Die gestrigen Meldungen aus Brüssel waren vor allem mit Formulierungen gekennzeichnet, die beruhigend wirken sollten. Im Kern hat man aber gesagt, dass alle EU-Partner, Griechenland im Notfall finanziell unterstützen werden. So will das Mister Schäuble aber hierzulande nicht verstanden wissen und glaubt immer noch, die deutsche Öffentlichkeit für dumm verkaufen zu können. Im Bundestag sprach er heute von teils fälschlichen und verfälschenden Nachrichten aus Brüssel.
Quelle: Focus
Er beharrt auf der manipulierenden Feststellung, dass gestern nur über sog. technische Voraussetzungen gesprochen wurde, wie, im Falle eines Hilfegesuchs aus Griechenland, die Eurogruppe reagieren könne. Natürlich sei dieses Szenario rein hypothetisch und keinesfalls wahrscheinlich. Hinter ihm stand auch Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU), der sagte:
„Ich glaube, es ist ein Missverständnis, wenn man sagt, gestern Abend ist eine Hilfszusage für Griechenland beschlossen worden.“ Es sei lediglich eine technische Abwicklung vorbereitet worden für einen Fall, den keiner will. „Griechenland hat keine Unterstützung erbeten. Aber es wäre unsinnig gewesen, wenn man diesen Fall technisch ausgeschlossen hätte“, sagte Kampeter dem Nachrichtensender N24.
Die sprichwörtliche Verarschung der Öffentlichkeit geht also weiter. Jean-Claude Juncker sagte ja noch etwas klarer:
„The member states of the euro area will take co-ordinated action, if such action turns out to be necessary … We still think it wont be necessary.“
Quelle: Financial Times
Mit anderen Worten, da gibt es einen Plan, der die Billigung aller Teilnehmer fand, der bei Bedarf dann auch umgesetzt würde. Da kann man meiner Meinung nach nichts missverstehen. Weiter hieß es:
Mr Juncker, who chairs the eurogroup, said the plan could involve bilateral loans to Greece from other eurozone governments, led by Germany and France.
Mit anderen Worten, die beiden Hauptgläubiger Deutschland und Frankreich „könnten“ oder sind vielmehr in der Pflicht, ihren Beitrag zu leisten und Griechenland finanziell unter die Arme zu greifen. Und der eurogroup-chairman muss es ja schließlich wissen. Aber, auf die öffentliche Meinung in good old Germany muss man Rücksicht nehmen, denn…
In addition, public opinion in Germany, the eurozones largest economy, is hostile to the idea of using taxpayers money to assist in a bail-out.
Deshalb muss der Dr. Opfer-Schäuble den Deutschen auch etwas vormachen, damit die ja nicht merken, was da eigentlich in Wirklichkeit abgeht. Im Grunde hängt die Inanspruchnahme der bereits „technisch vorbereiteten“ finanziellen Hilfe davon ab, ob Griechenland seinen Zahlungsverpflichtungen im April und Mai nachkommen können wird. Zumindest sagt das der Chefvolkswirt von Goldman Sachs in Europa, Erik Nielsen. Und der muss es ja schließlich am besten wissen.
„Our long-held view that Greece will receive bilateral help from the other eurozone governments, if the Greeks cannot finance themselves through the April-May payment humps, seems practically confirmed.“
Quelle: Financial Times
MRZ
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.