Commerzbank: Kein Geld für Zinsen auf die Einlagen der Steuerzahler, aber für Boni

Geschrieben von: am 21. Feb. 2011 um 16:13

Via NachDenkSeiten erfahre ich, dass die vom deutschen Steuerzahler gleich sechsmal gekaufte Commerzbank wieder Boni zahlen will, obwohl sie ihrer Verpflichtung, Zinsen auf die Einlagen der Steuerzahler zu zahlen, nicht nachkommen kann.

Die vom Bund gestützte Commerzbank will Mitarbeitern Boni für das Geschäftsjahr 2010 zahlen. Mit Blick auf «außergewöhnliche Leistungen» sei das Institut als Arbeitgeber verpflichtet, Mitarbeiter «leistungsbezogen und fair zu vergüten». […] Der Gesamtwert der Boni liege im unteren dreistelligen Millionenbereich, berichtet das Blatt unter Berufung auf Insider, die Summe sei nach Angaben aus Regierungskreisen mit der Bundesregierung abgesprochen. Ein Sprecher der Commerzbank sagte der dpa am Samstag: «Das neue Vergütungsmodell, das seit Anfang 2010 gilt, ist mit dem Soffin abgestimmt.» Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) in Frankfurt organisiert die staatliche Bankenhilfe.

Quelle: FR

Und es wundert mich wieder nicht. Ich zitiere erneut einen meiner zahlreichen Beiträge zu diesem Thema.

Bereits im letzten Jahr (2009, Anm. at) zahlte die Commerzbank, die über eine stille Einlage des Steuerzahlers in Höhe von 18,2 Milliarden Euro verfügen darf, keine Zinsen an den Staat zurück. Wen wundert das? Es müsste z.B. die Finanz- und Wirtschaftsredaktuerin der Neuen Presse Hannover, Claudia Brebach, wundern. Schrieb sie doch am 10.11.2008, also zu dem Zeitpunkt, als der Deal mit der Commerzbank über die Bühne ging:

„Der Fall Commerzbank hat Bankern aber wohl auch klar gemacht, dass es kaum weh tut, zum Staat zu gehen. Die Konditionen des Bundes bei der Not-Kreditvergabe sind moderat, er mischt sich nicht einmal ins Kerngeschäft ein, sondern begnügt sich mit einem guten, von den Banken bezahlbaren Zinsertrag. Eigentlich müsste es geradezu einen Run auf Staatskredite geben.“

In der Auseinandersetzung mit der Neuen Presse Hannover hatte ich besonders diese Stelle immer wieder hier im Blog erwähnt (siehe hier, hier und hier) und darauf hingewiesen, dass Frau Brebach auch auf direkte Nachfragen von mir per Mail keine Einsicht zeigte und den Standpunkt vertrat, dass nichts darauf hindeuten würde, dass der Steuerzahler bei diesem Geschäft etwas finanzieren würde und nichts mehr zurückbekäme. Die ganze Sache würde in etwa so laufen, wie bei der Bankenkrise in Schweden in den 90er Jahren, bei der dem Staat durch Tilgungen und Zinsrückläufe „erhebliche“ Einnahmen zugeflossen waren.

Nun stelle ich ein weiteres Mal fest, dass diese Ansichten von Frau Brebach in Bezug auf die Commerzbank-Rettung reichlich naiv und kurzsichtig waren. Nach gegenwärtigem Stand fließt nichts zurück und der Staat als defacto Eigentümer der Bank – er hat sie ja immerhin gleich sechsmal gekauft – hält sich weiter aus der Geschäftspolitik heraus. Das müssen sie sich mal vorstellen. In der schwarz-gelben Chaos-Regierung empören sich die Wirtschaftsexperten der Fraktionen kabarettreif, weil die Commerzbank nichts zahlen will. Dabei müssten sie nur von ihrem Recht Gebrauch machen und in die Geschäftspolitik der Bank eingreifen.

Jedenfalls nehme ich für mich in Anspruch, einen besseren Job erledigt zu haben als Frau Brebach, die als ausgewiesene Expertin einer regionalen Zeitung ihre Leser mangelhaft informiert und bei der Formulierung ihrer persönlichen Meinung falsche Schlussfolgerungen gezogen hat.

Und ich stelle weiterhin fest, dass der Steuerzahler, der die stille Einlage von über 18 Mrd. geleistet hat, keinen Anspruch auf Zinsen oder Rückzahlung besitzt, den er irgendwie geltend machen könnte. Die von journalistischen Experten vorausgesagten erheblichen Einnahmen, die durch Tilgungen und Zinsrückläufe hätten entstehen sollen, existieren bis heute nicht, wohl aber ein auf Steuergeld abgesichertes neues Boni-Programm, weil sich Leistung schließlich lohnen müsse.

Ich kann nur hoffen, dass sich Frau Brebach als Wirtschaftsfachfrau der Neuen Presse Hannover vielleicht ein wenig für ihre Berichterstattung der Vergangenheit schämt, zumal sie es damals einfach auch besser hätte wissen können, wenn sie die Abläufe um die Mrd.-Rettung der IKB in ihre Überlegungen miteinbezogen hätte.

Bezeichnend für dieses ganze Desaster ist auch die aktuelle Meldung des statistischen Bundesamts zur Höhe der öffentlichen Verschuldung:

Öffentliche Schulden 2010 um 18% auf fast 2 Billionen Euro gestiegen

Die öffentlichen Haushalte waren nach ersten vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) am 31. Dezember 2010 mit insgesamt 1 998,8 Milliarden Euro verschuldet.

Gegenüber dem 31. Dezember 2009 hat sich der Schuldenstand um 18,0% beziehungsweise 304,4 Milliarden Euro erhöht. Dies war der höchste absolute Zuwachs des Schuldenstandes in einem Jahr seit Bestehen der Statistik.

Wesentlich zum Anstieg beigetragen haben die im Jahr 2010 neu gegründeten (beziehungsweise in Geschäftsbetrieb gegangenen) „Bad Banks“. Die Übertragung von Risikopapieren der Hypo Real Estate in die FMS Wertmanagement sowie die Stützungsmaßnahmen der Ersten Abwicklungsanstalt für die WestLB erhöhten den Schuldenstand zum Jahresende um 232,2 Milliarden Euro.

Beim Bund erhöhten sich die Schulden am 31. Dezember 2010 gegenüber dem 31. Dezember 2009 um 21,9% (+ 230,3 Milliarden Euro) auf rund 1 284,1 Milliarden Euro. Hierin sind unter anderem die Schulden der FMS Wertmanagement (189,6 Milliarden Euro), des Sondervermögens Finanzmarktstabilisierungsfonds (28,6 Milliarden Euro) sowie des Investitions- und Tilgungsfonds (14,0 Milliarden Euro) enthalten, die zur Bewältigung der Finanzmarktkrise gegründet wurden.

Ein wirklich bombenmäßiges Geschäft für den Steuerzahler. Da versteht man auch, warum Frau Merkel den Steuerzahler, mit einer in ihren Augen unnötigen Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes über die bereits beschlossenen Fünf Euro hinaus, nicht weiter belasten will.

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Hans-Ulrich Jörges bei Anne Will über zu Guttenberg

Geschrieben von: am 21. Feb. 2011 um 12:13

Gestern habe ich zufällig bei Anne Will reingeschaltet und Herrn Jörges vom Stern gegen Ende der Sendung schimpfen hören. Er beklagte sich über die Guttenberg-Kritiker, die bisher keine Argumente gegen ihn gehabt hätten, dagegen aber glaubten, dass das gegelte Haar des Ministers als Beweis gegen die Person zu Guttenberg taugen würde. Jörges behauptete, dass die Guttenberg-Gegner ein Vorurteil pflegten und zwar wenn jemand gegeltes Haar hätte, sei er unglaubwürdig, ein Schleimer und so weiter.

Man muss wissen, dass Jörges von Anfang an vom „Baron der Herzen“ begeistert war. In seinem Internet Video-Blog vom 4. Juni 2009 können sie das nachhören und sehen. Ich habe mich darüber damals schon gewundert und mich gefragt, ob Jörges einen an der Waffel hat, sich vor eine Kamera zu setzen und mit kleinen Pappfigürchen von zu Guttenberg und Merkel herumzuspielen und dabei die Frage zu erörtern, ob zu Guttenberg Kanzler werden könne.

Wenn sie die Web-TV-Kolumne über zu Guttenberg genau verfolgen, werden sie festsstellen, dass es nur Herr Jörges ist, der mit den gegelten Haaren Scheinargumente konstruiert. So behauptete er zum Beispiel, dass den Wahlkampfstrategen der SPD ein gegelter adeliger Schopf mit feinen Manieren prima passen würde. Wortwörtlich sagte er dann über zu Guttenberg:

„Ein Mann mit Rückgrat. Das suchen die Leute. Aufrecht und authentisch. Und es zeigt sich eben, auch unter einem gegelten Haarschopf kann ein kluges Hirn und ein klarer Charakter stecken.“

Warum sagt er das? Weil er selber unter einem gegelten Haarschopf einen unglaubwürdigen Schleimer vermuten würde?

Anfang 2010 ist auch die ZDF Satire Sendung „heute-show“ auf Jörges seltsamen Online-Zwischenruf aufmerksam geworden und hatte das Mitglied der Stern-Chefredaktion wegen des Hypes um zu Guttenberg eingeladen. Hier der Ausschnitt.

Bei Hans-Ulrich Jörges wundere ich mich immer wieder über die Starrheit, mit der er zum Teil vollkommen idiotische Meinungen verteidigt, bis ihn – ganz plötzlich – die Erfahrung der Wirklichkeit als überraschende Offenbarung ereilt. Dann rudert er zurück und tut so, als hätte man die Missstände nicht schon vorher erkennen können. Das war zum Beispiel bei der Geschichte mit dem Skandal um die Berliner S-Bahn so. Auch darüber habe ich im Blog berichtet:

Rote Kelle für den Börsengang der Bahn, sagt stern-Redakteur Hans-Ulrich Jörges in seiner WebTV-Kolumne

Hans-Ulrich Jörges macht die Erfahrung einer Erfahrung und tut endlich mal das, was Journalisten eigentlich immer tun sollten. Reflektieren, sogar selbstkritisch. Seine aktuelle WebTV-Kolumne vom Berliner S-Bahnhof Hackescher Markt finden sie hier.

Darin fällt folgendes beachtliches Statement:

„Ich war bisher, muss ich gestehen, ein Anhänger des Börsengangs, weil ich geglaubt habe, nur dadurch kann die Bahn modern bleiben und sich Kapital verschaffen. Ich bin inzwischen dagegen, wegen dieser Berliner Erfahrung. Ich muss einsehen, die Gegner hatten immer recht. Hier wird gespart auf Kosten der Menschen.“

Hans-Ulrich Jörges ist ein toller Unterhalter, für Talkshows ideal, aber ein mieser Journalist, dem einfach die Fähigkeit zur Reflexion fehlt, obwohl er immer vorgibt, ganz nah am politischen Geschehen dran zu sein.

In seinem Video-Beitrag von 2009 und auch gestern meinte er, dass zu Guttenberg eine große Zustimmung in der Bevölkerung hätte, die man nicht einfach ignorieren könne. Im Jahr 2009 sei diese erst entstanden, weil zu Guttenbetg bei der Opelrettung mit Rücktritt gedroht habe. Das hätte den Menschen imponiert. Wenn das wirklich stimmen sollte, müsste man sich doch fragen, warum der feine Herr jetzt so an seinem Stuhl klebt. Er könnte doch einfach gehen.

Aber wie ich höre und lese, kommt der PR-Quatsch mit einem in Erwägung gezogenen Rücktritt gerade wieder in die Medien. Jetzt können sich endlich alle hinter ihrem Liebling versammeln und ihm demonstrativ den Rücken stärken. Einfach widerlich…

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Die Stunde der Wahlforscher

Geschrieben von: am 20. Feb. 2011 um 18:28

Hamburg hat gewählt, das Ergebnis ist eindeutig und nun schlägt die Stunde der Wahlforscher. Da könnte man sich noch töter lachen, als man nach diesem Ergebnis ohnehin schon ist. Auf NDR2 hörte ich gerade einen Mitarbeiter von infratest dimap sagen, dass es doch sehr einzigartig sei, dass ein Herausforderer im direkten Vergleich mit dem Amtsinhaber höhere Zustimmungswerte aufweise. Er zielte dabei wohl auf den obligatorisch gemessenen Amtsbonus ab, vergaß aber wohl, dass Christoph Ahlhaus nie gewählt wurde und erst seit dem August letzten Jahres erster Bürgermeister der freien und Hansestadt Hamburg war.

Was mir nur gerade wieder durch den Kopf schoss war doch der Medienhype, der seinerzeit – vor drei Jahren – um ein mögliches schwarz-grünes Projekt gemacht wurde, nur um eine linke Mehrheit, die es dann ja rechnerisch auch gab, zu verhindern. Bei dieser Wahl musste man die linke Gefahr nicht fürchten. Dafür waren die Umfragen zu eindeutig und solange die SPD vorne liegt und dann noch mit Olaf Scholz einen echten Schröderianer an der Spitze hat, sind die Koalitionsoptionen, Naturgesetzen gleichend, vorgegeben.

Obwohl, dass mit den eindeutigen Umfragen stimmt natürlich wieder nicht. Wenn ich die Prognose mit den zuletzt gemeldeten Umfragen vergleiche, liegt die Trefferquote aller Institute, zumindest bei den ersten drei Parteien, doch wieder ziemlich deutlich daneben. Vielleicht erklärt mal einer von infratest dimap selbstkritisch, warum man nicht mehr genau vorhersagen kann, wie sich der Wähler am Wahltag nun entscheidet.

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Merkel und das Hartz-IV-Wort zum Sonntag

Geschrieben von: am 20. Feb. 2011 um 13:22

Eigentlich hatte ich nicht vor, den Vorschlag der drei alten Ministerpräsidenten Beck, Böhmer und Seehofer weiter zu kommentieren. Allein schon der Gedanke an eine stufenweise Anhebung der Regelsätze um zunächst fünf und ab Mitte des Jahres um weitere drei Euro ist so albern, dass man sich fragt, ob die das wirklich ernst meinen. Aber jetzt kommt zu Tick, Trick und Track auch noch Fuck Merkel mit folgender Bemerkung hinzu:

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte vor einer überhasteten Einigung im Streit um höhere Hartz-IV-Sätze. Wenn die Union einer stärkeren Anhebung des Regelsatzes zustimmen würde, wären dadurch alle Steuerzahler zusätzlich belastet: „Hartz IV ist nicht dafür gedacht, dass man mit einer Kombination von Arbeitslosengeld II und ein bisschen Schwarzarbeit eigentlich für das ganze Leben drauf verzichten kann, wieder einen richtigen Job zu machen“, sagte die CDU-Vorsitzende.

Quelle: Spiegel Online

Ach ja, die Steuerzahler werden zusätzlich belastet. Das stimmt. Wo kämen wir hin, wenn der Deutsche neben der Bankenrettung, die den Bankern erneut Spitzenboni verschafft hat, auch noch schwarz arbeitende Sozialschmarotzer finanzieren müsste.

Aber was ist eigentlich mit der Kombination aus ALG II und ein bisschen Schwarzarbeit gemeint? Die Ein-Euro-Jobs? Schließlich müssen etwa 224.000 Menschen so überleben. Will Mutti Merkel diesen Betroffenen mit einem Mindestlohnvorstoß oder einem regulären Jobangebot im öffentlichen Dienst aus der gesetzlich angeordneten Schwarzarbeit helfen? Man weiß so wenig.

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Hamburger Stimmenwirrwarr

Geschrieben von: am 20. Feb. 2011 um 12:52

Das neue Wahlrecht in Hamburg ist auf den ersten Blick kompliziert. Aber nicht, weil es neuerdings viele Stimmen zu verteilen gibt, sondern weil immer nur von zehn Stimmen gesprochen wird, obwohl es zwanzig sind. Bei der Wahl zur Bürgerschaft, also zum Landesparlament, hat der Wähler zehn Stimmen zur Verfügung. Jeweils fünf für die Landes- und Wahlkreisliste. So weit so gut. In Hamburg werden heute aber auch die Bezirksversammlungen, also die kommunalen Vertretungen, gewählt. D.h. dem Wähler werden nicht nur zwei Listen für die Bürgerschaftswahl ausgehändigt, sondern auch zwei Listen für seinen Bezirk. Und da hat er auch wieder zehn Stimmen zu vergeben, jeweils fünf für die Bezirks- und Wahlkreisliste.

Alles klar?

Es wäre schön, wenn Medien und Blogger das auch so genau wiedergeben würden.

Quelle 1: Landeswahlamt Hamburg

Wie viele Stimmen kann ich abgeben?

Für die Bürgerschaftswahl können Sie 10 Stimmen abgeben: 5 auf dem gelben Landeslisten-Stimmzettel und 5 auf dem roten Wahlkreis-Stimmzettel. Für die Bezirksversammlungswahlen können Sie ebenfalls 10 Stimmen abgeben: Auch dort haben Sie jeweils 5 Stimmen auf dem grünen Bezirkslisten-Stimmzettel und dem blauen (Bezirks-)Wahlkreis-Stimmzettel.

Quelle 2: Wahlbroschüre „20 Stimmen für Hamburg“

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Über den Seher zu Guttenberg

Geschrieben von: am 19. Feb. 2011 um 19:46

Weil es gerade passt, zitiere ich mal aus einem Bericht der FAZ vom 17.10.2010. Es ging um den kometenhaften Aufstieg von Karl-Theodor zu Guttenberg und darum, ob er nicht nur das Kanzleramt erstürmen, sondern auch Horst Seehofer vom Thron des CSU-Chefs stoßen könnte. Die Personaldebatte in der Union war auf dem Höhepunkt und die seltsam seherischen Fähigkeiten des schwarzen Barons werden erst jetzt wirklich deutlich:

„Kanzler der Reserve“ – künftiger CSU-Chef? Was derzeit über ihn berichtet werde, sei „fern aller realistischen Betrachtungen“, sorgt sich Verteidigungsminister zu Guttenberg. In solchen „Retter-Betrachtungen“ liege immer „die Gefahr der Überschätzung“.

Und ja, endlich begreifen viele, wie sehr sie ihn doch überschätzt haben. Man hätte ihn nur beim Wort nehmen müssen und nicht dem Glanz seiner Erscheinung erliegen dürfen. Seit dem rechnete zu Guttenberg stündlich mit dem Absturz, doch niemand glaubte ihm.

Der Verteidigungsminister sagte nun der Zeitschrift „Der Spiegel“, solche Berichte seien „bizarr“. Er betonte mit Blick auf seinen rasanten politischen Aufstieg: „Ein gewisser Absturz hätte bei mir längst kommen müssen. Weil er bislang nicht gekommen ist, kann er stündlich kommen.“

Nun sind Wochen und Monate daraus geworden. Wahrscheinlich war Guttenberg selbst so überrascht darüber, dass er seine letzte seherische Botschaft, nämlich die, mit der Politik einfach aufhören zu können, vergessen oder verdrängt hatte.

Im „Spiegel“ äußert Guttenberg Zweifel, ob er überhaupt für längere Zeit in der Politik bleiben werde. Er sei „von Beginn an mit dem vollen Bewusstsein in die Politik gegangen, dass ich jederzeit aufhören könnte.“ Die Möglichkeit eines plötzlichen Endes der politischen Karriere bereite ihm keine Angst. Er verspüre keine „Lust des Klammerns“ an dem, was er habe. Im Gegenteil sei „die Lust, andere Brücken zu bauen“ in letzter Zeit größer geworden.

Und wie er klammert. Aber er hat ja keine Schuld, sondern Seehofer, der für sich reklamierte, den Guttenberg erfunden zu haben.

Der bayerische Ministerpräsident betonte mit Blick auf seine Entscheidung, Guttenberg im Jahr 2008 zum CSU-Generalsekretär zu küren: „Immerhin habe ich den Karl-Theodor erfunden und geholt.“ Darauf sei er stolz.

Da greift dann ein Rädchen in das andere. Der Erfinder des „Lügenbarons“ ist gleichzeitig der Vorsitzende jener Partei, von der die Universität in Bayreuth wohmöglich finanziell abhängig ist. Schließlich ist der „Plagiator“ selbst Werbemaskotchen der juristischen Fakultät, an der er seinen Doktor geschenkt bekam.

Vielleicht gelingt es der aktuellen CSU und Guttenberg, den Übervater Strauß an krummen Dingern noch zu überbieten. Und es soll ja keiner sagen, man hätte das nicht vohersehen können – bei der guten Quellenlage…

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Hamburg wählt, ohne wirklich eine Wahl zu haben

Geschrieben von: am 19. Feb. 2011 um 18:14

Eigentlich tun mir die Hamburger leid. Morgen sollen sie einen neuen Senat und neue Bezirksversammlungen wählen. Die Wahlberechtigten haben neuerdings zwanzig Stimmen, von denen sie jeweils fünf in vier verschiedenen Listen entweder kumulieren oder panaschieren können, wie es im Wahlrecht so schön heißt.

Nur für wen oder was? Ich neige ja dazu, den Bürgern der Hansestadt zu empfehlen, dafür zu sorgen, dass die FDP nicht den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafft. Das wäre wenigstens ein kleiner Erfolg. Was die Bürger aber darüber hinaus wählen sollen, ist im Prinzip Jacke wie Hose. Die Spitzenkandidaten der größeren Parteien sind politisch gesehen nichts weiter, als ein Plagiat des jeweils anderen und vom bereits schlechten Original kaum noch zu unterscheiden.

Insofern muss man die komplizierte Wahlrechtsänderung als Vortäuschung einer demokratischen Wahl verstehen, bei der mit vielen zur Verfügung stehenden Stimmen die Tatsache verdeckt werden soll, dass man in Wahrheit gar keine Auswahl hat, sondern nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Egal ob Kreuz – wo auch immer auf den vielen Zetteln – oder nicht, du kriegst auf jeden Fall die Seuche.

Aber ohne Regierung geht es ja auch nicht. Schauen sie nur nach Belgien. Dort gibt’s eine Frittenrevolution, aber nicht, weil man die Regierung satt hat, sondern nach über 250 Tagen ohne (Weltrekord) endlich wieder eine haben will.

Was ist nun schlimmer? Eine Wahl, aus der kein Ergebnis in Form einer Regierungsbildung folgt oder eine Wahl, aus der, was auch immer sie wählen, sich immer derselbe Dreckshaufen zu einer Regierung zusammenfindet, um den Souverän mit Füßen zu treten? Okay, die Belgier haben wenigstens ihre Fritten…

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TV-Tipp: Mitternachtsspitzen

Geschrieben von: am 19. Feb. 2011 um 13:27

Heute Abend um 21:45 Uhr sendet das WDR-Fernsehen die erste Ausgabe der Mitternachtsspitzen in diesem Jahr.

Wer die letzte Sendung vor Weihnachten verfolgt hat, konnte die beiden Kabarettisten Wilfried Schmickler und Uwe Lyko in einem grandios vorgetragenen Krippenspiel erleben, bei dem die beiden in die Rollen von Maria und Josef schlüpften. Der Ankündigung entnehme ich nun, dass das Format eines wechselnden Rollenspiels weiter gehen soll. Zwar wird es Loky und Smoky nicht mehr geben, dafür aber andere große Paare der Weltgeschichte…

Die beiden letzteren glänzten ja zuletzt in der Weihnachtsausgabe der Mitternachtsspitzen 2010 als des Heilands Eltern Maria und Josef. Vom Allerhöchsten ermutigt, schlüpfen sie fortan regelmäßig in die unterschiedlichsten Rollen und hauchen Großen Paaren der Weltgeschichte neues, zwerchfellerschütterndes Leben ein. Ob Karl Theodor und Stephanie zu Guttenberg, Adam und Eva, Julius Cäsar und Cleopatra, Jackie und John F. Kennedy, Adolf Hitler und Eva Braun oder gar Siegfried und Roy: Wilfried Schmickler und Uwe Lyko decken auf, wo das Geheimnis dieser spannenden Paare in Wirklichkeit lag und liegt. Geschrieben wird die neue Rubrik, wie zuvor auch schon der Klassiker „Loki und Smoky“, vom langjährigen „Mitternachtsspitzen“-Co-Autor Dietmar Jakobs. Welches Paar allerdings sich am 19. Februar die Ehre geben wird, bleibt noch geheim …

Quelle: WDR

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TV-Tipp: Neues aus der Anstalt – Folge 41

Geschrieben von: am 19. Feb. 2011 um 13:27

Am kommenden Dienstag läuft die nächste Folge Neues aus der Anstalt im ZDF, aber nicht wie gewohnt um 22:15 Uhr, sondern wegen einer Karnevalübertragung eine Stunde später um 23:15 Uhr.

Zwei Tage nach den Bürgerschaftswahlen in Hamburg startet auch die Anstalt so richtig ins Superwahljahr 2011. Urban Priol und Erwin Pelzig küren die strahlenden Gewinner und werfen einen Blick auf die düstere Zukunft der Verlierer. Auch die Landtagswahlflut im März wirft bereits ihre Schatten voraus. Den satirischen Urnengang begleiten die kabarettistischen Lichtgestalten Monika Gruber, Jochen Malmsheimer und Piet Klocke.

Quelle: ZDF

Ich denke, die kaberettistischen Lichtgestalten werden den Fall der politischen Lichtgestalt Karl-Theodor zu Guttenberg genüßlich kommentieren. Der Urnengang in Hamburg birgt hingegen weder Licht noch Gestalt, egal wer da morgen nun gewinnt.

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Zu Guttenberg: Der Kampf des Sprachwahrers

Geschrieben von: am 18. Feb. 2011 um 12:08

An der Berichterstattung über den neuen „Plagiator“ Karl-Theodor zu Guttenberg stört mich vor allem der alberne Wettbewerb der Medien, nach noch mehr geklauten Stellen in Guttenbergs Dissertation zu suchen, um ihm ein Fehlverhalten nachweisen zu können, das dazu dienen könnte, die Forderung nach einem Rücktritt des Ministers zu begründen. Gleichzeitig wird die scheinheilige Frage formuliert, ob denn die akademische Schluderei die bisher geleistete politische Arbeit zu Guttenbergs in den Schatten zu stellen vermag. So als ob zu Guttenberg eine erfolgreiche politische Arbeit vorweisen könnte.

Warum zum Teufel fordert man nicht den Rücktritt zu Guttenbergs, weil er als Verteidigungs- und früher als Wirtschaftsminister gescheitert ist? Er lebt doch nur von seinem Image und nicht von inhaltlicher Leistung. Insofern passt das wieder. Die Person selbst ist genauso inhaltsleer und aufgeblasen wie die Doktorarbeit, die nun aufwändig geprüft werden soll. Warum? Das geht doch kurz und knapp.

Dagegen wäre es schöner, endlich zu erfahren, was Karl-Theodor, dem Geistesblitz, dazu bewogen haben könnte, den auf deutschen Befehl hin geflogenen Bombenangriff auf afghanische Zivilisten einmal als militärisch angemessen zu bezeichnen und dann wieder nicht. Auch da sollte geprüft und aufgeklärt werden. Das dauert jetzt schon zwei Jahre. Wie lange soll die Aufklärung beim Zitateklau nun dauern? Was ist mit der Verletzung des Grundrechts auf Postgeheimnis bei der Bundeswehr? Was ist überhaupt in der Truppe los, wenn sich die Kameraden beim Säubern ihrer Waffen selber abschießen und das Verteidigungsministerium diesen Vorfall vertuscht?

Statt diese Fragen zu klären, warten wir lieber monatelang auf die Rückkehr der Gorch Fock.

Es ist wie immer. Die Öffentlichkeit wird jetzt wieder tagelang mit einem Thema gelangweilt, das vom Prinzip her ganz klar ist und das keiner weiteren Untersuchung, die dem Ertappten ja nur Zeit verschaffen soll, bedarf. Guttenberg hat betrogen. Das ergibt sich allein schon aus der Tatsache, dass die Autoren, deren geistiges Eigentum gestohlen wurde, sich selbst in der Arbeit zu Guttenbergs, ohne entsprechend zitiert worden zu sein, wiedergefunden haben. Über den ersten Absatz der Einleitung, der nun glasklar kopiert worden war, will ich gar nicht erst reden und auch nicht darüber, dass Guttenberg offenbar gar nicht weiß, was er überhaupt geschrieben hat. Vielleicht weil er es gar nicht selber geschrieben hat?

Wer ernsthaft davon spricht, dass die Täuschungsabsicht noch nicht erwiesen sei, hat entweder ein ernsthaftes Wahrnehmungsproblem oder er will die Öffentlichkeit mit einer Verschleppungstaktik dazu bringen, dass sie glaubt, zu Guttenberg sei nur ein Opfer einer Hetzkampagne.

Bezeichnend ist dann auch die unter Politikern übliche Entschuldigungsfloskel, die zu Guttenberg vor ausgewählten Journalisten! (den Tipp hat er wahrscheinlich von Mutti Merkel) in Berlin abgab. Er sehe bei sich kein Fehlverhalten und weise die Vorwürfe entschieden zurück, räume aber ein, dass es Fehler gegeben habe. Er entschuldige sich dafür, wenn sich andere durch die bedauerlichen Fehler, also nicht durch ihn und seine Arbeitsweise, verletzt fühlten.

Das ist in etwa so, wenn sie mit ihrem Auto einen Fußgänger überfahren, der gerade die Straße auf einem Zebrastreifen überquert hat und dann jeden Vorwurf eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr scharf zurückweisen und lediglich ihr Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass beim Autofahren Fehler passieren, durch die sich andere Verkehrsteilnehmer verletzt fühlen könnten.

Zu Guttenberg will vorübergehend seinen Doktortitel nicht führen, also, um im Bild zu bleiben, ohne Führerschein einfach weiterfahren.

Eine wache demokratische Öffentlichkeit kann sich so etwas nicht bieten lassen. Zu Guttenberg muss gehen, aber nicht weil er in seiner Doktorarbeit betrogen hat, sondern weil er als Person in führender Funktion versagt hat. Eine substanzlose Gestalt, deren einzige Leistung darin besteht, ein Motiv der politischen PR-Fotografie zu sein.

Ach, den Sprachwahrer habe ich noch vergessen. Wo wären wir nur ohne den umgangssprachlichen Krieg?

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