Nun werfen die marktkonformen Demokraten aus Deutschland dem italienischen Ministerpräsidenten Monti mangelndes Demokratieverständnis vor, weil der gefordert hat, den Regierungschefs müsse bei der Bewältigung der Eurokrise mehr Handlungsspielraum zugestanden werden. Das ist in doppelter Hinsicht verlogen. Zum einen hat sich der deutsche Bundestag bereitwillig zum Büttel der Exekutive machen lassen. Über eine breite Zustimmung des deutschen Parlaments zu ihrer Politik braucht sich Frau Merkel, Kanzlerinnenmehrheit hin oder her, keine Sorgen mehr zu machen.
Diese Zuversicht vertritt Merkel auch selbstbewusst in der Öffentlichkeit, da SPD und Grüne stets bereit sind, mitzumachen, obwohl sie im gleichen Atemzug die Politik der Kanzlerin für gescheitert erklären.
Zum anderen haben jene lupenreinen deutschen Demokraten lauthals aufgeschrien, als der ehemalige griechische Ministerpräsident Papandreou das Volk über die erpresserischen Rettungsprogramme der Troika abstimmen lassen wollte. Damals haben die Bleierne und ihr Anhang noch entrüstet reagiert.
Die aktuelle Aufregung lässt ja nur einen Schluss zu. Mario Monti hat den Nerv der Zeit getroffen und sehnt sich innenpolitisch nach einem Parlament, das mindestens so willig ist, wie der deutsche Bundestag. Was könnten die deutschen Rettungsfetischisten und Teilzeitdemokraten wohl dagegen haben? Sie fürchten wohl, dass der schläfrige deutsche Michel dahinter kommen könnte und das Laienspiel im eigenen Haus durchschaut.
AUG
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.