Der Kampf der Madame No, Angela Merkel, war umsonst. Die schwere Einigung der Eurogruppe von vor zwei Wochen ist bereits obsolet, da die griechische Regierung nun ganz formell um Hilfe ersucht. Warum? Nun, die Finanzmärkte haben sich nicht täuschen lassen. Die Zinsen auf griechische Staatsanleihen bleiben in unbezahlbarer Höhe. Nun also eine direkte Finanzspritze von rund 30 Mrd. Euro. Dies bestätigte vorhin der Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker auf einer Pressekonferenz in Brüssel. Inzwischen wird dieser Schritt von einigen deutschen Medien, zuvorderst dem Propaganda-Organ der Bundesregierung, dem Spiegel, völlig überraschend als gutes Investment verkauft.
Quelle: Spiegel-Online
Der Verfasser ist ein alter Bekannter. Sven Böll, der ursprünglich in einer Unternehmensberatung, die auf Finanzdienstleister spezialisiert ist, tätig war und über das Managermagazin zu Spiegel Online kam (siehe NachDenkSeiten). Er schreibt in regelmäßigen Abständen großen Müll über die Sozialversicherung, die Staatsverschuldung und jetzt zu Griechenland. Er schreibt zum Beispiel:
„Das Geld des deutschen Steuerzahlers ist nicht futsch. Die Bundesrepublik würde Kredite an Athen verteilen – und nicht Geschenke. Für geliehene Milliarden aber müsste das Land selbstverständlich Zinsen zahlen.
Derzeit liegen die Renditen von Staatsanleihen der Bundesrepublik bei gut drei Prozent, die der griechischen Pendants bei rund 7,5 Prozent. Wahrscheinlich würde Deutschland weniger Zinsen verlangen, vielleicht fünf Prozent. Es wäre aber wohl trotzdem für die Bundesrepublik ein gutes Geschäft: Sie leiht sich Geld für drei Prozent und reicht es für zwei Prozentpunkte mehr in den Süden Europas weiter. Ein Zehn-Milliarden-Kredit würde pro Jahr somit rund 200 Millionen Euro abwerfen. Kein wirklich schlechtes Geschäft.“
Wen will Böll mit dieser Scheiße eigentlich beeindrucken? Etwa die Leute, die immer noch glauben, der Staat bekäme etwas von seinem Milliarden-Investment bei der Commerzbank zurück? In dieser Bank stecken 18,6 Mrd. Euro direkte Hilfen. Inzwischen gibt auch die Bundesregierung zu, dass sie keine Zinszahlungen von dem Institut mehr erwartet, geschweige denn eine Rückzahlung der stillen Einlage. Wie kommt so ein Schmierlappen wie Böll dann darauf, dass das im Fall Griechenland gerade anders wäre? Werden die überhaupt Zinsen zahlen, wenn das Problem genau dort liegt? Es sind doch gerade die Zinsbelastungen, die den griechischen Staat in die Knie zwingen. Wenn also der Schlaumeier Böll vorrechnet, wie toll so ein Zinsgeschäft auf dem Papier für uns aussieht, vergisst er ganz offensichtlich die Tatsache, dass so ein Geschäft die Insolvenz Griechenlands nur verschleppt und nicht löst. Am Ende stünden wieder Forderungen der Deutschen, die nicht mehr bedient werden können. Einmal ganz abgesehen davon, dass Böll genau jenes Hebelgeschäft beschreibt, dass auch die Banken mit Griechenland betrieben haben und das dazu führte, dass Griechenland seine Bilanzen aufhübschen konnte.
Nein, hier wird ganz offensichtlich eine Kehrtwende vollzogen. Von der anfänglichen kategorischen Ablehnung von direkten Hilfen an Griechenland durch den deutschen Steuerzahler, soll nun mit Hilfe aller Propagandageschütze der Eindruck vermittelt werden, als sei das Ganze ein tolles Geschäft und keine komplette Katastrophe, deren Ursache gerade im Versagen der deutschen Politik liegt. Deutschland zahlt! Und zwar ordentlich drauf! Nicht nur bei den Banken, sondern jetzt auch ganz offiziell bei ganzen Staaten! Denn die Zinseinkünfte der Kapitalanleger, die ein hohes Risiko eingegangen sind, müssen um jeden Preis gerettet werden. Solange unsere Wettbewerbsposition unangefochten bleibt, ist doch für die Dogmatiker in diesem Land alles in Ordnung. Joachim Jahnke schreibt auf seinem Infoportal heute:
Es ist ein irrsinniges Ärgernis, daß alle diese Krisen, ob global in der Finanzwelt oder lokal in Griechenland, von den kleinen Leuten, auch in Deutschland, durch Verlust des Arbeitsplatzes oder Lohnsenkungen auszubaden sind, während die reichen Anleihe-Gläubiger der Banken oder Staatsanleihen von den Regierungen durch das Einspringen des Steuerzahlers sogar noch vor einem eigentlich selbstverständlichen Schnitt zu Lasten ihrer hohen Zinseinkünften aus diesen Anleihen bewahrt werden. Damit ist die globale Finanzkrise zu einer riesigen Umverteilungsmaschine nach Oben geworden. Die Regierungen wissen das natürlich, spielen das Spiel aber unter Mißachtung der Interessen der Mehrheit ihrer Wähler zugunsten ihrer reichen und entsprechend einflußreichen Klientele immer weiter. Man möchte ausspucken!
APR
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.