blogintern: Statistik 09/11 und zum neuen deutschen Angriffskrieg

Geschrieben von: am 03. Okt 2011 um 11:42

Ich gebe zu, von dem spätsommerlichen Wetter gefangen worden zu sein und neben der beruflichen Arbeit kaum Zeit für diesen Blog gefunden zu haben. Ich bitte um Verständnis und gebe nun etwas verspätet, aber wie immer zu Beginn eines neuen Monats die Statistik für den zurückliegenden zur Kenntnis. Die Besucher und Zugriffszahlen sind im Vergleich zum August unverändert geblieben. Ich will mal sehen, ob sich dass bis zum Jahresende nicht doch wieder steigern lässt (siehe Anlage unten).

Dafür müssen natürlich Beiträge ran. Im September waren es nur 21. Material steht wie immer reichlich zur Verfügung. Ich finde es zum Beispiel lustig, dass Ronald Pofalla die “Fresse” seines Parteikollegen Wolfgang Bosbach nicht mehr sehen kann, weil dieser nicht für, sondern gegen den erweiterten Eurorettungsschirm (EFSF) gestimmt hat. Ich persönlich kann ja die “Fresse” von Bosbach nicht mehr sehen, weil dieser mit seiner Terrorangst und Panikmache mal wieder voll daneben gelegen hat.

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“German Eiertanz”

Geschrieben von: am 29. Sep 2011 um 7:30

Blog.de ist überraschenderweise früher wieder online. Daher kommt jetzt schon mein Text.

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Seit Wochen macht sich die Nation Sorgen um die Kanzlermehrheit, obwohl die Abstimmung zum erweiterten Rettungsschirm nie auf der Kippe stand. Es gibt ja noch die SPD, die in entscheidenden Fragen schon immer treu zu Merkel stand. Nicht umsonst hatte Obergenosse Gabriel nach der Berlin-Wahl angeboten, seine Partei für die FDP auf die Regierungsbank einwechseln zu dürfen. Aber letztlich wird die Kanzlermehrheit halten. Und mal ehrlich, das ist doch auch klar?

Merkel braucht nicht einmal das Instrument der Vertrauensfrage, das seltsamerweise in der zum Teil hysterisch geführten Diskussion kaum besprochen wurde. Als Kanzler Schröder 2001 um Zustimmung bat, die Bundeswehr in den Krieg nach Afghanistan zu schicken, gab es ebenfalls eine breite Mehrheit im  hohen Haus. Weil aber die Regierungsmehrheit zu kippen drohte, verband Schröder die Sach- mit einer Vertrauensfrage und zwang so die Opposition zur Ablehnung in der Sache und die eigene Koalition, ihm das Vertrauen auszusprechen. Strenggenommen hat damals niemand für den Krieg votiert, sondern nur für oder gegen den Kanzler Schröder.

Heute hätte Angela Merkel es genauso machen können. Braucht sie aber nicht, weil sie den Bundestag nicht als Showarena versteht, mit der man dem Volk noch Demokratie vorspielen muss. Sie weiß genau, dass das Parlament ihr willfährig folgt, weil Schröder es seinerzeit beerdigt hat. Die letzte Vertrauensfrage im Deutschen Bundestag wurde 2005 mit dem Ziel gestellt, sie zu verlieren und somit eine Auflösung des Parlaments herbeizuführen. Begründung war damals, die Regierung könne keine Gesetze mehr beschließen. Allerdings wurden noch zahlreiche Projekte durch rot-grün verabschiedet, bevor Schröder seine fingierte Vertrauensfrage einbrachte und vom Rednerpult seine angebliche Handlungsunfähigkeit beweinte.

Die spätere Bundestagsneuwahl erfolgte unter der Bedingung eines verfassungswidrigen Wahlgesetzes. Und auch 2009 wurde erneut verfassungswidrig gewählt. Bis Ende 2011 muss das Wahlrecht so geändert werden, dass es dem Grundgesetz entspricht. Diese Auflage hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber bei seinem Urteil im Jahr 2008! mitgegeben. Seitdem ist aber nichts passiert. Wenn nun also im Jahr 2013 oder bereits vorher wieder gewählt wird, ist doch die Frage juristisch berechtigt, ob man sich als Wähler eventuell strafbar macht. Schließlich würde man mit seiner Stimmabgabe so etwas wie Beihilfe zum Verfassungsbruch leisten. Und jedes Wahlplakat wäre im Prinzip eine Anstiftung zum Verfassungsbruch.

Das wurde im Gespräch mit dem neuen Anstaltsjuristen Max Uthoff deutlich, der in der ZDF-Kabarettsendung zugleich nüchtern feststellte, dass ungültige und gültige Wahlen sich nicht wesentlich voneinander unterscheiden. Schließlich habe die Macht der Finanzmärkte gezeigt, dass auch gültige Wahlen sinnlos wären.

Das alles muss man wissen, wenn man auf die heutige Abstimmung im Bundestag schaut und verstehen will, warum die Amerikaner mit “German Eiertanz” einen neuen Begriff in ihren Sprachgebrauch aufgenommen haben. Alle wollen den Euro, die Währungsunion und Griechenland irgendwie retten. Die Bundesregierung lehnt aber alles ab, was bisher vorgeschlagen wurde. Eurobonds, eine Transferunion und eine europäische Wirtschaftsregierung passen nicht ins Konzept der Kanzlerin, obwohl alle drei Dinge in Teilen bereits umgesetzt werden.

Die Täuschung des Souveräns ist bei Merkel Chefsache oder eine Aufgabe der Exekutive. Das Parlament ist überflüssig, hat sich selbst überflüssig gemacht. Der Hype um die Frage, ob heute Mittag eine Kanzlermehrheit zu Stande kommt, ist daher nicht zu verstehen. Unter Merkel ist der Wandel zur Kanzlerdemokratie abgeschlossen worden, und der Bundestag nur noch ein Anhängsel, in dem die Vorgaben der Exekutive formal abgenickt werden.

Warum fragt eigentlich niemand die Abgeordneten, die mit Blick auf die Erweiterung des Eurorettungsschirms wochenlang so trefflich demokratisch streiten und ihre Entscheidung offenhalten, wieso sie binnen einer Woche dem ersten Rettungsschirm von über 480 Mrd. Euro ohne mit der Wimper zu zucken zustimmten und auch die Griechenlandrettung und die Einrichtung des ersten europäischen Rettungsfonds ebenfalls binnen einer Woche Milliarden locker machten. Und was ist mit den acht Gesetzen zum Atomausstieg, der Endlagerfrage und die Erneuerbaren Energien betreffend, als die Regierung vor der Sommerpause dem Parlament 700 Seiten Gesetzestext vorlegte und binnen drei Tagen eine Entscheidung des Parlaments einforderte?

Es geht doch nicht um die Frage, ob es zur Kanzlermehrheit reicht, sondern darum, was die Regierung und die Opposition unter Demokratie versteht. Der “German Eiertanz” ist doch bloß der durchschaubare Versuch, dem Volk die “marktkonforme” Demokratie schmackhaft zu machen. In diesem Zusammenhang ist Pelzigs Frage berechtigt.      

Was soll der Unterschied sein zwischen jugendlichen Plünderern in London und den Gewinnzielen der Deutschen Bank?

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“Null und nichtig”: Deutschlands Kanzlerin auf dem Vormarsch

Geschrieben von: am 28. Sep 2011 um 7:10

Jetzt will die Kanzlerin die Haushalte anderer Länder für “null und nichtig” erklären lassen. Auf einer Regionalkonferenz der CDU, die dazu dienen sollte, die Parteibasis zu beruhigen, kündigte sie an, weiter für rigorose Durchgriffsrechte bei Defizitsündern kämpfen zu wollen.

Die Logik der Kanzlerin ist schon verblüffend. Was will sie dem verdutzten Parteivolk, das fest auf dem Boden der FDGO steht, damit sagen? Wir erklären die Haushaltspolitik anderer für “null und nichtig” und damit auch deren Ausgaben, die erst zum Defizit geführt haben? Problem gelöst? Oder wollte sie sagen, dass der deutsche Finanzminister in Zukunft über das Budget der Griechen bestimmt. Und damit das nicht so auffällt, behauptet man einfach, die EU würde es tun.

Es sind schon wahnwitzige Zeiten. Im Sommer hat die größte Taktikerin aller Zeiten (GröTaZ) noch vor ihren Anhängern gesagt, dass in Europa nicht jeder in Rente gehen könne wie er will und der eine nicht mehr Urlaub haben dürfe als der andere. Dann hat sie sich in selbigen verabschiedet und kurz verlauten lassen, dass es Deutschland so gut gehe, wie nie zuvor. Auch wenn über 20 Prozent aller Beschäftigten dank des Aufschwungs XXL inzwischen im Niedriglohnsektor tätig sind.

Inzwischen ist sie ja längst wieder da, war bei Sarkozy, auf einem Gipfel in Polen und bei Günther Jauch, der zwar Fragen stellte, aber jede Antwort der Kanzlerin einfach einloggte, ohne sie in seiner bewährten RTL-Manier aufs Glatteis zu führen, um ihr ferner vielleicht einen Joker zu entlocken. Aber Merkel ist ja auch keine Kandidaten auf dem Ratestuhl, sondern eher ratlos im Amt. Dabei hätte dieser Fragestunde die von Jauch obligatorisch präsentierten vier Antwortmöglichkeiten wirklich gutgetan.

Den griechischen Ministerpräsidenten hat sie gestern auch getroffen, mit dem zusammen, sie mal wieder an einem Strang ziehen will. Wahrscheinlich um die Schlinge noch ein wenig fester zu ziehen und dem Land endlich den Garaus zu machen. Denn erst wenn die Wiege der Demokratie für “null und nichtig” erklärt würde, kann die Kanzlerin ihre Vorstellung von einer “marktkonformen Demokratie” in die Tat umsetzen.

Erwin Pelzig fragte gestern in Neues aus der Anstalt zu recht was das eigentlich bedeuten soll und warum gerade eine deutsche Regierungschefin nicht auf die Idee kommt, einen demokratiekonformen Markt zu fordern. Stattdessen tätschelt sie am Jahrestag ihrer gescheiterten schwarz-gelben Regierung – es ist erst Halbzeit – den klinisch toten Koalitionspartner. Neben Eurorettung und Strang festziehen fand sie tatsächlich noch Zeit, die Biografie des FDP-Parteichefs vorzustellen, mit dem sie völlig überraschend eine Vorliebe für Udo Jürgens teilt.

“Bist du auch ein Fan?”, soll der vom Denkverbot befreite und bald auch von der Regierungsarbeit entbundene liberale Anführer Philipp Rösler gesagt haben. Dass der Jauch das am Sonntag nicht herausgefunden hat, ist auch ein Armutszeugnis. Übrigens habe man der Merkel in der DDR das Denken ebenfalls nicht verbieten können, gab sie am Rande der Präsentation des Kinderbuches zu Protokoll. Das ist richtig. Ihr Denken muss halt nur in systemrelevanten Bahnen verlaufen.

Um flexibel zu sein, bedarf es nämlich der Rückratlosigkeit. Dann schafft man es auch, unter den Bedingungen des realexistierenden Sozialismus Karriere zu machen, wie auch, wenn die historischen Umstände es gerade zulassen, an der Spitze des Kapitalismus zu stehen, um eine marktkonforme Demokratie zu erfinden. Es würde nicht verwundern, wenn die Kanzlerin ihr altes FDJ-Hemdchen noch im Schrank hängen hat, für alle Fälle.

“Wir sind ein Europa, auch wenn man manchmal streng ist”, hat sie einer griechischen Zeitung gesagt und damit auf den Punkt gebracht, wie sich Frau Merkel die Rollenverteilung bis zur nächsten Katastrophe so vorstellt. Ihr soll Europa gehorchen, weil deutsche Interessen Vorrang haben. Europa soll deutscher werden und Merkel ist auf dem Vormarsch. Morgen wird im deutschen Bundestag über die Ausweitung des Rettungsschirms abgestimmt.

Heute stimmt bereits das EU-Parlament über Gesetze ab, die unter anderem vorsehen, auch Länder zu bestrafen, die durch hohe Exportüberschüsse das wirtschaftliche Gleichgewicht innerhalb Europas gefährden. Wir dürfen gespannt sein, ob Frau Merkel die gleiche Strenge auch bei sich zulässt oder ob sie  weiterhin als volkswirtschaftlich denkende “Null” durch Europa zieht und behauptet, jeder könne exportieren und Überschüsse anhäufen und davon leben.

Die Amerikaner haben nun Europas und insbesondere die deutsche Krisenbewältigungspolitik gerügt und schon rauscht es im Blätterwald. Es seien ja doch die amerikanischen Banken gewesen, die die Krise verursacht hätten. Von einer Infektion mit dem amerikanischen Finanzvirus ist gar die Rede. So als ob die Deutsche Bank kein Hauptakteur in dem miesen Spiel mit faulen Krediten gewesen ist und sich nunmehr zurecht auf der Anklagebank amerikanischer Gerichte wiederfindet.

Andere schreiben wiederum, dass die Griechen zwar wie befohlen rigoros gekürzt haben, aber das versprochene Privatisierungsprogramm noch nicht umgesetzt hätten. Wen wundert das? Schlange stehen doch nur die Schnäppchenjäger aus Deutschland. Dann fällt den Schreibenden noch ein, dass es endlich wieder großer Gesten bedarf. Wie einst, als Helmut Kohl und Francois Mitterand Hände haltend vor den Gräbern in Verdun standen. Wie soll das aber heute aussehen? Angela Merkel mit Giorgos Papandreou Hände haltend vor der Deutschen Bank?

Die Kanzlerin marschiert, und der Alptraum wird anhalten. “Null und nichtig” wäre schön. Wenn es doch auf diese unsäglich inkompetente Regierung zutreffen würde.     

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Ankündigung Downtime wegen Server Update

Geschrieben von: am 26. Sep 2011 um 21:09

Am Donnerstag zwischen 0 und 12 Uhr wird die Blog.de Plattform und damit dieser Blog nicht erreichbar sein. Hier die Meldung der Entwickler.

Liebe Blogger,

der Termin für die Aktualisierung der Server steht jetzt fest. Wir werden die Plattform hierfür in der Nacht vom Mittwoch (28-09-2001) auf Donnerstag (29-09-2011) ab 0:00 Uhr vom Netz nehmen. Vorraussichtlich werden wir auch bis 12:00 Uhr mittags am Donnerstag offline sein. Es ist zwar durchaus möglich, dass die Plattform schon vorher wieder verfügbar ist, ein absolut reibungsloser Betrieb, wird aber erst ab Do. 12:00 Uhr wieder möglich sein.

Vielen Dank für euer Verständnis

DerVetter, Head of Development

Quelle: Developer Blog

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Glaubensbekenntnisse

Geschrieben von: am 24. Sep 2011 um 6:47

Bundestagspräsident Lammert brachte in einer Ansprache den Wunsch der Deutschen nach mehr Ökumene zum Ausdruck. „Viele empfinden die Kirchenspaltung als Ärgernis.“

Quelle: Tagesschau

Es gibt sicherlich auch viele Deutsche, die die Kirche an sich als Ärgernis empfinden. Und nicht nur, weil viele, wie ich, überhaupt nicht religiös sind, sondern auch, weil viele, die es sind, keinesfalls nachvollziehen können, warum der zur Neutralität verpflichtete Staat eine Steuer auf den eigenen Glauben erhebt.

Aber der Wunsch auf mehr Ökumene hat sich ohnehin nicht erfüllt, was zu erwarten war, aber nicht erwartet wurde, weil man glaubte, der deutsche Papst würde mit noch mehr zunehmenden Alter weiser und offener. Bezeichnend ist auch, dass der Oberhirte nur bereit war, sich außerhalb seines offiziellen Programms mit den Missbrauchsopfern seiner Glaubensbrüder zur Abgabe von Lippenbekenntnissen zu treffen.

Einigkeit bestand natürlich darin, mehr Religiosität im Alltag zuzulassen. Sowohl von kirchlicher Seite als auch von den gewählten Volksvertretern wurde ein Mangel an Frömmigkeit innerhalb der Gesellschaft beklagt und der Wunsch nach mehr Demut gegenüber dem Herrn und der Religion geäußert, die des Öfteren grundlos mit Häme und Schmutz übergossen werde. Dazu der Karikaturist Klaus Stuttmann:

 

Quelle: Klaus Stuttmann

Den Höhepunkt der Woche des Glaubens bildete aber nicht der Papst, sondern der EZB-Präsident, Jean-Claude Trichet. In seiner Botschaft an die europäischen Völker sprach er davon, dass an den internationalen Finanzmärkten der Glaube verloren gegangen sei, dass Schlüsselländer nicht pleite gehen könnten.

Die Eurozone ist nach den Worten von EZB-Präsident Trichet das Epizentrum einer globalen Krise der öffentlichen Finanzen. Die Risiken für die Stabilität des Finanzsystems hätten in letzter Zeit drastisch zugenommen, warnte der Chef der Europäischen Zentralbank am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds in Washington. An den Märkten sei inzwischen der Glaube verloren gegangen, dass Schlüssel-Länder nicht zahlungsunfähig werden könnten. Zugleich warb Trichet um Verständnis für die Entscheidungsprozesse in Europa. Es handele sich um Demokratien, und die Ratifikation des Euro-Rettungsfonds in den nationalen Parlamenten sei im Gange. 

Quelle: dradio

So kann der Glaube die Wahrnehmung täuschen. Es gibt nämlich keine Krise der öffentlichen Finanzen, sondern nur eine der Banken, die mit öffentlichen Geldern aus welchem Grund auch immer gerettet werden müssen. Es gibt auch keinen Glaubensverlust in die Zahlungsfähigkeit von Schlüsselstaaten. Das Gegenteil ist der Fall. Staatliche Schuldtitel sind gefragter als vor der Finanzkrise. Die Zinsen auf 10-jährige Anleihen sind gerade in diesen Staaten im Keller.

Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe lag am Abend bei 1,736 Prozent, nachdem sie gegen Mittag auf ein neues Rekordtief von 1,634 Prozent gesunken war.

Quelle: FinanzNachrichten

In den USA ein ähnliches Bild:

Zehnjährige Titel mit einem Kupon von 2,125% verloren 1-2/32 auf 102-20/32 und rentierten mit 1,83%.

Quelle: FinanzNachrichten

Schlüsselstaaten haben kein Problem, sich zu refinanzieren. Allein die Marktgläubigkeit und der politische Wille, als Staat das Vertrauen versagender Märkte zurückgewinnen zu wollen, heizt die Spekulation an, der die Europeripherie zum Opfer gefallen ist. Dabei könnten sich die demokratisch legitimierten Parlamentarier, die dem Papst noch ein Forum gaben, an die heilige Schrift erinnern und mit Blick auf die Finanzmärkte getreu dem Bibelspruch handeln.

Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter; hier sollen sich legen deine stolzen Wellen!

Vielleicht hilft aber auch weniger Glaube und mehr Verstand.

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Gül kritisiert deutsches Einwandererrecht

Geschrieben von: am 20. Sep 2011 um 7:15

In der FAZ ist zum Staatsbesuch des türkischen Präsidenten, Abdullah Gül, zu lesen:

Insbesondere wendet sich die Türkei gegen die Regelung, wonach künftige Ehepartner aus der Türkei vor ihrer Einreise deutsche Sprachkenntnisse nachweisen müssen. Für die Bundesregierung sagte Staatsministerin Maria Böhmer, die Kritik entbehre jeder Grundlage. „Deutschkurse sind von unmittelbarem Nutzen für die Zuwanderer“, sagte sie. Auch Wulff sagte, insbesondere türkische Frauen dürften wegen mangelnder Sprachkenntnisse „nicht in einer Parallelgesellschaft verharren.“

Seltsam. Japanische und amerikanische Ehefrauen dürfen das aber. Die Kritik von Gül ist berechtigt und die deutsche Presse informiert unzureichend über die ungleiche und ausgrenzende Gesetzeslage in der Bundesrepublik. Und wieso darf es keine Parallelgesellschaften geben? Stellen etwa die 6500 Japaner in Düsseldorf ein Problem dar, die seit 50 Jahren einen eigenen Stadtteil (Japantown) prägen und auch nicht daran denken, deutsch zu lernen, nur um sich mit den rheinischen Frohnaturen verständigen zu können?

Die Sprache ist nur ein Teil, wenn nicht gar das letzte Glied einer Integrationskette. Ihr voraus geht immer die Parallelgesellschaft. Nur Deutschland hat erst spät das Bewusstsein erlangt, ein Einwanderungsland zu sein und weigert sich auch, die Erfahrungen und Erkenntnisse aus Migrationsbewegungen zu Rate zu ziehen. Stattdessen dient aller politischer Einsatz der Abwehr des Fremden, sofern es ökonomisch nicht irgendwie verwertbar ist. 

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Berliner Wahlnachlese

Geschrieben von: am 19. Sep 2011 um 12:29

Berlin hat gewählt. Gibt’s da was nachzulesen? Eigentlich nicht. Die FDP hat ihr Projekt 18 endlich verwirklicht und vom Wähler das Komma an der richtigen Stelle platziert bekommen. Die Liberalen haben es nicht geschafft, sich an die Spitze einer deutschen Tea Party Bewegung zu setzen. In Deutschland wird eben auch kein Tee als Ausdruck des Protestes in einen Hafen gekippt, nicht mal symbolisch, sondern es wird wie immer nur mit heißem Wasser gekocht. Es ist doch wirklich gut, dass sich die Wähler, die sich den Wahlgang noch antun (60,2 Prozent), nicht so blöd und einfältig sind, auf das falsche Gerede der FDP hereinzufallen. Die lag übrigens wieder hinter der NPD (2,1 Prozent) und auf Augenhöhe mit der Tierschutzpartei (1,5 Prozent). Der Berliner probiert gern etwas Neues aus und schickt die Piraten mit fast neun Prozent der Stimmen ins Abgeordnetenhaus. Dort, so haben Linkspartei und Grüne am Wahlabend verkündet, wolle man von den Neuankömmlingen etwas in Sachen Internet lernen. Toll.

Die CDU braucht indes keine Nachhilfe. Die Konservativen wähnen sich mit 23,4 Prozent eindeutig auf der Siegerstraße. Peter Altmaier und der Berliner Spitzenkandidat, dessen Namen ich mir aus Platzgründen im Hirn nicht gemerkt habe, sprachen davon, rot-rot mit dem besten Wahlergebnis für die Union in diesem Jahr verhindert zu haben. Ein deutlicher Aufwärtstrend sei da zu erkennen, hieß es bei den schwarzen Humoristen. Die SPD kommt hingegen aus dem Feiern nicht mehr raus. Die Presse dämpft allerdings. Im Westen sei Klaus Wowereit von der CDU überholt worden und insgesamt hätten die Sozialdemokraten ihr Ziel, über die 30 Prozent Marke zu kommen bei leichten Einbußen verfehlt. Damit sei der Kanzlerkandidatenkandidat Wowereit vom Tisch, orakeln Deutschlands „Edelfedern“ (bei Jens Berger geklaut). Der Tagesspiegel schreibt zum Beispiel in seinem Live-Blog:

„Wowereit kann zwar wieder Regierender Bürgermeister werden, aber
Kanzlerkandidatenkandidat eher nicht, weder aus eigenem Antrieb noch als Gebetener. Die Aura des dreifachen
Wahlsiegers, die keiner der anderen Spitzensozialdemokraten aufweisen kann, ist mit diesem Ergebnis auf
Bundesebene kaum präsentabel.“

Präsentabel können eben nur Leute wie Steinbrück sein, der für die SPD in NRW 2005 eine grandiose Wahlschlappe einfuhr, die sogar zur Selbstaufgabe der rot-grünen Bundesregierung unter Schröder führte und zu einem Finanzminister Steinbrück hinter Merkel, die dann mit ihm zusammen das Land, von großer Ahnungslosigkeit begeleitet, in die größte Finanz- und Wirtschaftskrise manövrierte. Dann ist sicherlich noch Steinmeier vorzeigbar, der 2009 als Spitzenkandidat der SPD, der auf Sicht vor sich hingurkenden Kanzlerin, mit 23 Prozent (-11,2 Prozent) der abgegebenen Stimmen gefährlich nahe kam. Der Wechsel war damals förmlich spürbar. Steinmeier wurde auch Fraktionschef, weil er die Schockstarre der Bundestagsfraktion clever ausnutzte und sich mit einer Art Putsch an deren Spitze wählen ließ. Seit dem langweilt der Agenda-Architekt die Abgeordneten mit seiner Schröder-Parodie. Und Parteichef Gabriel will antreten, wenn man ihn fragt. Zum Glück fragt keiner.

Interessant ist natürlich, dass die Kandidatendiskussion die Medien so beschäftigt, wo doch inhaltlich zwischen den einstigen Volksparteien ein großer Konsens besteht.

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Widersprüchliche Gipfelergebnisse

Geschrieben von: am 17. Sep 2011 um 16:30

Die EU-Finanzminister haben sich auf ihrem Treffen in Breslau auf eine Verschärfung des Stabilitätspakts einigen können. So weit, so schlecht. Interessant ist nun, dass auch verabredet wurde, dass Staaten mit hohen Leistungsbilanzüberschüssen zu Maßnahmen wie der Steigerung der Binnennachfrage gedrängt werden sollen. Gleichzeitig wiesen die Finanzminister der Europäischen Union aber den Vorschlag des US-Finanzministers Geithner zurück, mit neuen Konjunkturprogrammen den drohenden Wirtschaftsabschwung zu bekämpfen. Eurogruppen-Chef Juncker sagte, dafür gebe es zur Zeit keinen Spielraum. In der Eurozone müsse die Priorität weiter auf Sparsamkeit und Haushaltskonsolidierung liegen.

Da frage ich mich, wie denn dann die Steigerung der Binnennachfrage in Überschussländern erreicht werden soll. Ich höre schon die FDP wieder schreien. STEUERSENKUNGEN!

Es könnte natürlich auch sein, dass die Bundesregierung erwägt, einen Mindestlohn einzuführen und dem wuchernden Niedriglohnsektor durch die Abschaffung von Hartz-IV etwas entgegenzusetzen und damit die Gewerkschaften samt Flächentarifvertrag zu stärken. Aber das wird wohl bloß ein Wunschtraum bleiben, wie auch die Ankündigung, Leistungsbilanzüberschüsse abbauen zu wollen. Das hieße ja, dass sich die Deutschen von ihrem heiligen Exportmodell verabschieden und Wettbewerbsanteile abgeben müssten.

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Interview mit einem “Politikberater” – Oder die Angst der Image-Macher

Geschrieben von: am 15. Sep 2011 um 15:04

Über den Deutschlandfunk muss ich mich heute doch sehr wundern. Erst durfte Wolfgang Gerhard seine Ahnungslosigkeit verbreiten und nun kommt mit Klaus-Peter Schmidt-Deguelle auch noch einer zu Wort, der als Politikberater vorgestellt wird. Die Nähe zum Begriff des Politikwissenschaftlers sollte wohl den Eindruck vermitteln, hier spreche einer, der etwas Substanzielles zur Krisenbewältigung beitragen könnte. Dabei wurde hier jemand befragt, dessen Job das Aufpolieren von Images ist. Der also aus einem Hanswurst einen Sparhans macht, siehe das Beispiel Hans Eichel. Zuletzt wollte Schmidt-Deguelle das ramponierte Image von Carsten Maschmeyer wiederherstellen und scheint auch Erfolg damit zu haben. Aus den Negativschlagzeilen scheint der Drückerkönig aus Hannover inzwischen verschwunden zu sein.  

Schmidt-Deguelle, der beim Deutschlandfunk vor einem Jahr noch als Medienberater galt, durfte nun mit Blick auf die Bundesregierung die Botschaft verbreiten:

„Man hätte die Leute mitnehmen müssen und man hätte sie auch mitnehmen können“

Da stellt sich die Frage, wobei? Die Verdummung des Wahlvolks kann ja nur funktionieren, wenn das Wahlvolk nicht versteht, worum es geht. Der Rösler kann eben nicht einfach hergehen und von Pleite sprechen. Das versteht ja jeder. Er muss lernen, Herrschaftssprache oder PR-Deutsch zu sprechen, wie die Kanzlerin. Bei Schmidt-Deguelle klingt das dann so:

Rösler darf das fordern, aber Rösler ist der Wirtschaftsminister dieser Regierung und nicht nur der Parteivorsitzende. Was ein Gerede, das nicht substanziell begründet ist, auslöst, haben wir gesehen in den letzten Tagen. Es sind Milliarden vernichtet worden, weil ein deutscher Wirtschaftsminister, über dessen Funktion im Ausland sowieso wenig bekannt ist und dessen Bedeutung, damit einmal kurz die Märkte irritiert hat.

Natürlich kann Griechenland Pleite gehen. Natürlich kann Griechenland umgeschuldet werden. Dieser Prozess wird ja auch vorbereitet. Aber er kann nicht so eingeläutet werden, dass das einfach herbeigeredet wird, sondern es muss geordnet gehen. Dafür gibt es im Moment nicht die Instrumente, und die Folgen, die eine Umschuldung Griechenlands für den gesamten Finanzsektor, für die Bedrohung der übrigen schwachen Euro-Länder hat, die müssen händelbar sein, und dafür ist zum Beispiel die Umstrickung, die Umwandlung des Rettungsschirms, des EFSF, und dann die Einrichtung des permanenten Rettungsschirms, des ESM, ja gedacht. Aber das braucht noch seine Zeit. Und jetzt sozusagen im Hauruckverfahren aus Angst vor dem Wahltermin diese Paniksituation heraufzubeschwören, ist absolut unverantwortlich.

Haben sie das verstanden? Falls nicht, hat Schmidt-Deguelle seinen Job gut gemacht. Griechenland kann Pleite gehen und der Prozess wird vorbereitet. Aha. Man dürfe nur nicht einfach so ungeordnet drüber reden. Man brauche erst Instrumente – das heißt einen PR-Berater, der die richtigen Sätze erfindet – um dann geordnet die Menschen in die Irre zu führen.

Der Parteichef – und das gilt in dem Fall auch für die Parteichefin der CDU – hätten von Anfang an anders kommunizieren müssen. Sie hätten kommunizieren müssen, dass dieses Europa ein Projekt ist, das mit diesem Euro steht und fällt. Das haben sie gesagt, aber sie haben nicht gesagt, wie es zu retten ist. Man hat sich von Entscheidung zu Entscheidung gehangelt, ohne es zu kommunizieren.  

Auch dieser Nonsens ist nicht leicht zu entschlüsseln. Kommuniziert wurde ziemlich deutlich, wie “es” nicht zu retten ist, um dann immer genau anders zu entscheiden. Im Grundsatz sagt der “Politikberater” an dieser Stelle aber, dass alle Entscheidungen richtig gewesen seien und nur die Art der Vermittlung falsch war. Das kennen wir zu Genüge. Die SPD glaubt heute noch, ihre Agendapolitik sei richtig gewesen, aber den Menschen nicht gut erklärt worden.

Schmidt-Deguelle hat natürlich etwas gegen das populistische Gehabe von FDP und CSU. Der stumpfsinnige Populismus macht nämlich stumpfsinnige, aber sehr lukrative, Beratung überflüssig.  

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