Heute schon vom ifo-Index manipulieren lassen?

Geschrieben von: am 26. Jan 2010 um 14:21

Die Medien offensichtlich schon. Der ifo-Geschäftsklimaindex soll eine positive Stimmung anzeigen, was allgemein hin als Zeichen gedeutet wird, dass sich die Wirtschaft erhole. Einige Nachrichtensprecher (DLF) konstruieren aus dieser Faktenlage sogar den unwahren Satz, dass sich die Erholung der Wirtschaft fortsetze. Das ist sachlich einfach falsch. Das statistische Bundesamt geht davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2009 stagnierte. Sie können das selbst an der Prognose des ifo-Instituts bzw. des Gemeinschaftsgutachtens vom 15.10.2009 nachvollziehen.

reales Bruttoinlandsprodukt
Quelle: ifo-Institut

So wird sich das auch in etwa darstellen, wenn das statistische Bundesamt seine Zahlen für das vierte Quartal 2009 bekannt geben wird. Was nach Erholung aussieht, muss aber nicht zwangsläufig auch etwas mit Erholung zu tun haben. Nach dem katastrophalen Einbruch im Winterhalbjahr 2008/2009 ist es nur allzu logisch, dass diesem Absturz ein Aufschwung folgt. Nach der Räumung der Lager folgt eben immer das erneute Bestücken derselben, was sich als statistischer Effekt wiederspiegelt. Doch was die ifo-Klimaforscher nun wieder als Zeichen für wirtschaftliche Erholung deuten, könnte in Wahrheit das Vorspiel zum zweiten Absturz sein. Volkswirte nennen das „Double Dip“. Die Tendenz des natürwüchsigen Up & Down Prinzips in der wirtschaftlichen Entwicklung wird nicht mehr positiv sondern nach unten gerichtet verlaufen. So was nennt man dann auch nicht mehr Rezession, sondern Depression. Und auch das gab es schon mal.

Lucas Zeise von der FTD schreibt in seiner Kolumne dazu:

„Es treten die Blut-Schweiß-und-Tränen-Redner und -Kommissare an. Sie werden zu erklären versuchen, warum das Volk nun die Rechnung bezahlen soll und gerade deshalb die nächsten Depressionsphasen erdulden muss. Und auch wenn das Volk nicht hören will, wird es dennoch zahlen müssen. In Griechenland ist es schon so weit. Dort beginnt der mit einem sozialdemokratisch-volksfreundlichen Programm erst kürzlich gewählte Ministerpräsident Giorgos Papandreou, die Ansprüche des Finanzmarkts und der großen EU-Staaten gegen seine Bevölkerung durchzusetzen. Das ist kein schöner Anblick.“

Quelle: FTD

In Deutschland aber, gehen allen Tatsachen zum Trotz positive Stimmungsmache und die Gürtel-enger-Schnallen-Rhetorik Hand in Hand.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Hen  Januar 26, 2010

    Verkehrte Welt: die Financial Times kritisiert regelmäßig die Finanzpolitik der Haubentaucherin und der Mövenpick-Partei deutlicher als z.B. die TAZ!

  2. Careca  Januar 26, 2010

    Der fifo-Index ist eine Kennzahl, die zwei Zwecken dient: self-fulfilling prophecy und der Beurteilung der augenblicklich vergangenen Lage.
    Allein wegen dem Ersten dürfte sie gar nicht veröffentlicht werden, damit sie wegen dem Zweitem genutzt werden kann. So hat sich die fifo-Kennzahl zu der phylosophischen Frage entwickelt, wer zuerst da war: Die Henne oder das Ei.

    Die von dir angesprochene W-Konjunktur wurde bereits im letzten Quartal 2009 von den verschiedensten Stellen als mögliche Wirtschaftsverlaufform angesagt.
    Es hängt mit dem von dir genannten Regalen-Verhalten.
    Die Krise mit ihrem Start im September 2008 führte beispielsweise in der Automobilindustrie zu einem Abverkauf von Überschußproduktion. Allein GM hatte soviele unverkaufte Fahrzeuge, dass die Banken jeden Kredit ablehnten, mit dem Hinweis darauf, dass die erstmal deren Fahrzeuge verkaufen sollten. BMW musste tausende 5er-Leasingfahrzeuge zu einem geringeren Marktwert aufkaufen. Sie stammten aus geplatzten Leasinggeschäften in den USA. Das sind nur zwei Beispiele von vielen in der Automobilindustrie.
    Nur AUDI schien bis Dezember 2009 von der Krise unangerührt und erhöhte sogar noch die Zulassungszahlen. Kurzarbeit oder Überstundenabbau war auch kein Thema. Die Wahrheit hinter diesem Fakt ist, dass AUDI ihre Händler dazu anhielt, deren Fahrzeuge mit Tageszulassungen zu versehen. Danach kam die Abwrackprämie und federte bei den Klein- bis Mittelfahrzeugen der mitteleuropäischen Hersteller die Absatzflaute. Als diese dann auslief, lief das Geschäft noch etwas weiter, inzwischen hat AUDI-Ingolstadt für Februar 2010 für deren Mitarbeiter der A3-Fertigungslinie Kurzarbeit angemeldet. Die Mitarbeiter der A4- und A6-Linien betrifft das jedoch nicht. Von Opel hörte man die Nachricht der Kurzarbeitsanmeldung schon im Dezember. Inzwischen dringen immer mehr Nachrichten aus der Automobilindustrie, welche den W-Konjunkturverlauf bestätigen.
    Nebenbei: Es kommt jetzt die Welle der Entlassungen, denn bei vielen Automobilistenzulieferer läuft die Frist der maximalen Kurzarbeitsdauer aus. Und die Firmen entlassen. Es wird damit zu rechnen sein, dass die Entlassungsanteile zwischen 15 bis 30 Prozent der Belegschaft ausmachen werden.
    Das Wort „Transfergesellschaften“ wird häufiger zu hören sein und wer eine gründet, der verdient dabei.
    Leiharbeitsfirmen sind derweil schon eh stark eingebrochen und werden sich demnächst aus einer erheblich vergrößerten Schar der Arbeitssuchenden bedienen könne. Schlecker ist kein Einzelfall. Leiharbeitsfirmen sind schon von diversen Journalisten durchleuchtet worden. Und einer hat sogar versucht sich als Hartz-IV-Leiharbeiter durchs Leben zu organisieren und hat einen Film und Buch dazu verfasst. Er bewegte sich am rande der Selbstaufgabe. Aber die Menschen Koch, vdL und Co. interessiert das nicht, sondern grübeln noch über Verschärfungen nach. Brutal, aber wahr, dass diese so abgehoben vom Leben der Bürger sind, dass die hemmungsfrei so etwas verzapfen können.
    Der allgemeine Maschinenbau hatte nach dem April 2009 das Auftragstief durchlaufen und entsprechend der fifo-Kennzahl dieses Tal einstweilen hinter sich gelassen. Jetzt droht dem allgemeine Maschinenbau aber die self-fulfilling prophecy. Die Firmen reagieren schon entsprechend. Auch hier läuft Kurzarbeit aus.

    Und das ist das große Zittern der Koalition: Wird die Reaktion der Firmen auf diese W-Konjunktur sich in ihren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt noch vor Mai 2010 deren NRW-Wahlkampf berühren? Die Firmen möchten das ja auch nicht wirklich, hoffen sie doch auf Erleichterungen (z.B. Kündigungsschutz). Daher findet schon jetzt hinter den Vorhängen ein Geschachere statt, dass die stark gebeugten Rücken vieler Bürger noch stark belasten wird. Denn dann kommen die Blut-, Schweiß- und Gürtel-enger-Schnallen-Reden …
    Wenn ich dran denken, mag ich nicht dran denken …

    • adtstar  Januar 26, 2010

      Danke für deinen wie immer sehr lesenswerten Kommentar. Der Buchautor heißt Markus Breitscheidel. Der hat in der Tat schon viel früher darauf hingewiesen, wie Firmen (um nicht zu sagen DAX-Unternhemen, siehe Bayer AG) das Instrument Leiharbeit missbrauchen, dafür eigene Leiharbeitsfirmen schufen, um letztendlich Kosten im Unternehmen zu sparen.

      Das Buch heißt übrigens „Arm durch Arbeit“.

      • Careca  Januar 26, 2010

        Danke für den Namen. Er war nicht nur Leiharbeiter bei der Bayer AG, sondern auch bei OPEL in Rüsselsheim (das wurde in dem Film recht eindrucksvoll dargestellt, wie mit Leiharbeitern umgesprungen wird UND entspricht auch meinen Erfahrungen).

  3. Careca  Januar 27, 2010

    Na also. FAZ-Online von heute: „Top-Manager erklären Krise für beendet.“ War doch nur alles inziniert? Wie schön, dann geht es also bald wieder weiter wie damals 2008.