Nochmals Studiengebühren

Geschrieben von: am 03. Mrz 2009 um 19:12

Die Pläne des Präsidenten der Universität Hannover Erich Barke angesichts des Rückgangs an Erstsemestern, mehr Werbung für den Hochschulstandort Hannover zu machen, stoßen nicht nur bei mir auf Kritik. Offenbar ist man sich weitgehend darüber einig, dass die rückläufige Zahl an Neueinschreibungen weniger mit der Frage des Marketings bzw. der Öffentlichkeitsarbeit zu tun hat, als vielmehr von anderen Faktoren abhängig ist. Darunter zum Beispiel die Studiengebühren, die bei der Entscheidung für die Aufnahme eines Studiums von herausragender Bedeutung sind.

In diesem Zusammenhang bedient sich die Neue Presse Hannover heute einer Studie des Hochschul-Informations-Systems Hannover (HIS). Danach haben sich für das Wintersemester 2007/2008 „31 Prozent der deutschen Studienanfänger unter anderem aufgrund der Studiengebührenfreiheit für ihre aktuelle Hochschule entschieden.“

Daraus schließt der Autor, dass es somit nahe liege, dass Studiengebühren auch an der Uni-Hannover zum Rückgang der Erstsemester beigetragen haben könnten. Doch die Studie relativiert und somit auch der Verfasser des Artikels. Denn laut HIS spielte bei Studienanfängern „in den Ingenieurswissenschaften, im Bereich der Mathematik und Naturwissenschaften die Gebührenfreiheit an einer Uni eine eher untergeordnete Rolle – genau aber in diesen Studienfächern, zumindest in Mathe und Physik, ist die Nachfrage an der Leibniz-Uni aktuell eher schwach.“

„Für sieben Prozent der Studienanfänger war dabei die Tatsache, dass an ihrer Hochschule keine Studiengebühren erhoben werden, das entscheidende Auswahlkriterium.“

Damit soll es so aussehen, als spielten Studiengebühren generell bei der Entscheidung eine untergeordnete Rolle und andere Gründe „wie zum Beispiel die Nähe zum Heimatort sowie der gute Ruf und Ausstattung der Hochschule, Vielfalt der Lehrangebote und überschaubare Verhältnisse“ seien viel wichtiger. Und „genau an diesen Punkten möchte Uni-Präsident Barke ab Sommer auch ansetzen.“

Damit ist der Schwenk hin zur PR-Unterstützung des Uni-Präsidenten bei seinem Vorhaben einerseits und der Landesregierung, die die Studiengebühren zu verantworten haben, andererseits erneut gelungen. Denn eigentlich ist diese Studie in ihrer Interpretation unbrauchbar! Eine Studie, die in Bezug auf Studiengebühren gar nicht diejenigen nach ihren Gründen befragt, die sich gegen ein Studium entschieden haben, liefert unterm Strich nur ein Zerrbild der Wirklichkeit, das den Befürwortern von Studiengebühren prima in den Kram passen dürfte. Dabei ist das Ergebnis, dass bei denjenigen, die sich eingeschrieben haben, die Gebühren nun nicht für so wichtig erachtet wurden, einfach banal.

Hier zeigt sich im Grunde, dass es im Wettbewerb um den Studenten nur darauf ankommt, diejenigen vom Markt abzugreifen, die sich ein Studium auch wirklich leisten können und wollen. Die mit öffentlichem Geld finanzierte Werbekampagne zielt insofern auch in Wirklichkeit auf eine bestimmte Zielgruppe oder besser gesagt – Klientel. Die große Masse darf sich indes gar nicht angesprochen fühlen. Für die reicht dann der Hinweis auf mickrige Stipendienprogramme und günstige Kredite, die, wie ein hessisches Gericht vor kurzem völlig realitätsfremd entschied, auch sozialverträglich seien.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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