Gül kritisiert deutsches Einwandererrecht

Geschrieben von: am 20. Sep 2011 um 7:15

In der FAZ ist zum Staatsbesuch des türkischen Präsidenten, Abdullah Gül, zu lesen:

Insbesondere wendet sich die Türkei gegen die Regelung, wonach künftige Ehepartner aus der Türkei vor ihrer Einreise deutsche Sprachkenntnisse nachweisen müssen. Für die Bundesregierung sagte Staatsministerin Maria Böhmer, die Kritik entbehre jeder Grundlage. „Deutschkurse sind von unmittelbarem Nutzen für die Zuwanderer“, sagte sie. Auch Wulff sagte, insbesondere türkische Frauen dürften wegen mangelnder Sprachkenntnisse „nicht in einer Parallelgesellschaft verharren.“

Seltsam. Japanische und amerikanische Ehefrauen dürfen das aber. Die Kritik von Gül ist berechtigt und die deutsche Presse informiert unzureichend über die ungleiche und ausgrenzende Gesetzeslage in der Bundesrepublik. Und wieso darf es keine Parallelgesellschaften geben? Stellen etwa die 6500 Japaner in Düsseldorf ein Problem dar, die seit 50 Jahren einen eigenen Stadtteil (Japantown) prägen und auch nicht daran denken, deutsch zu lernen, nur um sich mit den rheinischen Frohnaturen verständigen zu können?

Die Sprache ist nur ein Teil, wenn nicht gar das letzte Glied einer Integrationskette. Ihr voraus geht immer die Parallelgesellschaft. Nur Deutschland hat erst spät das Bewusstsein erlangt, ein Einwanderungsland zu sein und weigert sich auch, die Erfahrungen und Erkenntnisse aus Migrationsbewegungen zu Rate zu ziehen. Stattdessen dient aller politischer Einsatz der Abwehr des Fremden, sofern es ökonomisch nicht irgendwie verwertbar ist. 

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Anonymous  September 21, 2011

    Ich habe selbst mehrere Jahre im Ausland gelebt und bin daher absolut nicht ausländerfeindlich. Doch ich mußte erfahren, daß ohne ausreichende Sprachkenntnisse keine Intergation möglich ist, die Sprache steht am Anfang und nicht am Ende der Prioritätenkette. Und deshalb habe ich auch kein Verständnis für Japaner und Amerikaner, die ohne Deutschkenntnisse in Deutschland leben.Ich weiß von in Dtld. lebenden Japanern, dass sie in Japan eine Deutschprüfung ablegen mußten, um hier arbeiten zu dürfen. Das wäre auch mein Vorschlag: wenn die türkische Regierung die Sprachkenntnisse von ihren Auswanderern forderte, könnte sie ihren Bürgern die Intergration im Ausland sehr erleichtern.

  2. Topkapi  September 22, 2011

    So weit ich im Prinzip auch zustimme, ist zu diesem Beitrag zweierlei zu sagen:

    Es ist unsinnig, hier die Dinge absolut, plus-minus, ja-nein zu sehen, da es natürlich auch ein quantitatives Problem ist. Die Anzahl der japanischen Partner ist im Gegensatz zu den Einwanderern aus der Türkei verschwindend gering, so wie ihre Wechselwirkung mit der Gesellschaft allgemein. Auch werden sie ihre Kinder wahrscheinlich auf teure Privatschulen schicken.

    Zweitens: Im Beitrag fehlt mir der Hinweis darauf, daß die Mittel für die Sprachbildung von Migranten massiv gekürzt wurden. Die Politik fordert, ohne zu liefern, oder positive Anreize zu geben.

    Im übrigen stimme ich dem vorherigen Kommentar zu: Sprache steht am Anfang der Integration. In Deutschland sind sowohl Einwanderer als auch Behörden Schuld, daß die Sprache nicht angemessen gelernt und gelehrt wird.