Der Bildungsstreik und die Kommentierung der Neuen Presse Hannover

Geschrieben von: am 18. Nov. 2009 um 16:32

So langsam rückt das Thema Bildungsprotest auch in den Fokus der grünen Bildzeitung. Nachdem sich Politiker auf die Seite der Studierenden geschlagen haben, stellt sich nun auch die Schmierenredaktion der Neuen Presse Hannover verhalten hinter die Protestbewegung, die schon einige Zeit im Gange ist und bisher von den deutschen Medien zum großen Teil ignoriert wurde. Die Kommentierung ist dabei sehr ärgerlich, weil es einmal mehr zeigt, dass die Damen und Herren Redakteure vom Grundploblem nichts verstanden haben.

Am Montag eröffnete Heiko Randermann mit der Botschaft, dass es Zeit für eine Reform-Bilanz sei.

„Es ist Zeit, eine Bilanz der Universitätreformen zu ziehen – und wo nötig nachzubessern. Grundsätzlich war der Schritt zu Bachelor und Master richtig. Deutschlands Universitäten waren in ihrem traditionellen Anspruch, jeden Studenten zu einem Wissenschaftler erziehen zu wollen, weltfremd geworden. Viele Studierende wollten und wollen eine akademische Ausbildung, die sie fit für die Berufswelt macht – den Bachelor. Wer darüber hinaus die wissenschaftliche Arbeit vertiefen wollte, dem sollte der Master offen stehen. So weit die Theorie, die allerdings in der Umsetzung handwerkliche Schwächen aufweist. Hier muss nachgebessert werden, ohne die Universitätsreform in Bausch und Bogen zu verurteilen.“

Heiko Randermann hat nichts verstanden und verdreht die Tatsachen. Die Reform hat nicht etwa stattgefunden, weil Studierende eine akademische Ausbildung wünschten, die sie fit für die Berufswelt macht, sondern es war gerade umgekehrt. Die Wirtschaft ist mit ihrem Sprachrohr Bertelsmann (CHE = Centrum für Hochschulentwicklung) gekommen und hat die Umgestaltung von Sudiengängen nach dem Bachelor/Master-Prinzip eingefordert, damit möglichst viele billige Arbeitskräfte relativ schnell dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Dabei hat man sogar das Bundesbildungsministerium übernommen, dem immer noch die Bildungsverweserin Annette Schavan vorsteht.

In diesem Zusammenhang sollte man noch einmal darauf hinweisen, dass just in dem Moment als man hier die Einführung zahlreicher Bachelor/Master-Studiengänge abfeierte, die Urheber dieses Ausbildungsmodells, die Amerikaner, bereits erkannten, dass Bachelor und Master einen Akademiker nicht wirklich auf das (Arbeits-)Leben vorbereiten würden. Diese Erkenntnis führte aber nicht dazu, den europäischen Hochschulzerstörungsprozess mit dem Namen Bologna aufzuhalten. Im Gegenteil: Zum Turbo-Abi gehört auch ein Turbo-Studium. Bezeichnend ist das von Randermann hingerotzte Gelaber von Weltfremdheit, was die Ausrichtung deutscher Universitäten vor Bologna anbelangt.

Es war gerade diese „Weltfremdheit“, die den deutschen Universitätsstandort qualitativ auszeichnete. Das kann man besonders gut an dem Scheitern der Exzellenzinitiative erkennen. Da hat man ja versucht, sich dem amerikanischen Modell anzupassen und vor allem über die bessere monetäre Ausstattung von einzelnen wenigen Instituten einem kranken Bild von Wettbewerb zu entsprechen. Der Scheiß, dass sich deutsche Universitäten vor allem dem Wettbewerb mit amerikanischen und chinesischen Hochschulen stellen müssten, stand auch in der Neuen Presse. Vor einem Jahr etwa. Damals führte Randermann ein Interview mit dem niedersächsischen Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (siehe hier).

Ich habe damals schon darauf hingewiesen, dass das Bestreben nach einer Verbesserung der internationalen Wettbewerbssituation totaler Unsinn sein muss. Denn die Spitzenuniversitäten der Ivy-League, zu der unter anderem Harvard zählt, verfügen über Milliarden-Budgets und Haushalte. Der Sieger der bundesdeutschen Exzellenzinitiative erhält aber gerade einmal 21 Millionen Euro. Mir scheint, dass Bologna-Politiker und Journalisten wie Heiko Randermann sehr weltfremd reden, wenn sie über die Universitätsstrukturen vor Bologna spotten, bei denen es übrigens noch demokratische Mitbestimmung gab, die ja mittlerweile durch unternehmerisches Management ersetzt wird.

Gegen diese radikale Umgestaltung der Hochschullandschaft nach Maßgabe unternehmerischen Denkens richtet sich der Protest. Darauf hätte Herr Randermann mit ein bissel Recherche aber kommen können. Heute lese ich auf Seite eins einen weiteren Kommentar. Diesmal von Nora Lysk. Sie schreibt, dass man raus aus dem Studienkorsett müsse. Sie meint damit aber nicht, eine Beendigung des Bachelor/Master Irrsinns, sondern vielmehr die Flexibilisierung von Studienzeiten.

„Doch so absurd manche studentische Parole ist – wie etwa die Totalabkehr von international vergleichbaren Abschlüssen –, so wenig glaubwürdig sind Versprechungen, die am Ende keiner erfüllen kann. Denn Lehrpläne entrümpeln und das Prüfungsstakkato beenden, das ist Aufgabe der Universitäten. Wenn die die Not ihrer Studenten wirklich ernst nehmen, dann sollten sie auch den Mut aufbringen, endlich flexiblere Studienzeiten zu schaffen. Und den Bachelor mitsamt Studenten aus dem Korsett befreien.“

So ein dummes Zeug. Allein schon die Behauptung, Bachelor und Master seien international vergleichbar ist nicht nur eine Lüge, sondern auch eine Volksverdummung gigantischen Ausmaßes. Denn diese Abschlüsse sind nicht einmal vergleichbar innerhalb der deutschen Kleinstaaterei, die seit der Förderalismusreform Einzug gehalten hat. Gleiches Etikett bedeutet noch lange nicht gleicher Inhalt. Das sollten Frau Lysk und die Schmierenredaktion der Neuen Presse erst einmal zur Kenntnis nehmen, wenn es ihnen tatsächlich Ernst damit ist, eine kritische Bestandsaufnahme in Gestalt einer Reform-Bilanz wagen zu wollen.

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Neues aus der Anstalt – Folge 29

Geschrieben von: am 18. Nov. 2009 um 12:31

Die gestrige Sendung bekannt zu geben, habe ich ja total vergessen. Ich bitte um Verzeihung. Aprospos Verzeihung bzw. Haltungsänderung, heute ist doch Buß- und Bettag. Vielleicht sollten sich an dieser Stelle unsere feinen Politiker bei uns entschuldigen. Der Feiertag wurde nämlich 1994 abgeschafft, um die angebliche Mehrbelastung der Arbeitgeber durch die Einführung der paritätisch finanzierten Pflegeversicherung mit Mehrarbeit der Arbeitnehmer zu vergelten. Nun will aber die neue schwarz-gelbe Koalition auch noch eine private Zwangszusatzversicherung für Arbeitnehmer einführen, um die Pflegeversicherung zukunftsfest zu machen, wie es heißt. Könnte man dann nicht den Feiertag wiederhaben, um über den Unsinn von Regierungspolitik nachdenken zu können? Übrigens hätte ich dann auch die Anstalt nicht verpasst.

Und damit sind wir wieder beim Thema. Ich habe mir die Sendung gerade angesehen und muss sagen, ein heiteres Zusammentreffen diesmal. Und ein wenig Selbstkritik. Das Nachgeäffe der Kanzlerin durch Priol soll aufhören, meinte Dombrowski. Bei Priol gerate die Kanzlerin immer zu einer „Vorpommerschen Platitüden-Mamsell“, zu so einer

„…mecklenburgischen Landpommeranze, die über den Suppentellerrand eines Heringsdorftrampels nie herausgekommen ist und nichts anderes im Sinn hat, als den Minderwertigkeitskomplex einer bedeutungslosen Pastorentochter dadurch zu kompensieren, dass sie mit den Mächtigen an einem Tisch sitzt und von deren Tellerchen essen darf und von 80 Millionen Untertanen als Königin Aschenputtel verehrt wird.“

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Dombrowski will weg von der Karrikatur, er will vielmehr zu dem vorstoßen, was die Kanzlerin und ihre Regierung konkret sagt und vor hat. Eine Entpommeranzung sozusagen.

Die zentrale Botschaft „Mut zur Zukunft bei Freiheit in Verantworung“, könnte zum Beispiel heißen „Husten als Chance“. Die neue Regierung fahre in der Krise auf Sicht, hätte Volker Kauder gesagt. Dombrowski darauf:

„Das hat die Titanic auch gemacht. Aber! Es gibt einen wichtigen Unterschied. Wer hat Tempo und Kurs der unsinkbaren Titanic bestimmt? Der Mehrheitsaktionär. Und der saß in London-City im Trockenen.“

In seinem späteren Solo führte Dombrowski dann aus, was er mit dem Versuch einer „Entpommeranzung“ zu Beginn meinte. Zunächst einmal die Feststellung, dass alles bereits gesagt ist. Selbst die bürgerliche Presse zerreißt das politische Konzept und die beabsichtigte Geisterfahrt von Schwarz-Gelb. Selbst der Sachverständigenrat, der sonst auch nicht immer mit Sachverstand glänzt, fand klare ablehnende Worte. Was sollte Dombrowski da noch zu sagen. Dass in Bezug auf die neue Bundesregierung die Sprache zum Gegenteil dessen benutzt wird, wofür sie eigentlich da ist, nämlich zur Verständigung, ist schon sehr seltsam. Es werde extra so formuliert, dass wir nicht verstehen, was die Regierung will. Doch Dombrowski klärt einmal mehr sein Publikum auf.

Möglicherweise sei es ja Absicht, dass die Bundesregierung die Verschuldung im kommenden Jahr auf Rekordniveau steigen lassen will, und die irrsinnigen Steuersenkungen dienen nur als Mittel zum Zweck. Denn ab 2011 schreibt die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ja vor, müsse das Haushaltsdefizit jährlich um ein Sechstel abgebaut werden. Ein Finanzmathematiker folgert daraus nun messerscharf:

„Je höher im vorausgehenden Jahr die Schulden sind, desto mehr Schulden kann ich in den Jahren danach machen.“

Dombrowski liefert die entsprechende Grafik aus der Süddeutschen Zeitung vom 17.11.2009 gleich mit. En passant: vom 17.11.2009! Tag der Sendung!, d.h. Georg Schramm hat seinen Auftritt quasi mit heißer Nadel gestrickt.

Zulässiges Haushaltsdefizit

An den Kurven können sie sehr schön sehen, wie im Finanzministerium gerechnet wird. Nocheinmal Dombrowski dazu:

„Solche rechenakrobatischen Kunststücke, die kannte man bisher ja nur von den Bonusartisten der Investmentbanken. Aber von deren Geist beseelt, führt jetzt eine gerade Linie hin zum Bilanzbetrug, zur kreativen Defizitmanipulation unserer marktwirtschaftlich bewussten und kompetenten bürgerlichen Regierung. Das ist der Geist von: Nach uns die Sinntflut. Aber nach uns kommt vielleicht keine Sinntflut. Wir sind vielleicht schon die Sinntflut.“

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Quelle zum Nachschauen in der Mediathek des ZDF unter:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/aktuellste/508#/beitrag/video/899226/Neues-aus-der-Anstalt—Folge-29/

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Schmierenjournalismus

Geschrieben von: am 17. Nov. 2009 um 18:39

Es war abzusehen, dass der dümmlich bis dämliche Schmierenjournalismus gegen Oskar Lafontaine irgendwann einmal die Quittung serviert bekommt. Als das, pardon, Arschloch Helmut Markwort angefangen hat, über eine vermeintliche Liaison zwischen Lafontaine und Sahra Wagenknecht zu witzeln und sich die Geschichte zwischen Spiegel und FAZ schließlich hochzuschaukeln begann, dürften dann heute zahlreiche Blätter diesen Boulevard-Stuss ebenfalls abgedruckt haben. Nicht zuletzt auch deshalb, weil das PR-Büro Slangen & Herholz einen entsprechenden Beitrag für Seite 1 lieferte. In der Neuen Presse Hannover sah das dann so aus.

Lafontaine-Wagenknecht

Und all das nur, um dem Rückzug aus der Bundestagsfraktion einen negativen Grund zuschreiben zu können. Paranoid ist das. Allein schon der Anlass ist ein Witz. Immerhin ist Lafontaine noch Parteivorsitzender und hat entschieden, nicht mehr der Fraktion vorzustehen. Wo ist da das Problem? Als Stoiber 2002 und 2005 seinen Leichtmatrosenschwanz einzog und sich nach Bayern verpisste, ist von diesen Qualitätsjournalisten auch keiner auf die Idee gekommen, daraus eine Hetzkampagne zu machen.

Dieser selbstgerechte Medienzirkus kotzt einen nur noch an. Vor allen Dingen spricht das mal wieder Bände. Die schreibende Berliner Schleimer- und Schmierenfraktion scheint genau zu wissen, mit wem Lafontaine ein Verhältnis haben könnte, aber nicht, dass er wegen einer ernsten Krankheit behandelt werden muss. Schämen sollten sich diese Vollidioten. Alle miteinander.

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Siehe auch den Spiegelfechter…
http://www.spiegelfechter.com/wordpress/1171/wenn-der-spiegel-mit-dem-oskar-und-der-sahra-%E2%80%A6

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EU-Verpackungsreform: Mogelpackungen, wohin das Auge reicht

Geschrieben von: am 17. Nov. 2009 um 11:45

Weniger drin für’s gleiche Geld? Bisher nur ein Gerücht, doch nun gibt es Gewissheit. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat eine Liste mit Produkten veröffentlicht, aus der hervorgeht, wie die Hersteller nach der neuen EU-Verordnung zur Freigabe von Verpackungsgrößen und Inhalten ihre Kunden gezielt in die Irre führen und zum Teil satte Preisaufschläge verstecken.

Die Liste gibt es hier:
http://www.vzhh.de/~upload/vz/VZTexte/TexteErnaehrung/ListeverstecktePreiserhoehungen.pdf

Und einen ausführlichen Bericht finden sie hier:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31485/1.html

Die EU-Vorgabe kann man auch als Deregulierungsmaßnahme begreifen. Ich habe noch im Ohr, wie das verteidigt wurde. Es gäbe halt immer mehr Singles, die kleinere Packungsgrößen wünschen. Oder es müsse auch möglich sein, verderbliche Ware in kleineren Packungen anbieten zu können, weil in größeren Mengen die Ware schneller verdirbt, ehe man sie verbrauchen kann. Bla, bla, bla. Es ist immer dieselbe Leier. Man tut so, als sorgten die Kräfte des Marktes für Ausgleich und Selbstregulation. Genau dieses Denken hat auch in die aktuelle Weltwirtschaftskrise geführt.

Es ist eben nicht so, dass die Hersteller vor allem die Bedürfnisse der Verbraucher im Blick hätten, sondern auf breiter Fläche Kasse machen wollen, wenn man sie auch lässt. Wem muss man diesen Zusammenhang mitten in der Krise eigentlich noch erklären? Wenn ich lese, dass Iglo den Fischanteil bei seinem Schlemmer-Filet à la Bordelaise reduziert und dennoch die gleiche Produktmenge zum gleichen Preis anbietet, frage ich mich, was die da für einen billigeren Dreck dazu packen. Die Erklärung ist ja wohl ein Witz.

Zwar sei Rohstoff Fisch, so die Firma, teurer geworden, doch hätten „repräsentative Tests“ ergeben, dass die Verbraucher das Produkt mit weniger Fett, weniger Salz und „knuspriger“ bevorzugen würden.

Lesen sie sich bitte auch die anderen Erklärungen und Begründungen der Hersteller genau durch und dann fragen sie sich doch einmal selbst, welchen Sinn staatliche Verpackungsverordnungen haben könnten. Zugegeben, über einzelne Regelungen kann man immer streiten. Doch war nun eine fast völlige Liberalisierung notwendig?

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Die SPD will Tür für Rückkehrer offen halten oder einfach nur der Lacher des Tages

Geschrieben von: am 16. Nov. 2009 um 14:46

Die neue stellvertretende SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft sagt in der heutigen Ausgabe der Berliner Zeitung:

„Ich mache die Tür weit auf für die bei der Linkspartei, die zurückkommen wollen.

Ich glaube, wir können jetzt wieder ein gutes Angebot für viele SPD-Abwanderer und Gewerkschafter sein. Die sind bei uns gut aufgehoben.“

Warum? Weil man die Vermögenssteuer wieder einführen will? Eine selbstkritische Bestandsaufnahme, wie Kraft meint, hat am Wochenende in Dresden jedenfalls nicht stattgefunden. Das sieht man letztlich auch wieder daran, dass die SPD-Spitzenkandidatin für die wichtige NRW-Wahl im nächsten Jahr bereits jetzt schon einer Koalition mit der Linkspartei eine Absage erteilt.

Kraft, die Spitzenkandidatin der SPD in Nordrhein-Westfalen für die Landtagswahl im kommenden Frühjahr ist, bezeichnete die Linkspartei dort als nicht koalitionsfähig. Ihr Wahlprogramm zeige, dass sie weder regieren wolle noch könne. Die SPD strebe an, bei der Wahl wie früher in NRW stärkste Partei zu werden. Mit der neuen programmatischen Klarheit und dem Rückenwind des Parteitages könne ihr das gelingen.

Über so viel Realitätsverlust kann man nur mit dem Kopf schütteln.

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Quelle: http://www.ad-hoc-news.de/bestandsaufnahme-kraft-tueren-der-spd-fuer-rueckkehrer–/de/Politik/20708345

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Zu Guttenberg unter Phantom-Beschuss

Geschrieben von: am 15. Nov. 2009 um 18:47

Haben sie die Meldung der Bild am Sonntag auch gehört? Angeblich wurde der Hubschrauber, mit dem James „zu Guttenberg“ Bond im Auftrag ihrer Majestät Angela der Zweiten über Afghanistan unterwegs war, von Taliban beschossen. Bild schreibt

Wenige Minuten nach dem Abflug aus dem Stützpunkt Kunduz gerät der Hubschrauber-Konvoi (drei CH-53) des Ministers unter Beschuss! Gott sei Dank kein Treffer.

Gott sei Dank kein Treffer? Man fasst es ja nicht, wie blind die Taliban sein müssen. Immer wenn ein deutscher Regierungsvertreter in der Nähe ist, ballern die blind drauf los. Treffen aber Gott sei Dank nie. Also entweder überschätzen wir den Feind total, was nach so vielen Jahren Kriegseinsatz nicht wahrscheinlich ist oder die haben vielleicht gar nicht geschossen.

Als ich heute Nachmittag mit meiner Familie im Eiscafé saß, das sich in einer Einkaufsmall befindet und umringt ist von Monitoren, auf denen Nachrichtentexte in Endlosschleife laufen, las ich die Meldung aus der Sicht von n-tv. Die schreiben nun

Der Hubschrauber von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ist in der Nähe von Kundus ins Visier von afghanischen Rebellen geraten.

Die Piloten hätten den Eindruck gehabt, der Hubschrauber sei beschossen worden, sagte ein Sprecher der Bundeswehr.

Aha. Hätte also auch was anderes sein können. Lustig ist besonders der Zusatz bei Bild, dass man zu Guttenberg, der sich ja nun im Haubschrauber aufhielt, extra informieren musste, dass etwas vorgefallen war. Offenbar ist so ein Hubi groß und weitläufig genug, dass man nicht auf Anhieb mitbekommt, wenn der Bordschütze eine Salve Maschinengewehrfeuer absetzt.

Also ehrlich. Für mich klingt das nach dümmlicher Kriegspropaganda. Das fing schon mit den James Bond Fotos an, die den Eindruck vermitteln sollten, zu Guttenberg braucht keine politischen Positionen zu vertreten, sondern nur eine gute Figur machen, bis Onkel Obama mal sagt, wie es in Afghanistan nun weiter gehen soll. Und den Abschluss bildet der obligatorische Angriff auf den Minister, der cool bleibt und sagt, dass er wiederkommen werde. Das ist aber nun eindeutig von Schwarzenegger geklaut oder?

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Zur SPD nur soviel

Geschrieben von: am 14. Nov. 2009 um 20:03

Der Gabriel war ja sehr unterhaltend bei seiner Bewerbungsrede. Aber das kennt man ja von ihm. Doch was kommt nun hinten raus? Eine Wende in der Betrachtung der eigenen Politik? Nein. Man habe Fehler gemacht, bla bla, aber man könne vor allem stolz sein auf das, was man in den zurückliegenden 11 Regierungsjahren zu Stande gebracht habe. Man habe sich an die vermeintliche Mitte angepasst. Gut und fein beobachtet, aber dann wieder Lob an die Versager wie Steinbrück, dem er attestierte, den richtigen Ton in der Finanzkrise gefunden zu haben. Häh? Der Mann war doch verantwortlich für die beklagte Anpassung an eine fiktive Mitte, die der neue SPD-Chef nun durch die Zurückgewinnung der Deutungshoheit über zentrale gesellschaftpolitische Fragstellungen neu besetzen will.

Doch wie sieht es mit einer Antwort auf z.B. die Rente mit 67 aus? Die neue Deutungshoheit bei dieser wichtigen Frage lautet nicht etwa Abschaffung aus der Erkenntnis heraus, einer geldgeilen Versicherungslobby auf den Leim gegangen zu sein, also sich einer vermeintlichen politischen Mitte angepasst zu haben, nein, die Antwort Gabriels lautet flexiblere Übergänge in den Ruhestand zu ermöglichen, in einem sog. Korridor zwischen 60 und 67. Ein Witz oder? Wer entscheidet denn dann, wie lange jemand zu arbeiten hat?

Auch Gabriel drückt sich um die kritische Auseinandersetzung mit dem falschen Kurs seiner Partei, die sich nicht nur einem falschen Begriff von Mitte angepasst hat, sondern vor allem die Interessen der Wirtschaft und des Kapitalmarkts bediente. Das haben die Wähler verstanden und keinen Unterschied mehr feststellen können zu den anderen Parteien, die schon immer unter dem Verdacht standen, Klientelpolitik zu betreiben. Es war wirklich unterhaltend, mit anzuhören, wie Gabriel die Politik von Schwarz-Gelb kritisierte, doch hätte er sich gleichzeitig an die eigene Nase fassen können. Später reichte ihm Frau Nahles ja auch ein „Tempo“.

Aber nein. Lob für Steinbrück und auch noch Applaus für jemanden, der die Beschlüsse von Parteitagen mit Füßen getreten hat (Bahnprivatisierung) und sogar kurz vor der Bundestagswahl den eigenen Leuten zum wiederholten Male in den Rücken fiel (Große Koalition sei das Ziel). Den hätte man aus der Halle jagen sollen. Es spricht ja auch Bände, dass Steinbrücks engster Mitarbeiter und ebenfalls SPD-Mitglied, Jörg Asmussen, seinen Job unter Finanzminister Schäuble (CDU) einfach weitermachen darf. Wenn Gabriel also davon spricht, dass nun ausgerechnet die politischen Kräfte mit der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise betraut sind, die den Weg in die Krise bereitet haben, wirkt diese Kritik auch wegen der Kontinuität im Finanzministerium doch sehr unglaubwürdig.

Die Finanzspekulationswirtschaft und die Heuschrecken wurden durch SPD-Finanzminister begünstigt und gefördert. Wer das nicht auch an den Personen festmacht, die immer noch in dreister Weise auf dem Podium Platz nehmen dürfen und erneut bejubelt werden, wird sein Glaubwürdigkeitsproblem nicht los. Da kann man noch so betonen, die Basta-Politik der Partei- und Fraktionsführung abschaffen zu wollen und mehr Demokratie innerhalb der Partei zu wagen. Ohne die Abspaltung der Köpfe (bildlich gesprochen), die für das Versagen und das Weiter so stehen, kann eine angestrebte Erneuerung nur im Selbstbetrug enden.

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"Bekämpfungsminister" zu Guttenberg zur Autogrammstunde in Afghanistan

Geschrieben von: am 13. Nov. 2009 um 15:34

Kein Witz. So steht’s bei Spiegel-Online:

Begeisterter Empfang für den neuen Minister

Es war eine kurze Nacht für den neuen Verteidigungsminister gewesen. Bis zum späten Abend musste der Chef der Bundeswehr im nordafghanischen Masar-i-Scharif entweder Autogramme geben oder für die Kameras der Soldaten posieren. Kaum stellte sich der Minister, der einen langen Tag mit politischen Gesprächen in Kabul hatte, an einen Tisch, wurde er schon von den nächsten Soldaten umringt und zu einem neuen Gruppenfoto gebeten.

Der Abend im größten deutschen Lager glich zeitweise dem Auftritt eines Popstars. Gefeiert wurde der neue Minister, der den Soldaten in einer kurzen Rede, die er ohne Manuskript hielt, Mut und Respekt zusprach. „Wir bauen nicht nur Brunnen in Afghanistan“, rief er den Soldaten zu. Das müsse endlich auch in Deutschland ankommen, so Guttenberg. Viel deutlicher konnte man den Bruch mit dem Mantra seines Vorgängers Franz Josef Jung nicht ausdrücken, der den Einsatz stets als Stabilisierungs- und Wiederaufbaumission bezeichnet hatte.

Das war jetzt mal der nette Einstieg. In der Neuen Presse Hannover ist der Ton heute schon etwas heftiger.

Guttenberg an der Front

Im Maßanzug übrigens, wie das Bild unter der Überschrift zeigt.

Guttenberg an der Front

Der begleitende Kommentar von Hardcore Horst Schmuda ist bemerkenswert. Nachdem nun klar ist, dass auch die politische Führung in unserem Land zumindest schon einmal von kriegsähnlichen Zuständen spricht, kann man auch gleich ganz die vorsichtige Fassade fallen lassen und dafür eintreten, dass wir Deutschen wenigstens als militärische Sieger vom Platz gehen.

Kein Witz. Lesen sie den letzten Absatz in Horst Schmudas Kommentar.

„Denn die Sache Afghanistans steht schlecht. Das Debakel um die Präsidentenwahl hat die Hoffnung auf eine parlamentarische Demokratie westlicher Prägung in den Bereich des Irrglaubens verbannt. Man muss die Ziele wohl tiefer hängen, sie mehr militärisch-strategisch definieren, als weiter politischen Idealen nachzuhängen, wenn wenigstens eins gelingen soll: die Taliban nachhaltig auszuschalten.“

Dass der Export von westlicher Demokratie ziemlich anmaßend und arrogant auf die Menschen in Afghanistan wirken könnte, kommt dem journalistischen Hirnzwerg Schmuda wohl nicht in den Sinn. Bemerkenswert aber ist, dass er die Taliban ausschalten will. Das verstehe ich nicht. Warum sind wir doch gleich in Afgahnistan? Doch wegen al-Qaida und dem 11. September, dachte ich? Oder habe ich da was falsch verstanden? Die NATO hat militärisch in Afghanistan interveniert, weil al-Qaida von dort aus die Attentate des 11. September geplant haben sollen oder nicht? Ist ja schon lange her mit dem Kriegsbeginn. Am 7. Oktober 2001 war das. Eine lange Zeit, da kann man schon mal ein bissel tütelich werden, was die Kriegsgründe anbelangt.

Nun gibt’s aber al-Qaida gar nicht mehr in Afghanistan. Die sind längst nach Pakistan ausgewandert. Das hat der Schmuda wohl noch nicht mitbekommen, wie mir scheint. Ist ja auch egal. Hauptsache die militärisch-strategischen Ziele hängen künftig tief genug. Schmudas geistiges Niveau wird aber auch dort nicht heranreichen.

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Staatssekretäre: Die FDP bricht weiteres Wahlversprechen

Geschrieben von: am 13. Nov. 2009 um 13:28

Ich zitiere zunächst mal aus einer Haushaltsrede von Jürgen Koppelin (FDP) vor dem Deutschen Bundestag aus dem Jahr 2008.
Quelle: Seite von Jürgen Koppelin

„Wie wollen Sie eigentlich dem deutschen Steuerzahler erklären, dass der neue Vizekanzler Steinmeier nun plötzlich einen zusätzlichen Staatssekretär bekommt? Der neue Staatssekretär, so heißt es, soll den Bundesaußenminister innenpolitisch beraten. Es ist schon sehr merkwürdig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ein deutscher Außenminister durch einen zusätzlichen Staatssekretär innenpolitisch beraten werden muss. Weder Hans-Dietrich Genscher noch Klaus Kinkel, auch nicht Joseph Fischer, brauchten einen solchen Staatssekretär.“

Bis zur Regierungsübernahme haben die Liberalen seit 1995 jedes Jahr ein 400 Seiten dickes Sparbuch der Regierung zu den Haushaltsberatungen vorgelegt, in dem man nachlesen könne, wie leicht sich im Bundesetat 10 Mrd. Euro einsparen ließen. Der Haushalt des Auswärtigen Amtes umfasst ein Volumen von 2,8 Milliarden Euro. Die FDP forderte stets, dort Einsparungen in Höhe von rund 24 Millionen Euro vorzunehmen. Eben unter anderem einen Staatssekretär, wie Herr Koppelin oben ja deutlich ausführt.

Nun aber sieht die ganze Angelegenheit anders aus. Herr Westerwelle ist nun selbst Außenminister und scheint sich nicht mehr daran erinnern zu wollen, was er und seine Partei einst einforderten.

„Wir halten nach der Wahl, was wir vor der Wahl versprochen haben!!!“

Das schrie der herrisch teutonisch-arrogant auftretende Rechtspopulist bei jeder Gelegenheit in die Mikrofone. Nun aber macht Westerwelle aus seinem bisherigen Büroleiter Martin Biesel einen Staatssekretär, der überhaupt nix mit dem Auswärtigen Amt zu tun haben soll, sondern eine Art persönlicher Adjutant ist, der die anderen FDP-Minister im Auftrag ihres Chefs koordinieren soll. Ein Staatssekretär für Innenpolitik im Auswärtigen Amt. Tolle Sparpolitik.
Quelle: Spiegel-Online

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Deutsche Journalisten haben keinen Arsch in der Hose

Geschrieben von: am 13. Nov. 2009 um 12:45

Das sagt Volker Bräutigam und liefert dabei eine sehr bissige und treffende Beschreibung über den Zustand der angeblich so freien Presse in diesem Land.
Quelle: http://www.0815-info.de/News-file-article-sid-10588.html

Ein Rechtspopulist, der die lingua franca der internationalen Politik nicht beherrscht, dafür aber umso herrischer teutonisch-arrogant auftritt, wurde Bundesaußenminister. Westerwelle in diesem Amt – gewöhnungsbedürftig, ein Ergebnis formaldemokratischer Wahlen.

Ein Schmiergeld-Kassierer wurde Finanzminister. Ein Heimlichtuer gegenüber dem Parlament, einer, gegen den Ermittlungsverfahren wegen uneidlicher Falschaussage in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss liefen. Verfahren gegen ihn wurden zwar eingestellt, aber nicht wegen erwiesener Unschuld. Schäuble als Kassenwart: gewöhnungsbedürftig. Doch selbst mit Derartigem werden wir zu leben lernen. Wir haben den vor ziviler Strafverfolgung gefeiten Politkriminellen ja schon vier lange Jahre als Hüter der Verfassung erlitten.
Gewählt ist gewählt.

Eine dem zivil-irdischen Alltag entschwebte Kanzlerin, die nur vor dem simplen Volk Machtbewusstsein zeigt, sich bei den Plutokraten aber als servile Hausdame anbiedert, müssen wir ertragen. Dass sie nun ihres sozialdemokratischen Amtsvorgängers öffentlich zelebrierten „Basta!“-Stil auch noch übernimmt, ändert nichts mehr an ihren Bild. Wir haben uns schon an sie gewöhnt.

An das Versagen der „Vierten Gewalt“ im Staate, an den Niedergang der freien Presse, dürfen wir uns hingegen nicht gewöhnen. Es ist absolut unerträglich, dass die Creme des bundesdeutschen Journalismus’, versammelt in der Bundespressekonferenz zu Berlin, sich regelmäßig als Pfeifensammlung erweist – und über die eigene Unfähigkeit und Feigheit auch noch lacht und sie im Boulevardstil veralbert.

Den Artikel sollten sie unbedingt auf der oben verlinkten Seite weiterlesen. Rob Savelbergs Einschätzung über den deutschen Journalismus sollte man sich einrahmen.

Im Interview mit DIE WELT kommentierte Savelberg: „Vielleicht haben meine deutschen Kollegen zuviel Respekt. Mir fällt auf, dass es in Holland weniger Berührungsängste gibt. Da sind meine Kollegen härter. Die Regierung besteht nur aus gewählten Volksvertretern. Das sind keine Monarchen.“ Wie höflich der Mann ist, obwohl sich deutsche Mainstream-Journalisten als schamlose Nieten erwiesen. Sie zeigten keinen Mut vor Fürstenthronen, und einer unverschämten Kanzlerin Zunder zu geben trauen sie sich nicht.

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