Von der Neuen Presse Hannover bin ich abermals sehr enttäuscht. Claudia Brebach hatte im Geld & Markt Teil den Wechsel von Bert Rürup zum AWD bearbeitet. Leider findet sich in ihren Berichten kein einziges kritisches Wort über die Verflechtung Rürups mit der Finanz- und Versicherungswirtschaft. Dass hier ein angeblich „unabhängiger“ Sachverständiger für seine Arbeit belohnt werden soll, die gesetzliche Rentenversicherung so ramponiert zu haben, damit sich unter anderem Herr Maschmeyers AWD eine goldene Nase an der sich auftuenden Versorgungslücke verdienen konnte, wird mit keiner Silbe erwähnt. Im Gegenteil. Es wird erschreckend anbiedernd vom „weltreisenden Rentner in Sachen Altersrente“ schwadroniert.
Hier mein Leserbrief
Liebe Frau Brebach,
ich bin enttäuscht von ihnen. Ich muss sie sogar fragen, ob sie sich nicht für ihre Gefälligkeitsschreiberei zum Wechsel Bert Rürups an die Seite Maschmeyers schämen. Diesmal haben sie deutlich mehr Platz gehabt, um den Vorgang ausführlich darzustellen. Aber was liest man gestern und heute? Eine unerträgliche Lobhudelei auf den weltreisenden Rentner in Sachen Altersvorsorge. Mit mal was ganz anderes machen zitieren sie Rürup und ersparen sich dabei jedwede kritische Anmerkung. Was macht er denn nun anderes? Er bekommt den Lohn für seine zuvor im Sinne von Maschmeyer und Co geleistete politische Arbeit. Die Zerstörung des Vertrauens in die gesetzliche Rente zu Gunsten der kapitalgedeckten Altersvorsorge, die Maschmeyers AWD binnen kürzester Zeit an die Spitze katapultierte. Als Ölquelle durfte Maschmeyer die private Altersvorsorge unwidersprochen in ihrer Zeitung beschreiben und dann als Anwalt der kleinen Leute auftreten, denen die Rente staatlicherseits gekürzt werde. Wissen sie noch? Im Interview mit Bodo Krüger und Harald John vom 19.04.2008. Schauen sie mal da rein. Damals haben ihre beiden Chefs es auch nicht für nötig gehalten, mal nachzufragen, warum Maschmeyer eigentlich auf die Rentenkürzung schimpfe, die doch gerade auf Empfehlung der Rürup-Kommission durchgeführt wurde und dem AWD-Chef somit das Geschäft seines Lebens einbrachte.
Für diese Politik bedankt sich der Herr Maschmeyer immer wieder. Zuletzt mit einer großen Sause zum 20 jährigen Bestehen des AWD. Ein paar Millionen ließ der AWD-Chef da springen. Wessen Geld verpulverte er da eigentlich für eine abgehobene Show mit Starbesetzung, Frau Brebach? Ihre Zeitung war doch da und berichtete groß am 07.07.2008 darüber. Schröder, Riester, Rürup, Wulff haben ebenfalls die Auftritte internationaler Musikgrößen verfolgt, da kam sogar die Bunte und lichtete dankenswerterweise alle ab, wie sie einträchtig zusammen am großen Dinnertisch Platz nahmen. Fällt ihnen da überhaupt nichts auf? Etwas Schäbigeres gibts doch gar nicht. Wie kann sich Bert Rürup eigentlich als unabhängiger Sachverständiger bezeichnen?
Maschmeyers Support für Schröder 1998 Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse sein mit großen Anzeigen, auch in ihrer Zeitung, kann ihnen doch nicht verborgen geblieben sein. Und dann der Job für Béla Anda, Ex-Regierungssprecher unter Schröder. Und nun Rürup, dessen Aufgabe darin bestand den Wahlsieg Schröders und dessen Politik wissenschaftlich und scheinunabhängig beratend zu begleiten. Wie können sie das nur ignorieren? Hier findet unverhohlen politische Korruption statt und sie finden nur wohlwollende Sätze. Diese Art des Journalismus ist abartig, abhängig und interessengeleitet.
Ihr Chef Harald John hat witzigerweise mal in Bezug auf vorgefertigte Beiträge aus Ministerien, die Redaktionen angeboten wurden, geschrieben, dies sei widerlich und eine Gefahr für die Pressefreiheit. Man sollte ihnen die Pressefreiheit auch mal formell entziehen, damit sie vielleicht wieder anfangen, dafür zu kämpfen. So, wie sie ihre Beiträge über Rürup und Maschmeyer formuliert haben, kann man nur davon ausgehen, dass sie überhaupt nicht mehr wissen, was Freiheit der Presse bedeutet. Und Werbung für Finanzdienstleister gehört eigentlich nicht in den redaktionellen Teil!
MfG
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Edit: Auch Norbert Blüm hat einen sehr schönen Leserbrief an den Chefredakteur des Bonner General-Anzeiger verfasst. Thema ist die Fehlinformationen zur gesetzlichen Rente und der Zusammenbruch der kapitalgedeckten Privatvorsorge weltweit. Blüm belegt einmal mehr die Richtigkeit seines oftmals belächelten Satzes „Die Rente ist sicher“. Die gesetzliche Rente demonstriert gerade aufs Neue ihre Krisenfestigkeit, während man bei der kapitalgedeckten Altersvorsorge überhaupt nicht mehr davon sprechen könne. Dort waren die Versprechungen sehr groß, mit Traumrenditeerwartungen wurde nicht gegeizt. Jetzt in der Krise feiert man die Tatsache, dass wenigstens die Beiträge garantiert seien – also das, was von den Beiträgen übrigbleibt, versteht sich, wenn man die horenden Kosten für das Versicherungsprodukt abzieht. Von diesen Kosten lebt z.B. Herr Maschmeyer. Davon kann er sich dann auch hochkarätige Gäste für seine Jubiläumsfeier leisten…
NOV
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.