Zu Neues aus der Anstalt – Folge 40

Geschrieben von: am 26. Jan 2011 um 13:55

Die GEZ-finanzierten Empörungsdienstleister Priol und Pelzig wundern sich über die Fortsetzung der tollen Stimmung im Jahr 2011, obwohl man überall sehen könne, wie schlecht es dem Land wirklich gehe. Das war mit Sicherheit auch eine Spitze gegen Dieter Nuhrs Satire Gipfel Reanimierungsversuch, mit guter Laune-Comedy-Kabarett alles schön zu quatschen. Nur solange die Bunte, das Zentralorgan für investigativen Journalismus, meint, dass Frau Bundeskanzlerin eine Königin ohne Krone sei, sehe es einfach immer noch düster aus. Die Farbe des Jahres ist übrigens ein fröhliches Pink. Da sieht man schon, wo die Prioritäten liegen.

Man müsse halt alles positiv sehen, pardon, der Deutsche sehe halt alles positiv. So zum Beispiel auch beim Dioxin im Frühstücksei oder den Antibiotika im Fleisch. Da könne man einerseits überlegen, Küken auszupressen, um Geld für den Diesel an der Tankstelle zu sparen und andererseits bei einer Grippeerkrankung ein Hüftsteak bestellen.

Tja alles ist weiterhin egal, wo man frisst, scheißt man eben nicht hin. Mit Ausnahme der Banken. Pelzig rief das Publikum dazu auf, in die Banken zu gehen und sich beraten zu lassen. Man solle einfach behaupten, viel Geld zu haben. Vielleicht eine Erbschaft. Das funktioniere immer. Schnell würde man vom Schalter weg in warme Büros geführt und bei Kaffee, Kuchen, Schnittchen und Wein bestens versorgt. Wenn man dann gesättigt sei und der Bankberater gerade zur Powerpointpräsentation ansetzen will, sollte man aufstehen und mit der Bemerkung, es sei ja gar keiner gestorben, gehen. Dann hätte man einerseits Hunger und Durst gestillt und andererseits einen Dienst an der Gemeinschaft geleistet, weil in der Zeit keine andere arme Sau, genannt Kunde, über den Tisch gezogen wurde.

Während Pelzig konstruktive Vorschläge lieferte, befand sich Anstaltsleiter Priol wieder in einer Art burnout-Zustand, antriebslos, sich aufgebend und ohne Motivation. Dabei könnte er seiner Intim-Feindin Dioxin-Eier als Wurfsendung schicken. Die hatte Pelzig noch übrig, weil sich die deutsche Bahn mal wieder verspätete. Ursprünglich hätten die Eier nämlich prima in das Gesicht von Berlusconi gepasst, aber wie gesagt, Pelzig hat es dank der Bahn nicht rechtzeitig nach Berlin geschafft. Priol schlug das Angebot indes aus, weil der letzte Eierwurf auf Kanzler Kohl dazu führte, dass dieser noch sieben Jahre im Amt blieb. Trotzdem forderte Pelzig seinen Chef auf, mehr Mut zur Wut zu zeigen, er solle „Dottern, statt Schottern“.

Und Priol legte dann auch los mit einem Foto, auf dem Berlusconi und Merkel zu sehen waren. Beim offiziellen Staatsbesuch in Berlin unterhielten sich die beiden in Zeichensprache, wie man unschwer erkennen kann. Aus dem Italienischen frei übersetzt, sagen beide zueinander: „ARSCHLOCH“. Wer Urban Priol kennt, der weiß, dass er die Merkel dem Berlusconi richtig gönnt.

Berlusconi und Merkel

Das passt natürlich in eine Zeit, in der es von wortklaubenden Sprachakrobaten nur so wimmelt. Die sagen viel, reden schön daher und meinen aber immer etwas ganz anderes oder je nach Bedarf das Gegenteil. Dabei fehlt es an Kompetenz. Das aber gehöre zur Strategie, so Pelzig. Gut, die Familienministerin Schröder bekommt jetzt ein Kind, aber dieser Hauch von Kompetenz kann ihrer Ahnungslosigkeit nicht gefährlich werden, meinte Pelzig scharfzüngig.

Dabei gebe es auch richtig gute Dinge in diesem Land. Zum Beispiel die Panorama-Redaktion mit der wunderbaren, begehrenswerten Anja Reschke, die einen Film über den AWD-Drückerkönig Carsten Maschmeyer produziert hatten, den die ARD dann auch gesendet hat, obwohl Maschmeyers Rechtsbeistandsgesindel im Vorfeld ordentlich Druck ausübte. Für diesen journalistischen Mut gab es Lob und Anerkennung von Barwasser, Priol und dem Studiopublikum. Da sprachen nicht die Kaberettisten, die meinten, dass bei einem Ei im Gesicht vom Maschmeyer ebenfalls das zusammenwachsen würde, was auch zusammengehöre.

Leider werden journalistische Glanzleistungen nicht so gewürdigt, wie korrupte Gefälligkeitspolitik. Demnächst gebe es nämlich eine Briefmarke mit dem Gesicht von Helmut Kohl. Sozusagen ein Altkanzler zum Ablecken, meinte Priol. Der hat es immerhin geschafft, was man von der FDP nun nicht gerade behaupten kann, die sehenden Auges in ihren Untergang marschiert. Selbst in die Marktlücke, einer in Deutschland fehlenden rechtspopulistischen Dummbeutel Arschgeigenbewegung, wollen die Liberalen nicht springen, meinte Pelzig. Da wäre immerhin noch etwas zu holen.

Nein, die FDP bestehe darauf, zu beweisen, wem sie sich verpflichtet fühlt und wem nicht. Die FDP halte an ihren Idealen fest, wissend, dass sie dabei ins Leere greift. Was dem Beinamputierten der Phantomschmerz ist, das ist der FDP der Charakter, so Pelzig fast philosophisch.

Apropos Philosophen, in Frankreich ruft ein über neunzig jähriger Philosoph mit einer kleinen Schrift für wenig Geld alle Franzosen auf, gegen die politische Elite gewaltlos zu protestieren. In Deutschland, dem Land der Dichter und Denker, aber auch der Richter und Henker, schreiben Philosophen hingegen dicke Bücher, die viel Geld kosten, um darin gegen den nicht so gutbetuchten Teil der Bevölkerung zu hetzen und für die neoliberalen Phantomschmerzen offen Partei zu ergreifen.

Aber das nur am Rande, denn Priol kam gegen Ende gerade noch rechtzeitig in Fahrt, weil er sich dann doch vermaschmeyert fühlte. Ursula von der Leyens Bildungspaket für Kinder, über das im Vermittlungsausschuss bereits großkoalitionäre Einigkeit hergestellt wurde, zerpflückte Priol eindrucksvoll.

Der Schlussakkord hatte es mal wieder in sich. Von wegen fröhliches Pink mit Dieter Nuhr, sich aufregen und weiter protestieren ist angesagt.

„Die Banken drehen weiter Papiere an. Wegsperren, weg, wegsperren, damit sie mal sehen, wie sich ein geschlossener Immobilienfonds von innen anfühlt!“

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Die komplette Sendung finden sie wie immer in der ZDF-Mediathek:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/startseite/#/beitrag/video/1241118/Neues-aus-der-Anstalt-vom-25012011

Für diesen Komfort sei dem scheidenden ZDF-Intendanten Schächter von dieser Stelle aus gedankt.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Careca  Januar 26, 2011

    Diese Folge empfand ich als Gegenpunkt zum „Satire Gipfel“. Als Nuhr in seiner Sendung rauskam und „Kabarett“ und „Miesmachertum“ gleich setzte, war mir schon klar, welche Gipfel in jener Sendung bestiegen werden sollten. Es waren die reinen Gipfel der „Satire“. Und bei manchen Gags (ja, es waren an sich gesehen stilistisch gelungene dabei) hatte ich das Gefühl, der Brüderle oder Lindner hätte dem Westerwelle eine leicht ironische Rede zur Überreichung des „Ordens wider dem tierischen Ernst“ geschrieben und Nuhr hat sie dann vorgetragen …
    Priol und Barwasser haben direkt inhaltlich einige Sachen von Nuhr aus dem stark gen Richtung Comedy ausgerichteten „Satiregipfel“ aufgegriffen und dahin gerückt, wo sie gerückt werden sollten. Nuhr ist halt nu mal eine Sicht der Gesellschaftssatire mit kabarettistischen Mitteln (wobei er allerdings meiner Meinung nach dabei inhaltlich mehrmals auf Grund lief, ohne dabei sich mit vorherigen ausreichenden Tiefgang rechtfertigen zu können).
    Und womit die „Anstalt“ im Gegensatz zum „S-Gipfel“ punkten konnte, waren die beiden Gäste. Beide hatten zwar als Schnittmenge Andreas Rebers, aber die Masse der Gäste beim „Gipfel“ brachte kein mehr an Qualität auf jenen Gipfel (meiner Meinung).
    Nächstes Mal spielen bei der (wieder mal nicht live-gesendet-werdenden) „Anstalt“ Jochen Malmsheimer, Monika Gruber und Piet Klocke wieder mit.

    Ach ja, die Sendung danach (Laberstündchen mit Markus Lanz) habe ich mir auch noch angeschaut:
    Eigentlich war meine Motivation Arnulf Rating allein. Die Sendung stand unter anderem unter dem Thema „Comedy“, „Kabarett“ und anders. Arnulf Rating als Vertreter seines Faches sass dort aber auf weiter Flur alleine. Die anderen waren alle ausnahmslos aus der Sparte Comedy oder Gesellschaft. Dem entsprechend war Ratings Zurückhaltung. Während die anderen sich munter ihr Pointenverständnis um die Ohren klopften, blieb Rating still. Bis das auch dem Moderator auffiel und der den Rating durch aktive Fragen versuchte einzubinden. Rettung für das Niveau der Sendung war es auch nicht mehr. Und mir gereut es ob des verlorenen Schlafs.

  2. Manfred Corte  Januar 26, 2011

    Natürlich war die Sendung ‚mal wieder – gut. Wie immer aber kommt die Zustimmung von den Falschen, die es ohnehin schon wissen, daß viel zu viel schiefläuft. Die, die gemeint sind, schauen ohnehin nicht zu und scheren sich einen Dreck darum. Insofern hat sich nichts geändert – und wird sich nichts ändern in unserer „Postdemokratischen Gesellschaft“. Besonders wertvoll aber war (ist) der Hinweis auf die Broschüre von Stephane Hesse „Indignez Vous“, von der es auch zumindest Auszüge im Web gibt. Ein wichtiger Aufruf zum Widerstand gegen die bestehende Gesellschaftsordnung, der weiteste Verbreitung verdient. Was jetzt noch fehlt, ist eine „Gebrauchsanleitung für den Zivilen Ungehorsam“, mit konkreten Maßnahmen und Handlungsanweisungen. Danach sehne ich mich, und hoffe immer, daß sich jemand an die Arbeit macht! Im Sinne von „Dottern statt Schottern“. Aber Schottern muß auch sein ….

  3. Sabine Mohn  Januar 30, 2011

    Dieser selbstverliebt-eitle, genüsslich in seiner „Immer-mit-der-Ruhe-und-ner-dicken-Zigarre“-arroganten, gutbürgerlichen, langweiligen Religionslehrerart vorsichhinstrebernde Nuhr lässt mich innerhalb von 2 Sekunden die Hände zum Himmel richten und den wunderbaren Georg Schramm erbitten. Nuhr nicht Nuhr!