Vom Tage in die Nacht gerettet

Geschrieben von: am 23. Jan. 2012 um 22:34

Die Partei DIE LINKE wehrt sich gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz und kündigt Protestschreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Christian Wulff und Bundestagspräsident Norbert Lammert an. Wulff hat bereits geantwortet: “Es gibt bisher keine Vorwürfe gegen mich.” Und an Rücktritt denke er auch nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ ausrichten, dass sie Wichtigeres zu tun habe. Zum Beispiel den irischen Haushalt zu überwachen. Bundestagspräsident Lammert erklärte unterdessen, nicht ausreichend über den Vorfall informiert worden zu sein. Nachrichtendienstliche Mittel seien seiner Meinung nach gar nicht zum Einsatz gekommen.

Dabei hatte der Tag so informativ mit der Klarstellung des niedersächsischen Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Stefan Wenzel begonnen, wonach er die Bezeichnung “Lügner” zurücknehmen würde, falls sich herausstelle, dass Bundespräsident Wulff nicht die Unwahrheit gesagt habe. Zwischendurch hat ein sächsischer FDP-Abgeordneter, einst Blockflöte in der DDR, wegen angeblicher linksgrüner Hysterie Berichterstattung zum Medienboykott aufgerufen und der Rest seiner verkommenen Partei einmal mehr vor der Einführung einer Transaktionssteuer gewarnt.

Das hätte verheerende Auswirkungen auf Europa, hieß es von Seiten der Splitterpartei. Damit noch nicht genug. Der ehemalige Vizekanz-Nicht Guido Westerwelle, derzeit Maschinist bei der FDP, verkündet nach den Sanktionsbeschlüssen der EU gegen den Iran und Syrien: “Man werde nicht zulassen, dass der Iran nach der Atombombe greife.” Mit einem Öl-Embargo, das ab 1. Juli gelten soll, will die EU den Druck auf Teheran erhöhen. Wahrscheinlich wird sich dieser Druck vorweggenommen bereits am 1. Februar an deutschen Tankstellen entladen.

Dann aber nicht linksgrün hysterisch, sondern ganz allgemeinverbindlich. Eher unbemerkt ist mal wieder ein Schwenk der Bundeskanzlerin an der Öffentlichkeit vorbeigegangen. Zum ersten Mal schließt Angela Merkel eine Aufstockung des ESM nicht aus. Nachdem EZB, mehrere EU-Staaten und der IWF eine größere Brandmauer für die Pleitekandidaten Spanien und Italien fordern, scheint auch die deutsche Bundeskanzlerin eine Anpassung ihrer Meinung wie gewohnt ins Auge zu fassen. Aktuell sieht das dann so aus:

Merkel sprach sich gegen eine Aufstockung des ESM auf eine Billion Euro aus, wie Italien fordert. Allerdings ließ sich die Kanzlerin eine Hintertür offen: Deutschland habe stets alles Notwendige getan, um den Euro zu schützen. „Dieser Überschrift fühlen wir uns auch verpflichtet“, sagte sie nach einen Treffen mit Belgiens neuem Regierungschef Elio Di Rupo.

Quelle: Focus Online

Die Aussichten: Am Mittwoch überwiegend stark bewölkt, gebietsweise Regen, oberhalb 400 Meter Schnee. Null bis 6 Grad.

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"Costa Concordia": Aufarbeitung folgt einem Drehbuch

Geschrieben von: am 22. Jan. 2012 um 20:28

Die Havarie der “Costa Concordia” ist nach wie vor ein Dauerbrenner in den Medien. Allerdings wirkt die Berichterstattung zu dem Unglück mehr als seltsam. Ich habe den Eindruck, die Bewertung wichtiger Informationen verläuft streng nach einem Drehbuch, um möglichst viel von der Geschichte zu haben. Auf tagesschau.de lese ich heute die Überschrift,

“Ein Gruß vor Giglio – von der Reederei verlangt?”

Die Rolle der Reederei gerät nun ins Blickfeld, nachdem eine Woche lang über den Kapitän gespottet und geschimpft wurde, der zunächst eigenmächtig den Kurs änderte, um anderen zu imponieren, um dann, als das Schiff in Schieflage geriet, es als einer der ersten zu verlassen.

Zahlreiche Reporter standen vor Ort, berichteten über die Rettungsmaßnahmen und spekulierten über die Hintergründe. Aber keiner fragte bei den Bewohnern der Insel einmal nach, ob und wie oft ein Schiff bei ihnen vor der Haustür (was dann nach derzeitigem Stand ja nur unerlaubt stattgefunden haben kann) vorbeigeschippert ist. Offenbar galt es zunächst, die Einzigartigkeit des Vorfalls zu beleuchten.

Dabei schien bereits unmittelbar nach der Havarie klar zu sein, dass es nicht das erste Mal war, dass ein Dampfer vor der Küste Giglios mit einem riskanten Manöver zu Werbezwecken, wie es heute heißt, für Aufmerksamkeit sorgte. Ich würde sagen, das verbotswidrige Verhalten galt als völlig normal. Der Bürgermeister der Stadt Porto bedankte sich sogar für diese “Verneigungen” großer Kreuzer. In diesem Artikel eines belgischen Nachrichtenportals ist bereits am 15. Januar von “Gewohnheit” die Rede.

Blijkbaar was het een gewoonte om de bewoners van het eiland te komen groeten en de sirenes op te zetten.

Doch die hiesigen Medien wollten die zelebrierte Normalität gar nicht erst zur Kenntnis nehmen und fanden die Geschichte von einem Kapitän, der eigenmächtig handelte und schließlich das Weite suchte sehr verlockend. Erst jetzt rücken die Reederei und wirtschaftliche Interessen in den Fokus der Berichterstattung. So als ob der Verdacht sich urplötzlich durch eine Aussage des Kapitäns zu erhärten scheint.

Die Information, dass für das Schiffsunglück sehr wahrscheinlich eine übliche Methode im Kreuzfahrtgeschäft verantwortlich zeichnet, die, solange nichts passierte, auch nie jemanden störte, soll möglichst lang unter der Decke gehalten werden. Systemisches Versagen können die Medien, die wohlmöglich selbst an einer erfolgreichen Vermarktung von Urlaubsreisen auf Kreuzfahrtschiffen (diese Art des Reisens ist ja sehr in Mode gekommen) in Form von Anzeigen  mitverdienen, gerade nicht gebrauchen.

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Dank an Trithemius für den Link zum belgischen Nachrichtenportal.

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Problemchen der deutschen Kleinbürgerschaft

Geschrieben von: am 21. Jan. 2012 um 14:02

Die FAZ kommentiert heute Guttenbergs Abschied, den er nicht selber, sondern durch Horst Seehofer erklären ließ. Also durch den, der ihn entdeckte, erfand oder sogar schuf. 

„Während Wohnungen von Wulffs langjährigem Sprecher durchsucht werden, inszeniert der bayerische Ministerpräsident den Abschied Guttenbergs wie ein sakrales Ereignis. Übersehen wird gern, dass auch Guttenberg – ungeachtet seines einnehmenden Wesens – ein kleinbürgerlicher Karrierist war. Um fast jeden Preis wollte er im Amt bleiben. Sich vor Weggefährten zu stellen kam ihm nicht in den Sinn. Sie mussten gehen, damit er weiterkam. Worin seine Leistungen als Minister eigentlich bestanden, das wussten auch seine zahlreichen Anhänger nicht zu erklären. Sein Abgang aber ist kein Verlust.“

Quelle: dradio Presseschau

Nur wenn Guttenbergs Abgang kein Verlust darstellt, wieso konnte dann seine Erscheinung bei so vielen Menschen einschließlich der Medien Faszination bis hin zur Vergötterung auslösen? Wahrscheinlich, weil eine Wachstumsdelle im Zentralnervensystem auf das sensorische Gehirnareal drückte.  In der marktkonformen Demokratie gehören solche Handicaps eben dazu.

Interessant ist aber die Erkenntnis, wonach auch der hochwohlgeborene und als Kosmopolit fälschlich beschriebene Karl-Theodor doch nur die Attitüde eines kleinbürgerlichen Hanswurstes an den Tag legte. Das hätten die kleinbürgerlich denkenden FAZ-Redakteure aber auch schon bei Friedrich Engels des Vormärzes nachlesen können.

“Wie kleinbürgerlich steht der hohe und niedrige deutsche Adel seit dem zwölften Jahrhundert da neben dem reichen, sorglosen, lebenslustigen und in seinem ganzen Auftreten entschiedenen französischen und englischen Adel! Wie winzig, wie unbedeutend und lokalborniert erscheinen die deutschen reichsstädtischen und hanseatischen Bürger neben den rebellischen Pariser Bürgern des vierzehnten und fünfzehnten, neben den Londoner Puritanern des siebzehnten Jahrhunderts! Wie kleinbürgerlich nehmen sich noch jetzt unsre ersten Größen der Industrie, der Finanz, der Seefahrt aus neben den Börsenfürsten von Paris, Lyon, London, Liverpool und Manchester! Selbst die arbeitenden Klassen sind in Deutschland durchaus kleinbürgerlich. So hat die Kleinbürgerschaft bei ihrer gedrückten gesellschaftlichen und politischen Stellung wenigstens den Trost, die Normalklasse von Deutschland zu sein und allen übrigen Klassen ihre spezifische Gedrücktheit und ihre Nahrungssorgen mitgeteilt zu haben.”    

In Deutschland wird mal wieder gejammert mit dem Prädikat einer besonderen Lokalborniertheit.

Mit Hingabe wird sich Themen wie Wulff und dessen offensichtlich korrupten Netzwerk in Hannover zugewandt oder über eine Rückkehr des ehemals Geölten aus dem Bayerischen diskutiert. Andere wiederum befassen sich damit, wie sie die Zustellung einer kostenlosen Bild-Zeitung zu deren 60-jährigen Bestehen verhindern können oder damit, unter welchen Umständen die Linkspartei wählbar sei (Was den Sasse da reitet, kann ich mir auch nur mit lokaler Borniertheit erklären).  

Da möchte man am liebsten schreiend irgendwo hinlaufen, wo es schöner ist. Vielleicht zu Goldman Sachs. Denn via NachDenkSeiten erfahre ich, dass nun auch die weltführenden Banker die Euro-Krise richtig zu verstehen beginnen. Damit sind die Kriminellen schon weiter und aufgeklärter, als die klägliche deutsche Kleinbürgerschaft mit ihren ganz speziellen Problemchen.

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Der böse Kapitän

Geschrieben von: am 21. Jan. 2012 um 11:10

Seit der Havarie der “Costa Concordia” wurde der Kapitän sehr schnell als Sündenbock für die Katastrophe ausgemacht. Naiv verbreiteten die Medien die Geschichte vom Einzelgänger, der Freunden auf der Insel Giglio mit der riskanten Vorbeifahrt bloß imponieren wollte. Die Reederei distanzierte sich umgehend von ihrem Mitarbeiter und machte ihn allein für das Unglück verantwortlich. Keiner interessierte sich für die Frage, ob es vielleicht ein wirtschaftliches Interesse des Unternehmens gegeben haben könnte, im hart umkämpften Kreuzfahrtgeschäft mit einem besonderem Highlight aufzuwarten.

Tagelang rätseln Journalisten und Experten um die Motive des Kapitäns, ein derartiges Risiko in Kauf zu nehmen. Nun, es war wirklich zu erwarten, wurde bekannt, dass der Kapitän Francesco Schettino bereits 2010 die gleiche spektakuläre Route zwischen Insel und Festland wählte und dies auch der Reederei bekannt sein musste.

Wie ARD-Korrespondent Carsten Kühntopp berichtet, veröffentlichte die Reederei auf ihrer Webseite einen begeisterten Erlebnisbericht von einer solchen Vorbeifahrt vom August 2010. Kapitän auch damals: Francesco Schettino.  

Quelle: Tagesschau

Die Überraschung dürfte wieder groß sein. Aber nicht, weil man feststellte, dass systemisches Marktversagen inzwischen zur Regel geworden ist, bei dem es immer auch Opfer zu beklagen gibt, sondern weil hier mal wieder Einzelne aus Profitinteressen ein unverantwortliches Risiko eingegangen sind. Zum bösen Kapitän kommt vielleicht noch der böse Reederei-Manager und das war’s.

Das System, welches Niedertracht erst produziert und riskantes, der Gier geschuldetes, Verhalten belohnt – solange es gutgeht – darf hingegen fortbestehen.

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Schlechte Zahlen vom Handelsriesen

Geschrieben von: am 17. Jan. 2012 um 11:12

Eine Nachricht aus der Wirtschaft lautet heute, dass der Einzelhandelsriese Metro den Verkauf der Tochter “Kaufhof” gestoppt habe. Als Grund wurde eine nicht optimale Situation an den Finanzmärkten angegeben. Viel interessanter als die Meldung vom geplatzten Verkauf ist aber die Bilanz, die der Metro-Konzern für das abgelaufene Jahr vorlegte. Demnach habe vor allem das Weihnachtsgeschäft enttäuscht, gab Vorstandschef Olaf Koch an.

Schon Anfang Dezember hatte Metro über ein schwaches Weihnachtsgeschäft berichtet. Das belegen nun auch die vorläufigen Zahlen für 2011: Der Umsatz sank um 0,8 Prozent auf 66,7 Milliarden Euro. Im üblicherweise saisonal besonders starken vierten Weihnachtsquartal fiel der Umsatz um 1,3 Prozent auf 19,5 Milliarden Euro.

„Das vergangene Jahr war durch außerordentliche Entwicklungen stark beeinträchtigt“, sagte der seit Januar amtierende Vorstandschef Olaf Koch. Insbesondere die Staatsschuldenkrise, hohe Arbeitslosigkeit und Sparprogramme in vielen Ländern Europas hätten die Kauflust der Verbraucher gebremst.

Quelle: Tagesschau

Ja, wie jetzt? Laut GfK Konsum- und ifo Geschäftsklimaindex sei die Kauflaune der Deutschen immer besonders hoch gewesen und habe zur Stützung der Konjunktur beigetragen. Ich suche immer noch nach dem BIP-Anteil, der durch Laune und Lust zugenommen haben soll, aber egal. Fakt ist doch wohl eher, und darauf deuten die Zahlen von Metro (Kaufhof, Saturn, MediaMarkt, Real) hin, dass es an und vor Weihnachten erneut keine Konsumparty gegeben hat.

Insgesamt waren die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel 2011 so gut, wie schon lange nicht mehr. Das Jahr hat denn auch die Erwartungen der Branche erfüllt.

Quelle: HDE

Für einen ziemlich großen Teil der Branche scheint das nun aber nicht oder mal wieder nicht zu stimmen. Welche Überraschung. :yawn:

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Nun hat es auch mich erwischt

Geschrieben von: am 16. Jan. 2012 um 22:55

Nach knapp sechs Monaten Arbeit als Redakteur eines Anzeigenblattes und noch einmal rund 50 Stunden in der letzten Woche, hat mein Arbeitgeber die letzte sich ihm bietende Gelegenheit vor Ablauf der Probezeit genutzt, um das Arbeitsverhältnis zu beenden. Das kam für mich überraschend und ist gleichwohl sehr enttäuschend. Ich danke trotzdem den Kollegen für die gute Zusammenarbeit.

Gleichzeitig fordere ich diejenigen unter meinen Lesern auf, nach vorn und mit mir in Kontakt zu treten, die eine sinnvolle Idee zur Weiterbeschäftigung haben.

Vielen Dank.

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Was die Medien wirklich interessiert

Geschrieben von: am 16. Jan. 2012 um 13:17

Was die Medien derzeit wirklich interessiert, kann man in einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Hannover nachlesen, die ich soeben per Mail erhalten habe:

Vorwürfe gegen Bundespräsident Wulff

Die zahlreichen Anfragen zum Vorgehen der Staatsanwaltschaft Hannover geben Anlass zu folgender Stellungnahme:

Die bisher erhobenen Vorwürfe zu Kreditgewährungen und Urlaubsreisen begründen weiterhin keinen strafprozessualen Anfangsverdacht. Das gilt auch unter Berücksichtigung der Ausführungen von Prof. von Arnim.

Die neu bekannt gewordenen Vorgänge im Zusammenhang mit dem Aufenthalt in München anlässlich des Oktoberfestes 2008 werden derzeit geprüft.

Na dann, wenn es sonst nichts Wichtigeres gibt.

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Zur wirtschaftlichen Lage

Geschrieben von: am 12. Jan. 2012 um 18:28

Die Entstehungsseite des Bruttoinlandsprodukts war im Jahr 2011 noch immer von Aufholeffekten in nahezu allen Wirtschaftsbereichen geprägt.

Quelle: destatis

Dieser unscheinbare Satz steht an einer noch unscheinbareren Stelle in der Jubelmeldung des statistischen Bundesamts vom Mittwoch, wonach die deutsche Wirtschaft auf das Jahr 2011 gesehen in einer sehr robusten Verfassung gewesen sei. Die Medien haben entsprechend reagiert und vom Boom geschwärmt.

Andere und auch die Bundesregierung waren da etwas verhaltener in ihren Reaktionen, weil sie die Meldung der Statistiker aus Wiesbaden offenbar genauer gelesen haben und bemerkten, dass der wirtschaftliche Aufschwung hauptsächlich in der ersten Jahreshälfte stattfand. Das wirft natürlich die Frage auf, wie es denn in der zweiten Halbzeit gelaufen sei.

Für das vierte Quartal 2011 liegen noch keine Ergebnisse vor. Das soll erst im Februar der Fall sein. Dennoch rechnet die Behörde für das vierte Quartal 2011 mit einem Rückgang der deutschen Wirtschaft um 0,25 Prozent. Das wäre dann das erste Quartalsminus seit 2009. Trotzdem blicken die meisten Ökonomen “verhalten optimistisch” in die Zukunft. Übersetzt heißt das, wir haben keine Ahnung und lassen uns nicht festnageln.

Dabei ist in der Gesamtbetrachtung doch eins vollkommen klar. Die sich zuspitzende Eurokrise, befeuert durch den Export des eisernen Sparwillens der Deutschen, wird nicht folgenlos bleiben. Es stellt sich die Frage, woher das Wachstum kommen soll, wenn man den Ast absägt, auf dem man hockt. Ökonomen und Regierung bauen auf die Binnenwirtschaft und den privaten Konsum. Er sei zu einer Stütze der volkswirtschaftlichen Entwicklung geworden und lasse eine “ausgeprägte Schwächephase” für unwahrscheinlich erscheinen.

Interessant ist nun mal wieder die Gewichtung von gemessenen Konsumwerten und gefühlter Anschaffungsneigung.

Die Umsätze im Einzelhandel im engeren Sinne gingen zwar im November etwas zurück (-0,9 %), doch sprechen der spürbare Anstieg des Geschäftsklimas im Einzelhandel und das recht freundliche Konsumklima zum Jahreswechsel für einen guten Ausklang der privaten Konsumausgaben im vierten Quartal.

Quelle: BMWi

Die Kaffeesatzleserei von ifo und GfK wird für bahre Münze genommen, obwohl die Erwartungen vom real gemessenen Einkaufsverhalten der Deutschen nie bestätigt werden. Die Selbsttäuschung setzt sich also auch im Jahr 2012 fort.

Im Statement vom Präsidenten des statistischen Bundesamtes, Roderich Egeler, findet sich auch eine sehr aufschlussreiche Darstellung des durchschnittlichen Wachstums der letzten zehn Jahre.

Durchschnittliches Wachstum

Mit 0,9 bis vielleicht 1,3 Prozent im Schnitt seit dem Jahr 2000 fällt es schwer, in eine bo(o)mbastische Stimmung zu verfallen. Wenn man sich die Wachstumsperioden davor anschaut und miteinander vergleicht, wird die Sache mit dem “Boom” historisch betrachtet noch alberner, mindestens aber relativiert.

Durchschnittliches Wachstum_Rückblick

Quelle: destatis BIP 2009

Volkswirtschaftlich gesehen, fehlt einfach der Blick für das Ganze. Auswertung und Einordnung von Daten sind geprägt von Kurzsichtigkeit. Zusammenhänge werden ignoriert oder künstlich konstruiert. Doch selbst isoliert betrachtet, gerät das Gerede vom Aufschwung ins Wanken, weil es immer schwerer fällt, die sich abzeichnende Verschärfung der Krise zu leugnen.

Bekanntlich spricht man von einer Rezession, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts zu verzeichnen ist. Was werden sich Regierung und ihre Ökonomen aber freuen, wenn die Wachstumsraten weiterhin knapp im positiven Bereich verlaufen. Dann kann Philipp Rösler seinen tollen, aber ökonomisch völlig wertlosen, Satz wiederholen, wonach 1 Prozent Wachstum auch Wachstum und damit gut sei.

„Auch ein Prozent Wachstum ist natürlich Wachstum.“

…sagt der, dessen Partei mit 2 Prozent in den Umfragen dazu verdammt ist, vom Wachstum zu träumen. Würde aber die FDP von nun an um jährlich ein Prozent bis zur Bundestagswahl 2013 wachsen, am Ende stünde doch bloß das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde.

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Pressekommentare zur Finanzkrise

Geschrieben von: am 10. Jan. 2012 um 8:08

“Pünktlich zum Ende des weihnachtlichen Festreigens ist die Euro-Krise wieder da, schärfer denn je. Die eher bedächtige Merkel und der drängende Sarkozy haben dabei erkannt, dass striktes Sparen und konsequente Haushaltskonsolidierung zwar unumgänglich sind, um die gallopierenden Schulden in den Griff zu bekommen, gleichzeitig aber kontraproduktiv wirken, weil sie jegliches Wachstum im Keim ersticken.”

Quelle: Badische Neueste Nachrichten via dradio Presseschau

Ich bitte um Erklärung: Wie kann striktes Sparen dazu führen, eine gallopierende Verschuldung in den Griff zu bekommen, wenn dadurch gleichzeitig das Wachstum im Keim erstickt werde?

Lesen Journalisten eigentlich das, was sie da schreiben?

Denn wenn es richtig ist, dass striktes Sparen das Wachstum ersticke, können Schulden weder bedient noch abgebaut werden. Sie nehmen im Gegenteil weiter zu.

Der Widerspruch fällt nicht weiter auf denn, so die Zeitung weiter, mit einer Finanztransaktionssteuer könne die Absicht verbunden werden, Sparen und eine Ankurbelung der Konjunktur miteinander zu verbinden. Dass es schlichtweg widersinnig ist, erst die Konjunktur durch sinnlose Spardiktate abzuwürgen und Menschen in Arbeitslosigkeit und Armut zu treiben, um dann durch eine Erhöhung der staatlichen Einnahmen die Wirtschaft mit gezielten Investitionen wieder anzukurbeln, kommt man nicht.

Wieso führt man nicht erst eine Steuer auf Vermögen, Kapitaleinkünfte und Börsenumsätze ein, verbessert somit den finanziellen Handlungsspielraum des Staates, und sorgt anschließend in konjunkturell besseren Zeiten für notwendige Einsparungen?

Außerdem ist es schon sehr merkwürdig, dass Angela Merkel plötzlich wieder als große Finanztransaktionssteuer-Befürworterin abgefeiert wird. Sie könne sich vorstellen, die Steuer gemeinsam in der Eurozone einzuführen. Was unterscheidet diese Aussage nun von der vor ein paar Jahren, wonach die Idee von Merkel als “charmant” bezeichnet wurde und seitdem nichts weiter in dieser Richtung passiert ist.

Das Spiel über Bande läuft erneut. Denn nicht nur Sarkozy befindet sich im Wahlkampf, sondern auch Angela Merkel, die mit dem anstehenden Urnengang in Schleswig-Holstein den einzigen Stimmungstest in diesem Jahr überstehen muss. Bereits am Freitag wird sie in Kiel zum Wahlkampfauftakt erwartet. Und die Presse springt ihr dabei mit Schlagzeilen wie “Merkels Vorstoß in der Eurokrise” wieder wohlwollend zur Seite.

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Finanztransaktionssteuer: Merkel will Sarkozy zurückpfeifen

Geschrieben von: am 09. Jan. 2012 um 7:45

Wie ernst es Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einer Finanztransaktionssteuer ist, beweist der Vorstoß Frankreichs, sie jetzt notfalls allein einführen zu wollen. Das durchaus wahltaktische Manöver Sarkozys gefällt der deutschen Regierungschefin nicht. Dabei ist sie grundsätzlich von einer Abgabe auf Börsenumsätze überzeugt, wenn man ihren bisherigen Lippenbekenntnissen Glauben schenkte. Allerdings, so Merkel, dürfe die Finanztransaktionssteuer nur gemeinsam als europäische Lösung umgesetzt werden.

An dieser Lösung arbeitet man aber nun schon seit mindestens drei Jahren. Ohne Ergebnis, weil immer irgend einer etwas dagegen hatte. Erst waren es global gesehen die USA und aktuell ist es Großbritannien, die sich dagegen wehren. Die Deutschen lehnten einen Alleingang immer mit der Begründung ab, dass sich die Finanzgeschäfte dann auf die Orte verschieben würden, an denen eine solche Umsatzsteuer nicht gilt. Nun könnte es Frau Merkel doch egal sein, ob Sarkozy eine Tobin-Steuer einführt. Ihrer Logik folgend, müsste der Finanzplatz Deutschland davon profitieren.

In Wahrheit will die, an den Lippen von Josef Ackermann hängende, Bundeskanzlerin keine Transaktionssteuer. Der Vorwurf, Sarkozy hätte sie aus wahltaktischen Gründen gerade jetzt wieder auf die Agenda gesetzt, könnte man genauso gut Angela Merkel machen. Ihre strategische Überlegung war immer, die populäre Transaktionssteuer unter der Bedingung, das alle anderen zustimmen, national zu fordern, um sie dann international immer wieder scheitern zu lassen.

Nur zur Erinnerung: Eine Steuer auf Börsenumsätze hat es in Deutschland bis 1991 gegeben, ohne dass dabei das eingetreten wäre, was die neoliberalen Verfechter freier und ungezügelter Märkte immer wieder behaupten. Helmut Kohl ließ sie allerdings im Rahmen des ersten Finanzmarktförderungsgesetz abschaffen. Es war der Auftakt zur Deregulierung der Finanzmärkte in Deutschland, die vom angloamerikanischen Raum ausgehend die gesamte Welt erfasste.

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