Ich tippe mal: Nach dem Rücktritt Jungs wird es wohl keinen Untersuchungsausschuss geben

Geschrieben von: am 27. Nov. 2009 um 14:19

Der aktuelle Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg hat ja nach der Sitzung des Verteidigungsausschusses die Öffentlichkeit darüber informiert, dass er dem Bundestag ein „Höchstmaß an Transparenz“ bieten werde. Nach dem Rücktritt Jungs zweifle ich aber daran, dass es dazu und insbesondere auch zu einem Untersuchungsausschuss kommen wird. Zunächst einmal trat Jung mit den Worten ab, dass er keine Schuld trage, sondern die Verantwortung dafür übernehme, dass der Informationsfluss zwischen Ministerium und Minister nicht ordnungsgemäß funktioniert habe. Ja wie jetzt? Hätte Mitarbeiter XY dem Minister beim Zubettgehen aus dem brisanten Bundeswehrbericht etwa vorlesen sollen?

Jung tat das, was er im Jahr 2000 in Hessen auch tat. Er opfert sich für etwas Größeres, wie mir scheint. Er hat es ja selbst gesagt. Er wolle seinen Beitrag leisten, dass die Bundesregierung uneingeschränkt und erfolgreich weiterarbeiten könne. Die Frage ist also, kommt der Untersuchungsausschuss oder sehen wir den Auftritt des allseits beliebten und vertrauenserweckenden Edel-Barons zu Guttenberg, der uns mit Charme die ungeschönte Wahrheit präsentieren wird? Zumindest wirkt der Rücktritt Jungs bei der Opposition bereits spalterisch. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Susanne Kastner von der SPD sagte zum Rücktritt Jungs der Saarbrücker Zeitung:

„Ich bin erleichtert. Das erspart uns einen Untersuchungsausschuss.“

Quelle: Welt

Die SPD kann ja nun auch gar kein Interesse mehr an einer parlamentarischen Untersuchung haben. Denn dann müsste wahrscheinlich der Oppositionsführer Steinmeier als Zeuge aussagen. Deshalb tippe ich mal auf großes Theater in Berlin. Man spielt uns etwas vor.

1

Noch einmal Afghanistan: Der Kommentar der Neuen Presse Hannover

Geschrieben von: am 27. Nov. 2009 um 12:58

Auch die Neue Presse Hannover reagiert völlig überrascht auf die gestrigen Ereignisse. Claus Lingenauber kommentiert heute auf Seite 1.

„Neue Enthüllungen zeigen, dass der Christdemokrat, der vor der Wahl noch Verteidigungsminister war, besser über die tragischen Ereignisse von Kundus hätte informiert sein müssen. Schon einen Tag nach dem Bombenangriff auf zwei von den Taliban entführte Tanklaster, bei dem auch Zivilisten ums Leben gekommen waren, lag ein eindeutiger Bericht von deutschen Feldjägern vor. Doch Jung kannte ihn nicht – oder wollte ihn nicht zur Kenntnis nehmen. Beides wäre fatal – ein Offenbarungseid für einen verantwortlichen Politiker.“

Wie ich bereits gestern schon schrieb, sind die angeblichen Enthüllungen nicht das Interessante an der Geschichte, sondern die Frage, warum Springer gerade jetzt gegen die Bundesregierung schießt. Auch die Frage, warum Herr Jung eigentlich das Ressort wechselte, ist wieder hoch aktuell. Denn das deutet ja nun darauf hin, dass auch Frau Merkel mehr als im Bilde über die Vorfälle in Afghanistan war. Aber Herr Lingenauber will das gar nicht recht zur Kenntnis nehmen und begnügt sich einfach mit der Feststellung, dass Franz Josef Jung nur ein Proporzminister sei, der ansonsten keine fachlichen Qualifikation besitze.

„Zumal der Mann, dem das Wort Krieg nicht über die Lippen kommen wollte, von Beginn an eine krasse Fehlbesetzung war. Schließlich war er nicht wegen seiner Kompetenz dort gelandet, sondern aus Proporzgründen. Weil auch ein Hesse am Kabinettstisch sitzen musste. Selten wirkte jemand dort so deplatziert.“

Also wirklich schlecht, Lingenauber. Dass Hessen am Kabinettstisch sitzen müsse, ist ein wirklich dümmliches Argument und kratzt ja nicht mal an der Oberfläche. Franz Josef Jung sitzt dort, weil er Roland Koch nach dem Bekanntwerden des Spendenskandals der Hessen-CDU im Jahr 2000 einen Gefallen tat und als Chef der Staatskanzlei zurücktrat. Er rettete somit Roland Koch den Arsch, obwohl dieser mit illegalen Parteispenden, die er als jüdische Vermächtnisse deklarierte, den Wahlkampf 1998/99 bestritt. Zum Dank drängte Koch auf einen Kabinettsposten für Jung in der Regierung Merkel. Und die wiederum aktezptierte nur unter der Bedingung, dass der hessische Ministerpräsident bundespolitisch die Füße still hält. Dafür ärgert er ja jetzt das ZDF.

Solche wichtigen Informationen und Zusammenhänge sollte man als Journalist nicht unterschlagen. Dann müsste man nämlich auch nicht wieder so ahnungslos tun und beschreiben, dass Franz Josef Jung eine Fehlbesetzung war und deplatziert wirkte. Der Leser will da mehr wissen. Schließlich konnte doch Lingenauber auch ganz genau erklären, warum Andrea Ypsilanti nicht Ministerpräsidentin von Hessen werden durfte.

Nein, so geht das nicht. Aber das Beste ist ja wieder die Lobeshymne auf den Edel-Baron zu Guttenberg:

„Sein Nachfolger zu Guttenberg ist da von einem anderen Kaliber. Er räumt auf und vermittelt klare Positionen und Entschlossenheit. Mit Generalinspekteur Schneiderhan und Staatssekretär Wichert hat man inzwischen zwei Schuldige gefunden. Beide sind zurückgetreten.“

Auch hier stellt sich die dringende Frage, warum zu Guttenberg das Ressort wechselte. Sollte er mit seiner Popularität, die mit dem kürzlich absolvierten Besuch in Afghanistan und anhand medialer Bilder-Inszenierung noch einmal gesteigert wurde, die miese Vorstellung der Bundesregierung zu einem freudigen Abschluss bringen? Ich kann nur noch einmal daran erinnern, dass die Allzweckwaffe zu Guttenberg nicht das erste Mal zum Einsatz kam. Bereits in seiner Funktion als Wirtschaftsminister reiste er in die USA, um dann mit Hilfe von tollen Fotos der deutschen Öffentlichkeit und vor allem den Wählern zu suggerieren, der Fall Opel sei bei ihm in guten Händen.

Ich bin auch nicht bereit zu akzeptieren, dass zu Guttenberg über das Ausmaß des Luftangriffs bei Kunduz nicht informiert war. Er hat den immer noch geheim gehaltenen NATO-Bericht eine Woche lang durchgelesen und dann gesagt, dass das Verhalten von Oberst Klein angemessen war und dass es auch zu dem Luftschlag zwingend hätte kommen müssen, wenn die von zu Guttenberg kritisierten Verfahrensmängel nicht aufgetreten wären. Damit lehnte er sich noch weiter aus dem Fenster, als der gefeuerte Generalinspekteur Schneiderhan. Also, was wusste Guttenberg? Und im Zuge dessen Steinmeier, Merkel und die gesamte Bundesregierung? Warum hat die neue Bundesregierung und damit zu Guttenberg als Verteidigungsminister persönlich bei der NATO darauf gedrängt, dass eine Beurteilung des Luftschlags auf Grundlage des Untersuchungsberichts durch das NATO-Kommando zu unterbleiben habe? Wenn man aus dem Bericht nur den Schluss ziehen konnte, dass das Verhalten Kleins korrekt gewesen war, hätte es dafür doch keine Veranlassung gegeben.

Nein, zu Guttenberg musste die NATO zum Stillhalten bewegen, weil bereits klar war, dass Oberst Kleins Befehl zum Angriff, militärisch nicht zu rechtfertigen war. Die angeblich neuen Enthüllungen von gestern, konnte man so schon Ende Oktober lesen, als über den NATO-Bericht geschrieben wurde. Spiegel-Online schreibt zum Beispiel am 31.10.2009:

Der Nato-Bericht über den tödlichen Luftangriff auf zwei Tanklaster in Kunduz weist SPIEGEL-Informationen zufolge auf klare Fehler in der deutschen Operationsführung hin. Oberst Klein, Kommandeur des Wiederaufbauteams in Kunduz, habe sich nicht an das Standard-Einsatzverfahren, die sogenannten Standing Operation Procedures (SOP), gehalten.

So habe er die Luftunterstützung mit der Begründung angefordert, seine Truppen hätten Feindberührung, obwohl sich keine Isaf-Soldaten in der Nähe der Tanker aufhielten. Er habe es abgelehnt, als niedrigere Eskalationsstufe die F-15-Jagdbomber zunächst im Tiefflug über die Tanker fliegen zu lassen. Zudem sei es möglich, dass es angesichts der unübersichtlichen Lage nicht ausreichend war, sich auf eine einzige menschliche Quelle und die Live-Bilder der Luftunterstützung zu verlassen.

Doch erst gestern titelt Bild mit genau denselben Fakten und löst damit eine „Regierungskrise“ aus. Was steckt wohl dahinter? Soll zu Guttenberg geschützt werden und seine Rolle gefestigt? Claus Lingenauber schreibt es ja. Zu Guttenberg vermittle klare Positionen und Entschlossenheit. Ein Witz angesichts der Herumeierei im Fall Opel. Dennoch scheint zu Guttenberg momentan jedenfalls der Gewinner des Krieges an der Heimatfront zu sein.

1

Afghanistan: Bundesregierung ist der Lüge überführt. Warum erst und gerade jetzt?

Geschrieben von: am 26. Nov. 2009 um 12:22

Für viele kritische Beobachter war längst klar, dass der durch den deutschen Oberst Klein befohlene Angriff auf einen Tanklastzug in Afghanistan am 4. September 2009 nicht nur zahlreiche zivile Opfer forderte, sondern auch unangemessen (verbrecherisch!) war, weil Oberst Klein die Lage vor Ort nie und nimmer hätte richtig einschätzen können, um einen derartigen Luftschlag militärisch rechtfertigen zu können. Nun ist kar, dass keine 24 Stunden später die Bundesregierung vollkommen im Bilde über den Vorgang gewesen sein musste. Die Regierung musste wissen, dass es viele zivile Opfer gab und dass ein deutscher Kommandeur ohne ausreichende Kenntnis der Lage einen verheerenden Bombenangriff befohlen hat, bei dem unschuldige Menschen, darunter auch Kinder zu Tode kamen. Die Bildzeitung bezieht sich heute auf einen entsprechenden Bericht und ein Video, die beide bis jetzt zurückgehalten wurden.

Nun ist aber überhaupt nicht interessant, dass die Wahrheit endlich ans Tageslicht gekommen ist, sondern vielmehr die Tatsache, dass sie so lange verheimlicht werden konnte und die Medien, allen voran Bild, brav mitspielten. Wieso greift gerade jetzt Springer die Bundesregierung an? Missfällt Friede Springer etwa die aktuelle Politik von Angela Merkel? Egon W. Kreutzer schreibt in seinem Blog:

„Dass die BILD-Zeitung fast drei Monate nach dem Bombenangriff auf zwei geraubte Tanklastzüge, fast zwei Monate nach der Wahl zum Deutschen Bundestag, mit der Meldung herauskommt, es hätte Beweise gegeben, schon am Tag danach, dass es (viele) zivile Opfer gab, mutet an, also ob der Dompteur in der Manege mit der Peitsche knallt, damit die störrische Löwin endlich wieder auf dem Sockel platz nimmt, der ihr zugewiesen ist.

Jetzt die Frage zu stellen, ob die Spitzen des Verteidigungsministeriums nicht informiert wurden, die Frage zu stellen, ob Franz Joseph Jung vielleicht doch etwas wusste, ist Schmierentheater.

Wir können sicher sein, dass die BILD-Zeitung ihr Regierungsbeeinflussungs- Pulver noch längst nicht verschossen hat und sollten darauf achten, welche Bewegung jetzt in die Steuer- und Arbeitsmarkt- und Finanzmarktregulierungs- und Klimaschutzpolitik kommt. Ich ahne, dass da eine neue „Chefsache“ auf uns zukommt.“

Übrigens teile ich auch Kreutzers Auffassung, dass das Verschweigen der klaren Informationen zu dem Vorfall in Kunduz ein Wahlgeschenk der Medien an die regierenden Kriegstreiber war, um zu verhindern, dass die einzige Partei, die den Einsatz in Afghanistan ablehnt, gerade weil ein Krieg immer wieder zivile Opfer fordert und darüber hinaus kein Mehr an Stabilität bringt, sondern eher das Gegenteil, keinen weiteren Zulauf erhält.

Im Übrigen rückt das auch die Rolle Steinmeiers im Wahlkampf in ein noch schlechteres Licht. Er hatte eine mögliche Zusammenarbeit mit der Linken vor allem immer deshalb abgelehnt, weil er deren Haltung zum Afghanistan-Einsatz für politisch unverantwortbar hielt. Er wusste mit Sicherheit auch mehr. Jedenfalls sind seine Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss als scheinheilig zu bezeichnen. Die hessischen Linken machen es vor. Sie zeigten Franz Josef Jung kurzer Hand wegen Strafvereitelung im Amt an.

Doch auch den Neuen im Amt, Freigeist zu Guttenberg, sollte man nicht schonen. Ich erinnere noch einmal daran, dass der schwarze Baron dem „Red Baron 20“ (Codename von Oberst Klein) angemessenes Verhalten attestierte. Und das, nachdem sich Guttenberg eine Woche Zeit ließ, den immer noch geheimen Nato-Untersuchungsbericht genau zu studieren. Damals kritisierte er nur etwas an den formalen Einsatzregeln, die ihm „keine Tränen der Euphorie“ in die Augen trieben. Zum Luftangriff sagte er:

„Der Militärschlag war vor dem Hintergrund der gesamten Bedrohungslage militärisch angemessen.“

„Selbst ohne Verfahrensfehler hätte es zu einem Luftschlag kommen müssen.“

Quelle: Berliner Zeitung

Genau dasselbe sagte damals auch der heute auf angeblich eigenen Wunsch entlassene Generalinspekteur Schneiderhan. Ein Bauernopfer, wie mir scheint. Und wer tritt nun den Guttenberg zurück?

3

Volker Pispers: Endlosschleife (GENIAL)

Geschrieben von: am 26. Nov. 2009 um 10:53

Volker Pispers letzter Kabarett-Ton für dieses Jahr auf WDR 2 ist einfach klasse. Für alle, deren Gedächtnis weniger als sechs Wochen zurück reicht, dürften die folgenden 2,5 Minuten sehr überraschend sein. Für alle, deren Gedächtnis weiter als sechs Wochen zurück reicht, dürften die folgenden 2,5 Minuten sehr unterhaltend, aber auch überraschend sein. Denn die sich immer wiederholende politische Geisterfahrt so präzise auf den Punkt zu bringen, schafft wohl nur Volker Pispers. (GENIAL)

1

Ohje, der Soli ist verfassungswidrig

Geschrieben von: am 25. Nov. 2009 um 14:24

Das niedersächsische Finanzgericht in Hannover hat den Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig erklärt und die Klage eines Angestellten zur Klärung an das Bundesverfassungsgericht weitergegeben. Die Begründung für das Urteil ist einleuchtend. Der Charakter einer temporär begrenzten Ergänzungsabgabe decke sich nicht mit der Daueraufgabe „Deutsche Einheit“, die aus den Mitteln des Solidaritätszuschlags finanziert werden soll.

Richterin Georgia Gascard sagte, das tragende Motiv für die Einführung des Soli seien die Kosten für die deutsche Einheit gewesen. „Dabei handelt es sich aber um einen langfristigen Bedarf, der nicht durch die Erhebung einer Ergänzungsabgabe gedeckt werden durfte.“ Eine Ergänzungsabgabe wie der Solidaritätszuschlag diene jedoch nach den Vorstellung des Verfassungsgesetzgebers aus dem Jahr 1954 nur der Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen, betonte Gascard.

Quelle: Spiegel

Etwa 13 Mrd. trägt der Soli zum Gesamtsteueraufkommen bei. Wenn die künftig wegfallen sollten, reißt das ein weiteres Loch in die Staatskasse. Die spannende Frage wird daher sein, wie die Politik den Ausfall kompensieren könnte. Da Steuererhöhungen bei den Einkommen ausgeschlossen sind, vor allem bei den oberen, und zudem zusätzliche Vermögensabgeben unter dem Stichwort „Neiddebatte“ ebenfalls obsolet sind, wird es wohl die Mehrwertsteuer treffen. Deshalb in der Überschrift „Ohje“. Nach der NRW-Wahl wird man dann eben nicht auf 25 Prozent erhöhen, sondern 26 Prozent. Was macht das schon… ;)

0

Umfrage: SPD unter 20 Prozent

Geschrieben von: am 25. Nov. 2009 um 12:02

Man soll ja nichts auf Umfragen geben und schon gar nicht, wenn sie von Forsa kommen. Dennoch sollte man darauf hinweisen, dass die SPD nunmehr bei 19 Prozent angekommen ist. Ein bissel Personalkarussell hier, ein bissel Vermögenssteuer da und ansonsten viel Schulterklopfen für das, was man erreicht hat, vor allem für die Versager Müntefering, Steinbrück und Steinmeier scheint die Menschen nicht sonderlich zu beeindrucken. Sie sehen ganz genau, dass bei der SPD sehr wenig Erneuerung, wenn überhaupt, stattgefunden hat.

Trotz seiner umjubelten Antrittsrede auf dem Dresdner Parteitag punktet der neue SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bei den Wählern nicht. Auf die Frage, wen sie direkt zum Kanzler wählen würden, entschieden sich nur 19 Prozent der Deutschen für Gabriel, 60 Prozent zogen Merkel vor. Damit schnitt Gabriel schlechter ab als der damalige Parteichef Kurt Beck, der zu Beginn seiner Amtszeit im Mai 2006 auf eine Zustimmung von 25 Prozent kam.

Quelle: Stern

Wer ernsthaft mit einem anderen Ergebnis gerechnet hat, ist wirklich zu bedauern. Allerdings könnte man das Ergebnis auch wieder anders deuten. Und ich bin mir sicher, dass die Agenda-Verfechter es auch tun werden. Denn Steinmeier hat die besseren Zustimmungswerte. Forsa-Chef Güllner spielt dabei mal wieder den nützlichen Idioten und weist gesondert auf diesen Umstand hin.

Alarmierend für Gabriel sei, dass sich lediglich 15 Prozent der Jüngeren (18- bis 29-Jahre) für ihn entscheiden würden. Und nur 46 Prozent der SPD-Wähler würden ihn zum Kanzler wählen, Steinmeier habe dagegen im Augenblick noch 54 Prozent der SPD-Wähler hinter sich.

Ich könnte mir jetzt vorstellen, dass Steinmeier, Steinbrück und der kümmerlich Rest der Bundestagsfraktion nun behaupten werden, dass die aktuellen Umfragewerte eine Quittung für den angeblichen Linksschwenk von Dresden sei. Na dann, Gute Nacht. :yawn:

2

Rainer Brüderle sollte lieber wieder Weinfeste eröffnen

Geschrieben von: am 24. Nov. 2009 um 19:06

Davon versteht er nämlich was. Zu seinem Stehvermögen beim Weinsaufen will ich jetzt aber mal nichts sagen, was gegen mich verwendet werden könnte. Aber mich beschleicht doch das Gefühl, als schaue der Bundeswirtschaftsminister manchmal etwas zu tief ins Glas. Ich kann mir nämlich nicht erklären, wie er auf dem Arbeitgebertag in Berlin dazu kommt, gerade jetzt via Rheinische Post die Abschaffung der Erbschaftssteuer zu fordern und eine Schuldenbremse für die Agentur für Arbeit gleich mit.

Sind dem Herrn Brüderle da ein paar Gedächtniszellen im Hirn abhanden gekommen oder versucht er Michel Glos in Sachen Fachkompetenz noch zu unterbieten? Denn wenn ich es recht in Erinnerung habe, hat gerade eben der Wirtschaftsminister seinem Amtskollegen im Arbeitsministerium zugestimmt, die ziemlich teure Kurzarbeitergeldregelung zu verlängern und damit politisch gewollt, das Defizit der Bundesagentur für Arbeit zu erhöhen. Wie kann man da nur eine Schuldenbremse für die Behörde fordern und den Eindruck erwecken, als hätte man mit der Ausgabenexplosion nix zu tun?

Bei der Erbschaftssteuer verstehe ich nun aber gar keinen Spaß mehr und erkläre den Minister einfach für einen Dummschwätzer, weil er dummes Zeug schwätzt. Die Erbschaftssteuer gehört zu den vermögensbezogenen Steuern. Diese Steuern tragen nur zu einem Anteil von 0,9 Prozent des BIP zum Gesamtsteueraufkommen bei. Wer das mal mit anderen Industriestaaten und dem OECD-Durcchschnitt vergleichen will, sollte sich folgende Grafik genau anschauen.

Anteil Vermögenssteuern
Quelle: NachDenkSeiten

Deutschland ist diesbezüglich eine Steueroase. Da hilft auch keine altbackene Schwachsinnsbehauptung, wonach Vermögen in diesem Land bereits x-mal versteuert worden sei. Das ist eine glatte Lüge. Die Zusammensetzung des realen Steueraufkommens ist aber nicht nur bei der Vermögensbesteuerung unsolidarisch. Das Steueraufkommen im Jahr 2008 setzte sich bei den beiden größten Einzelposten z.B. wie folgt zusammen. Aus der Einkommenssteuer rund 142 Milliarden Euro. Aus der Mehrwertsteuer 176 Milliarden Euro. Wo ist denn da die Steuergerechtigkeit? Könnte man nicht eher diese Verteilung des Steueraufkommens als ungerecht empfinden?

2

Meinungsmache: Wie Bodo Ramelow zum "Badboy" gemacht wurde

Geschrieben von: am 24. Nov. 2009 um 16:07

In einem Brief an die NachDenkSeiten nimmt Bodo Ramelow Stellung zu den Vorwürfen, er hätte sich in eine Kampagne gegen den an Krebs erkrankten Oskar Lafontaine einbinden lassen. Sehr eindrucksvoll und ehrlich, wie ich finde, räumt er mit den von den Medien konstruierten Scheinsachverhalten auf. Im Zuge seiner Beschreibung der Ereignisse und insbesondere seiner Kontakte zu den Medien fällt ein Name, bei dem es klingelt. Dieter Wonka von der Leipziger Volkszeitung. Er ist wohl der mutmaßliche Auslöser der Kampagne, weil er Bodo Ramelow ganz gezielt missverstehen wollte.

Dieter Wonka ist der, der auf der Bundespressekonferenz Guido Westerwelle auf altgriechisch eine Frage stellen wollte, weil der sie auf deutsch nicht verstand oder verstehen wollte. Mit Unverständnis hätte Bodo Ramelow wohl letztlich auch reagieren sollen, um nicht Gefahr zu laufen, für eine bewusste Medienkampagne eingespannt zu werden. Sie können aber an den Schilderungen Ramelows sehr schön nachvollziehen, wie das mit der Meinungsmache in diesem Land funktioniert. Dieter Wonka ist im Grunde der Christoph Slangen der Leipziger Volkszeitung und die gehört zu 100 Prozent dem Madsack-Konzern, wie die Neue Presse Hannover auch. Insofern ist es kein Wunder, dass man sich die Bälle zuspielt, wie der Kommentar von Anja Schmiedeke vom letzten Donnerstag in der NP zeigt (siehe hier im Blog).

Auf eine Gegendarstellung können sie lange warten. Wie Bodo Ramelow abschließend schreibt, wird seine Richtigstellung der Ereignisse mit den Worten kommentiert.

„…,nach heftiger Intervention der Bundesspitze rudert Ramelow
zurück“

Ziel der Kampagnen bleibt es, die Linkspartei als streitenden Haufen darzustellen, der sich vor allem an der Person Oskar Lafontaine abarbeitet. Nur gegen Lafontaine sind im Endeffekt diese getarnten Angriffe gerichtet. Am letzten Donnerstag lautete die entsprechende Agenturmeldung in der Neuen Presse:

Linke streitet über Lafontaine-Nachfolge
Darunter findet sich dann ein Text mit Zitaten von Ramelow, die so eingesetzt worden sind, dass man annehmen musste, Ramelow fordere eine Führungsdebatte.

BERLIN. In der Linken ist Streit darüber entbrannt, ob über eine Nachfolge für den an Krebs erkrankten Parteichef Oskar Lafontaine diskutiert werden soll. Linksfraktionschef Gregor Gysi wies Überlegungen des Thüringer Linksfraktionschefs Bodo Ramelow zurück, die Partei müsse sich auf einen Wechsel vorbereiten. Lafontaine ging am Tag vor seiner Operation bei einer Rede in Saarbrücken nicht auf seine Erkrankung ein. Ramelow sagte der „Leipziger Volkszeitung“, die Partei müsse sich unabhängig von der Erkrankung ihres Vorsitzenden gezielt auf die Zeit nach Lafontaine vorbereiten: „Es muss sowieso ohne Lafontaine gehen. Das hat nichts mit seiner Krebsoperation zu tun.“ Zur Frage der Neubesetzung der Parteispitze sagte Ramelow: „Die neue Parteiführung sollte aus einem Ost- und einem West-Vertreter, aus einem Mann und einer Frau bestehen.“ Gysi sagte zu Ramelows Überlegungen: „Herr Ramelow kann ja über alles nachdenken. Aber das ist eine Frage, die mich im Augenblick ehrlich gesagt nicht sonderlich bewegt.“ Am Dienstag war bekannt geworden, dass Lafontaine sich einer Prostatakrebs-Operation unterziehen muss.« afp/dpa»

In seiner Klarstellung schreibt Ramelow:

„Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eine Anfrage von Herrn Wonka von der Leipziger Volkszeitung, der am Montag, 16. November, über sein Büro ein entsprechendes Interview mit mir vorvereinbart hatte. Dieses Interview markiert Auffassungen von mir, die ich schon Wochen vorher öffentlich immer wieder geäußert habe. Dazu gehört insbesondere die Unterstützung für Oskar Lafontaine zum Vorschlag, in der Parteispitze eine Doppelspitze zu installieren. Darüber hatte ich persönlich mit Oskar gesprochen und im Gegensatz zu vielen ostdeutschen Landesverbandsvertretern bin ich ein vehementer Befürworter der Doppelspitze.

In diesem Zusammenhang ist von mir der Satz gefallen, dass der Vorschlag von Oskar sehr klug gewählt ist, ich ihn sehr unterstützenswert finde, weil damit von ihm ein geordneter Generationswechsel über einen längeren Zeitraum ermöglicht wird. Ich habe auch darauf hingewiesen, dass ein Generationswechsel auf diese Art zeigt, wie Oskar Lafontaine denkt und wie gut es uns tun würde, diese Debatte jetzt offensiv in der Partei zu führen. Das habe ich vor der Krebsdiagnose geäußert und mit wenig Mühe wird man diese Texte von mir in einer Reihe von Zeitungen und meinem längeren Interview im Tagesspiegel nachlesen können.“

Kurzum: Ramelow hat vor Bekanntwerden der Krebserkrankung Lafontaines in Interviews immer wieder gesagt, dass er die Haltung Lafontaines teile, dass die Parteiführung auch in Zukunft mit einer Doppelspitze aus Ost und West und am besten in der Form Mann Frau bestückt sein sollte. Mehr nicht. Was Wonka und die Medienmeute nach Bekanntwerden der Krebserkrankung nun aus den Statements gemacht haben, ist eine perfide und stillose Angelegenheit.

Das muss man sich mal vorstellen. Dieter Wonka ruft am Mittwoch, den 18.11.2009, bei Ramelow an und lässt sich ganz bewusst die bisher getätigten Aussagen zur Doppelspitze noch einmal bestätigen. Und am nächsten Tag erscheint dann die Schlagzeile über eine angeblich stillose Nachfolgedebatte innerhalb der Linkspartei, ausgelöst durch Aussagen von Ramelow, die lange vor Bekanntwerden der Krebserkrankung und in Übereinstimmung mit der Position Lafontaines gemacht worden sind. Ist das nicht verrückt?

Für die offene Schilderung der Vorgänge muss man Bodo Ramelow wirklich dankbar sein. Selten bekommt man so konkrete Einblicke in die schmutzige Welt hinter der publizierten Wirklichkeit. Aber das kennt man ja bereits von Ramelow. Er hat ja auch das Protokoll der letzten Sondierungsrunde mit der SPD in Thüringen veröffentlicht, nachdem die Sozialdemokraten eine sehr eigene Wahrnehmung der Realität verbreiten wollten. Die Matschbirne Matschie stand dann auch sehr ertappt da.

5

Die Zahl des Tages bei der Neuen Presse Hannover

Geschrieben von: am 23. Nov. 2009 um 19:10

Die Neue Presse Hannover päsentiert jeden Tag eine Zahl und eine kleine Geschichte dazu. Diesmal geht es um die Neue Presse selbst. 5 430 000 lautet die Zahl des Tages.

5 430 000 Treffer landet man bei Google in 0,12 Sekunden, wenn man den Begriff „Neue Presse Hannover“ bei der Internet-Suchmaschine eingibt. Dabei verzeichnet unsere Website Zugriffe aus der ganzen Welt – von Hannoveranern, die sich auch aus dem Ausland über ihre Heimat informieren wollen. Gestern waren sogar Besucher von den Kaiman-Inseln, aus Grönland und Vietnam auf unserer Homepage «neuepresse.de».

Zahl des Tages

Das ist natürlich nicht ganz richtig. Wenn man bei google die Worte Neue Presse Hannover hintereinander eingibt, erreicht man durchaus diese hohe Trefferzahl. Dabei spielt es aber keine Rolle, ob die gesuchten Wörter unter den Suchtreffern in der, von der Neuen Presse suggerierten, Reihenfolge stehen. Es kann also auch sein, dass Seiten gefunden werden, in denen Neue, Presse und Hannover irgendwo im Text vorkommen und mit der Neuen Presse an sich nix zu tun haben.

Richtigerweise setzt man einen Begriff, der aus mehreren Wörtern besteht daher in der google-Suchmaske in Anführungszeichen. Damit weist man die Suchmaschine an, nur diesen kompletten Begriff im Internet zu suchen. Und siehe da, schon reduziert sich die Anzahl der Treffer auf 9700. Übrigens steht der tautenhahn.blog dann bereits auf der ersten Seite an neunter Stelle. :p :p :p :D

1

Zur "Gaffer-Bestrafung"

Geschrieben von: am 23. Nov. 2009 um 18:55

Vielleicht haben sie es am Wochenende mitbekommen. Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie (CDU) fordert harte Strafen für Schaulustige, die an Unfallorten rumstehen, ohne zu helfen. Hintergrund ist ein tragischer Unfall auf der A 1 bei Hamburg, bei dem eine Frau, in ihrem brennenden Fahrzeug eingeklemmt, verbrannte und umherstehende Verkehrsteilnehmer die Einsatzhelfer nicht unterstützten. Nun will der Innenminister als Reaktion darauf eine Initiative starten, bei der solchen „Gaffern“ mittels Bildern von Unfällen und Opfern vorgeführt werden soll, wie „hässlich brutal“ die Wahrheit in Wirklichkeit aussehe.

Der Vorstoß ist an sich schon ziemlich absurd und unwürdig, weil er am Kern des Problems völlig vorbei zielt. Aber die Neue Presse Hannover entblödet sich nicht, diesen Quatsch auch noch auf Seite 1 in einem Leitkommentar mit der nötigen emotionalen Sprache zu rechtfertigen. Aber bewerten sie die Einschätzung vom ehemaligen Bildmitarbeiter Christof Perrevoort selbst.

„Aber erst dieser besonders krasse Fall von der A 1 verdeutlicht, wie tief das Problem wirklich sitzt. Denn es gehört noch nicht einmal besonders viel Mut dazu, zum lebensrettenden Feuerlöscher zu greifen. Es wäre nur ein einziger Griff gewesen. Nicht ohne Grund also ruft Schleswig-Holsteins Innenminister in tiefer Wut und Empörung nach einer „Schocktherapie“ für Gaffer. Dabei setzt er auf eine heilsame Wirkung solcher Bilder, die für Retter brutaler Alltag sind: zerquetschte Autowracks, Leichen in Sitzen, blutüberströmte Opfer. Diese Schocktherapie kennen wir bereits. Von Plakaten, die vor überhöhter Geschwindigkeit warnen. Traurig daran ist nur, dass man überhaupt erst zu solchen Mitteln greifen muss, bevor der Mensch etwas begreift. Denn der Gaffer von heute kann morgen selbst das Opfer sein.“

Anstatt sich mit der „sozialen Lähmung“ von Gaffern zu beschäftigen, wie „Psychologe“ Perrevoort es heute tut, hätte er lieber mal die Unfallursachen recherchieren sollen. Schuld an dem Unfall war ein 35 Jähriger, der mit überhöhter Geschwindigkeit und alkoholisiert in seinem BMW unterwegs war, die Leitplanke durchbrach und frontal mit dem Fahrzeug der jungen Frau zusammenstieß. Für mich wäre an dieser Stelle eine Diskussion über ein generelles Tempolimit, generelles Alkoholverbot am Steuer und stärkere Kontrollen durch die Polizei fruchtbarer, als abartige „Schocktherapie-Stunden“ für Gaffer, deren Verhalten ich keineswegs gutheißen will. Das Ganze ist für Perrevoort und die Neue Presse aber anscheinend nicht blutig genug.

Ach ja, dann noch einige interessante Fakten zum mutmaßliche Unfallverursacher, über die ein Herr Perrevoort mal nachdenken sollte:

Nach Polizei-Angaben war der Unfallfahrer zur Tatzeit erheblich alkoholisiert und viel zu schnell unterwegs gewesen. Verstöße, mit denen der Todesraser nicht zum ersten Mal aufgefallen ist: Nach LN-Informationen ist der 35-Jährige Wiederholungstäter. Bereits 2006 ist er vom Amtsgericht Bad Schwartau zu einer Bewährungsstrafe wegen Trunkenheit und Raserei in mehreren Fällen verurteilt worden. Dem Mann war überdies für vier Jahre die Fahrerlaubnis entzogen worden. Ursprünglich hätte er sich erst Mitte 2010 wieder hinter das Lenkrad eines Autos setzen dürfen. Tatsächlich war er in der Unfallnacht mit einem auf ihn zugelassenen BMW unterwegs gewesen – angeblich auf dem Weg zu einer Discothek in Hamburg.

Quelle: Lübecker Nachrichten

Ist die dringendste Frage nicht doch die, wie es sein kann, dass unbelehrbare Verkehrssünder immer wieder legal ein Auto steuern dürfen? Und macht es sich die Politik nicht viel zu einfach, eine von Empörung getragene Scheindebatte um Gaffer zu führen, anstatt dringend benötigte Mittel für die Verkehrspolizei bereitzustellen, damit häufiger kontrolliert werden kann?

0
Seite 240 von 286 «...210220230238239240241242...»