Immer feste Manifeste

Geschrieben von: am 12. Feb 2023 um 8:00

Ein Manifest für den Frieden setzt sich für Verhandlungen ein. Das findet viele Unterstützer, aber auch erbitterte Gegner. Die erklären häufig, dass so ein Manifest für den Frieden ja ganz anders lauten müsste. Und zwar so, dass Russland sofort alle seine Truppen vom Staatsgebiet der Ukraine zurückzuziehen hat. Verständlich, aber auch diese Forderung müsste man dem Empfänger irgendwie übermitteln, was dann auch nichts anderes als der Beginn von Verhandlungen wäre.

Man kann diese Botschaft natürlich auch in die Lieferung immer neuer Waffen kleiden, von denen man inzwischen aber weiß, dass sie entweder viel zu spät eintreffen, kaum einen Unterschied ausmachen oder nie ausreichen, um einen Rückzug des Okkupanten zu erzwingen, sondern allenfalls für ein Gleichgewicht der Kräfte auf dem Schlachtfeld sorgen.

Man verlängert also bloß den Krieg, um schließlich doch Verhandlungen über das zu führen, was in dem so bitter verschmähten Manifest schon jetzt als Ziel formuliert wird. Waffenstillstand. Was für diese Analyse spricht? Der bekräftigte Unwille der NATO zur direkten Konfrontation mit Russland bei erklärtem Willen zur uneingeschränkten Solidarität mit der Ukraine.

Unter diesen Bedingungen kann die Ukraine den Krieg aber nicht gewinnen, sondern allenfalls ihre Souveränität bei territorialen Verlusten erhalten. Ein Ergebnis, das zunehmend in Gefahr gerät, je länger dieser Krieg noch andauert. Damit würde gerade das eintreten, was die Ablehnenden des Manifestes vorgeben, verhindern zu wollen.

Es kann natürlich auch sein, dass es immer noch um die Vorstellung geht, Russland so zu schwächen, damit es kein anderes Land mehr überfällt. Der amerikanische Außenminister äußerte eine solche Strategie einmal. Das wäre dann aber ein Plan, für den sich Ukrainer solange weiter opfern müssten, bis entschieden ist, Russland sei geschwächt genug.

Inzwischen scheint es aber so zu sein, dass der Westen aus diesem Szenario nicht gerade gestärkt hervorgehen würde. So wackelt beispielsweise jene Panzerallianz, deren Zustandekommen nur mit massiven Druck auf den Kanzler gelang. Der muss nun aber feststellen, dass die Lieferwilligen selbst nicht mehr so recht wollen.


Bildnachweis: André Tautenhahn

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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