Piraten entpuppen sich als… ist doch egal

Geschrieben von: am 04. Jan 2012 um 20:12

Zu den Piraten vor der Küste Somalias ist mir während meiner Blogtätigkeit mehr eingefallen als zu den Piraten, die sich hier in Deutschland zur Wahl gestellt haben und noch stellen wollen. Die Aussagen des Parteivorsitzenden Sebastian Nerz, die er zu Beginn der Woche in einem Interview mit einem Journalisten aus dem Berliner PR-Büro Slangen + Herholz äußerte, zeigen mir jedoch, dass es richtig war, sich für diese Partei nicht zu interessieren.

Viele dachten ja, mit den Piraten würde sich nicht nur eine Alternative zum Establishment formieren, sondern auch eine Gruppierung an den Start gehen, der nicht der Makel anhaftet, irgendwann einmal aus der SED hervorgegangen zu sein.

Sebastian Nerz:

“In der Bürgerrechtspolitik gibt es große Nähe zu den Grünen und zur FDP. In der Sozialpolitik können wir uns mit vielem anfreunden, wofür die SPD steht. Im Großen und Ganzen können wir gut mit den kleinen Parteien, wenn man einmal von der Linkspartei absieht.

Meine Traumkonstellation wäre immer eine Koalition mit Grünen und FDP.”

Das ist ein Witz. Inzwischen hat Nerz auf die Kritik reagiert und… ist doch egal. Die braucht kein Mensch.

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Reaktion auf Neuordnung bei der EZB

Geschrieben von: am 04. Jan 2012 um 11:16

Spiegel Online reagierte gestern auf die Neuordnung im EZB-Direktorium wie folgt:

Jörg Asmussen sollte im EZB-Direktorium die Tugenden der Bundesbank hochhalten, jetzt wird er Sonderbeauftragte für Krisendiplomatie. Damit kann der ehemalige Staatssekretär das tun, was er am besten kann: Netzwerken – und so die Interessen der deutschen Steuerzahler im Auge behalten.

Quelle: SpOn

Selten so gelacht. Die Interessen der deutschen Steuerzahler hat Asmussen nie im Auge gehabt, als er die Deregulierung der Finanzmärkte betrieb und den Ausbau des Finanzplatzes Deutschland forcierte. Die Interessen der Steuerzahler hatte Asmussen auch nie im Auge, als er die windigen Geschäfte der IKB, in dessen Aufsichtsrat er saß, übersah und anschließend rund 11 Mrd. Euro zu deren Rettung überwies. Auch war Asmussen früher als behauptet über die Schieflage der HRE informiert (Rettung mit über 100 Mrd. Euro und Verstaatlichung), unternahm aber nichts, weshalb im Jahr 2009 Rücktrittsforderungen laut wurden. Das Netzwerken schien somit nicht im Sinne der Steuerzahler zu verlaufen, sondern einzig und allein im Interesse der Banken.

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Die Präsidenten-Story

Geschrieben von: am 03. Jan 2012 um 12:23

“Nach Wulff, der außer bunten Bildern mit seiner Frau keinen originären Beitrag geleistet hat, kann man das Amt des Bundespräsidenten eigentlich nur noch abschaffen und es dem jeweiligen Bundesratspräsidenten übertragen.”

Quelle: NachDenkSeiten

Oder gleich der Kanzlerin. In diesen Tagen wird wieder so viel über beschädigte Ämter schwadroniert, dass einem schlecht werden könnte. Zu gerne hätte man mal ein solches gesehen. Erkennbar sind aber immer nur beschädigte Amtsinhaber, die zufällig oder aus strategischen Gründen das Amt als solches besetzt halten.

Natürlich ist Wulff eine totale Fehlbesetzung. Welcher Bundespräsident war das nicht? Und natürlich taugen die aktuellen Geschehnisse dazu, das Verfassungsorgan Bundespräsident zu desavouieren. Zumindest wenn man davon ausgeht, dass die Grußonkelfunktion oder der Vorbildcharakter des ersten Deutschen im Staate etwas zu bedeuten hätte. Gesetze prüfen und unterschreiben sowie die Bundeskanzlerin und ihre Minister zu ernennen bzw. auf Zuruf wieder zu entlassen, ist eine formelle Aufgabe, die man auch einem Hund(t) übertragen könnte.

Ich kann die Aufregung ums Amt nicht verstehen. Volker Pispers hat einmal gesagt: “Hätte man in Deutschland soviel Angst um das Wohlergehen der Menschen, wie um die Unversehrtheit des Amtes, müsste man sich weniger sorgen.” Und er hat Recht. Hinter der Wulff-Story steckt doch etwas ganz anderes als die Debatte um ein sauberes Amtsverständnis.

Gerade die Medien spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Sie sollte man aus ihrer beobachtenden und bewertenden Funktion herausholen und gleichsam zum Gegenstand kritischer Betrachtung machen. Wolfgang Lieb tut das oben eher beiläufig mit dem Absatz:

“Solche Interventionen sind durchaus nicht ungewöhnlich. Üblicherweise schicken die Politiker ihre Pressesprecher/innen vor, um unliebsame Berichterstattung aus der Welt zu schaffen. Aber nicht selten schalten sie sich auch selber ein. Insofern ist die moralische Empörung der Journalisten ziemlich gespielt

Dennoch arbeitet sich auch Lieb am Verhalten der Person Wulff ab, obwohl es doch sehr viel interessanter ist, wer durch diese Affäre profitiert. Ausgerechnet Michael Spreng gibt die treffende Antwort:

“Wulff hatte seinen moralischen Kredit schon vor dem finalen Schuss verbraucht. Es wird Zeit für ihn zu gehen. Und im Abgang schafft er es noch, BILD und den BILD-Chefredakteur zu Helden der Pressefreiheit zu machen. Sauber hingekriegt, Herr Präsident.”

Quelle: Sprengsatz

Und genau darum geht’s. Dem Hetzblatt wird durch zahlreiche andere Medien und Multiplikatoren ein sauberes Image verpasst, weil keiner danach fragt, wie es um das Verhältnis zwischen Politikern und den Medien im Allgemeinen und der Bildzeitung im Besonderen bestellt ist. Es gehört nämlich auch nicht zur Pressefreiheit, aus Profitinteressen heraus in einen Gefälligkeits- und Propagandajournalismus zu verfallen. Im nächsten Krisenjahr 2012 wird die so neugewonnene Glaubwürdigkeit der Bildzeitung noch von Nutzen sein. Doch zunächst erfüllt die Affäre-Wulff ihren Zweck als willkommenes Ablenkungsmanöver. 

PS: Das Verhältnis Wulffs zur Boulevardzeitung wird unter anderem bei der Financial Times Deutschland etwas genauer und kritischer beleuchtet.  

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Jörg Asmussen nimmt Arbeit bei der EZB auf

Geschrieben von: am 02. Jan 2012 um 23:06

Derzeit bewegt die Mailbox von Kai Diekmann die Nation, nicht aber das bedenkliche Personalkarussell innerhalb der Europäischen Zentralbank (EZB). So nahmen am Montag Jörg Asmussen (SPD), ehemaliger Finanzstaatssekretär unter Eichel, Steinbrück (beide SPD) und Wolfgang Schäuble (CDU), sowie der Franzose Benoît Cœré ihre Arbeit bei der EZB auf. Warum? Es wird ein Nachfolger für den zurückgetretenen Chefvolkswirt Jürgen Stark gesucht, der wegen mangelnder Rückendeckung im EZB-Rat das Weite suchte. Als monetaristischer Überzeugungstäter beschrieb ihn die spanische Zeitung El Pais einmal als finanzpolitischen “Taliban”.

Lange Zeit rechnete die Bundesregierung nun damit, den Posten mit einem der finanzpolitischen Brandstifter und Top-Versager unter den deutschen Regierungsbeamten, Jörg Asmussen, besetzen zu können. Doch inzwischen ist das nicht mehr so klar. Auch die Franzosen wissen um die Schlüsselpositionen im EZB-Direktorium. Es dürfte klar sein, dass im Jahr 2012 der europäischen Zentralbank eine ganz bedeutende Rolle zufallen wird. Dort wird sich entscheiden, welchen Kurs Europa nehmen wird.

Will Merkel ihre selbstzerstörerische Strategie vom Sparen, Konsolidieren und Bestrafen durchsetzen, braucht sie die Institution EZB als das, was sie schon immer sein sollte, eine ausschließliche Verteidigerin der Preisstabilität. Das würde aber bedeuten, dass Frankreich über kurz oder lang selbst ins Visier der deutschen Spar- und Bestrafungswut fallen würde. Ein Blick auf das Leistungsbilanzdefizit reicht da aus. Dass die Ratingagenturen mit einer Herabstufung Frankreichs drohen, ist ebenfalls kein Geheimnis mehr.

Bisher hatten immer verbohrte Deutsche den Posten des EZB-Chefvolkswirtes inne. Durch den Verlauf der Krise haben nun aber auch die Franzosen ein berechtigtes Interesse. Denn letztlich muss die Rolle der EZB neu definiert werden. Soll sie als “lender of last resort” die Bazooka auspacken dürfen – die Deutschen wollen das auf keinen Fall, obwohl sie die Anleihekäufe auf dem Sekundärmarkt dennoch zulassen – oder soll sie ganz im Sinne von Schäuble, Merkel und Co. eine deutsche Finanzdiktatur in Europa flankieren, bei der Frankreich schlicht und ergreifend das Nachsehen haben würde.

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Meldungen, die es in die Nachrichten schaffen

Geschrieben von: am 02. Jan 2012 um 18:28

Es ist immer wieder erstaunlich, welche Meldungen es regelmäßig in die Nachrichten schaffen. Umfragen zum Konsum stehen dabei ganz oben. Mit ihnen lässt sich eine optimistische Stimmung verbreiten, obwohl die tatsächlichen Zahlen ein ganz anderes Bild zeichnen. Heute lief die Schlagzeile “2011 stärkster Konsum seit zehn Jahren” über die Redaktionsticker. Eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) habe ergeben, dass der private Verbrauch um mindestens 1,2 Prozent zugenommen habe.

Nach DIHK-Prognose stieg der private Verbrauch im vergangenen Jahr um mindestens 1,2 Prozent gegenüber 2010. Der Konsumnachfrage im Inland kommt die günstige Beschäftigungssituation zugute.

Insgesamt erwartet der DIHK für das vierte Quartal 2011 und für das erste Quartal 2012 zumindest eine „schwarze Null“; für das Gesamtjahr 2012 prognostiziert er eine Wachstumsrate von 1,0 Prozent.

Mal unabhängig von der Treffgenauigkeit solcher Prognosen, schon in der Originalmeldung verbirgt sich Sprengstoff. Denn wenn im letzten Quartal 2011 eine schwarze Null herauskommen soll, heißt das doch ganz klar, das Weihnachten weder unterm Baum entschieden wurde, noch das Geschäft vor dem Fest besonders toll verlaufen sein kann. Dabei hatten die Einzelhändler erneut auf den Jahresendspurt gesetzt. Doch weder Spätkäufer, noch Schnäppchenjäger haben etwas an der abermals enttäuschenden Kassenbilanz ändern können.   

Dennoch wird schon zu Beginn des nächsten Krisenjahres voll auf Konsumpropaganda gesetzt und so getan, als sei die deutsche Binnennachfrage in einem schwierigen außenwirtschaftlichen Umfeld außerordentlich gut. Von den realen Zahlen wird so eine Schlussfolgerung aber überhaupt nicht gedeckt.

Einzelhandel_destatis

Quelle: destatis

Was mich wundert, ist die Einfältigkeit der Medien, die bei der Konsumpropaganda mitmachen und sich nicht einmal die simple Frage stellen, ob es überhaupt logisch sein kann, dass trotz Krisenstimmung und einem wuchernden Niedriglohnsektor, der wachsende Verarmung quer durch alle Altersklassen und Bevölkerungsschichten inzwischen auch messbar zu Tage fördert, mehr Geld für den Konsum aufgewendet werden kann.

Offensichtlich glauben viele daran, dass sich Deutschland als eine Insel von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung irgendwie abkoppeln kann. Auch der Einzelhandelsverband rechnet “noch” mit einem Umsatzplus und stützt seine Hoffnungen auf einen angeblich stattgefundenen Käuferansturm in den letzten beiden Wochen. Sieht so etwa ein Konsumjahr aus, dass das stärkste seit zehn Jahren sein soll?

Ich stelle einmal mehr fest, die Medien geben sich mit sehr wenig zufrieden. Eine weitere Top-Meldung war ein neuer Höchststand bei den Beschäftigungszahlen. “Erstmals mehr als 41 Millionen Erwerbstätige” hieß die Schlagzeile, die direkt vom statistischen Bundesamt in die Welt gesetzt wurde, so als ob es die Diskussion um geschönte Arbeitsmarktdaten gar nicht gegeben hätte. War ja im letzten Jahr. Im neuen Jahr sind die Auftragsbücher plötzlich wieder voll gewesen, heißt es als Begründung.

Doch auch hier lohnt ein Blick auf die Zahlen/Grafik:

Auftragseingänge_2012

Das Jahr 2011 war diesbezüglich eher durchwachsen mit klarer Tendenz nach unten. Aber auch diese Fakten werden einfach ignoriert und beiseite geschoben, um der Jubelmeldung Platz zu machen.

Vielleicht fehlt auch einfach nur die Zeit, die man benötigt, um zu klären, ob der Bundespräsident sein gutes Verhältnis zur Bildzeitung per Mailboxnachricht aufgekündigt hat. Traurig. Ich finde ja, dass man wenn überhaupt das Verhältnis der Bildzeitung zu den Gegenständen ihrer Berichterstattung untersuchen sollte, anstatt den Kampagnen und Verkaufsstrategien dieses Drecksblattes permanent auf den Leim zu gehen.

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Zehn Jahre Euro und ein missachtetes Inflationsziel

Geschrieben von: am 31. Dez 2011 um 16:50

Auf Tagesschau.de ist über das Jubiläum zu lesen:

Inflation niedriger als in DM-Zeiten

Mit Blick auf die Inflation sei der Euro sogar stabiler und damit erfolgreicher als die D-Mark, bemerkt Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. „Seit der Euro-Einführung lag die durchschnittliche jährliche Inflationsrate in Deutschland bei nur 1,5 Prozent – im Euroraum insgesamt bei zwei Prozent“, sagt er. In den letzten zehn Jahren der D-Mark lag die durchschnittliche Teuerungsrate laut Statistischem Bundesamt bei 2,2 Prozent. Ulrich Kater von der Deka-Bank meint: „Bei der Inflation hat der Euro geliefert, was versprochen war: Preisstabilität.“ Die gemessene Inflation entspricht allerdings nicht immer der gefühlten.

Quelle: Tagesschau.de

Wenn man die Stellungnahmen der “Finanzexperten” zur Inflationsrate liest, könnte man weinen. Natürlich bedeutet eine möglichst niedrige Teuerungsrate Preisstabilität. Sie ist aber vor allem ein Beleg dafür, dass Deutschland gegen die ach so heiligen europäischen Stabilitätskriterien verstoßen hat. Das verschweigen Weidmann und Co. wissentlich. Denn zum Start des Euro war ein Inflationsziel von 2 Prozent vertraglich ausgemacht. Deutschland hat es brutal unterschritten und dazu beigetragen, dass andere Länder der Eurozone eine massive Auslandsverschuldung aufbauen konnten.

Bestraft werden, sollen jetzt die sogenannten Defizitsünder, nicht aber diejenigen, die dank des Euros zehn Jahre lang Überschüsse in ihren Leistungsbilanzen aufbauen konnten und so den Wettbewerb verzerrten. Länder wie Deutschland haben durch Lohnzurückhaltung – nichts anderes drückt eine niedrige Inflationsrate doch aus – massenhaft Kapital in Form von Krediten exportiert. Kapital, dass der Lohntüte deutscher Arbeitnehmer vorenthalten wurde und zu mehr Kaufkraft hätte führen können. Stattdessen haben wir von den Südeuropäern Schuldscheine akzeptiert, die man nicht essen kann und deren Wert sich gerade in Luft auflöst oder abermals teuer durch die Kreditgeber abgesichert werden muss.

Die Einführung des Euros ist misslungen und hat zu einer Spaltung Europas geführt. Vor diesem Hintergrund stellen sich nun Banker hin und betrachten eine der Ursachen – eine viel zu niedrige Inflationsrate – als großen Erfolg der Währungsunion. Das ist verrückt und zeigt, wie viel Ahnungslosigkeit oder aber kriminelles Kalkül in unseren elitären Köpfen steckt.

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Was wird aus dem Streusalz?

Geschrieben von: am 31. Dez 2011 um 16:08

Uns wurde doch ein strenger Winter versprochen? Das war wie bei den Prognosen zum Wirtschaftswachstum. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sollte es bereits ab Mitte November Temperaturen von weit unter –10 Grad Celsius geben. Seit Wochen warte ich nun darauf, meinen Verkehrssicherungspflichten endlich nachkommen zu dürfen. Selbst die Deutsche Bahn gibt an, gut gerüstet zu sein. Auch Sie will endlich beweisen, dass sie den Herausforderungen des Winters in diesem Jahr gewachsen ist.

Die Deutsche Bahn ist nach eigener Einschätzung gut für den Winter gerüstet. Technik-Vorstand Kefer sagte dem „Spiegel“, vor einem Jahr hätten Schnee und Kälte die Bahn überfordert. Diesmal habe sich das Unternehmen aber in allen Bereichen intensiver auf einen Wintereinbruch vorbereitet als je zuvor. So sei die Zahl der Mitarbeiter im Räumdienst mehr als verdoppelt worden. Außerdem würden hunderte Weichen zusätzlich beheizt.

Quelle: dradio

Und was ist? Bei uns im Norden beginnt der Neujahrstag mit wohligen 13 Grad über Null. Dazu vielleicht ein wenig Regen. Der liebe Gott scheint kein Fan der Deutschen Bahn zu sein und schon gar nicht von unseren Betriebswirtschaftlern, die aus ihren Fehlern der letzten Jahre lernen wollten und nun tonnenweise Streusalz bunkern ließen. Nur wohin mit dem Zeug, wenn’s nicht schneit?

Einfach so auf die Straße kippen, hat keinen Sinn. Denn dann werden Hundepfoten wund, lese ich zum Beispiel hier. Die Medien haben das Schneechaos herbeigesehnt. Die Artikel lagen schon fertigredigiert in der Pipeline, darauf wartend, endlich gedruckt oder versendet zu werden. Vorerst verbleiben sie auf Halde oder werden in Zustandsmeldungen umgeschrieben.

Ich frage mich allerdings, warum noch keiner der Schreibenden auf die tolle Idee gekommen ist, von einer Streusalzblase zu berichten, die wohlmöglich platzen könnte. Denn laut Städtebund-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg könne man Streusalz nur “beschränkt lagern”. Das war im letzten Jahr, als Salzhersteller aus Südosteuropa mit hohen Preisen und LKW-Fahrern mit starken Nerven das Geschäft aufmischten, weil hiesige Produzenten die vertraglich zugesicherte Lieferungsleistung nicht mehr erbringen konnten.

Nun haben die Kommunen vorgesorgt und entweder Trockensilos gebaut und im Sommer mit Salz befüllt oder welches bei verschiedenen Herstellern, zwecks Risikostreuung, reserviert. Die Hersteller kassieren dafür eine Reservierungsgebühr. Die sei gering, beteuern die Kommunen, allerdings hätte man sie auch umsonst gezahlt, wenn der Winter mild verliefe und die eigenen Reserven auf den Baubetriebshöfen ausreichen würden. Nur was ist, wenn der Winter tatsächlich noch einmal hart zuschlagen sollte?

Auch reservierte Vorräte müssen doch geliefert werden? Das Problem im letzten Jahr lag ja offenbar nicht nur an der Produktion, sondern auch im Vertrieb. Trotz klarer Lieferverträge mit den Kommunen wurden am Ende Straßenmeistereien bevorzugt. Was sollte eine Reservierungsgebühr oder anders formuliert, ein Streusalzoptionsschein daran ändern, wenn das Worst-Case-Szenario wieder eintritt?

Zur Not könnte man das überzählige Streusalz zerkleinern, in kleine Pappkartons packen und als Bad Reichenhaller Plussalz ohne Zusätze verkaufen. Ich bin mir sicher, es würde rasenden Absatz finden.

Ansonsten trotzdem guten Rutsch.

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Rückgang von Großspenden

Geschrieben von: am 31. Dez 2011 um 14:13

Laut „Frankfurter Rundschau“ haben die Regierungsparteien im Jahr 2011 weniger Großspenden aus der Wirtschaft erhalten als noch vor einem Jahr. Bei der FDP sind demzufolge ein Drittel weniger Spenden eingegangen. Für die Liberalen ist das aber kein Grund traurig zu sein. Denn unterm Strich hat sich der Wert der Partei um rund 80 Prozent im Vergleich zum Wahlergebnis vor zwei Jahren verringert. Sie käme also, wenn an Neujahr auch Neuwahl wäre mit etwa drei Prozent auf nur noch ein Fünftel von dem, was sie bei der letzten Bundestagswahl erreicht hat.

Wäre Rainer Brüderle jetzt noch Wirtschaftsminister, würde er wohl sagen: “Absolut verloren, aber real gewonnen! Es geht bergauf!” 

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Geschönte Arbeitsmarktdaten! Plötzlich aufgewacht?

Geschrieben von: am 30. Dez 2011 um 21:19

Die Süddeutsche Zeitung berichtete gestern von einer Studie der Bundesagentur für Arbeit, wonach von den 2,8 Millionen Beschäftigten, die im abgelaufenen Jahr ihren Job verloren haben, rund 26 Prozent sofort auf Hartz IV Leistungen angewiesen waren. Grund dafür seien eine zu kurze Beschäftigungsdauer oder aber zu niedrige Löhne.

Nun rauscht es im Blätterwald. Auch weil die Grünen plötzlich die Regierung beschuldigen, die Arbeitsmarktstatistik geschönt zu haben. Die Diskussion um Lohndumping, Niedriglohnsektor und Mindestlohn keimt von neuem auf, obwohl die Fakten nicht neu sind. Man könnte durchaus von einem Erwachen sprechen, da immer mehr Journalisten zu der Überzeugung gelangen, dass an der Arbeitsmarktpolitik etwas faul sein könnte. Allerdings überwiegen noch immer die alten Vorurteile. So schreibt etwa die STUTTGARTER ZEITUNG:

„Wo Arbeitnehmer und Gewerkschaften zu schwach sind, ein halbwegs akzeptables Lohnniveau durchzusetzen, kann staatliche Regulierung für Linderung sorgen. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen, dass Mindestlöhne nicht unbedingt zu einem massiven Arbeitsplatzabbau führen müssen. Das gilt erst recht für branchenspezifische Lösungen, die berücksichtigen, dass die Wertschöpfung nicht überall gleich hoch ist.“

Quelle: dradio Presseschau

Dass die Gewerkschaften zu schwach sind, ist eine Folge der Agenda-Politik. Die Drohung auf Hartz IV Niveau abzurutschen hat von Anfang an gewirkt und war auch so beabsichtigt. Interessant ist nun, dass der Autor den Mindestlohn als Regulierungsmaßnahme vorschlägt. Dabei verweist er auf die Erfahrungen aus dem Ausland. Allerdings sind diese völlig falsch wiedergegeben, denn in keinem Land, das einen Mindestlohn eingeführt hat, ist es zu einem Arbeitsplatzabbau gekommen. Der Autor oben tut aber so, als hätte das stattgefunden, weil die reine Lehre das voraussagt. Dabei ist das Gegenteil richtig. Die Erfahrung lehrt, dass ein Mindestlohn nirgendwo Arbeitsplätze vernichtet hat, sondern als sinnvolles Instrument für Stabilität und sogar Beschäftigungsaufbau sorgt.

Aber bis zu dieser Erkenntnis ist’s wahrscheinlich noch ein weiter Weg. Dazu müsste nämlich erst begriffen werden, dass Löhne nicht nur Kosten im betriebswirtschaftlichen Sinne sind, sondern auch und vor allem eine volkswirtschaftliche Bedeutung haben. Ohne sie, keine Nachfrage. Und ohne Nachfrage, kein Konsum. Und ohne Konsum, kein Grund irgendetwas sinnvolles zu produzieren. Stattdessen wird Lohndrückerei kombiniert mit der Produktion von möglichst billigen Dingen, die weder nützlich noch fortschrittlich sind, dafür gerade noch bezahlbar.

Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG rät dagegen zu Vorsicht im Umgang mit Statistiken:

„Dank des Booms am Arbeitsmarkt finden auch immer mehr Langzeitarbeitslose einen Job. Allerdings nur vorübergehend, weshalb die Zeit nicht ausreicht, um damit einen Anspruch auf das reguläre Arbeitslosengeld zu begründen. Daher landen sie gleich wieder bei Hartz IV. Hätten die Betroffenen gar keine Arbeit gehabt, wären die staatlichen Transfers ohne Unterbrechung geflossen – und die ‚dramatische‘ Statistik hätte es so nicht gegeben.“

Quelle: dradio Presseschau

Der Boom am Arbeitsmarkt. Man hört das immer wieder. Selbst die Diskussion um fingierte Arbeitslosenzahlen – die Bundesregierung leugnet das nicht mehr, wäscht ihre Hände aber in Unschuld und spricht von „Unschärfen“ – sorgt nicht für einen Abbruch des Geredes vom Boom und vom Aufschwung. Dass immer mehr Langzeitarbeitslose einen Job finden, bestätigen aber auch gerade die manipulierten Zahlen nicht. Seit langem verharrt der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen bei über 30 Prozent. Der sogenannte Aufschwung geht also gerade an diesen Betroffenen konsequent vorbei.

Im letzten Monatsbericht der Bundesagentur ist zu lesen:

Weil der Rückgang schwächer ausfiel als bei allen Arbeitslosen, hat sich der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen von 34 auf 35 Prozent erhöht. Dabei ist die Langzeitarbeitslosigkeit in beiden Rechtskreisen rückläufig (Rechtskreis SGB II: -15.000 bzw. -2 Prozent; Rechtskreis SGB III: -23.000 bzw. -15 Prozent). Im Vorjahresvergleich blieb der Anteil der Langzeitarbeitslosen im Rechtskreis SGB III mit 17 Prozent unverändert und hat sich im Rechtskreis SGB II um 1 Prozentpunkt auf 43 Prozent erhöht.

Quelle: Agentur für Arbeit (Monatsbericht November 2011)

Übrigens weißt die Linkspartei schon das ganze Jahr über auf die Trickserei bei der Zählung von Arbeitslosen hin. Dass die Medien erst jetzt auf eine plötzliche Eingebung der Grünen reagieren, ist mal wieder typisch für diese traurige Medienwelt.

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