Und nun zu Horst Köhler und seiner Kabarett-Nummer

Geschrieben von: am 27. Mai 2010 um 19:04

Ich habe mit diesem Beitrag extra gewartet bis die Medien das Thema um den Köhlerschen Kriegsbegriff aufgreifen. Sie hätten es nämlich nicht getan, weil der entsprechende Abschnitt aus dem Interview mit dem Deutschlandfunk entfernt wurde. Keine Sau hätte im Nachhinein mitbekommen, was Köhler in Afghanistan gesagt hat, wenn nicht die Blogger aufgepasst hätten.

„Und aus meiner Einschätzung ist es wirklich so, wir kämpfen dort auch für unsere Sicherheit in Deutschland. Wir kämpfen dort im Bündnis mit Alliierten auf der Basis eines Mandats der Vereinten Nationen. Alles das heißt, wir haben Verantwortung. Ich finde es in Ordnung, wenn in Deutschland darüber immer wieder auch skeptisch mit Fragezeichen diskutiert wird.

Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall, auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen, negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden, und ich glaube, wir sind auch einem nicht so schlechten Weg.

Die gespielte Aufregung um diese Perspektive kann ich nun aber nicht verstehen. Köhler antwortet doch nur auf die Frage, die Angela Merkel in ihrer ersten Regierungserklärung vor dem Bundestag am 10. November 2009 aufwarf.

„Mehr noch: Wir alle müssen verstehen, dass es um weit mehr geht als nur um die Bewältigung der Folgen der Krise in unserer eigenen Volkswirtschaft. Nein, die Karten werden weltweit neu gemischt. Das und nichts anderes ist die Dimension der Krise. Weltweit werden die Karten neu gemischt. Da gibt es eben keine angestammten Marktanteile und Positionen. Wer wird sich den Zugriff auf Rohstoffe und Energiequellen sichern? Wer lockt Investitionen aus anderen Teilen der Welt an? Welches Land wird zum Anziehungspunkt für die klügsten und kreativsten Köpfe?“

Quelle: Deutscher Bundestag

Im Grunde geht es um die aktuell gültige NATO-Doktrin, wonach der Schutz von Rohstoff- und Energiequellen innerhalb eines Militärbündisses, dessen Mitglied Deutschland ist, explizit festgeschrieben wurde. Volker Pispers antwortete darauf einmal sehr treffend, dass es offenbar nicht mehr ausreiche, nur die eigenen Rohstoffe und Energiequellen zu sichern, sondern auch jene, die uns gar nicht gehören. Man könnte Frau Merkel in diesem Punkt auch so verstehen, als wollte sie sagen, dass wir uns künftig auf eine dauerhaft kolonialistisch anmutende Außenpolitik einstellen sollten. Und Horst Köhler hat das eben nur bestätigt. Dumm wie er halt ist.

Und wie immer, wenn man aus dem Sprechblasenbetrieb in den Modus klarer Worte wechselt, fällt das Dementi im Anschluss schwer. Horst Köhler will nun allen erzählen, dass er Afghanistan gar nicht gemeint habe. Stimmt, er war ja auch gar nicht in Afghanistan, sondern bei Fürst Gutti in Oberfranken. Blöder geht’s natürlich nicht. Trotzdem müssen wir dem wandelnden Verfassungsbruch Köhler dankbar sein, dass er unbeabsichtigt seiner parlamentarischen Lügentruppe mit Anlauf in den Arsch getreten hat. Die stehen nun ziemlich dämlich da.

Christian Pfeiffer würde an dieser Stelle wahrscheinlich sagen, dass Horst Köhler ein Linker sei und seine Kernaussage in seiner jüngsten Studie entsprechend korrigieren:

Von

„Immer jünger, immer betrunkener, und wenn es sich um politische Dinge handelt, dann immer linker.“

auf

„Immer älter, immer dementer, und wenn es sich um politische Dinge handelt, dann immer linker oder vielleicht doch blöder.“

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Careca  Mai 28, 2010

    Es gibt demnächst eine neue Emmerich-Petersen Co-Produktion in Hollywood. Die Handlung spielt in Afganistan und dem Bundespräsident wurde eine Rolle auf den Leib geschrieben, die dem von Friedrich, dem Großen, nicht unähnlich ist. Arbeitstitel der Produktion lautet „Ihr verfluchten Racker, wollt ihr denn ewig leben?“. Regie wird übrigens nicht Spielberg sein, sondern der Schwabe Emmerich hat seine ganzen schwäbischen Sparkünste eingesetzt und eine bedeutende Persönlichkeit des deutschen Geldadels gewinnen können: den Ackermann. Offenbar wird der Film durch Product Placement finanziert. Noch ist unklar, ob das Logo der Deutschen Bank die T-Shirts der Filmdarsteller zieren wird aber klar ist es, dass es ein mörderischer Kriegsfilm mit viel Bumm, Peng und Krach in 3D werden wird. …

    • adtstar  Mai 28, 2010

      Das wird bestimmt ein Hit. :)

  2. Winfried Sovottka  Mai 29, 2010

    Mit seiner Einschätzung hinsichtlich des Volksverständnisses für deutsche Angriffskriege zum Wohle des deutschen Großkapitals hat Köhler klar daneben gelegen.

    Ich frage mich ernsthaft, in welchem Wolkenkuckucksheim man diesen Kerl gefangen hält.

    http://kritikuss.over-blog.de/article-die-horst-kohler-kriegsdoktrin-und-die-wahrheit-uber-den-afghanistan-krieg-www-die-volkszeitung-de-51273698.html

  3. jens  Juni 1, 2010

    Ob nun nummer aus kabarett oder nicht…

    rätzelt ihr denn nicht auch alle …

    w a r u m er dies denn WIRKLICH tat ???
    ( können diese augen denn lügen `??? )

    m.e. liegen alle bisherigen erklärungen / resp. erklärungsversuche daneben…da nicht sooo begreifbar …

    wolln nun mal sehen… wer die rolle ab 3o. 06. d.j.
    dann übernimmt…

    fragt sich jens