Wer den Referentenentwurf von Ursula von der Leyen zur Ermittlung von Regelbedarfen einmal nachlesen möchte, hier der Link:
Klicke, um auf 2010__09__26__referentenentwurf__regelsaetze__sgb2.pdf zuzugreifen
Auf der Seite WEISSGARNIX gibt es einen sehr schönen und bezeichnenden Auszug aus dem Machwerk zur transparenten Ermittlung des Flüssigkeitsbedarfs eines auf deutsche Sozialleistungen angewiesenen Menschen.
Ausgaben für Nahrung und alkoholfreie Getränke gehören zum unverzichtbaren Grundbedarf und damit zum physischen Existenzminimum. Deshalb werden die von den Referenzhaushalten hierfür durchschnittlich getätigten monatlichen Verbrauchsausgaben wie bereits in der entsprechenden Sonderauswertung 2003 in voller Höhe (100,0%) als regelbedarfsrelevant berücksichtigt. Insgesamt ergeben sich für das Jahr 2008 in Abteilung 01 regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben in Höhe von 128,46 Euro, einschließlich des eingerechneten Betrags für die Substitution der durch den Konsum von alkoholischen Getränken konsumierten Flüssigkeitsmenge durch alkoholfreie Getränke. In der Sonderauswertung EVS 2003 waren in Abteilung 02 alkoholische Getränke zu 100 % regelsatzrelevant. Alkohol stellt allerdings ein gesundheitsgefährdendes Genussgift dar und gehört als legale Droge nicht zu dem das Existenzminimum abdeckenden Grundbedarf. Daher wird Alkoholkonsum nicht mehr als regelbedarfsrelevant berücksichtigt. Wird auf Alkohol verzichtet, muss die damit verbundene Flüssigkeitsmenge allerdings zumindest zum Teil durch alkoholfreie Getränke ersetzt werden. Daher wird statt der Ausgaben für Alkohol in Abteilung 01 ein zusätzlicher Betrag für alkoholfreie Getränke anerkannt.
Dieser Betrag berechnet sich folgendermaßen:
Nach der Sonderauswertung wurden für Einpersonenhaushalte der Referenzgruppe im Jahr 2008 durchschnittliche Verbrauchsausgaben von 8,11 für alkoholische Getränke ermittelt. Davon entfielen nach dem Wägungsschema des allgemeinen Preisindex rechnerisch 11,35 % für Spirituosen, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht dem Zweck der Flüssigkeitsaufnahme dienen. Es verbleiben dann von den 8,11 noch 7,19 für alkoholische Getränke, die durch alkoholfreie Getränke zu substituieren sind.
Es gibt für die Umrechnungen des Preises alkoholischer in alkoholfreie Flüssigkeitsmengen keine Vorgaben, so dass hier eine Plausibilitätsrechnung erforderlich ist. Für 7,19 lassen sich etwa 12 Liter preiswertes Bier kaufen. Im Durchschnitt sind Bier oder gar Wein deutlich teurer, so dass sich ein deutlich niedrigeres Volumen an zu substituierender Flüssigkeit ergeben würde. Ausgehend von 12 Litern Flüssigkeitsbedarf ergibt sich das maximal durch alkoholfreie Getränke zu substituierende Flüssigkeitsvolumen. Da die Flüssigkeitsmenge mit einem preisgünstigen Getränk berechnet wurde, ist es angemessen, auch die alkoholfreien Getränke mit dem niedrigpreisigem Mineralwasser anzusetzen. Für die anzusetzenden 12 Liter Mineralwasser wurde ein Betrag von 2,99 eingesetzt, für den Supermärkte flächendeckend eine entsprechende Menge Mineralwasser anbieten. Legt man die Preise der preisgünstigen Discounter für 1,5 Liter Mineralwasserflaschen zugrunde, ergibt sich für 12 Liter Mineralwasser sogar nur ein Preis von 1,52 . Bei den als regelbedarfsrelevant berücksichtigten 2,99 ist also bei preisbewusstem Einkauf durchaus Spielraum für Saft oder andere alkoholfreie Getränke. Diese 2,99 Euro werden bei Abteilung 01 zusätzlich berücksichtigt.
Das staatliche Bedürfnis, die Menschen nicht verdursten zu lassen, ist schon auffallend. Dabei finde ich noch interessant, dass die willkürliche Herausnahme von Alkohol und Tabak aus dem Regelsatz mit der Gefahr für die eigene Gesundheit begründet wird („gesundheitsgefährdendes Genussgift“). Da fragt man sich, welche billigen Lebensmittel, auf die sich die Bezieher von Sozialleistungen ja beschränken sollen, die Kriterien einer ausgewogenen und gesunden Ernährung erfüllen. Für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke sind künftig nur 4,21 EUR pro Tag vorgesehen, für Jugendliche zwischen 7-14 Jahren gar nur 3,17 EUR. Allein diese Zahlen bergen meiner Meinung nach ein erhebliches Gesundheitsrisiko.
SEP
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.