Letzte Generation

Geschrieben von: am 25. Apr 2023 um 15:29

Die Deutschen sind wohl die einzigen, die auf der Straße klebend sitzen, um die Welt zu retten. Es sind auf der anderen Seite aber wohl auch die einzigen, die dann wutentbrannt Straftaten begehen, nur um pünktlich zur Arbeit zu kommen. Letzte Generation ist, wenn sich Protest vornehmlich gegen die arbeitende Bevölkerung richtet und statt Rheinmetall lieber Rettungswege blockiert werden. Letzte Generation ist aber auch, wenn die Politik per Graichen-Familien-Entscheid auf ein großes Konjunkturprogramm für Wärmepumpen hinarbeitet, dann aber deutsche Traditionsunternehmen plötzlich von amerikanischen Firmen übernommen werden wollen. Das sind zum Glück ja nicht die Chinesen.

Letzte Generation ist auch, wenn erst Precht und dann Biden die deutsche Nachrichtenlage bestimmen. Der eine ist Fernsehphilosoph und Podcaster, der der amtierenden Bundesaußenministerin nicht einmal ein Praktikum im Auswärtigen Amt gegeben hätte. Wer nicht? Twitter-Qualtitätsjournalistinnen antworten darauf aber mit der wertvollen Information, dass sie einst in Jurys sitzend oder klebend – wie der Hintern ruhte, ist nicht genau bekannt – Frau Baerbock einstimmig zu einem Stipendium in den USA verholfen hätten. Vielleicht sind ja Journalistinnen auch nicht als Journalistinnen geeignet. Wobei das noch vergleichsweise harmlos gegenüber den männlichen Kollegen ist, die die Berichterstattung der eigenen Redaktion torpedieren, nur um einem befreundeten Banker aus Hamburg zu helfen.

Letzte Generation ist auch, wenn sich die clickbait-verseuchte deutsche Medienlandschaft vor allem dafür interessiert, unter welchem amerikanischen Alterspräsidenten der deutsche Kanzler künftig weiter Waffen in die Ukraine liefern darf. Mindestens das Zehnfache der bisherigen Menge muss es sein, um den Endsieg über das absolut Böse ganz sicher zu erreichen, bis zur letzten Generation natürlich, aber mit Ausnahme derer, die nicht zum Krieg hingehen müssen, weil sie ein Amt und viele Follower auf Twitter haben. Die Waffen müssen schweigen und Verhandlungen aufgenommen werden, also im Sudan. Wer dasselbe für die Ukraine fordert, ist nicht die letzte Generation, sondern einfach nur nicht ganz dicht. Die, die immer mehr und schnellere Waffenlieferungen fordern, wollen ja letztlich nur Frieden. Der „profilierteste Außenpolitiker Deutschlands“ sagt es so.

Es ist naiv zu glauben, dass wir die Lösung unserer Probleme outsourcen könnten. Die Realität ist, dass die Frage, wie es in der Ukraine weitergeht & ob es zu Frieden kommt, eine militärische Vorbedingung hat. Wenn sich Ukraine durchsetzt, eröffnet das politische Möglichkeiten.

Norbert Röttgen auf Twitter

Also, Frieden ist jetzt erst dann, wenn man sich militärisch durchsetzt. Das passt dann zur neuen Sprachregelung von der systemischen Rivalität. Der Systemrivale will gar keinen Frieden, sondern nur die Illusion von Frieden erzeugen, um die Europäer untereinander und im Verhältnis zu den USA zu spalten. Wie Einheit geht, hat der profilierteste deutsche Silberrücken kürzlich in seinem Urteil über den französischen Staatspräsidenten gezeigt. Der habe viel Schaden angerichtet. Schließlich gehe es um nichts geringeres als die regelbasierte Ordnung. Interessant ist, dass als Teil dieses seltsamen Regelwerks die territoriale Integrität eines Landes gilt. Die findet wiederum Anwendung in der Ukraine bei deren Blick auf den Donbas, wird aber nicht akzeptiert in China und dessen Blick auf Taiwan.

Letzte Generation ist dann eben auch, wenn solch peinliche Widersprüchlichkeit mit dem Anspruch, strategisch besonders intelligent wirken zu wollen, offen zur Schau getragen wird. Der „Systemrivale“ China, der immer noch als Werkbank für die Erfüllung des Traums von einer deutschen Energiewende fungiert (Knapp 80 Prozent der weltweiten Produktion von Lithium-Ionen-Batterien findet derzeit in China statt), wird schnurstracks in die Arme Moskaus getrieben, obwohl doch Russland wiederum Teil Europas ist und als solcher, nüchtern betrachtet, vielleicht ein logischer Partner bei einer Eindämmung Chinas hätte sein können. Doch die orientierungslose letzte Generation Deutschlands möchte lieber mit keinen von beiden ein Bündnis haben, sondern moralisch überlegen Ratschläge erteilen und auf der Seite der „Guten“ stehen, die eben ganz legal andere Länder besetzen und dort Menschen ohne Prozess gezielt ermorden dürfen.

Letzte Generation ist einfach, wenn der Freund erst das Telefon verwanzt, dann Pipelines sprengt und schließlich seine Stellvertreterkriege von einem rheinland-pfälzischen Stützpunkt aus führt, man sich in erster Linie aber nicht dafür, sondern nur für das Gerede eines podcastenden Fernsehphilosophen interessiert. Gut das Präsident Joe Biden da angekündigt hat, für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Denn jetzt können die richtigen Medien eine journalistisch wertvolle Debatte darüber führen, ob die Eignung für das Amt mit dem hohen Alter vereinbar ist oder lieber ein Praktikum als Bewohner in einem Pflegeheim angestrebt werden sollte, um sich dort von Annalena Baerbock aus Standardwerken zum Völkerrecht etwas vorlesen zu lassen. Für irgendwas muss das Stipendium ja gut gewesen sein.


Bildnachweis: Alexander Fox | PlaNet Fox auf Pixabay

0

Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
  Verwandte Beiträge