Gestern hat Oskar Lafontaine siebeneinhalb Minuten gesprochen und Gregor Gysi stellvertretend für den Vorstand der Partei Die Linke knapp sieben Minuten. Ausdrücklich sagten beide, dass über die Nachfolge von Oskar Lafontaine keine Aussagen getroffen würde.
O-Ton Gysi: „Die einzige Frage, die sie sich jetzt schenken können, ist die nach irgendwelchen neuen Vorschlägen. Darüber werden wir in den Gremien beraten. Wir werden das auch zügig machen. Aber zumindest von uns beiden werden sie keinen einzigen Namen hören.“
Doch dieses nicht besprochene Thema ist und bleibt die Hauptnachricht einer paralysiert wirkenden Medienlandschaft. Nehmen sie zum Beispiel Springers Welt. Dort titelt man mit der Überschrift „Der Stellungskrieg ist eröffnet“ oder man schöpft plötzlich Hoffnung, wie bei der SPD z.B., die auf einmal wiederentdeckt, dass eine Zusammenarbeit mit der Linken immer von der Person Oskar Lafontaine abhängig gemacht wurde – was für ein schäbiger Seitenhieb. Dazu heißt es in der Zeit: „SPD-Linke: Wachsende Chancen für Rot-Rot im Bund“.
Worüber Lafontaine und Gysi in ihrer Pressekonferenz im Karl-Liebknecht-Haus geredet haben, erfahren sie wohl am Besten dadurch, indem sie es sich selbst anhören. Auf der Seite der Partei Die Linke finden sich gleich als erstes die Audiomitschnitte der Statements.
http://die-linke.de/
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Natürlich geht es auch um den Verzicht Lafontaines auf Parteivorsitz und Bundestagsmandat, aber ich konnte jetzt nicht erkennen, dass sich Lafontaine aus der Bundespolitik zurückziehen werde. Im Gegenteil. Er bleibt als führende Figur mindestens bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen dabei. Überhaupt betonte Lafontaine die Bedeutung der NRW-Wahl für die weitere Entwicklung dieses Landes. Es müsse deutlich werden, welche politischen Kräfte wen zur Kasse bitten wollen, um das Finanz- und Wirtschaftskrisen-Desaster zu bewältigen.
Vor der Bundestagswahl habe sich die schwarz-gelbe-rot-grüne Einheitssoße um die Beantwortung der Frage noch mit der Floskel des Abwartens herumgedrückt, mittlerweile liegen die Kürzungsvorschläge auf dem Tisch. Nur reinen Wein wolle man den Wählerinnen und Wählern erst nach er NRW-Wahl einschenken. Das sei ein angekündigter Wahlbetrug. Lafontaine wiederholte einmal mehr seine zentralen Aussagen, die er auch schon bei seinem ersten Auftritt dieses Jahr am 19. Januar im Saarland (ich berichtete hier im Blog darüber) ausführlich vorgetragen hat.
Gregor Gysi zog Bilanz und würdigte das Wirken Oskar Lafontaines für die Entstehung der Partei Die Linke, die es so wahrscheinlich nicht gegeben hätte. Er sprach über das Prinzip der Vereinigung, die sich von dem eines bloßen Beitritts deutlich unterscheide. Daraus las ich persönlich jetzt auch einen versteckten Seitenhieb auf die Abwicklung der DDR durch die alte Bundesrepublik, die ja auch nach den Maßstäben des Grundgesetzes (siehe bspw. Eigentumsfrage) höchst bedenklich war. Hören sie sich die Statements an. Oskar Lafontaine wird von der Bildfläche nicht verschwinden, aber auch nur sooft auftauchen, wie es der Gesundheitszustand nun einmal zulässt. Schließlich hat er ja kein gebrochenes Bein, Husten oder Schnupfen, sondern Krebs. Eine Krankheit, die man also nicht so einfach wegstecken kann. Auch das brachte Lafontaine deutlich zum Ausdruck.
JAN