Gerade eben sagt Merkel im NDR2-Interview dass die Mehrwertsteuererhöhung vor vier Jahren von vielen Experten zu unrecht kritisiert worden sei. Dass allein die Ankündigung einer Erhöhung schlecht für die wirtschaftliche Entwicklung sei, habe sich nicht bestätigt. Nichts von dem, was die Experten befürchtet hätten, sei tatsächlich eingetreten, so die Kanzlerin. Eine unverschämte Lüge. Die Mehrwertsteuererhöhung hat den ohnehin schwachen privaten Konsum erneut regelrecht einbrechen lassen. Im Jahr 2007, also dem ersten Jahr mit 19 Prozent Mehrwertsteuer, ging der Einzelhandelsumsatz laut statistischem Bundesamt um real 1,5 Prozent zurück. Im Jahr 2008 sank er noch einmal um real 0,4 Prozent. Und das, obwohl Merkel und Co zu diesem Zeitpunkt immer wieder behauptet hatten, der private Konsum würde zur Stütze der Konjunktur werden. Die Wirklichkeit sah und sieht anders aus. Im Jahr 2007 hatten wir in der Tat ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent. Dieses Wachstum hat aber mit dem privaten Konsum nichts zu tun. Der trug lediglich mit einem Anteil von gerade einmal 0,2 Prozent dazu bei. Der Rest geht auf das Konto des Außenhandels.
Und da liegt die widerliche Täuschung der Bundeskanzlerin. Durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer konnte die Exportwirtschaft deutlich entlastet werden. Denn die bekam die Steuer erstattet. Der Teil der Wirtschaft aber, der für den Binnenmarkt produziert, wurde deutlich belastet. Gerade heute in der Krise spüren wir diese gesamtwirtschaftliche Nachfrageschwäche, die eben nicht erst mit der Finanzmarktkrise einsetzte, sondern schon deutlich früher und aufgrund einer nach wie vor betriebenen bornierten Wirtschaftspolitik, die einseitig auf Angebotsökonomie setzt. Im Übrigen ist die Wachstumsbilanz dieser Regierung defacto gleich NULL. Wir sind heute wieder da, wo wir vor Antritt dieser Regierung schon waren. Siehe dazu auch das Résumé von Heiner Flassbeck in der FAZ vom 23. Juni 2009.
„Es ist ein großes Unglück über Deutschland gekommen. Eine globale Krise hat unseren Wohlstand auf eine Weise dezimiert, wie es das Land seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht gesehen hat. Das gesamtwirtschaftliche Einkommen ist im ersten Quartal dieses Jahres genau auf den Wert zurückgefallen, den es im dritten Quartal 2005 schon erreicht hatte. Danach kam die große Koalition und mit ihr der Aufschwung. Die Krise macht somit die Wachstums-Bilanz dieser vier Jahre sehr einfach: Null!“
SEP.
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.