Lächerliche Propaganda vom Bankenverband

Geschrieben von: am 13. Jul 2012 um 10:55

Ich weiß nicht, ob es ein Aprilscherz war oder nicht. Zum Wetter passt jedenfalls die Meldung, wonach der Bankenverband die Einführung eines Schulfaches Wirtschaft fordert, damit junge Leute mehr über ökonomische und finanzpolitische Zusammenhänge erfahren.

Das Wissen über Wirtschaftsthemen sei bei vielen ernüchternd, so das Ergebnis einer Umfrage des Bankenverbandes. Doch wie sieht es eigentlich bei den Bankern selbst aus? Haben die überhaupt eine Ahnung von Wirtschaft und Finanzen? Angesichts der gigantischen Rettungsschirme, die man nur für sie aufspannen ließ, sind Zweifel mehr als angebracht.

Es ist geradezu obszön, wenn die Vertreter von Zockern und Falschspielern an den internationalen Finanzmärkten Unwissenheit bei der jungen Generation beklagen. “Wir müssen aufpassen, dass keine Generation von Euro-Skeptikern heranwächst”, warnt Verbandschef Michael Kemmer. Derweil wird gegen Euro-Staaten munter weiterspekuliert. Der Chef des Bankenverbandes täte also gut daran, in seinem eigenen Laden für Ordnung zu sorgen und der fortwährenden Finanz- und Wirtschaftskriminalität ein Ende zu setzen. 

In der Tat wäre mehr Wissen über Wirtschaft und Finanzen wünschenswert. Das sollten dann aber nicht jene Dogmen sein, die Vertreter privater Banken immer wieder predigen. So habe die Umfrage des Bankenverbandes, die übrigens von den Kaffeesatzlesern der GfK durchgeführt wurde, ergeben, dass junge Leute zum Beispiel über die Aufgabe der EZB, für Preisstabilität zu sorgen, nicht Bescheid wüssten.

Ja und? Viel wichtiger ist doch, dass der EZB als Zentralbank ein schwerer Geburtsfehler innewohnt, welcher als Mitverursacher der Finanzkrise anzusehen ist. Preisstabilität ist das eine, Konjunkturpolitik das andere. Letzteres geht der EZB per Definition aber am Arsch vorbei. Da wurde in der Vergangenheit schon des Öfteren ein Konjunkturzyklus einfach mit dem Anziehen der Zinsschraube abgewürgt, weil die Währungshüter eine Inflation und damit eine Gefahr für die Preisstabilität fürchteten.

Gleichzeitig war es den Monetaristen von Anfang an egal, dass die Zahlungsbilanz- und Wettbewerbsungleichgewichte innerhalb der Eurostaaten auseinandergingen. Kumuliert stand die Zone ja prima da und das Inflationsziel von 2 Prozent wurde immer erreicht. Dass aber die Südländer eine deutlich höhere Teuerung zuließen und Deutschland eine deutlich niedrigere, was in der Konsequenz zu Bilanzdefiziten auf der einen und zu Überschüssen auf der anderen Seite führte, sollte erst mit dem Ausbruch der Finanzkrise thematisiert werden.

Noch heute ist den Währungshütern und denjenigen, die vorgeben eine Ahnung von Wirtschafts- und Finanzdingen zu haben, wichtiger, ihre Aufmerksamkeit vollends auf die Staatsschulden und nationale Haushalte zu richten, anstatt die Auslandsverschuldung und die damit verbundenen Ungleichgewichte in den Blick zu nehmen. Was soll die Jugend also lernen? Wie man europäische Partner mit einer aggressiven Wirtschafts- und Finanzpolitik erst in die Abhängigkeit und dann in die Pleite treibt?

Es hat schon etwas Komisches, wenn Banker bei jungen Leuten um deren Vertrauen in den Euro werben. So als ob das gerade einbrechende europäische Haus wie auch das Scheitern der Krisenstrategie von der Jugend übersehen und überhört wird.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. egghead  Juli 13, 2012

    Ja einerseits, andereseits hätte ich mir ein Fach Wirtschaft im Nachhinein gewünscht. Vollkommen naiv bin ich in Bankprodukte gestolpert, kannte elementare Zusammenhänge nicht, weil ich „Nur“ Naturwisschschaften, Sprachen und so hatte.
    Egal wie das Fach heisst (von mir aus auch im sozialkundeunterricht), man sollte den Kindern spielerisch beibringen, dass man nur das ausgeben kann, was man erwirtschaftet hat.
    Von mir aus auch mal Schuldenspirale erleben : im Rollenspiel an Hand eines Handyvertrags und dem Taschengeld was bewirtschaftet werden muss.

    Dan würde der ein oder andere auch mal Unternehmer werden und sich nicht automatisch oder ausschließlich ins Angestelltensein ducken.

    Insofern kann ich die Forerung verstehen. Von wem sie kommt sit mir eigenltich egal.

  2. landbewohner  Juli 13, 2012

    ja dann könnte man auch skat oder poker zum abiturfach machen. diese spielchen sind jedenfalls seriöser als die trickserei der banker und wirtschaftsweisen!!

  3. Rabbu  Juli 13, 2012

    Ich verstehe nicht, wieso sie annehmen, die Bankvorstände würden nicht verstehen, wie gespielt wird. Sicherlich sind sich viele kleinere Angestellte überhaupt nicht darüber im Klaren, aber die großen Bosse wissen was läuft. Nun warum läuft dann alles so falsch?
    Weil es für die so profitabel ist! Ihre Bank ist doch systemrelevant und wird im Notfall sowieso gerettet oder kriegt mal eben ein oder zwei Billiönchen hinterher geschmissen.
    Auch die fragwürdige Rolle bezüglich der Bilanzdefizite würde sich da mit klären. Man konnte über Jahre hinweg wunderbar in Griechenland, Spanien etc. z.B. im Immobiliensektor investieren. Im Grunde lief es aber nur auf Griechenlands Ausverkauf hinaus, wie auch die griechische Doku “Catastroika“ eindrücklich zeigt.

  4. Ormuz  Juli 15, 2012

    Oh das Fach gibt es doch – bereits in der 9. Klasse lernen die Schüler wie man einen H4 Antrag vollständig ausfüllt …. und das ist leider kein Scherz sondern Bestandteil des Sozialkundeunterrichts