Der Tag mit Volker Pispers

Geschrieben von: am 15. Sep 2010 um 17:59

Ich habe heute keine Nachrichten gehört oder gelesen und schon gar nicht die Generaldebatte im Deutschen Bundestag verfolgt. Der gestrige Auftakt zur Sitzungswoche hat mir gereicht. Ich habe heute nach der Arbeit Rasen gemäht, weil endlich einmal wieder die Sonne schien. Da lasse ich mir die lange aufgeschobene Gartenarbeit doch nicht von einer langweilig daherschwafelnden Bundeskanzlerin verderben. Sie soll ja in ihrer Verzweiflung allen ernstes das bereits heute schon zum Milliardengrab mutierte und von den Bürgern heftig zurückgewiesene Bahnprojekt Stuttgart 21 als Beispiel für die Zukunftsfähigkeit der Regierung angeführt haben. Da beschleicht nicht nur Volker Pispers das Gefühl, dass in diesem Land nach dem Motto regiert würde, jetzt sei eh alles egal…

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Haushaltsdebatte als Farce – der Lobbyismus als Staatsprinzip

Geschrieben von: am 14. Sep 2010 um 12:13

Im letzten Jahr saß Frau Merkel bei Anne Will und beschrieb sich und ihre Amtsführung mit folgendem Satz:

„Ich bin mal liberal, mal christlich-sozial, mal konservativ.“

Man könnte das für ein schönes Beispiel Merkelscher Beliebigkeit halten, und ich habe das anfangs auch gedacht, in Wirklichkeit aber folgt ihre Politik nur einem ganz konkreten Muster. Und zwar den Lobbyismus zum Staatsprinzip zu erklären. Quasi unter Ausschaltung des deutschen Bundestages dürfen Banken und Finanzwirtschaft darüber bestimmen, was sie zu zahlen haben und was sie vom Staat bekommen. Ferner dürfen Pharmaunternehmen und private Krankenkassen bestimmen, was sie zu bezahlen haben und was sie vom Staat bekommen. Und nun ist auch klar, dass die Atomwirtschaft bestimmt, was sie zu bezahlen hat und was sie vom Staat bekommt.

Geheimabkommen machen es möglich. Das ist nicht neu. Wahrscheinlich erinnert sich noch jemand an den tollen Deal der SPD-Gesundheitministerin for ever Ulla Schmidt mit den Apothekern. Dafür, dass nämlich die Menschen dank Praxisgebühr und Medikamentenzuzahlung weniger Pillen konsumierten und damit für Einsparungen bei den Arzneimittelkosten sorgten, mussten die Apotheker natürlich aus den nunmehr entstandenen Einsparungen/Gewinnen entschädigt werden, weil die ja auf dem ganzen Pillendreck sitzen geblieben waren. Dieser Vertrag mit der rot-grünen Bundesregierung trug auch die Unterschriften von Union und FDP und regelte die Existenzsicherung der Apotheken auf deren Umsatzbasis aus dem Jahre 2002. Toll oder? Da hätte man die Pillen auch gleich weiterfressen können, meinte Georg Schramm in seinem damaligen Kabarettprogramm Thomas Bernhard hätte geschossen und fügt sehr scharf hinzu, dass das selbe Argument für Hartz IV-Empfänger freilich und bewusst nicht gegolten habe, weil die Existenzsicherung des Einzelnen in Zeiten der Globalisierung angeblich nicht mehr möglich sei.

Das wiederum gilt auch heute in Zeiten der scheinbaren Merkelschen Beliebigkeit. Wenn es um Kürzungen im Sozialetat geht, wird die Debatte sehr offen im Parlament und in der Bild-Zeitung geführt. Da gibt es keine geheimen Deals und Absprachen. Der Pöbel soll sich schließlich aufregen und seine Wut gegen jene richten, die noch weniger haben, als man selbst. Klassenkampf im Armenhaus lautet da das Motto. Mit dummen Argumenten und absurden Zusammenhängen wird demenstprechend die aktuelle Haushaltsdebatte geführt. Allein schon der Auftritt – es müsste viel eher das Aufrollen heißen – von Dr. Wolfgang Schubladen-Schäuble ist albern durch und durch. Gerade mal einen oder zwei Tage nach der erneuten 40-Mrd. Garantie an die HRE schwafelt der Finanzminister von der dringenden Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung.

Es gäbe halt keine Alternative, um die HRE langfristig zu sanieren. Das ist schon klar, wenn man sich vor Augen hält, dass die HRE bis dato jedesmal mit der Pleite drohte, um weitere Garantien vom Staat zu erpressen. Wer garantiert denn, dass die Banker in Staatsdiensten nicht noch einmal 40 Mrd. oder vielleicht ein bissel mehr fordern? Wonach richten sich überhaupt die Zusagen für weitere Staatsgarantien, die immer sehr zügig am Parlament vorbei gewährt werden? Dazu schweigt Schäuble bzw. heuchelt Verständnis für die vielleicht etwas verstörte Bevölkerung. Aber der Mann für Finanzen hat ja den Sozialbereich, der sich prima zum Vorführen öffentlicher Kürzungsorgien eignet. Da ist jeder mit dabei, kann mitreden und glaubt wahrscheinlich auch, gar nicht zu jenen zu gehören, die am Ende beim Tritt in die Wichteile betroffen sein werden.

Besonders widerwärtig war dann auch Schäubles Behauptung, mit dem Sparpaket der Bundesregierung würde sich die Politik vertärkt darauf konzentrieren, dass die Menschen wieder Arbeit aufnähmen. Konkret steht in dem Kürzungsprogramm aber drin, dass gerade die Eingliederungshilfen der Arbeitsagentur, die, wie der Name es schon sagt, für die Eingliederung Arbeitsloser/-suchender in den Arbeitsmarkt als Versicherungsleistung bisher vorgesehen waren, einfach ersatzlos gestrichen werden sollen. Was ist das nun?

Liberal? Christlich-Sozial? oder konservativ?

Oder einfach nur dummes Geschwätz? Es muss wohl an den Genen liegen, dass so viel Unsinn vor einer breiten Öffentlichkeit vorgetragen wird. Herr Sarrazin hat sich übrigens ebenfalls mit einem Deal von seinem Bundesbanker-Posten verabschiedet. Die aktive Rolle der Bundesregierung, wird dabei natürlich wieder dreist geleugnet. Rund 1000 Euro mehr Rente und der Rückzug war perfekt. Da fragt man sich, wie viele Dosen Ravioli und warme Pullover sich ein Herr Sarrazin eigentlich zulegen möchte, um über die Runden zu kommen. Das wird den Stammtisch aber wieder nicht interessieren. Was sind schon 1000 Euro mehr für einen Banker. Peanuts! Aber ein auf Steuerzahlerkosten finanzierter Rollkragenpullover für einen Hartz IV-Empfänger, das geht nicht. Auf diesem Niveau in etwa bewegen sich die Denk- und Hasshorizonte der von Sarrazin und auch Schäuble verseuchten Massenhirne.

Und nur der Gysi warnt…

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Monitor zur AKW-Laufzeitverlängerung

Geschrieben von: am 13. Sep 2010 um 18:13

Der Bundesumweltminister Röttgen muss wohl zum Optiker, scheint er doch seine eigenen Gesetzesvorlagen nicht zu kennen. Dabei müsste man nicht einmal gut sehen können, um zu begreifen, dass ein Staatsekretär (Gerald Hennenhöfer), der vor seiner öffentlichen Berufung als Atomlobbyist unterwegs war, wohl kaum einen Nouvellierungsvorschlag zu Stande bringt, der seinen aktuellen ehemaligen Brötchengeber schadet. Dringende Maßnahmen zur Sicherung der älteren Atommeiler werden laut einer Bund-Länder-Liste auf die lange Bank geschoben bzw. mit einer Erledigungsfrist über den jetzt ausgehandelten Abschalttermin hinaus belegt.

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Wie wird "Basel III" buchstabiert?

Geschrieben von: am 13. Sep 2010 um 16:18

Ich habe keine Ahnung. Vielleicht bedeutet „Basel III“ mehr Geld für die Pleite-im Quadrat-Bank HRE? Wie heute zu hören ist, muss der Steuerzahler noch einmal 40 Milliarden Euro an Garantien zur Verfügung stellen. Bürgschaften in Höhe von 102 Mrd. Euro sind schon hinterlegt worden und acht Milliarden Euro Cash bei der umstrittenen Verstaatlichung bereits an die Altaktionäre geflossen. Man könnte so etwas auch ein Fass ohne Boden nennen. Aber diese bösen Zuschreibungen werden heute lieber für Langzeitarbeitslose und Zuwanderer verwendet, die dem Steuerzahler angeblich noch viel mehr auf der Tasche liegen würden.

Mit „Basel III“, also nicht „Hartz IV“, wird nun den Banken vorgeschrieben oder empfohlen, ich weiß es nicht so genau, bestimmte Eigenkapitalregeln einzuhalten. Für die deutschen Institute heißt das ganz konkret Geld beschaffen. Denn die sind chronisch unterkapitalisiert. Das sagt zumindest der EZB-Vorstand Jürgen Stark, der nebenberuflich kein Experte in Rassefragen ist. Laut seiner Aussage müssten die zehn größten deutschen Banken etwa 105 Mrd. Euro zusätzliches Kapital aufnehmen, um den strengeren Eigenkapitalvorschriften zu genügen. Die deutsche Bank hat schon reagiert und nimmt eine Kapitalerhöhung um rund 10 Mrd. Euro vor. Bei einem Börsenwert von 30 Mrd. Euro ist das schon eine ordentliche Hausnummer. Da fragt man sich einmal mehr, was mit dem Stresstest vor einiger Zeit eigentlich getestet werden sollte.

Aber egal, so schlimm wird es schon nicht werden für die Institute. Anders als bei „Hartz IV“ gilt für „Basel III“ eine scheinbar variable Übergangsfrist zwischen fünf und zehn Jahren. So genau wollte man sich da nicht festlegen. Man will ja niemanden überfordern oder gar zum „Hartz IV“ Fall machen müssen. Ich habe gehört, dass schon Wetten laufen, ob die nächste Finanzkrise vor oder nach Ablauf der Frist zur Erhöhung der Eigenkapitalquote stattfinden wird. Banker und Politiker scheinen sich ja sehr sicher zu sein, dass bis 2020 erstmal Ruhe ist. Deren Glaskugel scheint diesbezüglich prächtig zu funktionieren.

Man könnte sich nämlich einmal die Frage stellen, was eigentlich passieren muss, wenn Josef Ackermann trotz Verdreifachung des Eigenkapitals weiterhin 25 Prozent Eigenkapitalrendite pro Jahr erzielen will. Wird er vielleicht das Risiko erhöhen? Wer will ihn denn daran hindern?

Quellen: FAZ und Michael Schlecht, MdB

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blogintern: Bin dann mal weg…

Geschrieben von: am 09. Sep 2010 um 15:26

Ich bin jetzt bis Sonntag wegen einer Familienfeier unterwegs. Daher wird die Kommentarfunktion auf „moderiert – alle außer Freunde“ geschaltet.

Ein schönes Wochenende und gucken sie z.B. Volker Pispers & Freunde auf 3sat. Bis bald.

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Nachwehen des Atomkompromiss(t)es

Geschrieben von: am 09. Sep 2010 um 10:34

Offensichtlich kam es zu später Stunde am Wochenende zu einen Geheimvertrag zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgern. Zuerst berieten sich die Koalitionsspitzen stundenlang, um dann im Telefongespräch gegen 23 Uhr am Sonntag mit den Finanzvorständen von eon, RWE, Vattenfall und EnBW die abschließenden Bedingungen einer Vereinbarung festzuzurren. Gegen Montagmorgen sei sogar der Staatssekretär im Umweltministerium Jürgen Becker durch die Energieriesen aus dem Bett geklingelt worden, um ihm die Entscheidung der Konzerne mitzuteilen. RWE-Vorstand Rolf Martin Schmitz hat sich verplappert:

Quelle: FTD

Tobias Münchmeyer von Greenpeace will wissen, wer denn garantiert, dass die Konzerne wirklich ihre Zusatzgewinne aus längeren Atomlaufzeiten abgeben. Die Konzerne hätten schließlich schon einmal einen Vertrag gebrochen, den Atomkonsens mit Rot-Grün nämlich. Es ist die Art von Frage, die Schmitz gar nicht leiden kann. Das sei eine Unterstellung, schimpft er. Und im Übrigen hätten die Konzerne die Vereinbarung mit der Bundesregierung noch in der Nacht paraphiert. „Um 5.23 Uhr morgens.“ Schmitz zeigt auf Umweltstaatssekretär Jürgen Becker, der in der ersten Reihe sitzt. „Auch Sie, Herr Staatssekretär, haben wir dafür noch mal aus dem Bett geholt.“

Jetzt ist die Nachricht in der Welt. Und sie wirft viele Fragen auf. Was steht in diesem Geheimvertrag? Hatte die Regierung nicht immer versprochen, keinen Deal mit den Konzernen zu schließen? Und warum haben die Kanzlerin und ihre Minister in all den Pressekonferenzen seit Montagmorgen nichts verraten?

Also ich rege mich jetzt nicht darüber auf, dass die Korruption zum alltäglichen politischen Geschäft gehört. Ich rege mich viel mehr darüber auf, dass sich keiner der Beteilligten mehr die Mühe macht, sein illegales Tun zu verbergen. Inzwischen wird sich einfach verplappert oder die Wahrheit nach dem Motto hinausposaunt, jawohl ihr werdet von uns verarscht, was wollt ihr dagegen tun? Wie immer nichts, denn das Volk ist ja mit Sarrazin beschäftigt. Den hat man schließlich extra bestellt.

Finanzminister Schäuble war auch nicht schlecht, als er zu der steuerlichen Absetzbarkeit der bis 2016 befristeten Brennelementesteuer meinte, dass das ja gar kein Problem für den Fiskus sei, weil die Energiekonzerne durch den Atomkompromiss schließlich auch höhere Gewinne machten. Wie jetzt? Doch Klientelpolitik, weil der Gesetzgeber den Konzernen höhere Gewinne ermöglicht, während die übrige Bevölkerung, mit Ausnahme der neuen Einkommensmillionäre, den Gürtel weiter enger schnallen soll?

Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten kommentiert sehr treffend:

„So offen wie in der letzten Meldung wurde regierungsoffiziell meines Wissens noch nie zugegeben, dass der „Atomkompromiss“ den Atomkraftwerksbetreibern höhere Gewinne sichert.
Schlimmer noch ist allerdings das Verhältnis von demokratischem Staat und wirtschaftlicher Macht, das hier zum Ausdruck kommt: Der Begriff „Revolution“, den Kanzlerin Merkel im Zusammenhang mit der Laufzeitverlängerung benutzte, erfährt angesichts dieser geheimen Vereinbarung seine ursprüngliche historische Bedeutung, nämlich im Sinne eines „Umsturzes“. Der Geheimvertrag ist das Eingeständnis, dass der demokratische Staat gegenüber den wirtschaftlich Mächtigen nicht mehr das „Gewaltmonopol“ hat, das heißt sich nicht mehr mit hoheitlicher Macht durchzusetzen vermag, sondern dass er bestenfalls noch Verhandlungspartner gegenüber wirtschaftlicher Macht ist.
Das zeigt sich in Formulierungen wie z.B. „Schäuble konnte sich nicht gegenüber der Atom-Lobby durchsetzen“ oder „den ganzen Sonntag über verhandeln die Koalitionsspitzen im Kanzleramt. Sie stehen in engem Kontakt mit den Finanzvorständen der Konzerne, die in ihren Berliner Büros sitzen und ausrechnen, welche Belastung sich wie stark auswirkt. Um 23 Uhr rufen die drei Parteichefs bei den vier Konzernchefs an. Gemeinsam klären sie die Bedingungen“.
Da sitzen also auf der einen Seite die Regierung und auf der anderen Seite die Konzernbosse und klären per Telefon die Konditionen; und das Parlament darf dann bloß noch den geheimen Deal sozusagen der demokratischen Form halber absegnen.
Eine ganz ähnliche Erpressung der Regierung durch die Banker hatten wir bei der Rettung der HRE erlebt.“

Im Augenblick regen sich ja viele Menschen darüber auf, dass sich Muslime nicht an Recht und Ordnung halten würden und härtere Strafen für Zuwanderer, egal ob sie bereits einen deutschen Pass haben oder nicht, zwingend erforderlich seien. Wie steht es eigentlich mit dem offenkundig verfassungswidrigen Verhältnis zwischen den wirtschaftlich Mächtigen in diesem Land und den politischen Hampelmännern und Frauen, die uns auf der Bühne der Berliner Puppenkiste Demokratie vorspielen (Zitat: Georg Schramm)? Gegen die kann man natürlich nix machen. Das ist halt so, gelle. Die machen doch eh, was sie wollen. Aber den Nachbarn, der anders aussieht und mehr Kinder hat, da könne man sich wahrscheinlich vorstellen, aktiv zu werden, wenn sich die Gelegenheit böte. :roll:

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Atom-Deal: "Das ist die erste Revolution in diesem Land, die rückwärts geht."

Geschrieben von: am 08. Sep 2010 um 12:18

Was für eine Aussage von Renate Künast zum Atomkompromiss(t) der schwarz-gelben Schwachsinnsregierung. Dumm nur, dass die als Kritik zu verstehende Formulierung…

„Das ist die erste Revolution in diesem Land, die rückwärts geht.“

…noch schwachsinniger ist. Da hat aber Frau Künast in Staatsbürgerkunde nicht richtig aufgepasst. Denn sonst wüsste sie, dass eine Revolution immer ein „zurück“ meint. Das steckt schließlich auch im Begriff schon drin. Da hat sich die bildungsbürgerliche Vorkämpferin mit grünem Anstrich und guten Umfragewerten richtig blamiert. Bemerkt hat es nur wieder keiner. Das ist eben typisch für dieses Land.

Vielleicht erinnert sich auch irgend ein Mitglied der Grünen noch an Jean-Jacques Rousseaus berühmte revolutionäre Forderung aus dem Gesellschaftsvertrag (Du contrat social): „Zurück zur Natur“. Aber davon sind ja nicht nur die Grünen meilenweit entfernt. Was die Beliebigkeit angeht, mit der die Sprache und Begriffe missbraucht werden, besteht eine ganz große Gleichheit zwischen denen, die im Augenblick ihre ganz eigene Revolution ausrufen und denen, die das kritisieren und dabei kläglich scheitern.

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TV-Tipp: Die Panorama Reporter über den "Abzocker" Carsten Maschmeyer

Geschrieben von: am 08. Sep 2010 um 11:37

In der Sendung Menschen und Schlagzeilen heute Abend um 21:00 Uhr im NDR-Fernsehen gibt es einen Bericht der Panorama-Reporter über die Geschäftsgebahren des Finanzdienstleisters AWD. Unter einstiger Führung des inzwischen zum Regierungsberater aufgestiegenen Carsten Maschmeyer, in dessen Villa auf Mallorca der frisch gebackene Bundespräsident Christian Wulff gerne einmal zum Entspannen absteigt, hat der AWD Kunden mit geschlossenen Fonds in die Falle gelockt.

Quelle 1: NDR

Tausende Kleinanleger haben den Geld-Versprechen geglaubt und nun ihr Vermögen verloren. Ganz anders der ehemalige AWD-Chef Carsten Maschmeyer. Er ist heute einer der reichsten Deutschen. Zu seinen Freunden gehören keine Geringeren als Bundespräsident Christian Wulff und Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Menschen und Schlagzeilen über Carsten Maschmeyer, den AWD und seine Opfer.

Quelle 2: Panorama

Schwere Vorwürfe gegen den Finanzdienstleister AWD und seinen Gründer Carsten Maschmeyer werden von Experten in einer Fernsehreportage des Norddeutschen Rundfunks (NDR) erhoben. Ein Anwalt, ein Wirtschaftsdetektiv und ehemalige AWD-Berater schildern in der neuesten Ausgabe von „Panorama – Die Reporter“, dass zahlreiche ahnungslose Kunden mit unhaltbaren Versprechungen zum Kauf hochriskanter Finanzprodukte verleitet worden seien. Der AWD und damit Multimillionär Maschmeyer hätten sehr gut daran verdient, viele Kleinanleger hingegen hätten alle Ersparnisse verloren, weil sie über die Risiken nicht aufgeklärt worden seien.

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Nachtrag zum abschwingenden Aufschwung

Geschrieben von: am 08. Sep 2010 um 9:53

Laut Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle befindet sich die deutsche Wirtschaft in einem Aufschwung XL. Nun haben wir ja heute anhand statistischer Daten und Fakten festgestellt, das Herr Brüderle einmal mehr zu tief ins Glas geschaut hat. Jochen Hoff sagt es auf Duckhome so:

„Es ist noch nicht einmal einen Monat her, als der Wirtschaftsminister mit der roten Nase, die aber nicht vom übertriebenen Alkoholgenuss stammen soll, für Deutschland einen Aufschwung XL präsentierte. Er nahm eine Momentaufnahme, als die Lager wieder gefüllt werden mussten um dies als Aufschwung zu deuten, während überall auf der Welt die Wirtschaft in stärkste Probleme geriet.

Die Steigerung bei der Nachfrage nach den Vorleistungsgütern ist nichts anderes als das Auffüllen der Lager, nachdem man im Vormonat noch einiges an Aufträgen abgewickelt hat. Alles in allem wird die wirtschaftliche Lage weltweit schlechter.

Gekaufte und völlig verkommene Parteien wie die FDP, möchten nun dieses Geld, dass sie mit einem Lachen den Reichen gegeben haben, von den Arbeitenden, Armen und Kranken aufbringen lassen, damit die Reichen noch reicher werden. Um die, die von Brüderle und der gesamten Bundesregierung jetzt zugunsten der Reichen ausgeplündert werden, ruhig zu halten, belügt Brüderle die Menschen mit einem Aufschwung XL, während es die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass es schnell abwärts geht.

In den USA spricht der Präsident schon von neuen Konjunkturprogrammen die er gerne über neue Schulden finanzieren möchte, während ihm der Markt für Wohn- und Gewerbeimmobilien mit steigender Geschwindigkeit zusammenbricht und die Industrie erschreckend schnell schrumpft.“

Nun kommt noch etwas anderes hinzu. Im Aufschwung XL ist es offenbar auch möglich, dass die deutschen Kommunen in diesem Jahr das größte Haushaltsloch aller Zeiten verzeichnen werden. Die dazugehörige Agenturmeldung, die im Radio zu hören und im Internet nachzulesen ist, ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Denn die beginnt so…

Trotz der Konjunkturerholung steuern die Städte und Gemeinden dieses Jahr nach einem Pressebericht auf das größte Haushaltsloch aller Zeiten zu.

Quelle: Stern

Häh? Steckt in diesem Satz nicht ein großer Widerspruch? Könnte es nicht vielleicht sein, dass es überhaupt keine signifikante Konjunkturerholung gibt, wenn die Städte und Gemeinden mit einem Rekorddefizit in ihren Kassen rechnen müssen? Ist es wirklich zuviel verlangt, das Offensichtliche beim Namen zu nennen? Nämlich das wir von der schwarz-gelben Bundesregierung und den Mietmäulern der Wirtschaft schamlos belogen und betrogen werden? Nein, das ist nicht möglich. Die Sozialausgaben sind schuld. Der Sozialstaat ist einfach noch viel zu aufgebläht, lautet die Erklärung. Und damit sich der Kreis schließt, könnte man Sarrazins absurde Thesen über dumme gebährfreudige Ausländer, die der Allgemeinheit nur auf der Tasche liegen würden, doch prima mit den aktuellen Zahlen zur Haushaltslage verbinden und zur Hatz auf diese Menschen in den Kommunen aufrufen…

Denn am Aufschwung XL wird nicht gerüttelt.

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Im Aufschwung ist halt alles möglich, sogar ein Abschwung

Geschrieben von: am 08. Sep 2010 um 7:46

So könnte man die Meldung des Bundeswirtschaftsministeriums, das eigentlich Mysterium heißen müsste, zum völlig überraschenden Rückgang der Auftragseingänge in der deutschen Industrie von gestern in etwa beschreiben.

Quelle: BMWi

Die Auftragseingänge in der Industrie sind vorläufigen Angaben zufolge [1] im Juli preis- und saisonbereinigt [2] um 2,2 % zurückgegangen.

Im Zweimonatsvergleich Juni/Juli gegenüber April/Mai, der den grundlegenden Trend besser widerspiegelt, erhöhte sich das Auftragsvolumen in der Industrie saisonbereinigt um +2,4 % weiter deutlich.

Ihren Vorjahresstand überschritten die Industrieaufträge im Juni/Juli kalenderbereinigt um 21,2 %.

Die derzeit kräftigen Nachfrageschwankungen sind vor allem auf die Entwicklung der Großaufträge im Bereich der Investitionsgütersektoren zurückzuführen. In der Tendenz ist die Nachfrage nach industriellen Erzeugnissen dagegen weiter aufwärts gerichtet. Das Wachstum der Bestellungen schwächte sich nach der außergewöhnlich starken Bestelldynamik im Frühjahr dieses Jahres allerdings weiter ab.

Hier versucht das Bundeswirtschaftsministerium einmal mehr die Lage zu beschönigen. Besonders die Erwähnung der 21,2 % mehr Aufträge im Vergleich zum Juni/Juli des Vorjahres ist mehr als unseriös, wenn man nicht gleichzeitig ausführt, dass letztes Jahr der Tiefpunkt der wirtschaftlichen Entwicklung erreicht wurde. Mit dem Ausbruch der Wirtschaftskrise sackten die Auftragseingänge der deutschen Industrie nämlich um knapp 30 Prozent ab. Wer also nun die aktuelle Lage lediglich mit der vor einem Jahr vergleicht, wird zwangsläufig zu einer positiven Tendenz kommen. Gesamtwirtschaftlich betrachtet verläuft die Erholung aber auf einem nach wie vor unterirdischen Niveau. Vielleicht hilft dabei eine offizielle Grafik des statistischen Bundesamts, um den Sachverhalt zu verstehen.

Auftragseingänge

Die deutsche Wirtschaft befindet sich also noch immer in einem langsamen Aufholprozess, bei dem das Vorkrisenniveau längst noch nicht erreicht wurde. Im Gegenteil. Es geht bereits wieder nach unten. Denn nicht nur die Auftragseingänge gehen zurück, sondern auch die Exporte, wie das statistische Bundesamt heute mitteilt. Unter der wie immer irritierenden Überschrift „Deutsche Ausfuhren im Juli 2010: + 18,7% zum Juli 2009“ steht im Text:

Kalender- und saisonbereinigt nahmen die Ausfuhren gegenüber Juni 2010 um 1,5% und die Einfuhren um 2,2% ab.

Auch hier wird also eine Beschönigung der Lage vorgenommen, in dem man den zweistelligen Zugewinn der Exporte (+ 18,7 Prozent) im Vergleich zum Krisentiefpunkt des letzten Jahres plakativ in den Vordergrund rückt. Es fehlt auch hier der Hinweis auf den deutlich höheren Einbruch der Ausfuhren im Jahr 2009 im Vergleich zum Vorkrisenzeitraum 2008. Wenn sie sich die in der Meldung beigelegte Tabelle anschauen, werden sie die schwache Basis sofort erkennen.

Ausfuhren

Tja, so sieht es aus. Doch was wollen uns die Politiker weismachen, wenn sie ihre auf gemessenen Stimmungslagen beruhenden Monatsberichte vorlegen?

Quelle: Aus dem Monatsbericht August 2010 des Bundesfinanzministeriums vom 20.08.2010

Die monatlichen Konjunkturindikatoren signalisieren einen günstigen Einstieg der deutschen Wirtschaft in das 3. Quartal. So ist eine Vielzahl von Stimmungsindikatoren klar aufwärtsgerichtet. Zugleich wird die industrielle Produktion weiterhin von einer deutlich verbesserten Auftragslage profitieren.

Statt den Fakten folgen wir doch lieber den offensichtlich sehr genauen Stimmungen. Na dann gute Nacht.

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