Ein Flop ist ein Flop ist ein Flop

Geschrieben von: am 16. Jul 2013 um 20:38

Die Familienpflegezeit ist ein Flop. Das bestätigen auch die jüngsten Zahlen, die das Bundesfamilienministerium für das laufende Jahr präsentierte. Demnach wurden bislang nur 71 entsprechende Versicherungsanträge gestellt. Ein Ministeriumssprecher verwies auf die nötige „Anlaufzeit“, die man erst abwarten müsse.

Im März 2013 hat die Bundesregierung bereits in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen zugeben müssen, dass zwischen dem 1. Januar 2012 und dem 28. Januar 2013 lediglich 147 Personen eine Familienpflegezeitversicherung im Rahmen einer Familienpflegezeit abgeschlossen hätten. Damals sprachen viele – eigentlich alle bis auf die Bundesregierung – von einem Flop. Das Familienministerium wollte das Anfang 2012 in Kraft getretene Familienpflegezeitgesetz aber erst einmal evaluieren. Dann, so die Regierung, könnten verlässliche Aussagen zur Nutzung der Familienpflegezeit gemacht werden.

Inzwischen liegen die nächsten niederschmetternden Zahlen auf dem Tisch. Von der angeblichen wie auch unsinnigen Evaluation, die offenbar nur Zeit schinden sollte, ist schon keine Rede mehr. So kurz vor der Bundestagswahl ist die Zeit für Durchhalteparolen gekommen. Im Regierungsjargon heißt das dann eben „Anlaufzeit“. Man kann es auch „Aussitzen“ nennen. Ein Flop bleibt es dennoch. Vielleicht sollte die Journaille mal fragen, wie viel Steuergeld die MaschmeyerRürup AG eigentlich für ihre glanzvolle Beratungsleistung im Gewandt des vermeintlich unabhängigen Sachverstandes erhalten hat.

Der zwingend vorgeschriebene Abschluss einer privaten Familienpflegezeitversicherung ist nämlich auf Anraten der MaschmeyerRürup AG ins Gesetz geschrieben worden (Arbeitstitel Lohnvorschussausfallversicherung, siehe hier im Blog). Ganz uneigennützig war das natürlich nicht. Denn bei der Absicherung geht es nicht primär um Sicherheit, sondern darum, dass die Kasse der großen Versicherungskonzerne auch weiterhin ordentlich klingelt. Die verdienen nämlich gut an der zunehmenden Privatisierung der gesetzlichen Sozialversicherung.

Die Unternehmen sind wie immer fein raus. Ihr Risiko wird durch den Steuerzahler getragen. Das neu geschaffene Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) springt auch im Fall einer Privatinsolvenz des Arbeitnehmers ein, also für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Lohnvorauszahlung, die sich der Arbeitgeber zinsgünstig beim Staat leihen kann, nicht zurückzahlen kann, steht das Bundesamt ein. Eine mögliche Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit des Arbeitnehmers wird durch die private Familienpflegezeitversicherung übernommen.

An den Beiträgen zu der Versicherung beteiligen sich die Arbeitgeber natürlich nicht. Die paritätische Finanzierung der Sozialversicherung ist unter Rot-Grün, Schwarz-Rot und Schwarz-Gelb zum Auslaufmodell geworden. Das Lebensrisiko hat der Versicherte gefälligst selbst zu tragen. Alles andere gefährdet bekanntlich Arbeitsplätze und die Mägen der tonangebenden Arbeitgeberschaft.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. dw-seneca  Juli 17, 2013

    Die paritätische Finanzierung der Sozialversicherung war schon immer reine Augenwischerei, die den Arbeitnehmern die tatsächliche Höhe der staatlichen Abgaben verbergen sollte. Für den Arbeitgeber spielt es nämlich überhaupt keine Rolle, welche Anteile an den Bruttoarbeitskosten wohin fließen. entscheidend bleibt die Gesamthöhe der Arbeitskosten eines Angestellten. Diese Gesamthöhe entspricht dem tatsächlichen Bruttolohn.
    Wenn Arbeitnehmern die gewaltige Differenz zwischen dem echten Bruttolohn und ihren Nettoeinkommen bewußt würde, gäbe es vermutlich einen Aufschrei.