Ein kleines Jobwunder?

Geschrieben von: am 21. Apr 2010 um 18:42

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle befindet sich im Dauerrausch. Bei der Vorstellung seiner Prognose für die deutsche Wirtschaft sagte er:

Quelle: Süddeutsche

„Deutschlands Wirtschaft wächst wieder, wir erleben so etwas wie ein kleines Jobwunder.“

Ein kleines Jobwunder? Der Mann hat ein ernsthaftes Problem. Zu den Arbeitsmarktstatistiken ist das Nötige bereits wiederholt gesagt worden. Richtig verantwortungslos und kriminiell wird es aber, wenn Brüderle meint, auf der Grundlage nachweislich falscher Annahmen zur Arbeitsmarktsituation, weiterhin das liberale Mantra von den Steuersenkungen verteidigen zu können:

Die positive Lage am Arbeitsmarkt schafft nach den Worten von Brüderle Spielräume für Steuersenkungen. In seiner Rechnung unterstellt der Minister, dass 100.000 Arbeitslose weniger rund zwei Milliarden Euro Staatsausgaben weniger bedeuten.

Das ist schlicht gelogen, weil die Kosten für die Kurzarbeit, die in Wahrheit eine verdeckte Subvention für die Unternehmen ist, sehr viel höher liegen, als die Kosten tatsächlicher Arbeitslosigkeit infolge eines Krisenverlaufs. Egon W. Kreutzer hat das in seinem jüngsten Paukenschlag einmal ausgerechnet und schreibt dazu:

„Kurzarbeit ist die Subvention, die es der Wirtschaft erlaubt, sich kostenlos ein „stehendes Heer“ von Mitarbeitern zu halten, die bei Bedarf jederzeit, von einem Tag auf den anderen reaktiviert und in den Produktionsprozess eingebunden werden können.“

Dazu später mehr. Die dreiste Täuschungsabsicht der Bundesregierung, den Menschen weißmachen zu wollen, dass es bergauf gehe, ist kaum noch auszuhalten. Brüderle meint weiter:

„Die erfreuliche Belebung der deutschen Wirtschaft wird von der Erholung der Weltwirtschaft, aber zunehmend auch von der Binnennachfrage getragen.“

Auch das ist gelogen. Wenn es richtig ist, wie Egon W. Kreutzer schreibt, dass durch die Kurzarbeit die Unternehmen in diesem Land um etwa 7,3 Mrd. Euro entlastet werden, weil die Bundesagentur für Arbeit Entgelte und Sozialversicherung übernimmt, so muss diese Summe auf der anderen Seite durch Beschäftigte und Konsumenten aufgebracht werden. D.h., dass die Kaufkraft der Menschen in diesem Land gerade um diese 7,3 Mrd. Euro gemindert wird. Denn einer muss die Leistungen der Bundesagentur bezahlen. Es kann also keinesfalls richtig sein, zu behaupten, dass die Binnennachfrage zunehme bzw. einen größeren Anteil an einer wirtschaftlichen Erholung trage.

Das ist grobe Irreführung und dummes Zeug. Es gibt ja nicht mal eine wirtschaftliche Erholung, die die Bezeichnung verdienen würde. Da wird von Wachstum gefasselt, obwohl der Absturz und dessen Folgen noch gar nicht richtig verstanden wurden. Laut Schätzung der OECD vom 7. April soll Deutschland im Vergleich der G7 im ersten Quartal 2010 mit -0,4 Prozent einen erneuten Rückfall in den Schrumpfungsprozess erlebt haben und damit Schlusslicht bei der wirtschaftlichen Entwicklung sein (siehe Jahnkes Infoportal). Nach den Zahlen von Eurostat, so Jahnke weiter, habe Deutschland im vierten Quartal 2009 auf Platz 12 von 18 Vergleichsländern abgeschnitten.

Selbst der neulich wieder gefeierte Exportanstieg, der ebenfalls die Behauptung Brüderles widerlegt, wonach die Binnennachfrage einen höheren Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung einnähme, liegt aktuell immer noch um rund 16 Prozent unter dem Stand von vor zwei Jahren. Bezüglich der Exporte konnte gerade einmal der Einbruch aus dem Januar wieder ausgeglichen werden. Von Erholung also keine Spur. Joachim Jahnke schreibt dazu ganz klar:

„Die Produktion läuft bereits seit September vergangen Jahres wieder nach unten oder stagniert (gegenüber September 2009 -1,7 %, ohne Energie und Bau – 1,3 %). Im Februar stagnierte die Produktion auch ohne das Bau- und das Energiegewerbe; am kalten Winter kann es also nicht gelegen haben, wie der Bundeswirtschaftminister in seiner Kommentierung meint. Besonders negativ ist zuletzt die Entwicklung der Konsumgüterproduktion verlaufen, was vor allem mit der schlechten deutschen Binnenkonjunktur zusammenhängen dürfte.

Was wiederum auch am koalitionären Dauerbrenner „Kurzarbeitergeld“ liegen dürfte. Die Verlängerung dieser Maßnahme, die nur den Interessen der Wirtschaft diene und nicht den Interessen der Arbeitnehmer (siehe Kreutzer), kann nie und nimmer dazu beitragen, die wirtschaftliche Entwicklung zu stabilisieren. Im Gegenteil. Sie wirkt krisenverschärfend, weil sie das unsinnige deutsche Exportmodell stützt und erlaubt, deutsche Produkte auf den Weltmärkten auch weiterhin konkurrenzlos günstig anzubieten. Kreutzer schreibt dazu:

„Unternehmen in einer Volkswirtschaft mit Kurzarbeitsregelung sind gegenüber Unternehmen in Volkswirtschaften ohne Kurzarbeitsregelung klar im Vorteil, weil sie die Kosten und das Risiko schwankender Auftragseingänge sozialisieren, also auf die Beschäftigten und den Staat abwälzen.
Dieser Kostenvorteil wird, so weit erforderlich, in der Akquisition in Form von Dumpingpreisen an den Weltmarkt weitergegeben, während der verbleibende Überschuss den Eignern zufließt.“

Und so etwas dürfen sie mit Fug und Recht als kriminell bezeichnen, weil diese Politik nicht nur Deutschland schadet, sondern auch den europäischen Partnern, denen man gerade aufträgt, dass sie ihre Finanzen in Ordnung zu bringen hätten, während man selber dafür sorgt, den Versuch der Konsolidierung in diesen Ländern durch die oben beschriebene Politik im eigenen Land zu unterminieren. Erstaunlich robust ist also nicht etwa der von Brüderle angeführte Arbeitsmarkt, sondern seine eigene Borniertheit und die seiner „Experten“, die den Menschen selbst dann noch Sachverstand vorgaukeln, wenn dieser bereits zigmal widerlegt worden ist und diese Leute eigentlich vor Scham tief im Boden versunken sein müssten. Sie kommen jedoch immer wieder. Weil die Medien sie lassen, statt sie endlich anzuklagen und solche Dummschwätzer wie den Professor (Un)Sinn auch als solche zu brandmarken.

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Der Lacher des Tages: Wulff for President?

Geschrieben von: am 21. Apr 2010 um 15:29

Das ist ja unglaublich. Wegen seiner Personalentscheidung, mit Aygül Özkan eine Muslimin in sein Kabinett zu berufen, wird Ministerpräsident Christian Wulff nun sogar als Nachfolger für Bundespräsident Köhler ins Gespräch gebracht. Und ich dachte, er qualifiziert sich bereits dadurch für so ein hohes Amt, weil er günstigere Flugreisen annimmt, die ihm als Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen angeboten wurden.

Quelle: AFP

Nach seiner Entscheidung, eine Muslimin türkischer Abstammung zur ersten Ministerin in Deutschland zu berufen, ist der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) als möglicher Nachfolger von Bundespräsident Horst Köhler im Gespräch. Politiker von CDU, CSU und FDP lobten Wulffs „zukunftsweisende“ Personalentscheidung und schlossen seine Kandidatur für das höchste Staatsamt in vier Jahren nicht aus.

Dazu passt natürlich die Meldung, dass Wulffs Innenminister Uwe Schünemann heute den Verfassungsbericht präsentierte. Darin heißt es:

In Niedersachsen leben etwa zehn in sogenannten Terror-Camps ausgebildete Islamisten.

„Von drei wissen wir konkret, von sieben mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass sie nach ihrer paramilitärischen Ausbildung zurückgekehrt sind.“

Quelle: NDR-Online

Da hätte ein lustiger Journalist mal fragen können, ob Frau Özkan beim Vorstellungsgespräch zweifelsfrei hat widerlegen können, keine religionsbedingten extremistischen Abischten zu verfolgen. Immerhin sei die islamistische Terrogefahr in Niedersachsen unvermindert hoch, so Schünemann. :DD

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Wir reisen auf Sicht! – zu Volker Pispers

Geschrieben von: am 20. Apr 2010 um 21:15

Was haben die Bundesregierung und deutsche Airlines gemeinsam? Sie vertrauen den Augen ihrer Piloten. Es ist wirklich lustig. Sie erinnern sich doch noch? Seit Ausbruch der Krise fährt die Kanzlerin auf Sicht, weil niemand sicher sagen könne, wann die Wirtschaftskrise vorbei sei. Das war ja der Wahlkampfschlager zur Bundestagswahl und darüber hinaus. Dann kam die FDP an die Regierung und das Unheil über uns. Lange habe die Natur nun schweigend zugeschaut. Jetzt räche sie sich, zitiert Volker Pispers eine mögliche Verschwörungstheorie. Die Ernennung von Westerwelle, Brüderle und Niebel zu Bundesministern habe das Magmafass zum Überlaufen gebracht. Diese und weitere Theorien im Beitrag von Volker Pispers weiter unten.

Jedenfalls hat sich nun auch der Verkehrsminister Ramsauer zum Steuern auf Sicht überreden lassen. Falls etwas am Himmel passieren sollte, tragen die Airlines und in letzter Instanz wohl die Piloten die Verantwortung und nicht der Minister, die Flugsicherung oder der deutsche Wetterdienst, der nach Kachelmanns Inhaftierung konkurrenzlos prognostizieren darf. Das nun wieder unterscheidet die Piloten der Bundesregierung von den Piloten in den Cockpits. In Berlin übernimmt niemand Verantwortung. Vieleicht spuckt ja auch deshalb der Vulkan soviel Asche in Richtung Deutschland. Um die Häupter von Politikern oder katholischen Bischöfen zu bedecken, die es von sich aus niemals tun würden.

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FTD: Bankenrettung treibt Staatsschulden

Geschrieben von: am 20. Apr 2010 um 17:58

Diesen Bericht in der Financial Times Deutschland müssen sie sich unbedingt speichern. Dort wird einmal klipp und klar festgehalten, welcher Vorgang für den Anstieg der Staatsschulden maßgeblich war. Nicht Konjunkturprogramme und Bankenrettung, sondern nur die Bankenrettung.

Die Stützung der Finanzinstitute ist für den Großteil der in den vergangenen beiden Jahren in Deutschland aufgehäuften Schulden verantwortlich. Das geht aus den Zahlen zur Staatsverschuldung hervor, welche die Bundesbank am Montag veröffentlichte. So entfielen in den Jahren 2008 und 2009 rund 53 Prozent der Bruttoneuverschuldung auf Rettungsmaßnahmen zugunsten von Finanzinstituten im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise. Insgesamt lag die Verschuldung Ende 2009 bei 1762 Mrd. Euro beziehungsweise 73,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Insgesamt stieg die deutsche Bruttoneuverschuldung in den beiden Jahren bis Ende 2009 um 183 Mrd. Euro. Die Kosten der Stützung der Finanzinstitute lag in dieser Zeit bei rund 98 Mrd. Euro, teilte die Bundesbank mit. So stieg von 2007 bis 2009 auch die Gesamtverschuldung um über acht Prozentpunkte, 2007 lag sie noch bei 65 Prozent des BIPs. Im Stabilitätsprogramm von Anfang 2010 erwartet die Regierung eine Zunahme bis auf 82 Prozent im Jahr 2013.

In den Jahren 2008 und 2009 sind also bereits rund 98 Mrd. Euro an die Banken direkt geflossen. Nur mal zum Vergleich. Für das Konjunkturpaket II, das über zwei Jahre verteilt, die gesamte Wirtschaft ankurbeln sollte, hatte ein Finanzvolumen von etwa 50 Mrd. Euro. Dafür mussten neue Schulden in Höhe von rund 37 Mrd. Euro aufgenommen werden. Die FTD schreibt diesbezüglich folgerichtig einen Satz, den sich bitte alle Mainstream-Ökonomen, Wirtschaftslobbyisten, Politiker und Journalisten einprägen und einrahmen sollten:

Mit Veröffentlichung der Bundesbank-Daten wird nun klar, dass jedoch nur ein geringerer Teil der Bruttoschulden, welche die Bundesregierung in den vergangenen beiden Jahren machte, direkt auf die Konjunkturhilfen zurückzuführen ist.

Wie wahr. Dennoch wird auch weiterhin munter behauptet werden, dass Bankenrettung und Konjunkturhilfen gleichermaßen zur hohen Staatsverschuldung beigetragen hätten.

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Kriegs-Showdown am Donnerstag

Geschrieben von: am 20. Apr 2010 um 13:19

Okay, soweit wird es wahrscheinlich nicht kommen. Trotzdem hat sich die Bundesregierung vorgenommen, beim leidigen Thema Afghanistan am Donnerstag zum Angriff überzugehen. Die Kanzlerin im Bundestag und der Herr zu Guttenberg vorm Kunduz-Untersuchungsausschuss. Da können sie sich aber auf eine geballte Ladung Wortakrobatik gefasst machen. Wahrscheinlich wird die Kanzlerin mit dem neuesten Argument für die Notwendigkeit des Krieges aufwarten. Da gibt es nämlich jede Woche was anderes zu hören. Aktuell sei der Einsatz der Bundeswehr ja nötig, äh alternativlos, weil Terroristen nach der Atombombe greifen würden, wenn man ihnen Afghanistan kampflos überließe. Man fragt sich nur, warum die Taliban, respektive Terroristen, das nicht schon getan haben, als sie noch über Afghanistan herrschten. Irgendwie klingt die Atombombentheorie wie jene, die Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen unterstellte. Wäre Frau Merkel damals schon Kanzlerin gewesen, wir würden auch deutsche Soldaten beerdigen, die für CDU und FDP im Irak ihr Leben verloren hätten.

Nachdem die Bundesanwaltschaft bekanntgegeben hat, gegen Oberst Klein nicht weiter ermitteln zu wollen, fordern Union und FDP bereits die Einstellung des Untersuchungsausschusses wegen fehlender Geschäftsgrundlage. Schließlich gäbe es kein strafrelevantes Verhalten mehr, das man näher untersuchen müsse. Aber Herr zu Guttenberg solle seinen Auftritt noch bekommen, heißt es aus den Reihen der Koalition. Ich frage mich allerdings, wie man aus der Einstellung des Strafverfahrens gegen Klein schließen kann, dass es nun nichts mehr aufzuklären gäbe. In dem Untersuchungsausschuss geht es doch nicht primär um das Verhalten des Kommandeurs vor Ort, sondern um das der politischen Führung. Was wusste die Regierung und warum wollte sie die Realität über den Angriff auf zwei Tanklastzüge nahe Kunduz vertuschen? Wieso bezeichnete zu Guttenberg den Angriff zunächst als militärisch angemessen und später vor dem Bundestag als unangemessen? Wieso mussten ein Minister, ein Staatssekretär und ein Generalinspekteur ihren Hut nehmen, wenn angeblich kein Fehlverhalten vorliegt?

Zudem bedeutet die Verfahrenseinstellung gegen Klein nun überhaupt nicht, dass der Oberst am 4. September 2009 richtig handelte. Vielmehr zeigt die Entscheidung der Bundesanwaltschaft, wie abhängig die Staatsanwälte von der politischen Führung in diesem Land zu sein scheinen. Sie sehen nämlich nicht mal den Verdacht eines Kriegsverbrechens. Das ist skandalös. Oberst Klein hat doch selbst zugegeben, eine Gruppe von Menschen gezielt treffen zu wollen, weil sie eben angeblich da waren und nicht weil Tanklastzüge seine Soldaten bedrohten. Er wollte hochrangige Taliban töten, die er bei den Tanklastzügen vermutete. Er log nachweislich, als er behauptete, dass ihm diesbezüglich verlässliche Informationen vorgelegen hätten und er log auch, als er behauptete, dass sein Vorgehen alternativlos gewesen sei. Er stand auch nicht unter besonderem Druck, sondern wollte sich vielleicht militärisches Ansehen erbomben.

Die amerikanischen Piloten sind bereits bestraft worden, weil sie den Befehl Kleins ausführten. Das ist Fakt. Warum nur? Weil es nicht nur falsch oder fahrlässig, sondern schlicht ein Verbrechen war, den Tod von Zivilisten billigend in Kauf zu nehmen? Und ist es nicht deutsche Tradition, Kriegsverbrechen als Folge erlaubter Methoden der Kriegsführung zu verharmlosen? Da sollte sich die Bundesanwaltschaft was schämen. Doch zu Guttenberg feiert bereits. Die Soldaten hätten nun Rechtssicherheit. So als ob er sagen wollte, dass Deutsche in Afghanistan nun auch militärisch unangemessen auf alles feuern dürfen, was irgendwie nach Taliban aussieht…

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Warum Hannover 96 nicht absteigen sollte

Geschrieben von: am 19. Apr 2010 um 14:07

Nach dem vernichtenden 0:7 bei Bayern München am Wochenende steht Hannover 96 auf dem vorletzten Platz der Bundesliga und mit dem Rücken zur Wand. Ich will gar nicht über die katastrophale Leistung der Mannschaft reden, und ich verstehe auch nicht, wie umfassend Journalisten in Presse, Funk und Fernsehen darüber reden können. Wenn man von einer indiskutablen Leistung spricht, sollte man auch nicht weiter darüber diskutieren, sondern sich wichtigeren Themen zuwenden. Zum Beispiel der nichtgestellten Frage, was eigentlich passiert, wenn Hannover 96 in die zweite Liga absteigt? Die Frage ist jetzt nicht sportlich gemeint, sondern politisch!

Denn im Falle eines Abstiegs wird der Steuerzahler zur Kasse gebeten. Das haben schon wieder viele Journalisten vergessen, wenn sie denn überhaupt eine Ahnung davon haben. Es geht um den letzten Stadionumbau zur Fußballweltmeisterschaft 2006, Martin Kinds Meisterstück sozusagen. Was ist da eigentlich passiert? Wer hat das Ganze bezahlt? Und wie refinanziert sich eine Investition in Höhe von 65 Millionen Euro?

Als lange vor der WM die Verträge gemacht wurden, übrigens nicht nur bei der Arena in Hannover, sondern auch in anderen Städten, bediente man sich eines Finanzierungskonzepts, dessen Scheitern in der aktuellen Wirtschaftskrise überdeutlich wurde. Es geht um die sog. öffentlich privaten Partnerschaften (ÖPP oder auch PPP genannt). Der Bundesrechungshof hatte vor einiger Zeit einmal ziemlich deutlich diese Partnerschaften als viel zu teuer gerügt. Vordergründig geht es nämlich immer darum, es so aussehen zu lassen, als würde die öffentliche Hand aus der Finanzierung von größeren Projekten herausgehalten. Das sichert den Poltikern die Gunst des Volkes und den Geschäftemachern die nötige Rendite aus öffentlichen Mitteln über Jahre hinweg.

Im Fall Hannover 96 hatte sich Vereinsboss Martin Kind ein tolles Konzept ausgedacht, das sich wie folgt darstellt. Das Land Niedersachsen und die Stadt Hannover steuerten rund 21,5 Millionen Euro als festen Zuschuss bei, während die private Finanzierung über zwei Kredite sichergestellt wurde. Ein Kredit in Höhe von rund 21,6 Millionen Euro, für den Stadt und Land übrigens bürgen, kam von der KfW und ein zweiter Kredit in Höhe von etwa 22,2 Millionen Euro von der Nord/LB und der Sparkasse Hannover, die sich das Geld auch entsprechend absichern ließen. Denn sollte die Stadionbetreibergesellschaft einmal Pleite gehen, müsste die Stadt einspringen.

Der eigentliche Skandal an der Finanzierungsgeschichte ist nun, dass Martin Kind und Co. die Laufzeit des Vertrages mit Beginn in 2005 auf über 25 Jahre festgeschrieben haben und zwar unter der Annahme, dass Hannover 96 erstklassig bleibt. Darüber habe ich mich schon aufgeregt, als die Pläne bekannt wurden, aber niemanden im allgemeinen WM-Fieber zu interessieren schienen. Nur was passiert im Falle des Abstiegs? Das ist nämlich klar geregelt. Der Steuerzahler wird mit 850.000 Euro pro Jahr zur Kasse gebeten, für jedes Jahr, in dem die Mannschaft nicht in der ersten Liga spielt.

Nun muss man wissen, dass die Stadt Hannover im letzten Jahr bereits angekündigt hatte, brutal sparen zu wollen. Für das aktuelle Jahr rechnete der Oberbürgermeister Stephan Weil mit einem Defizit von 176 Millionen Euro in der Kasse. Über 50 Millionen Euro wollte er dieses Jahr weniger ausgeben und rund 20 Millionen in der Verwaltung einsparen. Im letzten September sagte er vor wütenden Demonstranten:

„Wir haben in diesem und im nächsten Jahr jeweils Einnahmeverluste in Höhe von etwa 150 Millionen Euro, kommen nicht drumherum, gegezusteuern. Das versuchen wir, ohne die Substanz der Stadt zu schädigen.“

Quelle: Bild-Online

Und zur Substanz der Stadt gehört es eben auch die Rendite privater Investoren aus PPP-Projekten um jeden Preis zu sichern. Auch Sportjournalisten sollten endlich aufwachen und die politische Dimension ihres Tätigkeitsbereichs zur Kenntnis nehmen. Anstatt über Abstiege und Meisterschaften und über Spieler und Trainer das immergleiche zu philosophieren, könnte man sich einmal mit den harten wirtschaftlichen Fakten auseinandersetzen und diese zum Thema machen.

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Quellen:
Interview mit Dr. Karl-Heinz Vehling, ehem. Chef der AWD-Arena
http://www.regional-themenguide.de/service/sms/tipps__infos/magascene_aktuell/interview/im_interview_dr_karlheinz_vehling_chef_der_awdarena.html

Philipp Eisenberger, Die Finanzierung von Sportarenen

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Rien ne va plus – Nichts geht mehr

Geschrieben von: am 19. Apr 2010 um 11:50

Eine Aschewolke über Europa legt nahezu den gesamten Flugverkehr lahm. War das nicht toll am Wochenende? Kanzlerin Merkel musste ihre Heimreise sogar über die sog. „Schweinestaaten“ (PIIGS) Spanien und Italien antreten. Trotz dramatischer Haushaltsdefizite halten die offenbar ihre Infrastruktur immer noch in Ordnung, während bei uns über die Beseitigung der Schlaglöcher aus dem Winter gestritten wird. So ist das eben beim Hausaufgabenweltmeister. Trotzdem brauste die Kanzlerin mit Tempo 220 Richtung Berlin und allen Journalisten davon. Mit dem Dienstwagen samt Fahrer übrigens, der Merkel aus Italien abholte.

Dabei frage ich mich, wieso die Kanzlerin den Bonsai-Duce Berlusconi nicht gleich mitgenommen hat. Eine Fahrgemeinschaft sozusagen. Dann hätten die beiden heute gemeinsam die Hannover Messe eröffnen und gleichzeitig eine unschlagbare persönliche Umweltbilanz vorweisen können. So bleibt der italienische Diktator wegen des Flugchaos‘ der Veranstaltung fern und das ist auch gut so. Es gibt ja ohnehin nichts zu feiern. Auch wenn der Bundeswirtschaftsminister Brüderle das anders sieht. Er sagte gestern in Hannover:

„Es geht wieder voran. Wir haben wieder Wachstum in Deutschland“

So berauscht kann eigentlich nur ein Säufer reden, der keine Erinnerungen mehr an seinen letzten Absturz hat und schon wieder so besoffen ist, dass er seinen Kater gar nicht mehr wahrzunehmen vermag. Aber egal, die Aschewolke wirkt eben nicht gegen alles. Jedoch bzüglich der vielen sinnlosen Reisen von Politikern zu Veranstaltungen und Gipfeltreffen, die keine nennenswerten Ergebnisse bringen, ist diese Aschewolke über Europa ein richtiger Segen. Sie ersetzt in gewisser Weise den nötigen Protest. Dabei würde mich am Rande mal interessieren, welche Bedeutung die katholische Kirche diesem Naturereignis beimisst.

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Kriegspropaganda in den Tagesthemen

Geschrieben von: am 16. Apr 2010 um 14:31

Gestern gab es in den Tagesthemen mal wieder einen schauderhaften Kommentar zum Thema Afghanistan. Alois Theisen vom hessischen Rundfunk versuchte darin, die mögliche Falschheit des deutschen Einsatzes zu benennen und gleichzeitig doch wieder Gründe zu erfinden, den Krieg fortzusetzen. Natürlich durfte das obligatorische Linken-Bashing zu Beginn des Kommentars nicht fehlen.

Raus aus Afghanistan sei ein Reflex der Linken, auf den sich die Taliban nach jedem Mordanschlag verlassen könnten. Ist es Dummheit oder Ignoranz, die Herrn Theisen da befallen hat. Die Partei die Linke ist die einzige Partei im deutschen Bundestag, die den Krieg in Afghanistan von Anfang an ablehnt. Sie reagieren nicht reflexhaft, sondern konsequent, weil sie Recht haben, mit dem was sie sagen. Im Übrigen verüben die Taliban keine Mordanschläge, sondern kämpfen, wie die NATO-Truppen auch.

Ich verstehe immer nicht, warum das Töten durch Taliban-Waffen qualitativ schlechter sein soll, als das Töten durch NATO-Truppen und Bundeswehr. Zur Aufgabe der Bundeswehr gehört es doch auch, sog. Aufständische zu bekämpfen. Die Lüge von den friedlichen Soldaten, die ein bissel beim Aufbau des Landes und beim Ausbilden afghanischer Sicherheitskräfte helfen, ist doch längst aufgedeckt worden.

Was soll also dieser bescheuerte Ton, der gleichzeitig jenen politischen Dummschwätzern gefallen dürfte, die von keinem richtigen Krieg sprechen wollen und den Gegner auch nicht als solchen begreifen, sondern allenfalls als unlawful combatant, also unrechtmäßigen Kämpfer, der keinerlei Rechte hat und über Jahre in Lager eingesperrt werden darf.

Aber eines sei ja richtig, so Theisen. Wir bräuchten endlich eine offene, eine radikal ehrliche Analyse der Kernfrage… Bis hier hin klingt das wie die Forderung nach einer brutalstmöglichen Aufklärung. Doch dann kommt Theisens Kernfrage.

„Ist der Krieg in Afghanistan noch zu gewinnen?“

Nach acht Jahren Krieg in Afghanistan ohne Erfolgserlebnisse stellt sich ein Journalist vom Hessischen Rundfunk also die Kernfrage, ob der Krieg in Afghanistan noch zu gewinnen sei. Müsste die Frage nicht eher lauten, ob der Krieg noch einigermaßen kontrolliert verloren werden könne? Was will man denn da noch gewinnen? Wie blöd können sich unsere Journalisten eigentlich noch anstellen, frage ich mich dabei.

Wenn die Mission aussichtslos sei und Afghanistan zu einem neuerlichen Vietnam würde, dann sollte die Bundeswehr tatsächlich raus. Toll! Wieso eigentlich Vietnam? Warum fragt der Journalist nicht die Russen? Die waren doch auch schon einmal in Afghanistan und haben dort lange Jahre vergeblich gekämpft. Nein, wir sind nicht die Russen, sondern die Gutmenschen, die den Afghanen die Demokratie bringen wollen.

Wenn der Einsatz alternativlos sei, so wie es die Kanzlerin sagt, dann müssten nach Theisen die Soldaten alles bekommen, was das Waffenarsenal der zivilisierten westlichen Welt hergäbe, um die Taliban ordentlich bekämpfen zu können. Notfalls auch um den Preis neuer Schulden. Da spricht ein Kriegstreiber ersten Ranges, der natürlich auch einen fundierten Grund nennt, warum der Krieg unbedingt gewonnen werden muss. Denn wenn das Land in die Hände der Taliban fiele, als ob das nicht schon längst der Fall wäre, würde Pakistan als nächstes fallen und somit dem islamistischen Terroristen den Zugang zur Atombombe ermöglichen.

Das wiederum ist nun ganz dunkle Demgogie und Kriegspropaganda von einem angeblich unabhängigen Journalisten. Einfach nur widerlich. Guckt der Depp eigentlich seine eigenen Nachrichten? Pakistan wird schon seit längerem von den Taliban als Rückzugsgebiet benutzt. Die müssen da nicht erst hin, um sich eventuell Atomwaffen zu beschaffen. So ein Unsinn. In Afghanistan kämpfen auch nicht nur Taliban, sondern die verschiedensten Gruppen. Und nicht jeder strebt die Weltherrschaft an, wie es sich der Herr Theisen offenbar in seinem kranken Hirn vorstellt, um den absurden Krieg in Afghanistan zu rechtfertigen.

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Link zum Videoausschnitt:
http://www.tagesthemen.de/multimedia/video/sendungsbeitrag46134.html

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Aufgemerkt! Pelzig unterhält sich mit dem Würzburger Wirtschaftsermittler Uwe Dolata

Geschrieben von: am 16. Apr 2010 um 10:28

Heute Abend um 22:30 Uhr können sie im Bayerischen Fernsehen die Wiederholung der letzten Aufgemerkt!-Sendung vom 8. April sehen. Darin unterhielt sich Frank-Markus Barwasser alias Erwin Pelzig mit dem Würzburger Wirtschaftsermittler Uwe Dolata über Korruption und Wirtschaftskriminalität in Deutschland. Ein sehr aufschlussreiches Interview, das jeder gesehen haben sollte. In Sachen Korruption sei Deutschland Weltspitze, so Dolata. Die Strukturen im Gesundheitswesen zum Beispiel seien mafiös. Deutschland sei diesbezüglich eine Lobbykratie, in der organisierte Kriminalität zum Alltag gehöre. Bundesgesundheitsminister Rösler werde demnach auch als Bettvorleger der Pharmalobby enden…


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Aschewolke: Warum bricht die Wirtschaft nicht zusammen?

Geschrieben von: am 16. Apr 2010 um 10:13

Nun warte ich bereits seit gestern auf die ersten Meldungen unserer Airlines, dass sie in einer existenzbedrohenden Situation stecken. Bei uns im Norden fliegt nämlich nüscht mehr und auch der Airport Frankfurt am Main wurde heute morgen geschlossen. Auf unbestimmte Zeit, wie es heißt. Doch wo sind die Arbeitgeber, die ihre Piloten mit der Begründung feuern, sie würden erheblichen betriebs- und volkswirtschaftlichen Schaden anrichten, wenn sie von ihrem Grundrecht auf Streik Gebrauch machen?

Tja, höhere Gewalt eben. Das ist wohl wieder was anderes. Das Ganze hat aber auch etwas Positives. Wenn sich die Aschewolke nun almählich über ganz Deutschland ausbreitet und die Landeplätze immer weniger werden, können die Kanzlerin und ihr Verteidigungsminister nicht mehr einreisen. Zumindest nicht so schnell. Das wäre doch die Gelegenheit, das Ruder an sich zu reißen und die Grenzen dicht zu machen. Wo steckt eigentlich das Pickelgesicht Westerwelle? Der kann auch gar nix. Wenn der mal außer Landes sein darf, ist er’s nicht. Jedenfalls ist der Rest der Regierung am Boden gebunden. Zahlreiche Termine mussten abgesagt werden. Eine wirklich gute Gelegenheit… :>>

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