Karslruher Richter kassieren Vorratsdatenspeicherung

Geschrieben von: am 02. Mrz 2010 um 12:47

Wie viele Verfassungsbrüche darf sich eine Regierung eigentlich erlauben? Es ist unglaublich, mit welch hoher Schlagzahl die Karlsruher Richter sogenannte Sicherheitsgesetze für verfassungswidrig erklären. Ob es um das flächendeckende automatisierte Überprüfen von Kfz-Kennzeichen geht oder um Online-Durchsuchungen oder um den Abschuss von Zivilflugzeugen oder eben jetzt um die Vorratsdatenspeicherung, das Bundesverfassungsgericht zeigt der Exekutive regelmäßig die Grenzen auf. Dabei wird im vorliegenden Fall einmal mehr deutlich, dass offensichtlich Gesetze erlassen werden, die in ihrer Grundkonstruktion bereits fatale Fehler enthalten. Doch wie kann das passieren, angesichts des juristischen Fachpersonals in den Ministerien sowie in den immer öfter mit der Ausarbeitung von Gesetzen beauftragten externen Kanzleien, die für ihre in machen Politiker-Augen unverzichtbare Expertise einen Haufen Steuergeld überwiesen bekommen?

Zur Vorratsdatenspeicherung urteilten die Karlsruher Richter, dass die vom Gesetzgeber geschaffenen Vorschriften weder eine hinreichende Datensicherheit, noch eine hinreichende Begrenzung der Verwendungszwecke der Daten gewährleisten würden. Auch genügten diese Vorschriften nicht in jeder Hinsicht den verfassungsrechtlichen Transparenz- und Rechtsschutzanforderungen. Damit seien die Regelung insgesamt verfassungswidrig und nichtig.

Im Klartext: Alle bisher erhobenen Daten müssen umgehend gelöscht werden. Doch gleichzeitig sagen die Richter auch, dass grundsätzlich nichts dagegen spräche, Daten zu speichern. Das wiederum ist interessant auch im Hinblick auf andere Datenbanken, die sich bereits im Aufbau bzw. im Einsatz befinden, wie das Elena-Verfahren zur Erfassung sämtlicher Einkommensinformationen oder die Fluggastdatenbank, die sich die Amerikaner und weite Teile der CDU ja immer noch wünschen. Denken sie auch an die elektronische Gesundheitskarte, auf der ebenfalls personenbezogene Daten gespeichert werden sollen. Diese Dinge sind mit dem Urteil noch lange nicht vom Tisch.

Im Gegenteil. Ich glaube, dass der Gesetzgeber auf diesem Feld nachlegen wird. Dafür sind die Daten für unsere Hardliner in der Regierung einfach viel zu wertvoll. Grundgesetz hin oder her.
________________________________

Quelle: Urteil

3

Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
  Verwandte Beiträge

Kommentare

  1. Einhard  März 2, 2010

    Man fragt sich wirklich, wofür unsere Abgeordneten und Minister soviel Geld Monat für Monat bekommen, wenn sie offensichtlich mehr und mehr berufsunfähig sind :no:

  2. Careca  März 2, 2010

    Das Bundesverfassungsgericht zeigt nicht der Exekutive regelmäßig ihre Grenzen auf sondern der Judikative. Oder habe ich diese Textpassage falsch verstanden? Zumindest mischt sich das BVG nie in die Polizeiarbeit ein sondern kümmert sich um die Verfassung. Oder ich habe es bislang immer falsch verstanden.

    • adtstar  März 2, 2010

      Die Regierung zählt auch zur Exekutive. ;)

      Im übrigen hat das Urteil auch Auswirkungen auf die Polizeiarbeit. Konrad Freiberg hat ja schon gjammert, dass die Polizei nun keine Verbrechen mehr aufklären könne. ;)