Kunduz-Affäre: Das versteht man also unter "umfassender Aufklärung"

Geschrieben von: am 10. Feb 2010 um 17:44

Heute war der mutmaßliche Verursacher des Bombardements bei Kunduz, Oberst Klein, vor dem Untersuchungsausschuss erschienen. Dieser tagte aber geheim, so dass man als interessierter Beobachter auf die Statements der Teilnehmer im Anschluss angwiesen war. Und wenn sie nun wissen wollen, wie es aussieht, wenn man „umfassend aufklärt“, so wurde es uns ja vollmunig versprochen, dann lesen sie mal die Einschätzung von Unions-Obmann Ernst-Reinhard Beck:

„Die einzige Motivation für seine Entscheidung war tatsächlich der Schutz der Soldaten. Er konnte davon ausgehen, … dass Zivilisten nicht zu Schaden kommen.“

Quelle: stern

Diese PR-Meldung passt dann auch zu Westerwelles neuestem Wortgehampel. Krieg heißt bei ihm nunmehr so:

„bewaffneter Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts“

Vom „Stabilitätseinsatz“ über Guttis „kriegsähnliche Zustände“ nun zu Westerwelles „bewaffneten Konflikt im Sinne seiner ganz eigenen gestörten Wahrnehmung“. Immerhin nach über acht Jahren Krieg traut sich die Regierung zu, eine Zustandsbeschreibung abzugeben, die zwar nicht einer geistig politischen Wende gleichkommt, wohl aber einer rhetorischen nach vorheriger juristischer Abwegung. Denn nunmehr gilt Völkerrecht, nicht mehr Strafrecht. Vielleicht will der Westerwelle im Namen der täuschenden Regierung Oberst Klein zur Seite springen und den bereits aufgenommenen strafrechtlichen Ermittlungen gegen Klein die rechtliche Grundlage nehmen.

Einfach nur schäbig, wie die Öffentlichkeit „umfassend aufgeklärt“ wird. Wenigstens übernimmt der Oberst die Verantwortung für sein tun, das er aber nach wie vor für richtig hält. Insofern ist die Übernahme der Verantwortung nur unsinniges PR-Gebrabbel. Schön wäre es hingegen, wenn die Regierung ihrerseits die Verantwortung für Fehlverhalten und absichtliche Täuschung und Irreführung übernehme und geschlossen abtrete.

Weil wir gerade beim Thema sind. Haben sie auch vom Skandal in Mittenwald gehört, wonach bei den dort ansässigen Gebirgsjägern die neuen Rekruten bis zum Erbrechen Alkohol trinken und rohe Schweineleber essen mussten? Widerlich nicht wahr? Ein entsprechender Bericht über die rituellen Vorkommnisse sei dem Herrn Verteidigungsminister bereits zugegangen. Na ob da auch das richtige drin steht? Nicht das der Ölschopf hinterher wieder sagt, ihm seien Informationen vorenthalten worden. Übrigens war Gutti selbst im betroffenen Gebirgsjägerbataillon 233 anfang der 1990er Jahre stationiert. Er kann sich an derartige Rituale aber nicht erinnern. Der Sächsischen Zeitung sagte er: „Ich hatte von solchen Praktiken keine Kenntnis.“

Das muss reichen. Umfassende Aufklärung eben. Eine längere im Sande verlaufende Prüfung des Vorfalls folgt bestimmt.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Einhard  Februar 10, 2010

    :no:

  2. Careca  Februar 10, 2010

    Gestatten, dass ich Gutti, dem James Bomb im Auftrage von seiner Mutti verteidige? Es ist bei der Bundeswehr verboten, Adelsabkömmlingen ihre Menschenwürde zu nehmen. Und ausserdem hat der vom Saufen die totalen Gedächtnislücken. Da kann er sich auch nicht mehr erinnern. Das muss man dem jungen Franken doch nachsehen, oder etwa nicht?

    • adtstar  Februar 10, 2010

      Da hast du mal wieder Recht. Wahrscheinlich ist er auch gar nicht als Mannschaftsdienstgrad eingestiegen und ggf. vom etwas älteren Mob niedergemacht worden, sondern aufgrund seiner gehobenen Ausbildung, äh Hernkunft, gleich als Offizier angetreten.

      Da hat man dann auch Zutritt zum sog. Offizierkasino – wie passend. Da geht wohl eine ganz andere Lutzi ab. Da säuft man zwar auch ohne Ende, aber nicht bis man kotzt, das wäre ja militärisch unangemessen, sondern kontrolliert bis zum Abwinken. Man frisst dort auch keine rohe Schweineleber, sondern den ideologischen Feind zum Frühstück oder wahlweise auch die deutsche Sprache.

      Es gibt halt überall kriegsähnliche Zustände. :>>

  3. Anonymous  Februar 10, 2010

    Man könnte das Ritual auch als angemessene Vorbereitung auf den Kriegseinsatz sehen. Da erwarten einen Soldaten ja i.d.R. noch ganz andere Dinge…