Interview mit Dieter Hildebrandt – "Auch die Blödheit nimmt zu"

Geschrieben von: am 31. Jan. 2011 um 16:25

„Das Leben der Menschen in Deutschland ist von der Gewalt weiter entfernt als früher. Der Militarismus ist fast völlig verschwunden. Nicht das militante Denken, das ist wieder was anderes. Nein, vieles ist besser geworden, leider auch die Blödheit.

Auch die Blödheit nimmt zu, das sieht man ja schon am Fernsehprogramm, von dem man das Gefühl hat, dass es mehr und mehr für Analphabeten gedacht ist. Wie blöd muss man sein, um sich so etwas auszudenken? Ich fühle mich nicht ernstgenommen von den Programmmachern. Und dieses Gefühl hat sich in der letzten Zeit verstärkt.“

Quelle: merkur-online

Frau RTL-Schäferkordt, eine erfolgreich studierte Betriebswirtschaftlerin, würde dem Altmeister des Kabaretts mit ziemlicher Sicherheit entgegenhalten, dass die Menschen das alles wollten und sie eben nichts anderes tun könne, als die offensichtlich vorliegenden Bedürfnisse nach Ekel-TV, Superpsycho-Suche und den modernen Menschenzoo im Fernsehen einfach zu befriedigen. Was sei schlimm daran?

Und Hildebrandt würde sehr wahrscheinlich souverän antworten, dass dieser simple und in sich völlig falsch verstandene Wirkungszusammenhang nicht nur gegen Anstand und Moral verstoße, sondern dass diese asoziale Begründung auch gegen jenen hehren Anspruch streite, den die oberste Chefin des als gemeinnützig titulierten Bertelsmannkonzerns und damit Eigentümers von RTL, Liz Mohn, bei der Entgegennahme der goldenen Integrations-Victoria letztes Jahr formulierte.

„Wir müssen verstehen, die Menschen mitzunehmen und zu vermischen. Es gibt wenige Themen, die so bedeutsam sind, wie Integration. Dieser Preis ist für mich ein großer Ansporn, er bedeutet mir sehr viel.“

Sie betonte: „Jeder von uns ist gefragt. Ob eine Gesellschaft von Toleranz oder Intoleranz geprägt ist, hängt von unserem Handeln ab.“

Quelle: Bild

Blödheit existiert eben auch ganz weit oben in unserer Gesellschaft. Für Hildebrandt ist indes klar.

„Einen Ruhestand kann’s für mich gar nicht geben, weil ich von Haus aus die Unruhe pflege. Mich kann man nicht so schnell zur Ruhe bringen. Wenn mir zum Beispiel passieren würde, dass mir wie einem Soldaten in Afghanistan die Briefe geöffnet werden, da könnte ich noch so sehr im Ruhestand leben, da würde ich explodieren.“

Ich habe ja gehört, dass die Gorch Fock erst Anfang Mai heimgkehren und, wie der Minister zu sagen pflegte, an die Kette gelegt wird. Das sind drei Monate, in denen das Land darüber diskutiert, ob zu Guttenberg richtig gehandelt hat oder nicht. Über den massiven Grundrechteverstoß, der mit dem Öffnen von Feldpost aus Afghanistan stattgefunden hat, redet bis dahin sicherlich keiner mehr. Das ist auch eine Form von Blödheit. Schlaue Blödheit.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. jack  Januar 31, 2011

    Jedenfalls wird ein über mehrere jahrzehnte arbeitender
    dieter hildebrtandt
    sobald nicht wieder kommen…

    der SCHRAMM jedenfalls mußte wohl gehen…raus aus der Anstalt …

    eben..

    weil er zuuuu gut war ..
    und
    das konnte der andere wohl nicht ertragen

    • Arnold  Februar 1, 2011

      Schramm und Priol verstehen sich gut. Ich bin überzeugt dass Priol Schramms Abgang bedauert hat. Bei der 50. Montagsdemo in Stuttgart – das war kurz nachdem Schramm die Sendung „Neues aus der Anstalt“ verlassen hatte – haben Schramm und Priol ebenfalls einen Beitrag geleistet; wobei Schramm (zunächst) nicht im Programm stand. Schramm sagte dabei, dass Priol ihn überredet hätte nach Stuttgart zu kommen.
      Priol hätte das mit Sicherheit nicht gemacht, wenn er auf Schramm neidisch gewesen wäre.
      Ich denke Priol hätte es auch nicht nötig. Die beiden sind vom Stil so unterschiedlich, dass sie sich eher ergänzen als Konkurrenz machen. Priol hat seine eigenen Stärken und in denen kommt auch Schramm nicht an ihn heran.

  2. jack  Februar 2, 2011

    hallo arnold..

    glaubsrt duuuuuu ,

    was spitzenleute in der/resp in die öffentlichkeit hinein sagen ??

    und diese beiden sind spitze !!

    • Arnold  Februar 4, 2011

      Hallo jack,
      hätte Priol allein auf der 50. Montagsdemo geredet wäre das allein völlig in Ordnung gewesen. Er hat aber Schramm mitgebracht – wohlgemerkt die Organisatoren hatten nur Priol auf der Liste.
      Wenn Du zu einer Party eingeladen bist, wen fragst Du dann ob er mitgeht?
      Zumal diese Demo nicht im Fernsehen übertragen wurde und daher kein geeignetes Ereignis um öffentlichkeitswirksam irgend etwas vorzuschwindeln ist das ein klarer Hinweis dass sich die beiden nicht nur verstehen, sondern sogar gut befreundet sind.
      Für Deine Vermutung stehe ich dagegen keine Hinweise … nur dass Du es vermutest.

  3. Erik  April 10, 2011

    Schramm ist schwer durchschaubar, weil er nicht nur Kabarettist, sondern auch ein sehr guter Schauspieler ist. Ich hab mal ein Interview mit ihm gesehen, bei welchem er erzählte, wie seine Karriere begann und das war völlig unpolitisch und eher ein künstlerische Experiment. Wenn man aber die von seinen Figuren gemachten Äußerungen tatsächlich auf seine Person zurückführen möchte, dann könnte man vermuten, daß Schramm einfach müde ist. Jahrelang hat er lauthals auf Unrecht hingewiesen, das die Leute eigentlich zu hunderttausenden auf die Straßen treiben würde, aber es geschieht nichts. Das Publikum, welches er eigentlich provozieren und aufrütteln möchte, schaut ihn an und konsumiert ih als gute Unterhaltung, aber sonst passiert einfach nichts. Also konzentriert er sich jetzt wieder auf die Art von Künstlerkarriere, die ihm am Herzen liegt. Wenn diese These stimmen sollte, kann ich ihm das gut nachvollziehen, auch, wenn ich es schade finde, daß er praktisch fast vollständig aus dem Fernsehen verschwunden ist.