Wenn sie noch daran zweifelten, dass wir in Wahrheit seit Ewigkeiten von einer ganz großen, kriminell zu nennenden, Konsenssoßen-Koalition regiert werden, bei der nur ab und zu und unter großem Getöse die Farbzusammenstellung wechselt, dann müssen sie sich mal die aktuelle Einigkeit zwischen Regierung und Opposition (namentlich SPD) bezüglich der angetrebten Verfassungsänderung bei der Hartz-IV-Verwaltung anschauen. Die gegenwärtige Mischverwaltung hat das Bundesverfassungsgericht vor geraumer Zeit klar für grundgesetzwidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgetragen, diesen Zustand bis Ende 2010 zu beenden.
Doch statt eine sachliche Diskussion zu führen, die vielleicht auch einen Beitrag zur Unsinnigkeit des gesamten Hartz-IV-Gesetzes hätte liefern können, kam lange nichts, bis der neuen Regierung plötzlich einfiel, dass man die gemeinschaftliche Betreuung einfach nur wieder aufheben müsse, um dem BverfG-Urteil zu genügen. In der Praqxis geht das natürlich nicht, weshalb man sich nun darauf geeinigt hat, die zweitleichteste Lösung zu nehmen. Verfassungsänderung. Diese Lösung funktioniert aber nur, wenn man im Bundestag eine zwei Drittel Mehrheit organisiert. D.h., Schwarz-Gelb allein kann so etwas nicht beschließen. Doch Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier bot schnell seine Unterstützung an.
Man könnte es auch zugespitzter formulieren. Die SPD-Führung macht mal wieder gemeinsame Sache mit dem hessischen Volksverhetzer und Hassprediger Roland Koch, der sein „erfolgreiches“ Modell der Optionskommunen für allgemeinverbindlich erklären möchte. Es ist wie zu Steinbrücks Zeiten. Der konnte in seiner Funktion als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident und später Bundesfinanzminister erwiesenermaßen auch besser mit Roland Koch zusammenarbeiten als mit seiner eigenen Partei. Politische Gegner sehen anders aus. Warum fusionieren SPD und Union nicht einfach?
Nun also Verfassungsänderung. Egon W. Kreutzer schreibt dazu heute in seinem Tagebuch:
„Manchmal wünsche ich mir einen Strafrechtsparagraphen, der besagt: Wer die Verfassung nachmacht, oder verfälscht, oder eine nachgemachte oder verfälschte in Umlauf bringt, oder ein verfassungswidriges Gesetz einbringt und/oder an seiner Verabschiedung mitwirkt, wird mit Gefängnis nicht unter 10 Jahren bestraft.“
Mit einem Kopfschütteln zitiert er dazu den Paragraphen 129 des Strafgesetzbuchs, in dem die wichtigen Stellen durch Kreutzer hervorgehoben sind.
FEB
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.