Mit der Befreiung von den Netzentgelten wird ein weiteres Gesetz der Regierung für rechtswidrig erklärt. Doch in den Gazetten herrscht Aufregung heute Morgen. Sollte das Urteil Rechtskraft erlangen, wäre das ein enormer Standortnachteil. Ganze Branchen könnten zum Beispiel nach Frankreich abwandern, weil Energie dort billiger zu haben sei. Allein es fehlt der empirische Beweis für derlei Behauptungen.
Es kommt ja auch niemand auf die alberne Idee zu sagen, dass die Menschen, die Jahr für Jahr höhere Strompreise bezahlen müssen, nun scharenweise das Land in Richtung Frankreich verlassen würden, weil da, dank Atomkraft, die Strompreise günstiger sind. Es ist immer dasselbe. Netzentgelte gefährden Arbeitsplätze, Mindestlohn gefährdet Arbeitsplätze, Tempolimit gefährdet Arbeitsplätze. Überhaupt gefährdet alles Arbeitsplätze, was nicht dem neoliberalen Denken entspricht. Dabei greift die Verengung auf einen Teil der betriebswirtschaftlichen Kosten viel zu kurz. Klar wollen Unternehmen möglichst billig produzieren, doch hängt das Funktionieren einer Volkswirtschaft nicht allein von der Höhe des Strompreises ab.
Zum Glück herrscht in diesem Land keine Armut mehr, das wissen wir seit gestern, so dass die großen Konzerne die zusätzlichen Kosten eigentlich problemlos schultern könnten.
MRZ
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.