Merkel im Sendehaus des NDR

Geschrieben von: am 01. Mai 2012 um 14:00

Ich war die letzten Tage durch eine Mittelohrentzündung kombiniert mit einem fiesen Husten außer Gefecht gesetzt und habe jetzt erst rund 135 aufgelaufene Mails checken können. Es kann also noch etwas dauern, bis hier wieder mehr Beiträge erscheinen. An das letzte woran ich mich erinnern kann, ist ein Interview von Angela Merkel bei NDR-Info. Vielleicht war das ja der Auslöser für die schmerzhafte Entzündung des Gehörgangs.

In dem Interview äußerte sich die Volkskanzlerin auch zu ihrer Krisenbewältigungsstrategie. Die lässt sich auf die Formel bringen, Solidarität nur gegen Bedingungen (Solidarität gibt’s nur im Austausch für Solidität). Der angestrebte Fiskalpakt sei dabei eine notwendige, aber noch nicht ausreichende Maßgabe, um Wohlstand für die Menschen zu bekommen. Natürlich, so die Kanzlerin, dürfe das Wachstum als “zweite Säule” nicht aus den Augen verloren werden. Dies könne aber nicht nur durch staatliche Konjunkturprogramme, sondern vor allem durch Strukturreformen erzeugt werden.

„Wachstum kostet eben nicht immer Geld, wenn ich eine Rentenreform oder Arbeitsmarktreform mache wie wir mit der Agenda 2010. […] Durch die Hartz IV Reform haben wir heute mehr Menschen in Arbeit, als je zuvor. […] Das alles hat Deutschland kein Geld gekostet, aber sehr geholfen. […] Ich habe als deutsche Bundeskanzlerin darauf gedrängt, Wachstumsfragen zum Thema zu machen. […] Aber ich sage noch einmal, nicht nur Wachstum durch Konjunkturprogramme, sondern auch Wachstum durch Strukturreformen.“

In diesem Interview zeigte die deutsche Bundeskanzlerin ihr marktkonformes Zerrbild einer für sie erstrebenswerten europäischen Zukunft. Kennzeichnend dafür sind Zynismus und Ignoranz, die sich in den Worten Merkels verbergen, wenn sie beiläufig darüber spricht, dass die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes auch zu Lohndumping geführt habe, einem bedauerlichen Problem, dem man sich ja nun (nach sieben Jahren und einem Verfassungsgerichtsurteil zur Berechnung der Regelsätze) annehme. Dafür und für ihren halbkaltherzigen Vorschlag, einen Mindestlohn einführen zu wollen, wenn die Tarifpartner sich irgendwie einigen, sollte man ihr wohl noch dankbar sein.

Interessant waren in diesem Zusammenhang auch die Ergebnisse der ILO-Studie (Internationale Arbeitsorganisation), die den angeblich so nützlichen und Wachstum fördernden Strukturreformen eine zerstörerische Wirkung attestieren. 

„Die Strategie des Sparens und Regulierens sollte zu mehr Wachstum führen, was jedoch nicht geschieht“, sagte der ILO-Direktor für internationale Arbeitsmarktstudien und Hauptautor des Berichts, Raymond Torres, in Genf. Die Spar-Strategie sei damit „kontraproduktiv“ gewesen. Torres bescheinigte den EU-Staaten, „wenig durchdachte“ Sparprogramme aufgelegt zu haben. Als Beispiel nannte er Spanien, wo das Haushaltsdefizit trotz drastischer Einsparungen nur von gut neun Prozent im Jahr 2010 auf 8,5 Prozent 2011 gesunken sei.

Quelle: Stern Online

Den Deutschen werfen die Arbeitsmarktexperten vor allem vor, ihr Jobwunder auf atypischer und unsicherer Beschäftigung aufzubauen (Minijobs und Leiharbeit). Das wurde zunächst auch kritisch als Botschaft durch die Medien am Morgen verbreitet. Am Mittag hieß es aber schon, dass sich das Beschäftigungswachstum in Deutschland, laut der Studie, auf einem hohen Niveau befinde und schon war die neoliberale Welt der marktkonformen Demokratie samt ihrer Lohnschreiber wieder in Ordnung. Immerhin wurde noch im Abspann erwähnt, dass Deutschland höhere Reallöhne benötige. Aber wer hört da noch so genau hin?

Toll wäre es also gewesen, die Kanzlerin in einem Interview mit der Wirklichkeit ihrer eigenen Politik oder die, die sie für nachträglich richtig hält, zu konfrontieren,  um ihr unpassendes Loblied darauf mit den Worten “kontraproduktiv” und “wenig durchdacht” zu quittieren. Doch NDR Info Programmchefin und NDR Hörfunk Chefredakteurin Claudia Spiewak tat das nicht. Statt Merkel bezeichnete sie lieber den französischen Präsidentschaftskandidaten Hollande als jemanden, der “große Töne spuckt”. Vielleicht wollte sie der geistigen Luftpumpe Merkel, die ohne Rücksicht auf demokratische Gepflogenheiten in den französischen Wahlkampf eingriff, damit auch nur gefallen. Schließlich kommt die Staatsratsvorsitzende ja nicht oft zum Gespräch im Sendehaus des NDR vorbei.   

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Anonymous  Mai 1, 2012

    ohhhhhhhhhhhh

    ein leitender ang. ???

    mit oder ohne gelben schein ??

    na dann …. gesund werden

    denn krank sind doch lt. statistischem bundesamt
    am MEISTEN die ARBEITSLOSEN…

    denke aber : d a s sind dann immer nur reflexe
    auf eine arbeitszuweisung…oder ?? hahaha

    gruß jens

  2. Careca  Mai 1, 2012

    Es redet am Tage der Arbeit kein Politik darüber, was bei Arbeitsverhältnissen zu verbessern sei. Aber Hauptsache Fiskalpakt, Wachstum, Strukturreform und nochmals Fiskalpakt und Wachstum. … Höhere Reallöhne? Knickt es, Leute, denn ihr habt nur eine Freiheit als Alternative: zu sparen. Ansonsten erspart sich euch die Wirtschaft …

  3. Ormuz  Mai 1, 2012

    Es ist doch letztlich wurscht was das Merkel orakelt oder spektakelt, am Ende sind wir so oder so in den Hintern gekniffen…

    Gute Besserung mein Lieber!

    • adtstar  Mai 1, 2012

      Danke.

    • hugoo  Mai 4, 2012

      hi ormuz…. im düüühhhringen….

      wieso denn heute sooo abgewandt von der realität??

      es heiß nicht : in den HINTERN….

      sondern dichterisch klar :

      IN DEN ARSCH…

      gruß dir mal wieder von weit oben an der ostsee

      hugo
      mit gesundem hüftgelenk 6 jahre vor der vernichtungs-
      altersgrenze der GELBEN !!!

      ps.mal sehn..ob die „GELBE GEFAHR (lt.kaiser wilhelm 1913)
      in form der euthanasie- rentner-kranken- bekämpfer !!
      – siehe die akute frage : hüftgelenke für über 85-jährige-
      diese lumpen nun aus den parlamenten in sh und nrw rauskatapultiert..

      • Ormuz  Mai 4, 2012

        Da will ich ein Mal damenhaft sein und dann ist es auch wieder nicht richtig, also wirklich …. :))

        Na, ich habs gelesen, das ist ja wohl ein Unding!
        Lieber ein neues Hüftgelenk und die Leuten bleiben mobil als endlose Pflegekosten …. aber was erwartet man von der ReGIERung schon anderes als solchen Dummfug ….

        • hugoo  Mai 4, 2012

          also liebe ormuz….

          „“ wahre damen „“ hahaha…. die haben nicht nur… sondern die vernachlässigen AUCH in KEINER weise
          „“dabei „“
          d a s , was duuuu ..du böööse hier „“ damenhaft „“ umgingst…
          erinnere ich aus schönen zeiten.. sooo vor na??? jahren !!

          gruß hugo
          weit oben von der ostsee bei den SPECKDÄNEN