Meldungen mit seltsamen Schlüssen

Geschrieben von: am 05. Jan 2011 um 10:13

Dioxin-Skandal

Obwohl über 100.000 mit Dioxin verseuchte Eier in den Verkauf gelangt sein sollen und zahlreiche Betriebe schon stillgelegt wurden, behaupten Experten, dass keine akute Gesundheitsgefahr bestehen würde. Gestern hörte ich sogar einen Kommentar, der offenbar als Beruhigungspille dienen sollte, weil davon die Rede war, dass Dioxin kein Gift sei, das akut die Gesundheit schädige, sondern langfristig wirke. :roll: Toll!

Karikatur: Klaus Stuttmann
Quelle: Klaus Stuttmann

Es ist schon unglaublich, welche Sauereien in der Nahrungsmittelbranche aufgrund des Kostendrucks und staatlichen Wegsehens immer wieder möglich sind. Der Ruf nach schärferen Kontrollen und Regeln klingt daher wenig überzeugend, sondern eher nach einem Versuch, Zeit zu gewinnen, bis sich die Aufregung wieder gelegt hat. Dieser Skandal ist auch eine Folge mangelnder Kontrollen. Bezeichnend dafür ist eine spontane Änderung der bisherigen FDP-Position zu Lebensmittelkontrollen.

Die FDP gibt ihren Widerstand gegen mehr Kontrollen in der Lebensmittelproduktion auf und plädiert als Konsequenz aus dem Dioxin-Skandal für eine Zertifizierung der Futtermittelherstellung. Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Agrar- und Verbraucherschutzpolitik Hans-Michael Goldmann sagte der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“: „Für mich als Liberalen ist das enttäuschend. Ich hatte gehofft, dass alle Betriebe selbst und nicht erst nachträglich die öffentliche Hand für Sicherheit sorgen.“

Quelle: Boulevard Baden

Privat vor Staat ist doch nicht so gut. Was für eine Erkenntnis…

Arbeitsmarkt

Trotz fingierter Statistik steigen die Arbeitslosenzahlen. Seltsamerweise wird diese negative Nachricht dennoch als Erfolg gefeiert und behauptet, dass es ein Jobwunder gebe und dieses auch noch anhalten würde. Der frühe Wintereinbruch habe sich halt entsprechend niedergeschlagen. So einfach ist das. Dennoch fragt man sich verwundert, warum der Winter überhaupt für steigende Arbeitslosenzahlen sorgt, wenn gleichzeitig allerorten beklagt wird, dass Winterräumdienste, sei es auf der Straße oder auf der Schiene, ihre Arbeit nicht mehr schaffen.

Denn statt Menschen einzustellen, wird in diesem Bereich gnadenlos gekürzt und sogar von einigen Bürgermeistern gefordert, Hartz-IV-Empfänger zum Zwangsräumdienst zu verpflichten. Man stelle sich nur vor, Sozialleistungsbezieher hätten als 1-Euro-Jobber zum Schneeschippen antreten müssen, dann wäre aber der Bundesarbeitsministerin von der Leyen ein Beschönigungsargument abhanden gekommen:

Die Dezemberflaute beim Abbau der Arbeitslosigkeit hat vor allem zwei Sonderfaktoren:

* Schnee und Frost machten vor allem den grünen Berufen und der Bauwirtschaft zu schaffen.
* Zum anderen ist ein auffällig starker Rückgang bei den 1-Euro-Jobs zu nennen. Viele Jobcenter reduzierten im Dezember diese Maßnahme.

Quelle: BMAS

Für Bundeswirtschaftsminister Brüderle sind diese feinen Unterschiede auch keine Überlegung wert. Er hält öffentlichkeitswirksam an der Vollbeschäftigung fest, obwohl sich seit fünf Monaten an der Erwerbstätigenzahl laut statistischem Bundesamt kaum etwas geändert hat.

Erwerbstätigkeit

Trotzdem meint der Minister in seiner gestrigen Stellungnahme:

„Der Dezemberfrost wird die Konjunktursonne aber nicht verhindern.“

Quelle: BMWi

Das erinnert an das „Fest der Freude am Arbeitsmarkt“ oder an „Großer Sommer, goldener Herbst„.

Wieso aber trotz angeblichen XXL-Aufschwungs und angeblichen Beschäftigungsrekords die öffentlichen Kassen leer sind und die Krankenkassen ihre Beiträge erhöhen müssen sowie Zusatzbeiträge erheben dürfen, leuchtet nicht ein.

Wenn es tatsächlich einen Beschäftigungsrekord der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse geben würde, dann dürften die Beiträge zur GKV nicht steigen sondern sinken. Wem hilft ein Beschäftigungsrekord der mit 0 € Praktika, 1 € Jobs, Bürgerarbeit, Beschäftigung- und Übfirmen sowie einen Heer von 400 € Jobber erreicht wurde. ?

Quelle: Mein Politikblog

Die Analyse der Arbeitsmarktstatistik von Sybilla ist wie immer lesenswert und Pflichtlektüre für jeden, der sich ernsthaft damit beschäftigen will.

Westerwelle

Noch ein Tag bis zum großen Auftritt der größten Fehlbesetzung alle Zeiten. Man kann diesem Hype schon gar nicht mehr entkommen. Wahrscheinlich wird sogar die zurückgekehrte Schweinegrippe eine Pause einlegen, um der Jahrhundertrede des FDP-Chefs zuzuhören. Die Erwartungen sind mal wieder hoch. Doch was soll der Westerwelle schon sagen? Es gibt nichts mehr zu sagen.

Und damit Ende.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Einhard  Januar 5, 2011

    Sehr „lustig“ auch unsere Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, die sich jetzt für schärfere Kontrollen und höhere Strafen einsetzt.

    Als ob das der erste Lebensmittelskandl der Republik gewesen wäre :no: