Gestern las ich einen Bericht in der Financial Times Deutschland über Schäubles geheime Sparpläne. Ob geheim oder nicht, soll hier keine Rolle spielen, sondern nur die Aufzählung der üblichen Verdächtigen, was die Sparliste anbelangt. Darin findet sich einmal mehr eine grobe Missachtung journalistischer Sorgfaltsplichten.
Kein Mangel an Ideen
Ausgaben: Knapp 320 Mrd. Euro will der Bund allein in diesem Jahr ausgeben. Damit ist der Etat 2010 der größte Bundeshaushalt in der Geschichte der Republik. Ein Großteil der Ausgaben ist aber durch Gesetze gebunden – und deshalb kaum zu reduzieren. Das gilt etwa für den Zuschuss zur Rentenversicherung, der fast 80 Mrd. Euro jährlich ausmacht ebenso wie für die Zuschüsse zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung. Hinzu kommen die Zinsausgaben, die den Spielraum des Finanzministers weiter einschränken. Dennoch verbleiben – je nach Schätzung – zwischen 15 und 25 Prozent, bei denen man durchaus sparen könnte.
Subventionen: Insgesamt belaufen sich die Subventionen des Bundes auf 24,4 Mrd. Euro. Davon entfallen 6,8 Mrd. Euro auf Hilfen an Unternehmen und private Haushalte. Dahinter verstecken sich Zuschüsse für energetische Gebäudesanierung, Hilfen für die Autoindustrie zur Entwicklung von Elektromotoren oder staatliche Beteiligungen an Forschungsprojekten von Privatfirmen.
Steuervergünstigungen: Darüber hinaus spendiert der Bund steuerliche Vergünstigungen. Diese kosten 2010 rund 17,6 Mrd. Euro. Zu den Vergünstigungen zählen ermäßigte Mehrwertsteuersätze, etwa auf Lebensmittel und Zeitungen, aber auch auf Tierfutter und Schnittblumen. Auch die Pendlerpauschale oder die Steuerfreiheit von Wochenend- und Feiertagszuschlägen sind steuerliche Vergünstigungen.
Die Senkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen zu Beginn des Jahres fällt anscheinend nicht unter Steuervergünstigungen. Das haben die Redakteure der FTD beim schnellen Abschreiben des obigen Standardtextes wohl übersehen. In diesem ist das großzügige „Mövenpick-Geschenk“ in Höhe von rund einer Mrd. Euro pro Jahr noch nicht eingepflegt. Wird wahrscheinlich auch nicht mehr passieren. Das Gedächtnis ist halt kurz und die Vorurteile starr und fest.
APR
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.