünen Frau Stokar, wie wir jetzt wissen. Somit haben aus dem super geschlossenen bürgerlichen Lager, das noch immer all unsere Probleme lösen will, nur höchstens 612 Wahlmänner und Frauen für den gelernten Sparkassendirektor votiert. Das sieht aber dann gar nicht mehr so glatt aus, wie es heute überall beschrieben wird. Nein, warum soll man nicht die Schlagzeile formulieren dürfen, dass Horst Köhler keine eigene bürgerliche Mehrheit zusammen bekam und stattdessen auf mindestens eine Stimme aus dem rot-grünen Lager angewiesen war?

Nun fragt man sich auch, wenn aus dem super geschlossenen bürgelichen Lager, das nach wie vor unser aller Probleme lösen will, mit Gottes Hilfe versteht sich, mindestens drei Wahlmänner und Frauen nicht für den „Superhorst“ gestimmt haben, für wen denn dann? Entweder für nüscht, für Frau Schwan oder Peter Sodann, der hat nämlich mindestens zwei Stimmen von anderen Parteien erhalten – außer von NPD und DVU.

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Nachtrag zur Präsidentenwahl

Geschrieben von: am 24. Mai 2009 um 15:36

Ist ihnen auch aufgefallen, wie einmütig die Stimmungslage vor der Wahl beschrieben wurde? In der Neuen Presse Hannover durfte die PR-Agentur Slangen+Herholz das entsprechende Bild zeichnen. In Slangens Unterüberschrift hieß es dann am Samstag auch bezeichnend:

Nur eins scheint bereits festzustehen: Peter Sodann, der Protestkandidat der Linken, dürfte wohl schon im ersten Wahlgang scheitern.

Gucken wir doch mal genauer hin. Köhler erhielt 613 Stimmen – also zwei weniger, als er hätte sicher kriegen können, wenn man nach der Mär vom bürgerlichen Lager geht. Denn mit dem fraktionslosen Abgeordneten Henry Nitzsche hätte er von den Gruppen um CDU/CSU, FDP und Freien Wählern mindestens 615 Stimmen bekommen müssen. Gesine Schwan, na ja, sie hat mit 503 Stimmen elf weniger erhalten, als rechnerisch möglich waren, wenn man SPD, Grüne und SSW zusammenzählt. Der rechte Kandidat hat genau vier Stimmen bekommen. Das waren auch die Anwesenden von NPD und DVU. Peter Sodann bekam hingegen 91 Stimmen – also eine bzw. zwei mehr, als rechnerisch zu erwarten gewesen wäre. (Erklärung: Ein Mitglied, der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke von der Linksfraktion, fehlte wegen kurzfristiger Erkrankung. Er wurde nicht ersetzt. D.h. von 1224 Mitgliedern der Bundesversammlung sind insgesamt 1223 Stimmen abgegeben worden. Demzufolge hätte Peter Sodann nur 89 Stimmen bekommen dürfen! Also hat er mindestens zwei Stimmen von einer anderen Gruppe erhalten.)

Tja, es sieht wohl so aus, als hätte der Protestkandidat über seine Klientel hinaus gezündet. Aber ich würde deswegen nicht die Geschichte neu schreiben wollen, wie es unsere bürgerlichen Leitmedien in einem anderen Fall gerne tun wollen. Unmittelbar vor der Präsidentenwahl wurde bekannt, dass der Polizist, der Benno Ohnesorg erschoss, ein Spitzel der Stasi gewesen sei. Haben sie mal gelesen, wie der scheinbürgerliche Reflex ausfiel? Da muss man nicht nur historisch, sondern auch noch mal strafrechtlich drüber nachdenken, hieß es. So als ob es einen Unterschied macht, welche Ideologie den Abzug betätigte. Geistige Zustände sind das… :crazy:

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Der "von und zu" lässt die Katze aus dem Sack

Geschrieben von: am 24. Mai 2009 um 12:14

Seit über einem halben Jahr laviert die Bundesregierung um die Opel-Rettung herum. Sie muss prüfen, verlangt Konzepte, wartet ab und reist sogar in die Vereinigten Staaten, um Fotos vom neuen Superstar der Bundesregierung Karl-Theodor zu Guttenberg schießen zu lassen. Nun hat der Taugenichts im Bundeswirtschaftsministerium die Katze aus dem Sack gelassen. Er sehe die Opel-Insolvenz als beste Option. Man soll nur nicht glauben, die Bundesregierung hätte nicht ihr Menschenmöglichstes getan. Und um das zu beweisen, sagt der „von und zu“ auch nicht, was ihm an den Konzepten der drei Investoren nicht gefällt, sondern belässt es bei den üblichen nichtssagenden Floskeln, die man auch von den anderen Pappnasen kennt.

Beispiel gefällig?

„Eine Risikoanalyse, die keine Zweifel lässt, steht noch aus. […]
Uns liegen jetzt drei Angebote für eine Übernahme von Opel vor. Das bedeutet aber nicht, dass eines davon automatisch und zwingend zum Tragen kommt. Zuvor müssen wir eine hohe Sicherheit dafür haben, dass die erheblichen Steuermittel, die wir dafür einsetzen müssen, nicht verloren gehen. Diese Sicherheit gewährleistet bislang aus meiner Sicht noch keines der drei Angebote in ausreichender Weise.“

Lesen sie mal genau. Aus diesen Sätzen kann man eigentlich nur eine Botschaft erkennen.

Wir wollen keine Rettung von Opel, heute nicht und morgen auch nicht! Keines der Angebote wird je unseren hohen Anforderungen gerecht werden.

Das geht nun schon seit Monaten so. Man kann nur noch mit dem Kopf schütteln. Umso erstaunlicher ist es, dass der „von und zu“ bereits vor der Bundestagswahl die von Anfang an beabsichtige Insolvenz nun als beste Option bezeichnet. Ich glaube, die Bundesregierung ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Bürger in der gegenwärtigen Situation alles widerstandslos hinnimmt.

Bei den Bad Banks rührt sich schließlich auch keiner, obwohl die Bescheißerei so offenkundig geworden ist. Oder wie Egon W. Kreutzer es im aktuellen Paukenschlag schreibt:

„Der Sachverhalt ist doch zum Totlachen einfach. Es bedarf gar keiner herausragenden intellektuellen Fähigkeiten, den zu erfassen:
Da gibt es Menschen, die keine Hemmungen haben, uns alle miteinander, im Rahmen der gültigen Gesetze, unter dem Heiligenschein der Legalität, ganz dreist zu bescheißen.“

Und der „von und zu“ gehört da natürlich mit dazu. Während die leere Hülle „Systemrelevanz“ es erlaubt, Milliarden Euro einfach so zu verteilen, ohne dass man eine nähere Begründung oder Auskunft verlangen dürfte, geschweige denn die Frage beantwortet bekäme, welchen volkswirtschaftlichen Nutzen diese geheime Verteilungsaktion eigentlich hat, die den Menschen enorme Schulden aufbürdet, die als solche von den Medien gar nicht gesehen werden, tut man andererseits so, als würden Steuergelder für ein Unternehmen wie Opel nur rausgeschmissenes Geld sein, wie die auch so teuren Konjunkturprogramme.

Ein halbes Jahr prüft man da. Bei den Banken hat es keine Woche gedauert! Opel verlangt Staatsbürgschaften in Höhe von rund 7 Mrd. Euro, wenn ich es richtig verstanden habe. Dem „von und zu“ ist das anscheinend zu viel. Allein der kleine Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate bekommt Bürgschaften von über 100 Mrd Euro. Von den anderen Banken will ich gar nicht reden. Der Bundesfinanzminister macht den Aktionären der HRE sogar ein Übernahmeangebot, obwohl die Bank seit über einem Jahr defacto insolvent ist. Wo ist da die Überlegung bzgl. einer geordneten Insolvenz? Also diese Verarsche ist echt nicht mehr zum Aushalten. Doch keiner wehrt sich.

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TV-Tipp: Neues aus der Anstalt

Geschrieben von: am 23. Mai 2009 um 22:40

Nicht alles im ZDF ist so schlecht und flach wie die dort beschäftigten politischen Journalisten, die unter anderem das Wort „Superhorst“ erfunden haben.

Am kommenden Dienstag, den 26. Mai, ist es wieder so weit. Die Anstalt öffnet ihre Pforten. Lassen sie sich einliefern. Ab 22:15 live und direkt nach dem heute-journal. Gäste diesmal: Hagen Rether, Piet Klocke und Jochen Malmsheimer.

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Zwischen Bürgerfest und Regierungspest

Geschrieben von: am 23. Mai 2009 um 18:05

In Berlin findet heute ein Bürgerfest statt. Ach ja, die Wahl zum Bundeshorst natürlich auch. Köhler wurde erwartungsgemäß wiedergewählt. Herzlichen Glückwunsch. Im Plenum funktioniert das noch mit der Demokratie. Dreimal wurde nachgezählt, um wirklich sicher zu gehen, ob die 613 Stimmen auch tatsächlich erreicht wurden.

Eine erste unabhängige Reaktion, die bereits im Jahr 2006 ausgesprochen wurde, möchte ich noch vorweg schicken: :>>

Während der Wahl haben sich draußen vor dem Tore auch einige Passanten eingefunden, die vor der riesigen Videowall der öffentlich rechtlichen Bedürfnisanstalten das etwas bizarre Schauspiel einer demokratischen Wahl hinter verschlossenen Türen verfolgten. Die wurden dann rasch von den Fieldreportern, die nicht für die Sportschau im Einsatz waren, eingefangen und befragt, wen sie sich denn als Staatsoberhaupt wünschten. Schon allein die Vorstellung, dass man sich als Wahlberechtigter fragen lassen muss, wen man sich als Oberhaupt wünscht. Na ja, lassen wir das. Direkte Demokratie war ja noch nie unser Ding. Sind immer schlimme Sachen bei raus gekommen, wie uns ZDF-Chef-Historiker Guido Knopp im Vorfeld erzählte oder war es Helmut Markwort vom Focus? Irgendwas mit Hitler gegen Hindenburg. Das war nicht gut für uns damals, hieß es.

Oh je. Wie sagte Markwort bei seinem sonntäglichen Stammtisch im Bayerischen Fernsehen in einem scheinbar unbeobachteten Moment zu Uli Hoeneß vom FC Bayern.

„Jeder Narr kann Klowände beschmieren… Ich als professionell arbeitender Journalist… mit der üblichen journalistischen Sorgfalt“

Quelle: direkter freistoss

Nun habe ich den Bezug zur heutigen Bundeshorstwahl nicht verstanden. Schließlich würden den Kasper auch 70 Prozent der Deutschen wählen. Wäre das dann nun auch schlecht? Weiß der Markwort was? Hat er dann doch ein bissel Angst vor der eigenen Medienmacht samt angerichteter Manipulation der Bevölkerung durch Gleichschaltung? Ist die Beliebtheit des alten und neuen Bundespräsidenten vielleicht doch nur ein irrsinniges Ergebnis, das in krassem Widerspruch zu dem steht, was sich die Mehrheit der Bevölkerung an praktischer Politik eigentlich wünscht?

Dieselben 70 Prozent, die den Horst toll finden, bekunden auch, dass Frau Merkel einen guten Job macht. Diese 70 Prozent finden dann wiederum, dass die Regierung ihre Arbeit aber schlecht erledigt. Was soll man davon halten? Alle doof oder was? Oder hat sich da einer gedacht, die schlechten PISA-Ergebnisse muss man doch auch positiv nutzen können? Egal. Der erste Wahlgang hat ja nun gereicht. Da hat sich Christian Wulff dann sicherlich gefreut, weil er den Zug nach Wolfsburg rechtzeitig erreichen konnte, um den VfL zur ersten Deutschen Fußball-Meisterschaft zu gratulieren.

Haben sie mal darauf geachtet, wie oft der Satz von der Eindeutigkeit viel? Das Volk stünde eindeutig hinter dem Präsidenten, es würde ihn eindeutig wählen, er ist eindeutig am Beliebtesten. Haben sie mal die Berichterstattung über unseren Messias aus dem Schloss Bellevue verfolgt. Selbst das, was man nur bruchstückhaft mitbekommen hat, spottet jeder Beschreibung. Überall derselbe Bericht. Angefangen von der berühmten Bild-Schlagzeile „Horst wer?“ über den starrsinigen Amtsinhaber, der Unterschriften unter Gesetze verweigert und dem Afrika besonders am Herzen liegt bis hin zum schon immer mahnenden Vordenker in unserem Land, der die Krise kommen sah und in seiner letzten Berliner Rede klare Worte fand. Und dann kommt der Einspieler mit dem berühmten Zitat, bei dem ich immer lachen muss:

„Das tut man nicht!“

Böse, böse, das tut man nicht! Man tat es aber und nu? Auch das soll Köhler angeblich klar und präzise formuliert haben, meint zumindest Harald John, Chefredakteur der Neuen Presse Hannover, in seiner heutigen Lobeshymne auf den Amtsinhaber, die im Gewand eines Kommentars auf Seite 1 daherkommt:

„Seine Botschaft ist klar und präzise: Ein rein materielles „Immer mehr“ reicht nicht. Eine solche Botschaft hätte fünf Jahre verdient.“

Ja, fünf Jahre Knast vielleicht. Was ist denn an seiner Botschaft klar? Die Frage muss doch lauten, was meint Köhler denn genau mit einem materiellen „Immer mehr“? Meint er die Banker, wie es den Anschein zu haben scheint? Oder meint er das, was er in seiner Berliner Rede in widerlicher Weise von sich gab. Nämlich das wir alle über unsere Verhältnisse gelebt hätten. Dann bezöge sich das „Immer mehr“ nicht auf die Zocker allein, sondern vor allem auf jene, die mit dieser Krise überhaupt nichts zu tun haben. Meint er vielleicht mit einem materiellen „Immer mehr“ höhere Löhne, höhere soziale Sicherheit und höhere Renten?

Die Manipulationen setzen sich weiter fort. Was Harald John hier als positiv bewertet und mit ihm auch die 70 Prozent, die Köhler direkt wählen würden, bedeutet in Wirklichkeit etwas ganz anderes. Und um das zu beweisen, braucht man keine Glaskugel oder einen Hang zum Verschwörungstheoretischen. Der Hund Horst Köhler hat das, was er wirklich meint, selbst gesagt in seinen zahlreichen Reden. Man müsste sie sich nur wieder in Erinnerung rufen, und dem Henker des internationalen Finanzkapitals, der Argentinien eiskalt hinrichtete, die unschuldige Maske vom Gesicht reißen! Dieser Mann ist kein Wohltäter, kein besonnener Präsident, der die Lage überparteilich mit einem angeblichen Blick für’s Ganze zu beherrschen scheint. Dieser Lump ist ein Lügner und Betrüger, der fröhlich nach der Pfeife des noch immer ungebrochenen neoliberalen Zeitgeistes tanzt.

Aber was rede ich von Geistern, die miesen Gestalten und Charaktere um Merkel und Co sind doch konkret in Regierungsverantwortung und ruinieren weiter das Land. Sie verstecken sich hinter Schlagworten, die mal Begriffe waren, wie „Soziale Marktwirtschaft“, um ihrem asozialen Tun einen seriösen Anstrich zu verleihen. Und Mietmäuler wie Markwort, der sich dreist als Qualitätsjournalisten bezeichnet, weil er das Stammtischsaufen mit Politgrößen am Sonntagmorgen als besondere Auszeichnung der eigenen Arbeit missversteht oder Harald John, der nur das abschreibt, was ihm die machttrunkenen Qualitätskollegen anliefern, sehen gar nicht mehr, in welchen Dienst sie sich begeben haben. Selbst wenn man sie wie Odysseus an einen Mast ketten und ihre Ohren mit Wachs verschließen würde, sie würden dennoch dem Gesang der Syrenen erliegen und sich verführen lassen und vergessen, was sie sind und welche Aufgabe sie haben – nämlich zu kontrollieren, zu hinterfragen, um der Wahrheit unabhängig zur Seite zu stehen.

Warum spricht keiner dieser angeblichen Journalisten davon, dass allein die Aussage, Horst Köhler sei überparteilich eine glatte Lüge ist? Man braucht doch nur seine Reden anschauen. Nehmen sie doch die folgenschwerste Rede Köhlers zur Auflösung des Bundestages im Jahr 2005. Damals wog der Präsident überhaupt nicht ab, wie es der Artikel 68 Grundgesetz von ihm verlangte. Er betete schlicht die schwarz-gelben Horrorszenarien nach, redete der Agenda-verseuchten SPD-Führung das Wort und half somit Gerhard Schröder bei seiner fingierten Vertrauensfrage, die das Verfassungsorgan Bundestag und somit den Parlamentarismus ad absurdum führte. Er redete das Land schlecht. Er orientierte sich damals klar an Merkel und Westerwelle und sprach von einer „ernsten Situation“, er bezeichnete den Zustand der öffentlichen Haushalte als „nie da gewesene kritische Lage“ usw. Auf der anderen Seite fand er kein Wort an die Kritiker, die in dem Vorgehen des Bundeskanzlers einen Verfassungsverstoß sahen. Köhler schien auch darüber hinwegzusehen, dass unmittelbar vor der Vertrauensfrage noch zahlreiche Entscheidungen mit Regierungsmehrheit im Bundestag zu Stande kamen. Von einer Unregierbarkeit hätte also nie die Rede sein dürfen.

Und was ist mit seiner unsäglichen Rede vor dem Arbeitgeberforum in Berlin am 15. März 2005? Schauen sie doch da mal rein. Dort finden sie das gesamte Wahlprogramm der FDP. Nein, Heribert Prantl brachte es damals auf den Punkt. Köhler sei ein…

„…abgeschnittener Präsident.[…] Er ist die Hinterlassenschaft einer nicht zustande gekommenen schwarz-gelben Koalition.“

Und keiner merkt, dass der Abgeschnittene nun im zweiten Versuch doch noch zum Vorzeigeonkel einer schwarz-gelben Mehrheit im Herbst werden soll. Daran ließ Horst Seehofer im Dreideppeninterview (die anderen zwei waren Merkel und Westerwelle, die sich gegenseitig nett zuzwinkerten) im Abgang keinen Zweifel. Schwarz-Gelb heißt das Ziel! Und der Deppendorf vom Ersten regt sich über den Unbegriff „Unrechtsstaat“ auf, dessen kritische Betrachtung Gesine Schwan angeblich das Genick gebrochen hätte.

Wie viele Menschen waren eigentlich heute in Berlin? Mehr als letzte Woche? ;)

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Die nächsten Sparorgien sind bereits geplant

Geschrieben von: am 21. Mai 2009 um 13:21

Angesichts der riesigen Steuerausfälle liegen die Nerven blank. An dem Dogma, Ausfällen nur mit Einsparungen begegnen zu können, hat sich nichts geändert. Mittlerweile ist diese schizophrene Auffassung an Absurdität kaum noch zu überbieten. In Hannover rechnet man im Rathaus mit Einnahmeausfällen von bis zu 750 Millionen Euro bis zum Jahr 2012. Natürlich ist man sich darüber im Klaren, dass sich so eine gewaltige Summe überhaupt nicht durch Einsparungen ausgleichen lässt. Das ändert aber nichts an der Überzeugung aller Beteiligten, es dennoch mit allen Mitteln zu versuchen. Und zwar radikal.

Nach Angaben der Neuen Presse Hannover gibt es zwei dicke Ordner mit Vorschlägen für Etatkürzungen. Darunter Beihilfekürzungen für Vereine und Verbände, Einsparungen bei Personalkosten und auch Privatisierungen von Kindertagesstätten und Heimen. Bisher habe man ein Einspraungsziel von jährlich 40 Millionen Euro angepeilt. Nun denkt man über mehr nach. Da fragt man sich, wohin die Reise nun gehen soll. Augenblicklich haben wir es nämlich in Sachen Haushaltspolitik mit einem handfesten Paradoxon zu tun.

Einerseits will man auf Grundlage der Zuweisung von finanziellen Mitteln des Bundes im Rahmen eines Konjunkturprogramms Investitionen tätigen, weil das Setzen von staatlichen Impulsen die Krise bekämpfen helfen soll und andererseits trägt man bereits einen Berg von Vorschlägen mit sich herum, die sich mit der Konsolidierung der Haushalte gerade in der Rezession beschäftigen. Das ist widersinnig, konterkarrierend und daher offensichtlich das Ergebnis einer nach wie vor krankhaften Wahrnehmungsstörung.

Dass es anders geht, zeigen aktuell französische Kommunen, die ihre Ausgaben noch einmal massiv erhöhen wollen, um so einen deutlicheren Impuls gegen die Wirtschaftskrise setzen zu können. So haben 18 785 Städte, Gemeinden und Landkreise eine entsprechende Konvention mit der Regierung unterzeichnet.

Demnach wollen die Gebietskörperschaften ihre Investitionen in diesem Jahr auf 53,5 Mrd. Euro ausbauen. Das entspricht einem Zuwachs um 54 Prozent gegenüber den durchschnittlichen Ausgaben in den Jahren 2004 bis 2007, teilte Patrick Devedjian, Sonderminister für das Konjunkturpaket, mit.

Quelle: Handelsblatt

Vor allem die regionale Wirtschaft soll dadurch profitieren und das ist auch legitim, so zu denken. Denn nur eine Steigerung der Nachfrage schafft Jobs, sichert Jobs, Bildung, Ausbildung – also Qualifikation und somit Wachstum und Steuereinnahmen. Nur die deutschen Schäfchen, die noch immer brav dem Glauben an eine gescheiterte Wirtschaftspolitik anhängen wie der moralisierende Christ dem durch die Gesellschaft längst getöteten Gott. Sie glauben nur an die Erlösung durch das Sparen in der Bilanz, die den Blick auf den engen Horizont eines Betriebswirtschaftlers reduziert.

Denn wie soll durch Einsparungen wie sie augenscheinlich geplant sind wieder Wachstum entstehen? Wie soll durch das Streichen von Personal oder das Kürzen von Löhnen im öffentlichen Dienst wieder mehr Steuereinnahmen generiert werden? Wie soll die Privatisierung von öffentlichen Aufgaben, wie das Betreiben von Kindertagesstätten zu einer Sicherung von Betreuung beitragen, die notwendig ist, damit Eltern vor Ort einer Beschäftigung nachgehen können, aus der wiederum Steuereinnahmen fließen?

Die Angst vor Schulden ist zu vergleichen mit der Angst des Gläubigen vor dem Teufel. Das Böse bedarf dann auch keiner näheren Erklärung mehr. Seine bloße Existenz reicht aus, um den Verstand zu betäuben, damit man im Sinne der Lehre handelt. Vielleicht ist die Kiste Bier zum Vatertag und das mehr oder weniger kollektive Besäufnis eine möglicherweise unbewusste Handlung, um den Glauben an die Rückkehr Christi auf Erden mal kurz zu verdrängen. Denn wie heißt es drohend im christlichen Credo:

Er sitzt zur Rechten des Vaters
und wird wiederkommen in Herrlichkeit
zu Richten die Lebenden und die Toten;
seiner Herrschaft wird kein Ende sein.

Da kann man es schon mit der Angst zu tun bekommen und sich glücklich schätzen, an den Hochfesten mal etwas über die Stränge schlagen zu dürfen. Nur ändert das nichts an der weltlichen Wirklichkeit. Die Franzosen haben das lange vor uns begriffen. Sie haben Gott und den Glauben dejure abgeschafft und ihn der Privatsphäre überlassen. Wo er auch hingehört. In der politischen Wirklichkeit hingegen zählt die Vernunft – das kommt übrigens von den großen deutschen Denkern. Und nach dieser ist es eben vernünftig, in einer solchen Wirtschaftskrise nicht mit Sparorgien zu antworten, um den Glauben zu erneuern, sondern aktiv etwas gegen die Verschärfung der Rezession zu tun, um die Wirklichkeit zu retten.

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Beiläufig dahingeschrieben oder doch Wahlwerbung

Geschrieben von: am 20. Mai 2009 um 13:23

In den Kommentaren der Neuen Presse Hannover finden sich allerhand Satzkonstruktionen mit Aussagen, die immer so beiläufig, meist als Begründung für etwas anderes, angefügt werden. Damit soll der Eindruck erweckt werden, als hätte die beiläufige Begründung einen unumstößlichen Wahrheitsgehalt. Das ist der übliche Trick der Meinungsmache. Ich hatte ja im Zuge der ausführlichen und anbiedernden Berichterstattung über den FDP-Parteitag in Hannover bereits einen Kommentar von Anja Schmiedeke genannt, in dem sie über die Gesundheitsausgaben schrieb. Darin gab sie Folgendes von sich:

Denn egal, was wir uns wünschen würden – dass das Geld nicht reicht, um jede Medizin für alle zu bezahlen, ist offenkundig. Also müssen Entscheidungen gefällt werden – nicht nur von Ärzten, sondern von allen Mitspielern in dieser gesetzlichen Krankenversicherung wie Krankenkassen, Politik und Patientenverbände. Ziel muss eine ernsthafte Debatte darüber sein, welche Basisversorgung die Solidargemeinschaft ihren Mitgliedern zugestehen will – unabhängig vom Alter und individuellen Gesundheitsrisiken.“

Hier können sie diesen Trick sehr schön sehen. Die Behauptung ist, dass das Geld im Gesundheitssystem nicht reicht und deshalb klar sei, dass nicht jede Medizin für alle bezahlt werden könne. Die Basisversorgung sei deshalb unumgänglich. Diese Konstruktion ist nicht nur aus dem FDP-Parteiprogramm und von anderen Privatisierungsanhängern kritiklos übernommen, sondern auch in der Darstellung irreführend. Frau Schmiedeke verzichtet nämlich darauf, auf den Zusammenhang von Beschäftigung, Löhnen, Beiträgen, Bemessungsgrenzen und chronischer Reformitis im Einklang mit akuter Korruption hinzuweisen. Stattdessen tut sie so, als wären diese entscheidenden Faktoren, an denen man etwas ändern könnte, um die Finanzierungsbasis wieder zu stabilisieren, neben der schlichten Tatsache, dass bei den Leistungserbringern immer weniger Geld ankommt, gar nicht weiter wichtig. Und weil das so ist, labert man einfach die Rezepte der FDP und der Versicherungswirtschaft nach, weil die so einfach klingen und zudem in den recht knapp bemessenen Raum passen.

Den zweiten Manipulationsversuch lese ich heute von Frau Schmiedeke im Leitkommentar auf Seite 1 über das Apotheken-Urteil. Darin schreibt sie folgenden Satz:

„Doch der Gesundheitsschutz wird nicht automatisch von Kapitalgesellschaften missachtet, wenn sie um Gesundheitswesen mitmischen, wie die vielen privaten Investoren im Krankenhaussektor zeigen.“

Hier wird beiläufig behauptet, dass die Privatisierung des Krankenhaussektors eine Erfolgsgeschichte sei. Und das der Gesundheitsschutz durch Private Akteure nicht missachtet würde. Diese Aussage muss man entschieden zurückweisen und Frau Schmiedeke mit allem Nachdruck entgegen halten, dass die Privatisierung der stationären Versorgung nachweislich zu Lasten der Patienten erfolgt ist. Zuletzt konnte man dazu einen Bericht des Magazins Monitor vom 23.04.2009 sehen, in dem auf die Missstände in einem privaten Uni-Klinikum in Hessen hingewiesen wurde. Gewinnmaximierung auf Kosten der Patienten, lautete der Titel des Berichts.

Bei Frau Schmiedeke lese ich also auch hier zwischen den Kommentarzeilen einen FDP-Slogan, nämlich: Privat kann es besser als Staat. Damit soll der Leser kampagnenmäßig auf die Linie der FDP eingeschworen werden. Wahrscheinlich gibt das der Verleger Madsack so vor.

Nachtrag:

Frau Schmiedeke behauptet in dem zitierten Satz auch, dass es viele Investoren gäbe – also eine Art von Markt entstanden sei. Die Wahrheit ist aber, dass ähnlich wie im Energiesektor, die Kliniken unter privaten Ketten wie Helios, Asklepios, Rhön, Sana und Co aufgeteilt werden.

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Unglaublich: "Es gibt wieder Optimismus"

Geschrieben von: am 20. Mai 2009 um 11:39

Das finden zumindest die Wirtschaftsforscher Wolfgang Franz vom ZEW und mit Sicherheit auch Professor (Un)Sinn vom ifo-Institut. Deren Indizes stiegen zuletzt. Das ZEW verkündet dann auch, auf Grundlage der ermittelten Daten, dass die Wirtschaft angeblich die größte Konjunkturzuversicht seit drei Jahren aufweise. Da fällt man ja glatt vom Stuhl. Nicht das die Neue Presse Hannover, in der ich diese Meldung heute auf Seite 1 lese, da mal kritisch nachfragt hätte, aber es stellt sich doch die Frage, wie die eigentlich auf diesen Quatsch kommen.

Und ein paar Zeilen weiter unten liest man es dann. Der DAX sei über die „psychologisch“ wichtige Marke von 5000 Punkten gesprungen. Na ganz toll. Wenn mir jetzt noch einer der Vollchecker in der NP-Redaktion erklären würde, was die Höhe des DAX-Wertes mit der realen Wirtschaft oder genauer, mit der Konjunktur zu tun hat, wäre ich sicher schlauer. Im Börsenteil findet sich dann folgendes Zitat eines Analysten:

„Der Pessimismus der vergangenen Monate geht immer stärker zurück. Wir werden im Laufe der Woche sicher über der 5000er Marke schließen.“

Ich würde diese Aussage eher als Drohung verstehen bzw. als Beleg dafür, dass mitten in der Krise, die Geschäfte für Anleger offenbar wieder ganz gut zu laufen scheinen. Aber statt sich zu fragen, wie es sein kann, dass die Spekulation an den Börsen unvermindert weiter geht, während gerade die Verluste der letzten Hausse von der Allgemeinheit beglichen werden, wertet der Vorsitzende des Sachverständigenrates Wolfgang Franz dieses Analysten-Gewäsch als konjunkturrelevant.

Dabei ist es der größte Unfug von Börse auf Konjunktur zu schließen. Allein zwischen 1995 und 2000 haben sich die DAX-Werte vervierfacht, ohne dass man nun feststellen könnte, dass es irgendwelche Auswirkungen auf den Konjunkturzyklus gehabt hätte. Schlimmer noch. Die Zahlen spiegelten ja nicht einmal die reale Wertschöpfung wieder. Und im Fall der Commerzbank zahlt der Staat jetzt gerade das sechsfache des Börsenwertes, um sich dann mit 25 Prozent + 1 Aktie zufrieden zu geben. Das ist doch einfach hohl.

Aber dennoch tut man bis heute so, als läge in den Börsenmeldungen eine tiefere Bedeutung, die es unbedingt zu erzählen gilt. Hören sie mal Anja Kohl im Ersten zu, wenn sie irgendwelche Sprüche und Weisheiten aus dem Hut zaubert, die das Geschehen am Finanzmarkt erklären sollen. Die Anja Kohl-Persiflage der Pro Sieben Truppe von „switch“ trifft dagegen genau den Kern. Nichtssagende Quasselei. Und die Ohnmacht bricht sich auch in dieser Zunft weiter Bahn. Wenn man aktuell solchen Leuten wie Franz Zink vom ZDF zum Beipiel zuhört, der schon mal zugibt, nichts mehr erklären zu können, so nach dem Motto, alles ist möglich, dann fragt man sich doch unweigerlich, wie zeitgemäß Börsenmeldungen eigentlich noch sind. Es sind doch nur rund fünf Prozent der Deutschen Aktienbesitzer. Der Rest hat mit Spekulation nichts zu tun.

Außer der Tatsache, dass die Verluste des Kasinospiels nun auf die breiten Schultern der Allgemeinheit verlagert werden. Es gibt nur eine logische Konsequenz aus dem weiterhin hoch spekulativen Börsengeschehen. Es schadet vor allem der Wirtschaft, als dass es ihr nützt. Das ist doch gerade die Lehre aus der aktuellen Krise. Aber nein. Ein neuerlicher Höhenflug des DAX wird gleich wieder übersetzt mit Wirtschaftswachstum und positiver Stimmung.

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